Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 28. Oktober 2005
Aktenzeichen: 39 O 180/04
(LG Düsseldorf: Urteil v. 28.10.2005, Az.: 39 O 180/04)
Tenor
für R e c h t erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter der XXXXXXXXXX von der Beklagten als (restlichen) Kaufpreis für die Veräußerung von 50 % + 1 Aktie der xxxxxxxxxxxxxx 524 Millionen EUR.
Die xxxxxxxx war die Führungsgesellschaft der xxxxxx, zu der xxxx gehörte, von deren Aktien die xxxxx 50 % + 1 Aktie und die xxxxx (jetzt und im Folgenden: xxxx) die restlichen 50 % - 1 Aktie hielten. Die Aktien waren als vinkulierte Namensaktien ausgestaltet, deren Veräußerung der Vorstand der xxxxxx zustimmen musste. Die xxxxxx hatte die Anteilsmehrheit an der xxxxx im Geschäftsjahr 1999/2000 erworben. Seinerzeit verfügte xxxx aus Anzahlungen aus Marineaufträgen über eine beträchtliche Liquidität. Am 1./2.10.2000 schlossen xxxxx und xxxxx einen sogenannten Rahmenvertrag Konzern-Clearing (B 4), wonach xxxx als finanzielle Clearingstelle für den Konzern fungierte, Konzernunternehmen Kredite gewährte und diese bei ihr sämtliche Finanzmittel als kurz- und langfristige Gelder gegen Verzinsung anlegten. Der Vertrag war zunächst bis zum 30.09.2003 gültig und sollte nach Ziffer 3.2 "automatisch am Tag des Ausscheidens der Gesellschaft aus dem xxxxxxxxx" enden. Entsprechende Verträge hatte die xxxxx auch mit anderen Tochtergesellschaften geschlossen. Infolge des Cash Clearing zog die xxxx die Liquidität der xxxxxx ab. Anfang 2002 waren daraus Ansprüche der xxxx gegen xxxxxx in Höhe von 524 Millionen EUR aufgelaufen.
Im Januar 2002 verhandelten xxxxxxxxxxxxx, eine Investmentgesellschaft der xxxxxxxxxxxxxxxx über die Veräußerung aller Aktien an xxxxx an xxxx. Zu diesem Zeitpunkt war xxxxx in wirtschaftlichen Schwierigkeiten; nach dem Gutachten des späteren Insolvenzverwalters und jetzigen Klägers vom 20.08.2002 (K 13) war sie Ende 2001 zahlungsunfähig und konnte die Insolvenzreife Ende 2001 nur noch durch den Abzug liquider Mittel von den Tochtergesellschaften durch Cash Pooling und den Verkauf eigener Forderungen verdecken. Ob die Verhandlungsbeteiligten zur Zeit der Verhandlungen mit der Insolvenz der xxxxxx rechneten, ist streitig.
Die Aktien der Xxxxx sollten nicht unmittelbar von XXXXX, sondern von einer von dieser erworbenen Tochtergesellschaft, der Xxxxx. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH aus Xxxxx erworben werden, die am 7.05.2002 in XXXXX-XXX GmbH umbenannt wurde und ihren Sitz nach Xxxxx verlegte (im Folgenden einheitlich als XXXXX bezeichnet). Die Strukturierung der Transaktion war u.a. darauf ausgerichtet, das "Holzmüller"-Risiko, nämlich dass der Verkauf der XXXXX-Beteiligung als wesentliche Strukturmaßnahme nach der sogenannten "Holzmüller"-Rechtsprechung der Zustimmung der Hauptversammlung bedurfte, auszuschließen.
Am 17.02.2002 verkaufte XXXXX an XXXXX (damals noch Xxxxx GmbH) mit Share Purchase Agreement (K 2/Übersetzung K 2 b, im Folgenden: SPA oder Xxxxx SPA) nahezu die Hälfte der von ihr an der Xxxxx gehaltenen Aktien, nämlich 25 % der Aktien (Tranche 1). Zum Kaufpreis enthält das SPA in Ziff. 3 folgende Regelung (in deutscher Übersetzung):
"... Der Kaufpreis für die Aktien ... ist ein fester Betrag von 300 Mio. EUR. Die Zahlung des Kaufpreises wird ausschließlich bewirkt durch Übernahme der Cash Clearing-Verbindlichkeit seitens des Käufers an Erfüllungs Statt. Der Verkäufer ist zu keiner anderen Form der Erfüllung berechtigt. § 364 Abs. 2 BGB findet keine Anwendung. Wenn und soweit der Verkäufer nicht von der Cash Clearing-Verbindlichkeit befreit wird, wird der Käufer den Verkäufer bedingungslos von dieser Verbindlichkeit freistellen".
Vollzugsbedingung gemäß Ziffer 4.1.1. (d) des SPA war, dass Xxxxx ihre Zustimmung zur Übereignung der Aktien, Übernahme der Cash-Clearing-Verbindlichkeit und zu allen weiteren Rechtsgeschäften einschließlich bedingten Rechtsgeschäften, die im Vertrag und seinen Anlagen gestaltet waren, erteilte. Weitere Vollzugsbedingung war u.a., dass der Vorstand der XXXXX XXXXX zurück trat und zum Geschäftsführer der XXXXX bestellt wurde, dass XXXXX eine Ausstattung mit Eigenkapital in Höhe von mindestens 225 Mio. EUR nachwies und der Aktienkaufvertrag zwischen XXXXX und XXXXX über den Erwerb der von XXXXX gehaltenen Aktien an Xxxxx zustande kam. Mit Share Purchase Agreement vom 11.03.2002 (B 11; im Folgenden: XXXXX oder Xxxxx SPA) veräußerte XXXXX ihre Aktien an Xxxxx an XXXXX. Die SPA vom 17.02.2002 und 11.03.2002 waren durch die Vollzugsbedingungen so miteinander verknüpft, dass sie nur gemeinsam vollzogen werden konnten.
Mit Shareholder’s Agreement vom 17.02.2002 (K 3/K 3 a, im Folgenden: Gesellschaftervereinbarung), die Anlage 4.1.1. des SPA war, vereinbarten XXXXX und XXXXX u.a. eine bis zum 31.08.2003 befristete Verkaufsoption der XXXXX, wonach XXXXX durch einseitige Ausübungserklärung einen Kaufvertrag schaffen konnte, durch den XXXXX alle restlichen Aktien an Xxxxx (2. Tranche) XXXXX verkaufte und vorbehaltlich des Eintritts der aufschiebenden Bedingung übereignete. Der Kaufpreis bestand gemäß dem optionalen Aktienkaufvertrag (K 4/K 4 a) in der auf maximal 200 Mio. EUR beschränkten Übernahme der Gesamtschuld der XXXXX gegenüber der Xxxxx und Zahlung von 25 Mio. EUR. Dieser optionale Aktienverkaufvertrag war als Anlage 4.1. der Gesellschaftervereinbarung beigefügt. Diese Vereinbarung, das SPA und die Gesellschaftervereinbarung wurden mit Amendment No. 1 (K 5/K 5 a) teilweise modifiziert. U.a. sollte bei Zustandekommen des optionalen Aktienkaufvertrages bis zum 30.09.2002 von der Verbindlichkeit der XXXXX gegenüber Xxxxx 224 Mio. EUR übernommen werden und 50 Mio. EUR in bar gezahlt werden. Am 8.03.2002 schlossen XXXXX und XXXXX ein sogenanntes Loan Agreement (K 6/K 6a), wonach XXXXX XXXXX ein Darlehen in Höhe von 50 Mio. EUR gewährte und XXXXX sich zur Verpfändung der Aktien der 2. Tranche verpflichtete. XXXXX verpfändete diese Aktien mit Share Pledge Agreement vom 18.03.2002 (K 8/ K8a). Mit Company Loan Agreement vom 15.03.2002 zwischen Xxxxx und XXXXX (K 7/K7 a) wurde die Restverbindlichkeit der XXXXX gegenüber Xxxxx aus dem Cash Pooling neu geregelt. Die verbleibende Restschuld sollte als Darlehen mit unbefristeter Laufzeit behandelt werden, das frühestens zum 31.03.2003 gekündigt werden konnte. Zur Sicherung dieses Darlehens übernahm XXXXX in der Gesellschaftervereinbarung vom 17.02.2002 (K 3/K 3 a) eine Bürgschaft von 200 Mio. EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Kopien und Übersetzungen der Verträge Bezug genommen.
Xxxxx gab im März 2002 eine "Declaration of Consent" (Zustimmungserklärung, K 10/K 10 a) ab, mit der sie genehmigte (in deutscher Übersetzung):
"- den Verkauf und die Übereignung von 35.000 Aktien des Unternehmens auf den Erwerber, wie durch das Xxxxx SPA bewirkt,
- den Verkauf und die Übereignung von 69.999 Aktien des Unternehmens auf den Erwerber, wie durch den Xxxxx SPA bewirkt,
- die Übernahme der bestehenden Cash-Clearing-Verbindlichkeit durch den Erwerber (wie im Xxxxx SPA gestaltet) und
- alle anderen Rechtsgeschäfte (bedingte Rechtsgeschäfte eingeschlossen), die in dem Xxxxx SPA, dem Xxxxx SPA und deren jeweiligen Anlagen vereinbart sind."
Der Aufsichtsrat von Xxxxx stimmte am 18.03.2002 (K 42, Bl. 332 d.A.) folgenden Geschäftsführungsmaßnahmen zu:
"(i) Zustimmung zur schuldbefreienden Übernahme eines Teils der Verbindlichkeiten der Xxxxx Xxxxx AG aus der Cash-Clearing-Vereinbarung vom 1./2. Oktober 2000 in Höhe von EUR 300.000.000 durch die Xxxxx xxxxxxx. Vermögensverwaltungs GmbH, eine mittelbare Tochtergesellschaft der xxxxx xxxx xxxxxxx.
(ii) Zustimmung zum Abschluss eines Darlehensvertrages mit der Xxxxx Xxxxx AG hinsichtlich der Restverbindlichkeit der Xxxxx Xxxxx AG aus der Cash-Clearing-Vereinbarung vom 1./2. Oktober 2000."
Der US-Investor Xxxxx, der Aktien an der XXXXX erworben hatte, erwirkte am 29.05.2002 eine einstweilige Verfügung, nach der XXXXX im Hinblick auf die sogenannte Holzmüller-Entscheidung der weitere Vollzug des SPA untersagt wurde. XXXXX teilte XXXXX mit Schreiben vom 7.06.2002 (K 11) mit, dass alle Vollzugsvoraussetzungen erfüllt seien. Das XXXXX SPA wurde am gleichen Tag vollzogen. Am 10.06.2002 erwirkte Xxxxx eine weitere einstweilige Verfügung, durch die XXXXX die Veräußerung der zweiten Tranche untersagt wurde (B 16). Mit Klage vom 26.06.2002 (B 17) begehrte er die Feststellung, dass die Veräußerung der Tranche 1 unwirksam sei. Hierzu wurden noch weitere Prozesse geführt, die letztlich ohne Erfolge für Xxxxx endeten.
Am 4.07.2002 beantragte XXXXX beim Amtsgericht Xxxxx die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wobei sie eine Eigenverwaltung unter Rechtsanwalt Xxxxx anstrebte. Der Kläger wurde mit Beschluss vom 5.07.2002 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Der Aufsichtsrat von XXXXX bestellte Rechtsanwalt Xxxxx am 9.07.2002 zum neuen Vorstand. Der Kläger wurde zunächst Sachverwalter gemäß § 270 ff. InsO und nach Beendigung der Eigenverwaltung Insolvenzverwalter der XXXXX. In der Folgezeit wurde die Rückabwicklung des Aktienverkaufs an die XXXXX diskutiert, wobei es nach Behauptung des Klägers lediglich um die insolvenzrechtliche Abwicklung wegen Insolvenzanfechtung gegangen sein soll, während nach Behauptung der Beklagten die Rückabwicklung aus allen rechtlichen Gesichtspunkten, u.a. auch dem Gesichtspunkt des § 71a AktG (unzulässige Finanzierungshilfe beim Aktienerwerb) diskutiert worden sein soll. Wegen der eingetretenen Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit der Übertragung der ersten Tranche der Aktien an Xxxxx kam es zu Verhandlungen zwischen dem neuen Vorstand der XXXXX, dem Kläger als Sachverwalter nach § 270 InsO und der XXXXX, die am 11.09.2002 mit einer sogenannten Abschlussvereinbarung (K 14) endeten, deren Präambel auszugsweise lautet:
"XXXXX möchte mit Zustimmung des Sachverwalters ihr Put Optionsrecht mit der Maßgabe ausüben, dass XXXXX unter dem Option Share Purchase Agreement einen zusätzlichen Barkaufpreis von EUR 60 Mio. an XXXXX zahlt."
Weiter heißt es in dem Vertrag auszugsweise:
"1. Erhöhter Barkaufpreis für Restaktien
1.1 XXXXX und XXXXX vereinbaren hiermit, dass XXXXX unter dem Option Share Purchase Agreement einen zusätzliche Barkaufpreis von EUR 60 Mio. (nachfolgend "Erhöhungsbetrag") an XXXXX zu zahlen hat.
...
2. Zustandekommen des Option Share Purchase Agreement
2.1 XXXXX übt hiermit - unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Erhöhungsbetrages - das ihr nach dem Shareholder’s Agreement zustehende Put-Optionsrecht auf, so dass das Option Share Purchase Agreement (wie gemäß Ziffer 1.1 geändert) mit vollständiger Zahlung des Erhöhungsbetrages an XXXXX zustande kommt.
...
3. Vollzug des Option Share Purchase Agreement
3.1 Der nach dem Option Share Purchase Agreement für die Restaktien schon bisher geschuldete Verkaufspreis von EUR 50 Mio. wird hiermit - unter aufschiebender Bedingung vollständiger Zahlung des Erhöhungsbetrages - mit dem XXXXX zustehenden Rückzahlungsanspruch von EUR 50 Mio. aus dem Loan Agreement vom 8.03.2002 verrechnet. Mit Wirksamwerden dieser Verrechnung sind somit sämtliche wechselseitigen Zahlungsansprüche von XXXXX und XXXXX aus dem Option Share Purchase Agreement und dem Loan Agreement vom 8.03.2002 ausgeglichen und erledigt.
...
4. Verzicht auf Rückabwicklung
4.1 XXXXX und der Sachverwalter verzichten hiermit unter Hinweis auf alle Ansprüche und Rechte, welche - gleich auf welcher Grundlage - auf eine Rückabwicklung des Xxxxx SPA, des Shareholder’s Agreement, das mit dieser Vereinbarung zustande kommenden Option Share Purchase Agreement (wie gemäß Ziffer 1.1 geändert) sowie sonstige im Zusammenhang mit der Veräußerung von XXXXX Aktien an XXXXX getroffenen Vereinbarungen und Verfügungen oder vorgenommene Rechtshandlungen gerichtet sind. Der Verzicht erstreckt sich insbesondere auch auf das Lohnagreement zwischen XXXXX und XXXXX vom 8.03.2002, das Loan Agreement zwischen XXXXX und XXXXX vom 15.03.2002, das Share Pledge Agreement zwischen XXXXX und XXXXX vom 18.03.2002 und alle damit zusammenhängenden Rechtshandlungen.
4.2 Der Verzicht beinhaltet zugleich die Verpflichtung von XXXXX und des Sachverwalters, jegliche auf eine Rückabwicklung im Sinne von 1.1. gerichteten Ansprüche oder Rechte nicht geltend und dazu etwa bereits eingeleitete Rechtsverfolgungsmaßnahmen rückgängig zu machen. Diese Verpflichtung besteht, soweit XXXXXH (§ 328 Abs. 1 Abs. 1 BGB)."
Nach dieser Vereinbarung war XXXXX Inhaber sämtlicher Aktien an Xxxxx. Auf die übernommenen Cash Clearing Verbindlichkeiten in Höhe von 300 Mio. EUR und 224 Mio. EUR leistete XXXXX keine Zahlungen an Xxxxx. In der Folgezeit verschmolzen Xxxxx und XXXXX im Wege der sogenannten anwachsenden Verschmelzung. Mit Beschlüssen vom 15.05.2003 wurde die XXXXX (GmbH) in die XXXXX AG und die Xxxxx (AG) in die XXXXX GmbH & Co. KG umgewandelt. Komplementär der XXXXX GmbH & Co. KG war die Xxxxx und xxxxx GmbH (im Folgenden: Xxxxx); die XXXXX AG wurde Kommanditistin. Der Formwechsel von Xxxxx in eine KG wurde am 14.08.2003 im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Dabei wurden ihre Gläubiger gemäß §§ 22, 204 UmwG auf ihr Recht hingewiesen, binnen 6 Monaten Sicherheit für ihre Forderungen zu verlangen (B 31). Die XXXXX AG firmierte in die XXXXX AG um, was am 8.07.2003 im Handelsregister eingetragen wurde. Die Xxxxx schied am 9.07.2003 aus der KG aus, so dass als einzige Gesellschafterin die XXXXX AG verblieb. Hierbei handelt es sich um die Beklagte, die inzwischen einem Werftenverbund beigetreten ist und in eine GmbH umgewandelt wurde.
Nach Einholung von Gutachten verlangte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 8.09.2004 (K 27) die Zahlung des Kaufpreises von 524 Mio. EUR mit der Begründung, dass die Schuldübernahme gescheitert sei. Die Genehmigung der Schuldübernahme für die erste Tranche verstoße gegen § 71a AktG. Die Beklagte genehmigte die Übernahme der Cash Clearing Verbindlichkeit zur Erfüllung des Kaufpreisanspruchs vorsorglich in der Klageerwiderung.
Der Kläger behauptet, bei Abschluss des SPA sei XXXXX insolvenzreif gewesen. Die Verhandlungsparteien hätten eine Insolvenz der XXXXX als möglich, XXXXX sogar als nahezu sicher angesehen. Die Verpfändung der Aktien mit Share Pledge Agreement vom 18.03.2002 habe sicherstellen sollen, dass XXXXX auch dann auf die Aktien der Tranche 2 habe zugreifen können, wenn deren Übertragung durch die Insolvenz der XXXXX AG oder aus anderen Gründen gefährdet gewesen sei. XXXXX habe vorgeschlagen, den Kaufpreis durch Übernahme der Schuld aus dem Cash Pooling zu zahlen, weil der Kaufpreis für die Aktien nur wenig höher als die Verbindlichkeit gewesen sei und es zweifelhaft gewesen sei, ob XXXXX zur Rückzahlung des Darlehens in der Lage gewesen sei. XXXXX sowie XXXXX hätten von Anfang an geplant, das übernommene Darlehen durch eine "geschickte Transaktionsstruktur", nämlich Verschmelzung der Xxxxx mit der Käufergesellschaft ohne eigene Zahlung zum Erlöschen zu bringen.
Xxxxx habe die Schuldübernahme nur bei der ersten Tranche genehmigt. Die Schuldübernahme der zweiten Tranche sei nicht von der Genehmigung aller bedingten Rechtsgeschäfte in der Zustimmungserklärung von März 2002 umfasst. Mit bedingtem Rechtsgeschäft sei allein gemeint gewesen, dass das XXXXX SPA dadurch aufschiebend bedingt gewesen sei, dass das SPA mit der XXXXX zuvor vollzogen worden sei. Der über die zweite Tranche geschlossene Optionsvertrag sei weder eine Anlage zu dem SPA gewesen noch habe die Genehmigung von März 2002 eine Verbindung zu dieser Tranche herstellen sollen, denn dies wäre ein Argument für die Gegner des Verkaufs gewesen, die Veräußerung durch einstweilige Verfügung zu stoppen, so lange es an einem Beschluss der Hauptversammlung gemäß der "Holzmüller Rechtsprechung" gefehlt habe.
Die Bonität der XXXXX sei noch schlechter als die der XXXXX gewesen. XXXXX sei nie zur Erfüllung der übernommenen Verbindlichkeiten von 524 Mio. EUR in der Lage gewesen und habe das auch nie beabsichtigt. Vielmehr sei von Anfang an geplant gewesen, dass Xxxxx "sich selbst bezahlen" solle. XXXXX haben nicht über die Liquidität verfügt, um auch nur die Zinsen oder einen Teil der Darlehensschuld zu tilgen. Der einzig verwertbare Vermögensgegenstand der XXXXX habe in den Aktien der Xxxxx bestanden, die an XXXXX zur Sicherheit des Kredits zur Finanzierung des an XXXXX zu zahlenden Kaufpreises verpfändet worden seien. Die Beklagte selbst sei durch den Entzug dieser Liquidität in die Nähe der Insolvenz gelangt, die nur durch Darlehen der XXXXX abgewendet worden sei. XXXXX habe am 06.06.2002 nicht über ein Eigenkapital von 255 Mio. EUR verfügt.
Mit der Abschlussvereinbarung habe nur die in den Medien diskutierte Insolvenzanfechtung des SPA ausgeschlossen werden sollen; die Problematik des § 71a AktG sei nie diskutiert worden. Beim Erfolg der Klage werde die Befriedigungsquote für die Insolvenzgläubiger von 5 % auf 25 % und bei Erfolg einer weiteren Klage auf 40 % steigen.
In rechtlicher Hinsicht vertritt der Kläger die Auffassung, die Genehmigung der Schuldübernahme sei nach § 71a AktG nichtig, so dass die Schuldübernahme gescheitert sei. Der aus der unwirksamen Schuldübernahme resultierende Anspruch der XXXXX auf Freistellung von der Verbindlichkeit aus dem Cash Clearing habe sich durch ihre Insolvenz in einen Zahlungsanspruch umgewandelt. Auf diesen Anspruch habe der Kläger in der Abschlussvereinbarung nicht verzichtet.
Die Genehmigung der Schuldübernahme von März 2002 stelle nämlich eine nach § 71a AktG unzulässige Finanzierungshilfe von Xxxxx an XXXXX zum Erwerb ihrer Aktien dar. Wenn die Schuldübernahme wirksam wäre, hätte XXXXX kein eigenes Geld zur Finanzierung des Aktienkaufs aufbringen müssen, sondern den Kauf der Xxxxx aus dieser selbst finanziert, indem sie den übernommenen Darlehensanspruch in Folge der von Anfang an geplanten Verschmelzung der Xxxxx mit der Käuferin zum Erlöschen gebracht habe. Durch ihre Zustimmung habe Xxxxx ihren Rückzahlungsanspruch aus dem Cash Clearing Darlehen instrumentalisiert, um eine befreiende Schuldübernahme zu ermöglichen, die die Kaufpreisforderung zum Erlöschen bringen sollte. Der funktionale Bezug zwischen dem Aktienerwerb und der Zustimmung zur Schuldübernahme reiche aus, um die Genehmigung als unzulässiges Umgehungsgeschäft einzustufen. Xxxxx habe durch die Zustimmung zur Schuldübernahme mitgewirkt, XXXXX den Erwerb ihrer Aktien zu erleichtern. Jedenfalls sei die Schuldübernahme als Neudarlehen zu qualifizieren, weil XXXXX die Cash Clearing Verbindlichkeit in Höhe von 300 Mio. EUR sonst wegen Beendigung der Konzernzugehörigkeit von Xxxxx sofort hätte zurückzahlen müssen. Ohne die Zustimmung von Xxxxx hätte XXXXX den Betrag aufgrund der Freistellungsverpflichtung zahlen müssen.
Das Stehenlassen der Forderung aus der Cash-Clearing-Verbindlichkeit stelle außerdem eine unzulässige Auszahlung im Sinne des § 57 Abs. 1 AktG dar. Durch die Zustimmung zur Schuldübernahme sei das Vermögen von Xxxxx gefährdet worden, wobei eine abstrakte Gefährdung genüge, die darin liege, dass liquide Haftungsmasse gegen eine zeitlich hinausgeschobene Forderung ersetzt und damit die Vermögenslage der Gesellschaft verschlechtert worden sei.
Das Vermögen der Xxxxx sei durch die Zustimmung zur Schuldübernahme auch konkret gefährdet worden, da XXXXX nicht über eine ausreichende Bonität zur Rückzahlung des Darlehens verfügt habe; auf die dahinter stehende XXXXX habe Xxxxx nicht zugreifen können. Außerdem habe die Gefährdung des Gesellschaftsvermögens der Xxxxx darin bestanden, dass ihre Forderung aus dem Cash-Clearing von 300 Mio. EUR schon ein Jahr nach Eintritt der Vollzugsbedingungen infolge der Verschmelzung erloschen sei. Das Risiko der Unterkapitalisierung der Xxxxx habe sowohl bei der Genehmigung der Schuldübernahme im März 2002 als auch zur Zeit der Abschlussvereinbarung bestanden.
Mit der Zustimmung zur Schuldübernahme habe die Xxxxx außerdem unzulässigen Einfluss auf ihre Aktionärsstruktur genommen. Die Zustimmung zur Übertragung der vinkulierten Namensaktien sei wegen Verstoßes gegen § 71a AktG ermessensmissbräuchlich gewesen.
Eine etwaige spätere Genehmigung der Schuldübernahme sei ebenfalls unwirksam. Die in der Klageerwiderung erklärte Genehmigung sei jedenfalls nach § 415 Abs. 2 Satz 2 BGB verspätet, weil das Schreiben des Klägers vom 8.09.2004 als Aufforderung zur Genehmigung anzusehen sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 524.000.000,-- EUR nebst Zinsen von 5 % aus 300.000.000,-- EUR für die Zeit vom 5.07.2002 bis zum 12.09.2004 und aus 224.000.000,-- EUR für die Zeit vom 11. September 2002 bis 12. September 2004 sowie Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszins aus 524.000.000,-- EUR für die Zeit seit dem 12. September 2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, bei Vertragsschluss seien alle Beteiligten davon ausgegangen, dass die Schieflage der XXXXX durch eine Entlastung von der Cash-Clearing-Verbindlichkeit beseitigt werde. Seitens XXXXX und XXXXX habe man nicht mit einer Insolvenz der XXXXX gerechnet; der Vorstand der XXXXX sei vom Erfolg der geplanten Sanierungsmaßnahmen ausgegangen. Zwar habe es im Interesse der XXXXX gelegen, sich von der Cash-Clearing-Verbindlichkeit zu befreien, ebenso sei es im Interesse von Xxxxx gewesen, für ihre Forderungen mit der XXXXX und der hinter ihr stehenden XXXXX einen starken Schuldner zu erhalten.
Bei Abschluss des SPA sei die Verschmelzung der Xxxxx und mit der XXXXX nicht geplant gewesen. Dabei habe es sich lediglich um ein Denkmodell gehandelt, das XXXXX zunächst verworfen und erst wieder aufgenommen habe, als der Erwerbsinteressent Xxxxx. an einer Verkürzung des Beteiligungsstrangs interessiert gewesen sei.
Xxxxx habe die Schuldübernahme für die zweite Tranche bereits mit der Erklärung von März 2002 genehmigt, die ausdrücklich die bedingten Rechtsgeschäfte umfasst habe. Den Organen der Xxxxx sei es bei der Zustimmung zur Schuldübernahme ausschließlich um die "Rettung" der gegen XXXXX aufgelaufenen Forderungen gegangen. XXXXX habe am 6.06.2002 über ein Eigenkapital von mehr als 255 Mio. EUR verfügt.
Mit der Abschlussvereinbarung hätten sämtliche Einwände, die auf eine Rückabwicklung der Transaktion oder einzelner Rechtshandlungen abzielten, ausgeschlossen werden sollen, u.a. auch die Einwendungen aus § 71a AktG und der sogenannten Holzmüller-Rechtsprechung, die bereits vor Abschluss des SPA erörtert worden seien. Der erreichte Vollzugsstand habe als beständig behandelt werden sollen. Xxxxx habe XXXXX in der Folgezeit als Schuldner der gesamten Cash-Clearing-Verbindlichkeit von 524 Mio. EUR angesehen und dies im Jahresabschluss per 30.09.2002 entsprechend ausgewiesen, während XXXXX die Verbindlichkeit im Jahresabschluss vom 30.09.2002 als Verbindlichkeit gegen eine Tochtergesellschaft ausgewiesen habe. XXXXX sei stets zur Erfüllung dieser Verbindlichkeit in der Lage gewesen. XXXXX habe XXXXX bzw. nach der Verschmelzung der Beklagten Mittel in Höhe von 585 Mio. EUR zur Verfügung gestellt und habe Konzernbürgschaften und -garantien zu einem Gesamtbetrag von mindestens 1,7 Mio. EUR übernommen.
Die Beklagte macht in rechtlicher Hinsicht geltend, die Zustimmung der Xxxxx zur Schuldübernahme sei keine Finanzierungshilfe im Sinne des § 71a AktG gewesen. Dabei habe es sich vielmehr für einen Xxxxx wirtschaftlich neutralen Vorgang gehandelt, durch den ihr Vermögen unverändert geblieben sei. Die Situation von XXXXX sei durch die Genehmigungen der Schuldübernahme ebenfalls nicht verändert worden, weil XXXXX mit Genehmigung aufgrund der wirksamen Schuldübernahme und ohne Genehmigung aufgrund der Freistellungsverpflichtung verpflichtet gewesen sei, die Schuld der XXXXX aus dem Cash-Clearing zu tilgen. § 71a AktG greife nur ein, wenn die Gesellschaft einem Dritten ein Darlehen oder eine sonstige Finanzierungshilfe gerade zum Zwecke des Erwerbs ihrer Aktien gewähre. Im vorliegenden Fall sei das Darlehen der XXXXX aufgrund des Cash-Clearing und unabhängig vom Aktienerwerb gewährt worden. Es müsse der durch § 71a AktG geschützten Aktiengesellschaft möglich sein, nach erfolgtem Mittelabfluss die Einbringlichkeit ausgereichter Finanzmittel durch einen Wechsel zu einem Schuldner besserer Bonität zu verbessern. Die Insolvenz der Xxxxx sei durch den Austausch des Schuldners XXXXX gegen die finanzstarke Xxxxx vermieden worden.
Die Schuldübernahme sei nicht als Neudarlehen zu qualifizieren, weil die Konditionen nicht verändert worden seien. Eine Vermögensgefährdung sei bei Xxxxx durch die Schuldübernahme nie eingetreten, weil die Schuldübernahme nicht zu einem Liquiditätsabfluss geführt habe. Die Verschmelzung, auf die § 71a AktG ohnehin nicht anwendbar sei, habe nicht zu einem Verlust von Vermögenswerten geführt. Der Untergang des Darlehens sei durch die Aktivierung des Firmenwertes ausgeglichen worden.
Mit der Schuldübernahme sei auch keine unzulässige Auszahlung nach § 57 AktG vorgenommen worden. § 57 AktG setzte voraus, dass gerade der Schuldnerwechsel und nicht bereits das vorhergehende Cash Clearing einen Liquiditätsabfluss bewirkt habe. Selbst wenn Xxxxx XXXXX die Forderung gestundet hätte, was nicht geschehen sei, hätte dies nicht zu einem Abfluss von Liquidität geführt.
Jedenfalls sei die Schuldübernahme durch das Verhalten von Xxxxx später konkludent und im Verlaufe des Rechtsstreits ausdrücklich genehmigt worden. Diese Genehmigungen seien wirksam, weil zur Zeit der Erklärung die Restriktionen des § 71a AktG wegen Formwechsels nicht mehr anwendbar gewesen seien.
Schließlich seien die angeblichen Ansprüche des Klägers durch die Abschlussvereinbarung ausgeschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere zu der wirtschaftlichen Situation der XXXXX, den Umständen, die zur Abschlussvereinbarung führten und zu den Rechtsauffassungen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des Kaufpreises von 524 Mio. EUR für den Verkauf der zwei Tranchen der Aktien an Xxxxx (mehr), denn XXXXX hat den Kaufpreisanspruch durch Übernahme der Verbindlichkeiten der XXXXX gegenüber Xxxxx aus dem Cash-Pooling in Höhe von 300 Mio. EUR und 224 Mio. EUR erfüllt. Die Parteien der Kaufverträge über beide Tranchen haben nämlich vereinbart, dass der Kaufpreis ausschließlich durch Übernahme der Cash-Clearing-Verbindlichkeit zu erfüllen ist (I). Die Gläubigerin Xxxxx hat die Schuldübernahmen genehmigt (II). Die gegen die Wirksamkeit der Schuldübernahme vorgebrachten Einwendungen des Klägers greifen nicht durch (III).
I.
Die Parteien der Kaufverträge beider Tranchen, nämlich XXXXX bzw. der Kläger auf Verkäuferseite und XXXXX auf Käuferseite haben vereinbart, dass ein Teil des Kaufpreises von XXXXX durch Übernahme der Verbindlichkeit von XXXXX gegenüber Xxxxx aus dem Cash Clearing in Höhe von 300 Mio. EUR und 224 Mio. EUR getilgt wird. Die Zahlung des Kaufpreises für die erste Tranche sollte gemäß Ziffer 2.3 und 3. des SPA vom 17.02.2002 (K 2/ K 2 b) durch Übernahme eines Teils von 300 Mio. EUR aus der Cash-Clearing-Verbindlichkeit der XXXXX gegenüber der Xxxxx an Erfüllungs Statt bewirkt werden. Nach Ziffer 3.2 des optionalen Aktienkaufvertrages in Verbindung mit Ziffer 4 des Amendments No. 1 (K 4/ K 4 a, K 5/ K 5 a), der durch Ausübung der Option gemäß 2.1 der Abschlussvereinbarung (K 14) zustande kam, war ein Kaufpreisanteil von 224 Mio. EUR für die zweite Tranche ausschließlich durch Übernahme der Schuld aus dem Cash Clearing in dieser Höhe zu erfüllen.
II.
Die Xxxxx hat die Übernahme der Schuld gemäß Ziffer 4.1.1. (d) des SPA und § 415 Abs. 1 Satz 1 BGB genehmigt. Gemäß § 415 Abs. 1 Satz 1 BGB hängt die Wirksamkeit der Schuldübernahme, die zwischen Schuldner (hier XXXXX) und einem Dritten (hier XXXXX) vereinbart wurde, von der Genehmigung des Gläubigers (Xxxxx) ab.
1.
Die Xxxxx hat die Schuldübernahme für beide Tranchen durch die Erklärung von März 2002 (K 10/K 10 a) genehmigt. Die Genehmigung der Schuldübernahme von 300 Mio. EUR ist durch den Passus
"die Übernahme der bestehenden Cash-Clearing-Verbindlichkeit durch den Erwerber (wie im Xxxxx SPA gestaltet)"
ausdrücklich erklärt worden und unstreitig.
Die Genehmigung für die Schuldübernahme beim Verkauf der zweiten Tranche ergibt sich aus dem Passus
"alle anderen Rechtsgeschäfte (bedingte Rechtsgeschäfte eingeschlossen), die in dem Xxxxx SPA, dem Xxxxx SPA und deren jeweiligen Anlagen vereinbart sind."
Die Schuldübernahme hinsichtlich der zweiten Tranche war ein in den Anlagen des SPA vereinbartes bedingtes Rechtsgeschäft. Die Übertragung der zweiten Tranche gegen Schuldübernahme in Höhe von 224 Mio. EUR war nämlich im optionalen Aktienkaufvertrag (K 4/ K 4 a) unter Ziffer 2.1 vereinbart worden. Dieser Aktienkaufvertrag ist durch Ausübung des Put Optionsrechts durch XXXXX in Ziffer 2.1 der Abschlussvereinbarung (Anlage K 14) zustande gekommen. Die Put-Option war der XXXXX in Ziffer 4.1 der Gesellschaftervereinbarung (K 3/K 3 a) in der Weise eingeräumt worden, dass sie den optionalen Aktienkaufvertrag durch eine einseitige Ausübungsmitteilung schaffen konnte. Der optionale Aktienkaufvertrag sowie die Gesellschaftervereinbarung enthielten damit ein bedingtes Rechtsgeschäft.
Der optionale Aktienkaufvertrag war auch eine Anlage der SPA. Nach Ziffer 4.1.1 (f) des SPA gehörte die Gesellschaftervereinbarung (K 3/K 3 a) zu den Anlagen des SPA. Der optionale Aktienkaufvertrag war gemäß Ziffer 4.1 der Gesellschaftervereinbarung eine Anlage zu dieser Vereinbarung. Soweit der Kläger daher behauptet, der über die zweite Tranche geschlossene optionale Aktienvertrag sei keine Anlage zu dem Xxxxx SPA im Sinne der Zustimmungserklärung, ist das weder mit dem Wortlaut des SPA noch mit dem Wortlaut der Zustimmungserklärung vom März 2002 zu vereinbaren. Die Genehmigungserklärung bezog sich vielmehr nach dem klaren Wortlaut auf alle bedingten Rechtsgeschäfte, die (u.a.) im Xxxxx SPA und seinen Anlagen enthalten waren, zu denen - wie ausgeführt - auch der optionale Aktienkaufvertrag gehörte. Eine Eingrenzung darauf, dass mit bedingten Rechtsgeschäften nur die im XXXXX SPA vorgesehene aufschiebende Bedingung gemeint, dass das Xxxxx SPA zuvor im "Closing" vollzogen wurde, lässt sich dem Text nicht entnehmen. Dagegen spricht schon, dass in der Zustimmungserklärung von bedingten Rechtsgeschäften und Anlagen zu den beiden SPA im Plural die Rede ist, während nach der Behauptung des Klägers nur ein einziges bedingtes Rechtsgeschäft vorgelegen haben soll.
Eine engere Auslegung der Genehmigungserklärung im Sinne des klägerischen Vortrages ergibt sich auch nicht aus dem Aufsichtsratsbeschluss vom 8.03.2002 (K 42, Bl. 332 d.A.). Zwar umfasst dieser Beschluss ausdrücklich nur die Genehmigung der Übernahme der Verbindlichkeit in Höhe von 300 Mio. EUR. Dies sagt allerdings nichts für die Auslegung der Zustimmungserklärung, denn die Gegenstände beider Erklärungen sind nur teilweise identisch. Gegenstand beider Erklärungen ist lediglich die Übernahme der Verbindlichkeit in Höhe von 300 Mio. EUR. Die sonstigen Geschäftsführungsmaßnahmen der Zustimmungserklärung (K 10/ K 10 a,) insbesondere die Zustimmung zum Verkauf der Aktien und zu den bedingten Rechtsgeschäften ist nicht Gegenstand des Aufsichtsratsbeschlusses. Andererseits befasst sich die Zustimmungserklärung - anders als der Aufsichtsratsbeschluss - nicht ausdrücklich mit dem Darlehensvertrag zwischen Xxxxx und XXXXX.
Soweit der Kläger behauptet, die Genehmigung der Schuldübernahme der zweiten Tranche sei von der Zustimmungserklärung nicht erfasst worden und habe nicht erfasst werden sollen, um eventuellen Gegnern des Beteiligungsverkaufs keine Argumente zu liefern, den Verkauf der beiden Tranchen als einheitliches Geschäft darzustellen und die Veräußerung zu verhindern, indem nach den Grundsätzen der "Holzmüller Rechtsprechung" ein Hauptversammlungsbeschluss verlangt wird und hierfür Beweis durch Zeugen antritt, braucht dem nicht nachgegangen zu werden. Zum einen betrifft diese Rechtsprechung die Verpflichtung der XXXXX, bei bestimmten Maßnahmen, zu denen möglicherweise auch der Verkauf ihrer gesamten Beteiligung der Xxxxx gehörte, zuvor die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen. Xxxxx hatte damit nichts zu tun. Die Genehmigung bzw. vorherige Zustimmung der - bedingten - Schuldübernahme für die zweite Tranche war auch unschädlich, weil das Geschäft nur durch Ausübung der Put-Option durch XXXXX zustande kommen konnte und hierdurch der "Holzmüller-Rechtsprechung" Rechnung getragen war. Durch die Formulierung in der Zustimmungserklärung war sichergestellt, dass die Genehmigung der Schuldübernahme für den Fall des Verkaufs der zweiten Tranche nicht sofort erkennbar war.
Zum anderen hat der Kläger mit seiner Behauptung einen abweichenden Inhalt der Erklärung nicht dargelegt. Nach dem klaren Wortlaut war von der Genehmigungserklärung auch die im optionalen Aktienkaufvertrag enthaltene Schuldübernahme hinsichtlich der zweiten Tranche erfasst. Diese Erklärung entspricht im Wortlaut der in Ziffer 4.1.1 (d) des SPA als Vollzugsvoraussetzung verlangten Erklärung von Xxxxx. Dass beide Vertragsparteien des SPA, also auch XXXXX diese Erklärung übereinstimmend abweichend vom Wortlaut in dem vom Kläger behaupteten Sinn gemeint haben, hat der Kläger nicht dargetan, da insoweit Angaben zum Verhandlungsinhalt fehlen. Der hierzu benannte Zeuge Xxxxx kann als Vertreter von XXXXX und/oder Xxxxx allenfalls deren Vorstellungen und nicht die der Beklagten/XXXXX und XXXXX wiedergeben. Der Zeuge Xxxxx ist ebenfalls vom Kläger bzw. XXXXX beauftragt worden. Beide Zeugen könnten nur zur Vorstellung der Gegenseite aussagen, wenn die Reichweite der Genehmigung nach 4.1.1 (d) ausdrücklich Gegenstand der Verhandlungen gewesen wäre, dazu ist aber nichts vorgetragen. Es ist auch wenig wahrscheinlich, dass die intensiv anwaltlich beratenen Parteien eine derart missverständliche Formulierung gewählt hätten wie sie vorläge, wenn die klägerischen Behauptungen zuträfen.
Schließlich spricht auch der weitere Ablauf dafür, dass die Genehmigungserklärung vereinbarungsgemäß die Genehmigung der Schuldübernahme für beide Tranchen umfasste. Denn beide Vertragsparteien, denen aus dem Verkauf der ersten Tranche die Notwendigkeit der Genehmigung der Schuldübernahme durch Xxxxx bekannt war, sorgten nicht für eine erneute Genehmigung. Der Kläger hat auch in der Klageschrift nicht etwa das Fehlen der Genehmigung für die zweite Tranche erörtert, sondern die Klage auf die Unwirksamkeit der Genehmigung gestützt. Die Erklärung einer Genehmigung hat er erstmals im Schriftsatz vom 15.04.2005 (Bl. 204 d.A.) ausdrücklich bestritten.
2.
Überdies hat die Beklagte, die insoweit Rechtsnachfolgerin der Xxxxx geworden ist, die Schuldübernahme durch Erklärung im Rechtsstreit genehmigt. Die Genehmigung war nicht verspätet. Nach § 415 Abs. 2 Satz 2 kann die Genehmigung nur bis zum Ablauf der Frist erklärt werden, wenn der Schuldner oder der Dritte den Gläubiger unter Bestimmung einer Frist zur Erklärung der Genehmigung auffordert. Wird die Genehmigung nicht erklärt, gilt sie in diesem Fall als verweigert.
Die Beklagte bzw. Xxxxx ist nicht zur Erteilung der Genehmigung aufgefordert worden. Die Aufforderung ist auch nicht in der Leistungsaufforderung des Klägers vom 8.09.2004 (K 27) enthalten. Der spätere Kläger hat die Beklagte darin nicht zur Erteilung der Genehmigung der Schuldübernahme aufgefordert. Die Aufforderung ergibt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang des Schreibens. Der Kläger vertrat darin die Auffassung, dass die Genehmigung der Schuldübernahme der ersten Tranche nach § 71a AktG unwirksam war und ging hinsichtlich der zweiten Tranche ebenfalls von einer nicht näher begründeten Unwirksamkeit der Schuldübernahme aus. Eine Aufforderung zur Erteilung der Genehmigung kann darin nicht gesehen werden. Dem steht schon entgegen, dass der Kläger den Anspruch nicht auf das Fehlen der Genehmigung, sondern auf die Unwirksamkeit der Genehmigung stützte,
Die Insolvenzeröffnung stand jedenfalls bei der zweiten Tranche der Genehmigung nicht entgegen, weil der Vertrag mit Billigung des Insolvenzverwalters nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen worden ist. Ob hinsichtlich der ersten Tranche die Genehmigung im Rechtsstreit gegen das Insolvenzrecht, insbesondere die §§ 91, 93, 96 InsO verstieß, mag offen bleiben, weil Xxxxx unstreitig die Schuldübernahme bei der ersten Tranche bereits im März 2002 genehmigt hat.
III.
Die Genehmigung der Schuldübernahme ist weder als unzulässige Finanzierungshilfe nach § 71a AktG unwirksam noch stellt sie eine unzulässige Auszahlung im Sinne des § 57 Abs. 1 AktG dar.
1.
Die Genehmigung der Schuldübernahme ist keine Finanzierungshilfe im Sinne des § 71a AktG. Nach § 71a AktG ist ein Rechtsgeschäft, das die Gewährung eines Vorschusses, eines Darlehens oder die Leistung einer Sicherheit durch die Gesellschaft an einen anderen zum Zwecke des Erwerbs von Aktien dieser Gesellschaft zum Gegenstand hat, nichtig. Damit soll zum einen die Umgehung des § 71 AktG (Verbot des Erwerbs eigener Aktien) verhindert werden, zum anderen soll das Kapital der Aktiengesellschaft erhalten werden, indem ihr verboten wird, den Erwerb ihrer Aktien zu finanzieren (Hüffer, AktG, 6. Auflage, § 71a RdNr. 1; Oechsler, Münchener Kommentar zum AktG, § 71a RdNr. 3 ff.). § 71AktG dient ebenfalls der Kapitalerhaltung (Hüffer a.a.O. § 71 RdNr. 1).
Zur Annahme einer nach § 71a verbotenen Finanzierungshilfe genügt nicht, dass Xxxxx durch die Zustimmung zur Schuldübernahme XXXXX den Aktienerwerb erleichterte, indem XXXXX den Kaufpreis nicht zahlen musste, sondern letztlich durch Verschmelzung mit Xxxxx zum Erlöschen bringen konnte. § 71a AktG untersagt der Gesellschaft nicht jegliche finanzielle Hilfeleistung für den Erwerber beim Erwerb ihrer Aktien, sondern nur solche Hilfeleistungen, die mit den im Gesetz aufgeführt Beispielen vergleichbar sind. Das ist der Fall, wenn die Gesellschaft zur Finanzierung des Erwerbs liquide Mittel aus dem Gesellschaftsvermögen weggibt (a) und dadurch eine Vermögensgefährdung eintritt (b). Zudem ist die vom Kläger angenommene Rechtsfolge nicht mit dem Sinn und Zweck des §§ 71a AktG vereinbar (c).
a)
Die Schuldübernahme ist nicht mit den in § 71a AktG aufgeführten Fällen vergleichbar. Die Aufzählung der unzulässigen Finanzierungshilfen in § 71a AktG ist zwar nicht abschließend (Oechsler a.a.0., § 71a RdNr. 14). Die Genehmigung der Schuldübernahme ist aber keine solche Finanzierungshilfe. § 71a AktG untersagt nicht schlechthin Unterstützungshandlungen der Gesellschaft beim Erwerb ihrer Aktien. Erfasst sind lediglich Finanzierungshilfen, bei denen die Gesellschaft liquide Vermögenswerte weggibt oder sich zu deren Weggabe verpflichtet. Die aufgezählten Beispiele - Gewährung eines Vorschusses oder eines Darlehens oder Leistung einer Sicherheit - sind nämlich dadurch gekennzeichnet, dass aus dem Gesellschaftsvermögen liquide Vermögenswerte abfließen (Vorschuss/Darlehen) oder dass sich die Gesellschaft zur Weggabe verpflichtet (Sicherheit). Dass die Unzulässigkeit der Finanzierungshilfe den Abfluss liquider Vermögenswerte voraussetzt, ergibt sich auch aus dem Schutzzweck der Vorschrift. § 71a AktG dient primär - wie ausgeführt - der Erhaltung des Kapitals der Gesellschaft. Wenn durch die Vorschrift verhindert werden soll, dass die Gesellschaft den Erwerb ihrer Aktien selbst finanziert, so dient das dazu, ihre Kapitalbasis zu erhalten. Kann nämlich der Erwerber das von der Gesellschaft gewährte Darlehen nicht zurückzahlen, erleidet die Gesellschaft einen Verlust, der den Wert ihrer Aktien sinken lässt und damit zugleich das Vermögen des Erwerbers, soweit es in ihren Aktien besteht, schrumpfen lässt und somit die Befriedigungsaussichten der Gesellschaft weiter verschlechtert (vgl. Oechsler a.a.0., § 71a RdNr. 4). Ein Verlust setzt aber voraus, dass sich die Vermögenslage der Gesellschaft durch die Hingabe des Darlehens verschlechtert hat. Mindestanforderung ist damit die Weggabe liquider Vermögenswerte aus dem Gesellschaftsvermögen.
Soweit als Schutzzweck der Vorschrift weiter gesehen wird, dass die Gesellschaft nicht durch die Finanzierungshilfe über ihre Aktionärsstruktur soll entscheiden dürfen, ist dieser Zweck jedenfalls dann nicht relevant, wenn - wie hier - die Gesellschaft aufgrund vinkulierter Namensaktien zwangsläufig über die Aktionärsstruktur zu entscheiden hat, weil sie der Übertragung ihrer Aktien zustimmen muss.
Durch die Genehmigung der Schuldübernahme hat die Xxxxx nicht liquide Vermögenswerte weggegeben, sondern lediglich einen Schuldner gegen einen anderen Schuldner ausgetauscht. Das Darlehen war der XXXXX und nicht dem Käufer XXXXX lange vor Abschluss des Kaufvertrages gewährt worden, indem XXXXX aufgrund des Cash Pooling die liquiden Mittel der Xxxxx abgezogen hatte. Durch die Schuldübernahme ist damit lediglich die Vermögenslage von Xxxxx, die ohne den Aktienverkauf bestanden hätte, aufrecht erhalten worden.
Die Genehmigung der Schuldübernahme wird nicht dadurch zu einem XXXXX gewährten neuen Darlehen, dass der Anspruch der Xxxxx gegen XXXXX aus dem Cash-Pooling mit der Ausgliederung der Xxxxx aus dem Konzern infolge des Aktienverkaufs fällig geworden wäre, denn der Übernehmer übernimmt die Schuld so, wie sie bei Übernahme besteht. Ein Neudarlehen kann daher nicht in den Genehmigung der Schuldübernahme, sondern allenfalls in der gleichzeitigen oder späteren Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und dem Erwerber, in der die Fälligkeit oder sonstige Konditionen des Darlehens verändert werden, gesehen werden. Das hat jedoch nichts mit der Schuldübernahme zu tun.
Im übrigen führt auch die Annahme eines durch Stehenlassen/Stundung eines fälligen Rückzahlungsanspruchs gewährten Neudarlehens nicht zum Abfluss liquider Mittel. Es verbleibt vielmehr dabei, dass lediglich der Darlehensschuldner ausgetauscht wurde. Auch bei einem fälligen Rückzahlungsanspruch von Xxxxx gegen XXXXX befand sich im Vermögen der Xxxxx bis zur Rückzahlung lediglich ein nicht erfüllter Zahlungsanspruch gegen XXXXX, dessen Erfüllung ungewiss war. Dieser ist durch einen Zahlungsanspruch gegen XXXXX ersetzt worden. Eine Vermögensverschlechterung bei Xxxxx kann auch nicht darin gesehen werden, dass XXXXX bei Verweigerung der Genehmigung und dem daraus resultierenden Scheitern der Schuldübernahme XXXXX von der übernommenen Schuld hätte freistellen müssen und an Xxxxx den Betrag zahlen müssen. Der Freistellungsanspruch stand nicht Xxxxx, sondern dem Kläger bzw. XXXXX zu. Im Vermögen der Xxxxx befand sich lediglich der Zahlungsanspruch gegen XXXXX. Auch bei dem Freistellungsanspruch der XXXXX hätte es sich lediglich um einen schuldrechtlichen Anspruch gehandelt, dessen Realisierung offen war, zumal der Kläger XXXXX in anderem Zusammenhang mangelnde Bonität bescheinigt. Vom Abfluss liquider Mittel kann daher auch in diesem Fall nicht die Rede sein.
b)
Die Genehmigung der Schuldübernahme und damit der Austausch des Schuldners XXXXX gegen den Schuldner XXXXX führte weder zu einer abstrakten noch zu einer konkreten Gefährdung des Vermögens der Xxxxx.
aa)
Eine abstrakte Vermögensgefährdung tritt durch die Genehmigung der Schuldübernahme nicht ein, weil diese lediglich einen Schuldnerwechsel bewirkt, der wirtschaftlich neutral ist. Ein Schuldnerwechsel führt nur dann zu einer Verschlechterung der Vermögenslage, wenn der neue Schuldner eine schlechtere Bonität hat, oder sich die Konditionen verschlechtern, wogegen der Gläubiger durch das Zustimmungserfordernis geschützt ist.
Auch wenn der Anspruch der Xxxxx gegen XXXXX wegen der Ausgliederung aus dem Konzern sofort fällig gewesen sein sollte und die Fälligkeit des Anspruchs gegen XXXXX durch die Schuldübernahme hinausgezögert worden sein sollte, begründet das keine abstrakte Vermögensgefährdung. Diese setzt vielmehr den Abfluss liquider Haftungsmasse voraus. Das ergibt sich auch aus dem Urteil des BGH NZG 2004, 233 ff. d.A.. Danach führt der Austausch liquider Haftungsmasse gegen einen zeitlich hinausgeschobenen schuldrechtlichen Rückzahlungsanspruch unabhängig von der Bonität des Schuldners zu einer Verschlechterung der Vermögenslage der Gesellschaft (a.a.0. S. 234). Die abstrakte Vermögensgefährdung besteht damit nicht in dem Herauszögern des Zahlungsanspruchs, sondern in der Weggabe von Vermögen der Gesellschaft gegen einen hinausgezögerten Zahlungsanspruch. Der Entscheidung lag nämlich ein Fall zugrunde, in dem die betroffene Gesellschaft effektiv ein Darlehen ausgezahlt hatte. Rückschlüsse für den Austausch des Schuldners lässt die Entscheidung daher nicht zu. Durch den Schuldnerwechsel ist selbst bei Annahme eines Neudarlehens keine liquide Haftungsmasse der Xxxxx gegen einen Rückzahlungsanspruch ausgetauscht worden. Auch ein wegen Ausgliederung aus dem Konzern sofort fälliger Rückzahlungsanspruch der Xxxxx gegen XXXXX stellte keine liquide Haftungsmasse dar, sondern lediglich einen schuldnerrechtlichen Anspruch, dessen Erfüllung ungewiss und mit dem Bonitätsrisiko des Schuldners behaftet war. Der Gesellschaft wird Liquidität nicht durch einen fälligen Anspruch, sondern allein durch seine Erfüllung zugeführt.
bb)
Ebensowenig ist durch den Schuldnerwechsel eine konkrete Vermögensgefährdung eingetreten, ohne dass es darauf ankommt, wie sich die Vermögenslage der XXXXX zur Zeit der Schuldübernahme darstellte. Selbst im ungünstigsten Fall, nämlich wenn die Bonität der XXXXX entsprechend dem Klägervortrag noch schlechter gewesen sein sollte als die der XXXXX, führte der Schuldnerwechsel nicht zu einer Verschlechterung der Vermögenssituation der Xxxxx, sondern es blieb allenfalls die erhoffte Verbesserung ihrer Vermögenslage aus. Eine konkrete Vermögensgefährdung von Xxxxx lässt sich weder ex post noch ex ante feststellen.
Ex post hat Xxxxx durch die Genehmigung des Schuldnerwechsels ihren Fortbestand gesichert. Wäre nämlich XXXXX Schuldnerin der Darlehensforderung geblieben, hätte Xxxxx spätestens nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der XXXXX selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beantragen müssen. Denn Xxxxx hätte, wie der Kläger selbst vorträgt, die Forderung gegen XXXXX in vollem Umfang wertberichtigen müssen mit der Folge, dass ihr Eigenkapital vollständig vernichtet worden wäre und sie überschuldet gewesen wäre. Der Freistellungsanspruch der XXXXX gegen XXXXX hätte Xxxxx nichts genutzt, weil XXXXX nach dem Vortrag des Klägers von noch schlechterer Bonität war, so dass der Freistellungsanspruch der XXXXX nicht zu einem Vermögenszufluss bei Xxxxx geführt hätte.
Ex ante stellte sich die Situation nicht anders dar. Wäre die Bonität von XXXXX so schlecht gewesen, wie der Kläger behauptet, hätte Xxxxx die Forderung nach dem Schuldnerwechsel ebenso wie die Forderung gegen XXXXX in vollem Umfang wertberichtigen müssen und wäre insolvent gewesen. Es bestand jedoch die - wie die weitere Entwicklung zeigt - begründete Erwartung, dass der hinter XXXXX stehende Investor ausreichende Mittel zur Verfügung stellte, weil bei Insolvenz von Xxxxx seine Investition verloren gewesen wäre.
Angesicht der Alternative zwischen sicherer Insolvenz und begründeter Aussicht, der Insolvenz zu entgehen, kann es auf die Insolvenzquote, die Xxxxx bei XXXXX und XXXXX hätte erreichen können, nicht ankommen. Maßgeblich ist vielmehr, dass Xxxxx, wenn der Vortrag des Klägers zur mangelnden Bonität von XXXXX zutreffen sollte, sowohl bei Genehmigung der Schuldübernahme als auch bei Verweigerung der Genehmigung jeweils einen insolventen Schuldner hatte, der nicht zur Zahlung in einem überschaubaren Zeitraum von 1 bis 2 Bilanzjahren in der Lage war, denn dies führte dazu, dass die Forderung in vollem Umfang wertzuberichtigen war und Xxxxx selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hätte beantragen müssen. Hieran hätte sich nichts geändert, wenn die Quote, die Xxxxx bei XXXXX erhalten hätte, höher wäre als die Quote in einem Insolvenzverfahren der XXXXX, denn die Wertberichtigung der Darlehensforderung hätte hierdurch nicht vermieden werden können. Die Höhe der Insolvenzquote ist vor Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht hinreichend konkret prognostizierbar, so dass in dem hier für die Beurteilung der Vermögenslage maßgeblichen Zeitpunkt keinen bezifferbaren Wert darstellte. Die Höhe der Quote hängt auch davon ab, ob der Insolvenzverwalter die von ihm angenommenen Forderungen realisieren kann oder durch erfolglose Bemühungen die Masse schmälert. Da die Insolvenzquote erst nach unter Umständen langjähriger Verfahrensdauer ausgezahlt wird, kann ihre Höhe die wirtschaftliche Lage des Unternehmens allenfalls verbessern, wenn seine Kapitalausstattung so ist, dass es bis zu diesem Zeitpunkt ohne Befriedigung der Forderung fortbestehen kann. Dass ist hier nicht der Fall, weil Xxxxx im Falle der Insolvenz ihrer Schuldner selbst insolvent geworden wäre.
Auf die konkrete Vermögenslage der XXXXX, über die der Kläger durch Vorlage der Unterlagen gemäß Antrag vom 2.03.2005 (Bl. 121 d.A.) nähere Informationen erhalten wollte, kommt es mithin nicht an, so dass die Anordnung zu unterbleiben hatte.
XXXXX ist entgegen dem Klägerschriftsatz vom 25.10.2005 auch nicht deshalb als "schlechterer Schuldner als XXXXX" anzusehen, weil die Cash-Clearing Verbindlichkeit von ihr "niemals beglichen", sondern laut Jahresabschluss der Xxxxx zum 30.09.2002 (K 44) aus zukünftigen Ausschüttungen der Xxxxx an XXXXX gezahlt werden sollte. Hieraus ergibt sich im Gegenteil, dass XXXXX nach damaliger Beurteilung durch die Beteiligung an Xxxxx über die zur Tilgung erforderlichen Vermögenswerte verfügte und die ausgereichten Darlehen über die Ausschüttungen an Xxxxx zurückfließen sollten.
cc)
Eine Vermögensgefährdung der Xxxxx ergibt sich auch nicht daraus, dass ihr Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens durch die Verschmelzung mit XXXXX untergegangen ist. Der Darlehensanspruch der Xxxxx ist nämlich nicht durch die Schuldübernahme, sondern durch die Verschmelzung erloschen. Beide Vorgänge sind rechtlich und zeitlich getrennte Akte. Die Schuldübernahme führt lediglich zu einem Wechsel des Schuldners bei Fortbestand der Forderung. Der Untergang der Forderung tritt erst durch den weiteren Akt der Verschmelzung ein. Nichtig wäre damit allenfalls die Verschmelzung, nicht jedoch die Schuldübernahme.
Davon abgesehen ist § 71a AktG bei Verschmelzung nicht anwendbar, weil den Interessen der Zielgesellschaft nach dem Umwandlungsgesetz anderweitig Rechnung getragen wird (Oechsler aa0., § 71a RdNr. 21). Das gilt auch für die hier vorliegende anwachsende Verschmelzung. Soweit die Schutzvorschriften des Umwandlungsgesetzes hier unanwendbar sind, wird der Schutz der Gläubiger der Gesellschaft durch die Haftung der übernehmenden Gesellschaft erreicht (Habersack, Festschrift führ Röhricht, 2005, S. 155 ff., 175). Weder aus Sicht der Zielgesellschaft noch aus Sicht ihrer Gläubiger oder Aktionäre macht es einen Unterschied, ob die aufnehmende Gesellschaft zum Zwecke des Anteilserwerbs ein Drittdarlehen aufgenommen hat, für das nun das nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG erworbene Vermögen der Zielgesellschaft haftbar wird, oder, ob die Verschmelzung zum Erlöschen einer von der aufnehmenden Gesellschaft übernommenen und auf den Kaufpreis angerechneten Forderung der Zielgesellschaft führt. Die Gläubiger der Zielgesellschaft werden in beiden Fällen dem gleichen Risiko ausgesetzt (Habersack aa0., S. 175).
c)
Schließlich ist die Unwirksamkeit der Schuldübernahme mit der Folge eines Zahlungsanspruchs des Klägers nicht mit dem Sinn und Zweck des § 71a AktG zu vereinbaren. Die Auslegung des Klägers führt nämlich dazu, dass die Beklagte zum Schaden der Xxxxx in Anspruch genommen wird. Der Zweck des Kapitalschutzes der Gesellschaft, deren Aktien verkauft werden, hier also der Xxxxx wird durch die vom Kläger vorgenommene Auslegung in sein Gegenteil verkehrt. Die Vorschrift dient dem Schutz von Xxxxx. Folgt man dem Kläger, würde allerdings allein er als Insolvenzverwalter der XXXXX bzw. deren Gläubiger begünstigt, während die neue Gesellschaft, in die Xxxxx aufgegangen ist, den vollen Kaufpreis an den Kläger zahlen soll und im Gegenzug eine Insolvenzforderung gegen den Kläger bzw. XXXXX erhält. Der bezweckte Schutz des Eigenkapitals der Zielgesellschaft (Xxxxx) würde nur dann erreicht, wenn ihr, ggf. ihren Gläubigern, nicht jedoch dem Kläger ein Zahlungsanspruch gegen die Erwerbsgesellschaft XXXXX zustünde, zumal § 71a AktG primär das Verhältnis zwischen Zielgesellschaft und Erwerber, d.h. zwischen Xxxxx und XXXXX regelt. Der Kläger hat selbst ausgeführt (Seite 5 des Schriftsatzes vom 7.07.2005), dass die Käuferseite statt der Verrechnung der Clearing-Forderungen durch Verschmelzung und Konfusion ebenso gut den Kaufpreis von 524 Mio. EUR an Xxxxx hätte zahlen können, was allerdings im Widerspruch zu der von ihm angenommenen mangelnden Bonität der XXXXX steht. Richtig ist jedoch, dass der Schutzzweck nur erreicht wird, wenn die angeblich unzulässige Finanzierungshilfe an die Gesellschaft zurück fließt. Für den (solventen) Verkäufer ist es irrelevant, ob der Kaufpreis durch Zahlung an ihn oder Befreiung von einer Schuld in gleicher Höhe getilgt wird.
2.
Die Schuldübernahme ist keine nach § 57 Abs. 1 AktG verbotene Auszahlung. Nach dieser Vorschrift ist jede Zahlung aus dem Vermögen der Aktiengesellschaft unzulässig, die an einen Aktionär erbracht wird, wenn sie außerhalb einer ordnungsgemäßen Ausschüttung des Gewinns erfolgt und nicht ausnahmsweise gesetzlich zugelassen ist (Bayer, Münchener Kommentar zum AktG, 2. Auflage, § 57 RdNr. 7). Unter Auszahlung sind Leistungen aller Art zu verstehen, die wirtschaftlich das Gesellschaftsvermögen verringern (KG NZG 2001, 989, 990).
Durch das "Stehenlassen" des ursprünglich der XXXXX gewährten Darlehens als Folge einer wirksamen Schuldübernahme durch XXXXX hat Xxxxx gegenüber XXXXX keine Auszahlung vorgenommen, da keine liquiden Mittel von dem Gesellschaftsvermögen abgeflossen sind. Die liquiden Mittel sind bereits durch die Darlehensgewährung an XXXXX aus dem Gesellschaftsvermögen im Austausch gegen einen Rückzahlungsanspruch ausgeschieden. Der Rückzahlungsanspruch gegen XXXXX stellte kein liquides Gesellschaftsvermögen dar. Ein Zahlungsanspruch ist nicht mit der tatsächlichen Zahlung gleichzusetzen. Das gilt umso mehr, wenn die Bonität des Schuldners wie hier bei XXXXX zweifelhaft ist, so dass mit einem Rückfluss der Mittel nicht zu rechnen ist.
Soweit in Rechtsprechung und Literatur, insbesondere den vom Kläger zitierten Quellen eine Verschlechterung der Vermögenslage einer GmbH bei Gewährung eines Darlehens oder Stundung einer Forderung gegen den Gesellschafter wegen des Austausches liquider Mittel gegen einen zeitlich hinausgeschobenen Rückzahlungsanspruch gesehen wurde, betrifft das Fälle, in denen aus dem Vermögen der GmbH effektiv liquide Mittel an den Gesellschafter und Zahlungsschuldner geflossen sind. So lag dem Urteil des BGH NZG 2004, 233, 234 eine effektive Auszahlung des Kredits an den Gesellschafter aus dem Gesellschaftsvermögen zugrunde. Dementsprechend sieht der BGH die Verschlechterung der Vermögenslage und den Verstoß gegen den § 57 Abs. 1 AktG vergleichbaren § 30 GmbH-Gesetz im "Austausch liquider Haftungsmasse gegen eine zeitlich hinausgeschobene schuldrechtliche Forderung" (Unterstreichung hinzugefügt). Der nach Auffassung des Klägers fällige Rückzahlungsanspruch gegen XXXXX war keine liquide Haftungsmasse, sondern lediglich eine schuldrechtliche Forderung, deren Realisierung zudem mehr als zweifelhaft war. Soweit der BGH in einer Stundung eine nach § 30 GmbHG verbotene Rückgewähr gesehen hat, ging es um die Stundung der Gegenleistung für eine Grundstücksveräußerung, also wiederum eine Konstellation, in der die Gesellschaft bereits liquide Vermögenswerte, (hier Grundstücke) weggegeben hat und die Gegenleistung gestundet war (vgl. BGHZ 81, 311, Jurisausdruck RdNr. 21). Das "Stehenlassen" von Darlehen ist in einem Fall als Verstoß gegen § 30 GmbHG angesehen worden, in dem die Gesellschaft dem Gesellschafter ein von diesem gewährtes Darlehen zurückgezahlt hatte, das durch "Stehenlassen" in der Krise eigenkapitalersetzend geworden ist, weil die Rückgewähr eines kapitalersetzenden Darlehens nach § 30 GmbHG verboten ist (BGHZ 81, 311 ff., Jurisausdruck RdNr. 11 ff). Dieser Fall lag auch den Ausführungen von Stimpel, Festschrift 100 Jahre GmbHG, 1992, 335 ff., 346 ff. sowie den vom Kläger auf Seite 15 des Schriftsatzes vom 15.04.2005 zitierten Passagen zugrunde.
Eine Grundlage, darüber hinausgehend in jedem Hinausschieben eines Anspruchs eine Vermögensgefährdung zu sehen, ist nicht erkennbar. Die Vermögenslage der Gesellschaft wird nur verschlechtert, wenn sie im Austausch liquider Mittel einen hinausgeschobenen Zahlungsanspruch erlangt. Maßgeblich ist der Abfluss liquider Mittel aus dem Gesellschaftsvermögen ohne gleichwertige Gegenleistung. Fließen schon keine Mittel ab, kann es nicht auf die Bewertung der erworbenen Ansprüche gegen den Gesellschafter ankommen.
Folge einer nach § 57 Abs. 1 AktG unzulässigen Auszahlung ist außerdem ein Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft gegen den begünstigten Aktionär (§ 62 AktG), so dass, wenn die Genehmigung der Schuldübernahme entgegen den vorstehenden Ausführungen als Auszahlung angesehen würde, diese durch Zahlung der XXXXX an Xxxxx und nicht durch Zahlung an den Kläger zurückzugewähren wäre.
IV.
Die Schuldübernahme ist danach wirksam, so dass der Anspruch des Klägers auf Zahlung des Kaufpreises für den Verkauf der beiden Tranchen der Aktien an Xxxxx erloschen ist und es nicht darauf ankommt, ob die Einwendungen durch die Abschlussvereinbarung ausgeschlossen sind.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
Der Schriftsatz des Klägers vom 25.10.2005 rechtfertigt nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, da er - wie an anderer Stelle ausgeführt - keinen entscheidungserheblichen neuen Vortrag enthält.
Streitwert: 30 Mio. EUR.
(Höchstsumme nach § 39 GKG).
LG Düsseldorf:
Urteil v. 28.10.2005
Az: 39 O 180/04
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/e697d391f90b/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_28-Oktober-2005_Az_39-O-180-04