Landgericht Bielefeld:
Urteil vom 15. November 2010
Aktenzeichen: 4 O 587/10

(LG Bielefeld: Urteil v. 15.11.2010, Az.: 4 O 587/10)

Tenor

Der Antrag vom 27.09.2010 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um das Recht zur Veröffentlichung von Fotos auf der Internetplattform B..

Die Verfügungsklägerin handelt mit diversen Produkten auch und insbesondere im Internet über die Plattform B.. Zu ihrem Sortiment zählt u.a. der M. Grill der Fa. D. GmbH.

Das Foto, das die Verfügungsklägerin für ihr Verkaufsangebot verwendet, stammt von dem Verfügungsbeklagten, der den Grill seinerseits zuvor auf der Verkaufsplattform B. inseriert und dazu ein von ihm erstelltes Lichtbild hochgeladen hatte. In den Teilnahmebedingungen von B. heißt es dazu u.a.

Urheberrecht, Lizenz, Nutzungsrechte

Die Teilnehmer übertragen B. ein vergütungsfreies, zeitlich unbefristetes, umfassendes Nutzungsrecht, insbesondere zur Vervielfältigung, Verbreitung, Bearbeitung an allen Werken oder Werkteilen sowie Datenbanken oder jedem anderen Katalog oder jeder anderen Produktinformation, die Teilnehmer im Rahmen des Online-Angebotes von B. an B. übermitteln (mit Ausnahme jedes Firmenzeichens, jeder Schutzmarke oder anderen ähnlichen Brandings), einschließlich eines Rechts, diese Inhalte in Printmedien, online, auf CD-ROM etc. zu publizieren, auch zu Werbezwecken.

Am 24.09.2010 teilte B. der Verfügungsklägerin mit, dass der Verfügungsbeklagte geltend gemacht habe, sie - die Verfügungsklägerin - verstoße mit dem Angebot des Grills gegen seine Rechte. Grundlage dafür war ein am 25.08.2010 erfolgter Hinweis des Verfügungsbeklagten an B., dass durch das Angebot der Verfügungsklägerin sein Urheberrecht als Autor und Fotograf verletzt werde. Wegen der Einzelheiten dieses Hinweises wird auf Blatt 64/65 d.A. Bezug genommen.

Die Verfügungsklägerin verlangt von dem Verfügungsbeklagten nunmehr die Erklärung, dass das bei B. eingestellte Angebot des Grills nicht gegen dessen Rechte verstößt.

Sie ist der Ansicht, der Verfügungsbeklagte habe die Behauptung einer Rechtsverletzung nur aufgestellt, um sie - die Verfügungsklägerin - im Wettbewerb zu behindern. Tatsächlich stünden dem Verfügungsbeklagten keinerlei Rechte, insbesondere keine gewerblichen Schutzrechte, in Bezug auf das Produkt des M. Grills zu, die sich allesamt bei der Produzentin und Lieferantin des Grills - der D. GmbH - befänden. Die Vorgehensweise des Verfügungsbeklagten, der Geschäftsführer der S..de GmbH sei, die ebenfalls einen online-Handel betreibe, sei vor diesem Hintergrund nach den §§ 3 I, 4 Nr. 1, Nr. 8, Nr. 10 UWG unlauter.

Es komme hinzu, dass B. die Händler zwinge, identische Produkte auch mit identischen Fotografien anzubieten. Eigene Bilder könnten zu einem Angebot daher gar nicht hochgeladen werden.

Sie sei schließlich auch darauf angewiesen, ihre Rechte im Eilverfahren geltend zu machen. Vor dem Hinweis des Beklagten vom 24.09.2010 habe es bereits eine erste Mitteilung an B. über eine vermeintliche Rechtsverletzung durch sie - die Verfügungsklägerin - gegeben. Bei der dritten Mitteilung, die von jedem Internetnutzer ohne weitere Prüfung durch B. erklärt werden könne, drohe auf dieser Plattform eine Sperre als Verkäufer. Das aber könne sie sich nicht leisten. Sie beschäftige 10 Mitarbeiter und erziele etwa 10% ihres Jahresumsatzes - derzeit mindestens 50.000,00 € - durch Verkäufe über B..

Die Verfügungsklägerin beantragt,

1. den Verfügungsbeklagten zu verurteilen, gegenüber B. (sowohl B..de GmbH, x, wie auch der B. Services Europe S.a.r.l. x) zu erklären oder erklären zu lassen, dass folgendes Produkt der Verfügungsklägerin nicht gegen Rechte des Verfügungsbeklagten verstößt:

x TITLE NEU! M. Grill;

2. dem Verfügungsbeklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren zu untersagen, gegenüber Dritten, insbesondere B., zu erklären oder erklären zu lassen, dass Angebote der Verfügungsklägerin Rechte des Verfügungsbeklagten verletzen, soweit dies nicht tatsächlich der Fall ist.

Der Verfügungsbeklagte beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Er behauptet, das alleinige Nutzungsrecht an dem von ihm erstellten Foto liege bei ihm. Die Klausel der Teilnahmebedingungen, nach der B. ein Nutzungsrecht daran eingeräumt werde, sei nach den §§ 305ff BGB unwirksam.

Gründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet.

I.

Die Verfügungsklägerin hat gegen den Verfügungsbeklagten keinen Anspruch auf Abgabe der begehrten Erklärung gegenüber B. aus § 97 I 1 UrhG.

Nach dieser Bestimmung kann derjenige, der das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, von dem Berechtigten auf Beseitigung der Beeinträchtigung in Anspruch genommen werden. Die für einen Anspruch der Verfügungsklägerin danach erforderlichen Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.

Die Verfügungsklägerin besitzt kein Urheber- bzw. Leistungsschutzrecht an den Fotografien des Grills M. der Fa. D. GmbH nach den §§ 72, 2 I Nr. 5 UrhG. Sie hat weder behauptet noch glaubhaft gemacht, dass sie Inhaberin dieser Rechte ist oder zumindest eine Berechtigung daran hat. Es ist vielmehr der Verfügungsbeklagte, der unwidersprochen die Fotografie des Grills angefertigt hat und damit deren Urheber ist.

Einen Erwerb von (ausschließlichen) Nutzungsrechten an der Fotografie behauptet die Verfügungsklägerin ebenfalls nicht. Sie beruft sich allein auf "Rechte in Bezug auf das Produkt M.", die ihr von dem Verfügungsbeklagten allerdings nicht streitig gemacht werden, der sich nur gegen die Verwendung des von ihm gefertigten Fotos wendet.

Es ist daneben aber auch kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Verfügungsklägerin ausschließliche Nutzungsrechte unter Ausschluss des Urhebers etwa von B. übertragen worden sind. Dass die Verfügungsklägerin für ihr Angebot des Grills eine vorbestehende Produktbeschreibung und insbesondere auf der Internetplattform bereits vorhandene Fotografien verwendet hat oder sogar verwenden musste, bedeutet gerade (noch) nicht ohne weiteres, dass ihr damit zugleich auch daran bestehende Nutzungsrechte jedenfalls derart übertragen worden sind, dass sie gegenüber dem Urheber geltend gemacht werden können. Auf die von dem Verfügungsbeklagten aufgeworfene Frage, ob B. selbst von ihm derartige Rechte über die Urheberrechtsklausel in den Teilnahmebedingungen überhaupt erwerben konnte, die nach ihrem Wortlaut gerade keine Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechten nach § 31 III UrhG unter Ausschluss des Urhebers vorsieht, kommt es deshalb schon nicht mehr an.

Ein Anspruch auf Abgabe der begehrten Erklärung ergibt sich für die Verfügungsklägerin schließlich auch nicht aus den §§ 8 I, III, 2 I Nr. 3 UWG.

Ansprüche aus dem UWG sind grundsätzlich durch das Bestehen des urheberrechtlichen Sonderrechtsschutzes ausgeschlossen. Sie können nach § 4 Nr. 9 UWG deshalb nur bei Vorliegen besonderer, die Wettbewerbswidrigkeit begründender Umstände gegeben sein, die von der Verfügungsklägerin jedoch nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich sind.

II.

Der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war daneben aber auch deshalb zurückzuweisen, weil es an einem Verfügungsgrund fehlt.

Auf Unterlassungsansprüche aus den Urheberrecht findet die Vermutung der Dringlichkeit nach § 12 II UWG keine (analoge) Anwendung (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 30.09.2010 - 4 W 104/10 - m.w.N.). Es wäre daher Sache der Verfügungsklägerin gewesen, nach den allgemeinen Regeln der §§ 935, 940 ZPO darzulegen und glaubhaft zu machen, dass ihr ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung irreversible Schäden entstehen, die durch (spätere) Schadensersatzleistungen nicht kompensiert werden können.

Diesen Anforderungen hat die Verfügungsklägerin nicht genügt. Sie hat lediglich pauschal darauf hingewiesen, dass ihr in unbestimmter Zeit eine dritte Mitteilung vermeintlicher Rechtsverletzungen aufgrund ihrer auf der Internetplattform B. eingestellten Angebote mit der Folge droht oder sogar nur drohen könnte, dass dann eine zeitlich nicht näher bestimmte Sperre als Verkäufer ausgesprochen werde, die sie sich aufgrund des damit verbundenen Umsatzverlustes finanziell nicht leisten könne. Damit aber hat sie (noch) nicht ausreichend begründet, warum sie ihre Ansprüche gerade gegenüber dem Verfügungsbeklagten (derzeit) nicht wie üblich im Klageverfahren verfolgen kann, zumal ihr die Möglichkeit des Eilrechtsschutzes für den Fall einer etwaigen dritten Mitteilung einer Rechtsverletzung verbleibt. Es kommt hinzu, dass es eine bloße Hoffnung der Verfügungsklägerin ist, dass B. eine von dem Beklagten erklärte Rücknahme seiner Mitteilung vom 25.08.2010 akzeptieren wird.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 I, 709 ZPO.






LG Bielefeld:
Urteil v. 15.11.2010
Az: 4 O 587/10


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