Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 3. Juli 2006
Aktenzeichen: AnwZ(B) 56/05
(BGH: Beschluss v. 03.07.2006, Az.: AnwZ(B) 56/05)
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Brandenburgischen Anwaltsgerichtshofs vom 23. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wurde am 20. April 1982 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen; er ist seit dem 3. Dezember 1996 als Rechtsanwalt bei dem Amtsgericht und dem Landgericht P. zugelassen. Nachdem der Antragsteller am 4. Dezember 2002 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte, forderte ihn die Antragsgegnerin unter Hinweis auf § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zur Stellungnahme zu seinen Vermögensverhältnissen auf. Der Antragsteller beantwortete diese Anfrage dahin, dass er beabsichtigte, seine Zulassung zurückzugeben, und bat die Antragsgegnerin um Unterrichtung über die dafür erforderlichen Schritte. Auf die Mitteilung der Antragsgegnerin, dass eine Verzichtserklärung ausreichend sei, erklärte der Antragsteller mit Schreiben vom 4. Februar 2003 gegenüber der Antragsgegnerin, dass er auf seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft sowie auf die Zulassung bei dem Amts- und Landgericht P. verzichte. Daraufhin widerrief die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers mit Bescheid vom 5. Februar 2003 gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 4 BRAO.
Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde. Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Antragsgegnerin hat die Zulassung des Antragstellers zu Recht gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 4 BRAO widerrufen.
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller, wie er meint, seine Abwesenheit in der mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof hinreichend entschuldigt hat. Selbst wenn der Anwaltsgerichtshof aufgrund eines entschuldigten Fernbleibens des Antragstellers unter Verstoß gegen das Gebot mündlicher Verhandlung (§ 40 Abs. 2 Satz 1 BRAO) entschieden hätte, könnte ein solcher Verfahrensmangel der sofortigen Beschwerde des Antragstellers nicht zum Erfolg verhelfen. Für das Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sinngemäß (§ 42 Abs. 6 Satz 2 BRAO). Danach ermittelt der Senat im Beschwerdeverfahren als Tatsacheninstanz den Sachverhalt in eigener Verantwortung. Auf etwaige Verfahrensfehler der Vorinstanz kommt es damit nicht mehr an; durch die Anhörung des Antragstellers im Beschwerdeverfahren wird eine etwaige Verletzung des rechtlichen Gehörs im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof geheilt (Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2003 - AnwZ(B) 36/02 unter II).
2. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 4 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt auf die Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft der Landesjustizverwaltung gegenüber schriftlich verzichtet hat. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
Die gegenüber der Antragsgegnerin abgegebene Verzichtserklärung ist wirksam. Entgegen der Auffassung des Antragstellers war die Antragsgegnerin der richtige Adressat der Verzichtserklärung. Durch § 1 Nr. 1 der Verordnung des Ministers der Justiz und für Europa-Angelegenheiten des Landes B. vom 29. April 2002 (GVBl. II S. 255) sind die der Landesjustizverwaltung nach der Bundesrechtsanwaltsordnung zustehenden Aufgaben und Befugnisse auch in Zulassungsfragen auf die Antragsgegnerin übertragen worden. Hierzu war der Landesjustizminister aufgrund der Ermächtigungen in § 224 a Abs. 1 Satz 1 und 2 BRAO in Verbindung mit § 1 der von der Landesregierung erlassenen Verordnung zur Übertragung von Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen nach der Bundesrechtsanwaltsordnung, dem Gesetz zur Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet des Berufsrechts der Rechtsanwälte und auf dem Gebiet der maschinellen Registerführung vom 17. August 2000 (GVGl. II S. 324) befugt. Danach war die Antragsgegnerin für die Entgegennahme der Verzichtserklärung des Antragstellers und die von ihr erlassene Widerrufsverfügung zuständig.
Ein wirksamer Widerruf der Verzichtserklärung des Antragstellers liegt nicht vor. Der einmal erklärte Verzicht eines Rechtsanwalts auf die Rechte aus seiner Zulassung ist nicht mehr frei widerruflich, nachdem - wie hier - die zuständige Stelle die Zulassung widerrufen hat (Senatsbeschluss vom 14. Dezember 1981 - AnwZ(B) 26/81, BRAK-Mitt. 1982, 73). Zwar kann die Art und Weise des Zustandekommens eines Verzichts dazu führen, dass dieser Erklärung nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben die rechtliche Verbindlichkeit genommen wird. Daran wäre etwa zu denken, wenn die Behörde bei dem Erklärenden einen Irrtum hervorgerufen oder in unzulässiger Weise auf dessen Willensbildung eingewirkt hätte (vgl. Senatsbeschluss vom 23. März 1987 - AnwZ(B) 61/86, BRAK-Mitt. 1987, 207, 208). Für eine derartige Einflussnahme durch die Antragsgegnerin gibt es vorliegend keinen Anhalt.
Hirsch Basdorf Otten Frellesen Frey Wosgien Quaas Vorinstanz:
AGH Brandenburg, Entscheidung vom 23.05.2005 - AGH 1/03 -
BGH:
Beschluss v. 03.07.2006
Az: AnwZ(B) 56/05
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