Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Oktober 2003
Aktenzeichen: 5 W (pat) 401/03

(BPatG: Beschluss v. 22.10.2003, Az.: 5 W (pat) 401/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Gebrauchsmusterabteilung I - vom 5. August 2002 aufgehoben.

Das Gebrauchsmuster 299 17 816 wird gelöscht.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt der Antragsgegner.

Gründe

I Der Antragsgegner ist Inhaber des am 8. Oktober 1999 angemeldeten und am 13. Januar 2000 mit 5 Schutzansprüchen eingetragenen Gebrauchsmusters 299 17 816.

Schutzanspruch 1 in der eingetragenen Fassung lautet:

Schleudergegenstand zum Motivationsspiel für Hunde aus einem Beißkörper aus einem gummielastischem Material, der aus in Axialrichtung nebeneinander angeordneten konzentrischen ringwulstförmigen Abschnitten besteht und an dem an einem Ende ein Zugmittel zum Halten des Beißkörpers befestigt ist, wobei der Durchmesser der ringwulstförmigen Abschnitte zu dem mit dem Zugmittel versehenen Ende des Beißkörpers abnimmt, dadurch gekennzeichnet, dass die Tangente (T), die die ringwulstförmigen Abschnitte (2) des Beißkörpers (1) berührt, mit der Längsachse des Beißkörpers (1) einen Winkel () von 3 bis 15 Grad einschließt.

Die Antragstellerin hat am 2. Mai 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung des Gebrauchsmusters beantragt, Zur Begründung hat die Antragstellerin geltend gemacht, dass der Schutzgegenstand des Gebrauchsmusters durch Dritte vorbenutzt und auch gegenüber dem druckschriftlichen Stand der Technik nicht schutzfähig sei.

Sie verweist hierzu u.a. auf die folgenden Druckschriften:

D1: Schleudermot (Foto; KAJ0 MOT Einführungs-Preisliste vom 1. Dezember 1996; Prospektseite; Bestätigung des Verkaufsstarts in Deutschland ab November 1996 der Firma KAJO MOT, Nußdorf)

D 2: Kong (Foto; Vertriebsbestätigung bezügl. des Spielzeugs Kong ab Februar 1997 durch den Paulchen Heimtierbedarf für Deutschland; Rechnung/Lieferschein vom 13. Februar 1998)

D 4: Maßdarstellung und Berechnung der Tangentenwinkel bei den Schleudergegenständen "Schleudermot" und "Kong"

D 7: US 4 802 444 D 12: DE 298 19 615 U1 Der Antragsgegner hat nach Eingang des Löschungsantrages beim Patentamt neue Schutzansprüche 1 bis 3 zur Registerakte gereicht (eingegangen am 6. Juni 2001).

Schutzanspruch 1 dieser Fassung lautet:

Schleudergegenstand zum Motivationsspiel für Hunde aus einem Beißkörper aus einem gummielastischem Material, der aus in Axialrichtung nebeneinander angeordneten konzentrischen ringwulstförmigen Abschnitten besteht und an dem an einem Ende ein Zugmittel zum Halten des Beißkörpers befestigt ist, wobei der Durchmesser der ringwulstförmigen Abschnitte zu dem mit dem Zugmittel versehenen Ende des Beißkörpers abnimmt, dadurch gekennzeichnet, dass die Tangente (T), die die ringwulstförmigen Abschnitte (2) des Beißkörpers (1) berührt, mit der Längsachse des Beißkörpers (1) einen Winkel () von 3 bis 15 Grad einschließt und der Beißkörper (1) zur Bildung von vier taillierten Abschnitten (6) fünf ringwulstförmige Abschnitte (2) aufweist.

Der Antragsgegner hat dem Löschungsantrag sodann widersprochen. Er hat später das Gebrauchsmuster in einer weiter beschränkten Fassung im Umfang neuer Schutzansprüche 1 und 2 (eingegangen am 23. Oktober 2001) verteidigt.

Schutzansprüche 1 und 2 in der verteidigten Fassung lauten:

1. Schleudergegenstand zum Motivationsspiel für Hunde aus einem Beißkörper aus einem gummielastischem Material, der aus in Axialrichtung nebeneinander angeordneten konzentrischen ringwulstförmigen Abschnitten mit dazwischen angeordneten bei axial längsgeschnittenem Beißkörper bogenförmig ausgebildeten taillierten Abschnitten besteht und an dem an einem Ende ein Zugmittel zum Halten des Beißkörpers befestigt ist, wobei der Durchmesser der ringwulstförmigen Abschnitte zu dem mit dem Zugmittel versehenen Ende des Beißkörpers derart abnimmt, dass die Tangente, die die ringwulstförmigen Abschnitte des Beißkörpers berührt, mit der Längsachse des Beißkörpers einen Winkel von 3 bis 15 Grad einschließt, dadurch gekennzeichnet, dass der Beißkörper (1) zur Bildung von vier taillierten Abschnitten (6) fünf ringwulstförmige Abschnitte (2) aufweist.

2. Schleudergegenstand nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass am freien Ende des Zugmittels ein kugelförmiges Halteelement (7) befestigt ist.

Die Gebrauchsmusterabteilung I hat das Gebrauchsmuster durch Beschluss vom 5. August 2002 gelöscht, soweit es über die Schutzansprüche 1 und 2 vom 23. Oktober 2001 hinausgeht. Im übrigen hat sie den Löschungsantrag zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

Die Antragstellerin trägt vor, dass das Streitgebrauchsmuster keinerlei Informationen zur Motivationsvermehrung bei Hunden gebe und der unter Schutz gestellte Gegenstand eine derartige Aufgabe nicht lösen könne. Insbesondere sei an dem Schutzgegenstand nicht erkennbar, dass er für eine bestimmte Gebissform einer bestimmten Hunderasse entwickelt worden sei. Die Möglichkeit, ein allgemeines Optimum für jedwede Hunderasse auffinden zu können, verneint die Antragstellerin und kommt zu dem Schluss, dass es eine rein gestalterische Maßnahme sei, den nach den Unterlagen zu D1 vorbekannten "Schleudermot" mit einem weiteren Ringwulst zu versehen. Hierbei sei die Ausgestaltung und Wirkung eines Spielgegenstandes mit mehr als 4 Ringwülsten bereits aus der US 4 802 444 bekannt. Hinzu komme, dass ein weiterer Spielgegenstand, der sog. Kong gemäß den Unterlagen zu D2, vorbekannt war, welcher mit lediglich 3 Ringwülsten am Anfang einer Entwicklung stehe und für einen Fachmann daher die Vorteile, die durch die Hinzufügung weiterer Ringwülste entstehen können, erkennbar mache.

Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Gebrauchsmuster zu löschen.

Der Antragsgegner beantragtdie Zurückweisung der Beschwerde.

Er verteidigt das Gebrauchsmuster in dem durch den angefochtenen Beschluss beschränkten Umfang.

Der Antragsgegner vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 in dieser Fassung durch den entgegengehaltenen Stand der Technik nicht nahegelegt sei.

Er trägt vor, dass der Schutzgegenstand in der verteidigten Fassung durch seine höhere Wulstzahl gegenüber dem Schleudermot gemäß D1 - dessen Präexistenz und Zugänglichkeit vor dem Zeitrang des Streitgebrauchsmusters ist nicht bestritten worden - für die eingreifenden Zähne der vier zur Wirkung kommenden Zahnleisten des Hundegebisses eine bessere Passform bieten könne. Damit sei beim simulierten Beutestreit im Spiel mit dem Hund für das Tier ein besseres Zupacken und sichereres Halten gewährleistet, was die Spiel-Motivation des Hundes erheblich verbessere. Eine Vermehrung der Ringwülste führe bei einem Gegenstand mit ansonsten im wesentlichen gleicher Länge und gleicher Tiefe der taillierten Abschnitte zwischen den Ringwülsten zu steileren Tangenten an den Flanken. Dies wurde auch vom Antragsgegner anhand einer power point Demonstration verdeutlicht. Dieser Effekt führe direkt zu einem besseren Halten des Schleudergegenstandes in Lateralposition, weil die steileren Flanken ein Herausrutschen oder Abrutschen der Ringwülste an den Zähnen des Hundes beim seitlichen Ziehen am Schleudergegenstand z.B. durch den Tiertrainer verhindere. Durch die Schaffung weiterer Wellentäler mit steilerer Flanke werde mehr stabilisierende Anbissfläche geschaffen. Ferner könne die Anlage des Schleudergegenstandes an den Caninen des Hundes bei engeren Wellentälern besser erfolgen als bei breiteren und länger gezogen ausgebildeten Wulstverläufen (Wellen).

Zum Stand der Technik nach der US 4 802 444 (D7) führt der Antragsgegner aus, dass der dort beschriebene und dargestellte Gegenstand der Dentalprophylaxe diene und eine Spielmotivation oder deren Steigerung dort mit keinem Wort erwähnt sei. Eine solche könne nach seiner Auffassung mit einem derartigen Gegenstand auch nicht erreicht werden. Denn der dentalprophylaktische Effekt, hervorgerufen durch den schabenden Eingriff der an den Ringwülsten überstehenden Lippen zur Reinigung, erwecke bei dem spielenden Hunden ein unangenehmes Gefühl, welches wiederum nicht motivationsfördernd wirken könne.

Für den guten Eingriff des Hundegebisses in den unter Schutz gestellten Schleudergegenstand beruft sich der Antragsgegner auch auf die im Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgte Vorführung mit zwei Schäferhunden im Freien. Die Vergleichsgegenstände Schleudermot und Kong hingegen seien weit weniger an das Hundegebiss angepasst, was die Vorführung deutlich gezeigt habe.

II Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Denn der Löschungsantrag ist begründet. Der geltend gemachte Löschungsanspruch wegen mangelnder Schutzfähigkeit (§ 15 Abs 1 Nr 1 GebrMG) ist gegeben.

1. Gegenstand des Schutzanspruchs 1 in der verteidigten Fassung ist ein Schleudergegenstand zum Motivationsspiel für Hunde mit folgenden Merkmalen:

1. Der Schleudergegenstand besteht aus einem Beißkörper aus gummielastischem Material.

1.1 Der Beißkörper weist an einem Ende ein Zugmittel zum Halten auf.

1.2 Der Beißkörper besteht aus in Axialrichtung nebeneinander angeordneten konzentrischen ringwulstförmigen Abschnitten.

1.2.1 Der Durchmesser der ringwulstförmigen Abschnitte nimmt zu dem mit dem Zugmittel versehenen Ende des Beißkörpers ab.

1.2.2 Die Tangente, die die ringwulstförmigen Abschnitte des Beißkörpers berührt, schließt mit der Längsachse des Beißkörpers einen Winkel von 3 bis 15 Grad ein.

1.3 Der Beißkörper besteht aus zwischen den ringwulstförmigen Abschnitten angeordneten, bei axial längsgeschnittenem Beißkörper bogenförmig ausgebildeten taillierten Abschnitten.

1.4 Der Beißkörper weist zur Bildung von vier taillierten Abschnitten fünf ringwulstförmige Abschnitte auf.

Mit den Merkmalen des Schutzanspruchs 1 wird mit Ausnahme der Materialangabe in Merkmal 1. sowie des Hinweises auf ein Zugmittel in Merkmal 1.1 ausschließlich die Raumgeometrie eines Beißkörpers an einem Schleudergegenstand zum Motivationsspiel für Hunde beschrieben. Der Beißkörper besteht dabei aus ringwulstförmigen Abschnitten (Merkmal 1.2) und taillierten Abschnitten (Merkmal 1.3), welche zwischen den ringwulstförmigen Abschnitten angeordnet sind, so dass sich im Längsschnitt durch die Mittenebene des Beißkörpers eine Struktur mit wellenförmiger Außenbegrenzung darstellt (vgl Fig des Streitgebrauchsmusters). Der konische Verlauf des Beißkörpers mit Verlängerung zu dem Zugmittel hin ist in Merkmal 1.2.1 angegeben, während Merkmal 1.2.2 einen Winkelbereich für denjenigen Winkel angibt, der von der Längsachse des Beißkörpers und der Tangente, welche die ringwulstförmigen Abschnitte des Beißkörpers berührt, gebildet wird. Vor dem Hintergrund der Beschreibung des Streitgebrauchsmusters (S 3, 3. Abs) ist dieses Merkmal (1.2.2) dabei so zu verstehen, dass der maßgebliche Winkel sich auf eine Tangente bezieht, die zumindest die Ringwülste an den beiden Enden des Beißkörpers berührt, während einer oder mehrere der dazwischenliegenden (mittleren) Ringwülste auch etwas über die Tangente überstehen oder etwas gegenüber dieser zurückversetzt sein können. Somit kann der gemäß Zeichnung im Längsschnitt dargestellte Idealzustand eines Gegenstandes, bei dem die Tangente alle ringwulstförmigen Erhöhungen berührt, auch verlassen werden.

2. Mit den Merkmalen des Schutzanspruchs 1 in der verteidigten Fassung wird der Gegenstand des Gebrauchsmusters in zulässiger Weise beschränkt. Dieser Anspruch beruht auf der ursprünglichen Offenbarung und stellt auch gegenüber den Schutzansprüchen 1 gemäß der eingetragenen und der kurz nach Stellung des Löschungsantrages zur Registerakte gereichten eingeschränkten Fassung eine weitere Beschränkung dar.

3. Der Gegenstand des verteidigten Schutzanspruchs 1 beruht nicht auf einem erfinderischen Schritt (§ 1 GebrMG).

Der nächstkommende Stand der Technik wird durch den Schleudergegenstand "Schleudermot" gemäß den Unterlagen zu D 1 sowie dessen Bemaßung gemäß Anlage D4 gebildet. Die offenkundige Vorbenutzung eines solchen Gegenstandes in Deutschland vor dem Zeitrang des Streitgebrauchsmusters, ersichtlich aus der Einführungs-Preisliste vom 1. Dezember 1996 und dem Bestätigungsschreiben der Firma KAJO MOT bezüglich des Verkaufstarts in Deutschland 1996 (beide Schriftstücke sind in den Unterlagen zu D1 enthalten), ist vom Antragsgegner nicht bestritten worden, ebenso wenig wie die Maßangaben zu diesem Gegenstand gemäß Anlage D4. Demgemäß ist der Senat nicht veranlasst zu bezweifeln, dass der Schleudergegenstand "Schleudermot" vor dem Zeitrang des Streitgebrauchsmusters zum Stand der Technik gehörte und in den Unterlagen zu D1 und D4 zutreffend beschrieben und dargestellt wird. Dies war auch an dem dem Senat vom Antragsgegner zur Ansicht vorgelegten Muster eines Schleudermot erkennbar.

Durch den Schleudermot ist ein Schleudergegenstand zum Motivationsspiel für Hunde bekannt geworden, dessen Beißkörper aus gummielastischem Material (Merkmal 1.) gefertigt ist, was aus dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung zur Ansicht vorgelegten und in der Vorführung mit Hunden als Vergleichsobjekt verwendeten Muster eines Schleudermot ohne weiteres ersichtlich war. Der Beißkörper besteht aus in Axialrichtung nebeneinander angeordneten konzentrischen ringwulstförmigen Abschnitten (Merkmal 1.2) und weist an einem Ende ein Zugmittel zum Halten auf (Merkmal 1.1). Der Durchmesser der ringwulstförmigen Abschnitte nimmt in Richtung zu dem mit dem Zugmittel versehenen Ende des Beißkörpers ab (Merkmal 1.2.1). Dies ist aus den bildlichen Darstellungen in den Unterlagen zu D1 und zwar auch am vorgelegten Mustergegenstand selbst erkennbar. Zwischen den ringwulstförmigen Abschnitten weist der Beißkörper des entgegengehaltenen Schleudermot ebenfalls, wie der Schutzgegenstand, im axialen Längsschnitt betrachtet bogenförmig ausgebildete taillierte Abschnitte auf (Merkmal 1.3), wie aus den bildlichen Darstellungen in den Unterlagen zu D1 ersichtlich ist und am vorgelegten Muster erkennbar war. Der Winkel (), den die Tangente, die die ringwulstförmigen Abschnitte des Beißkörpers berührt, mit der Längsachse des Beißkörpers einschließt, wird in den die entsprechenden Maße und Berechnungen enthaltenden Unterlagen zu D4 - vom Antragsgegner unwidersprochen - mit 4 Grad angegeben und liegt damit innerhalb des durch Merkmal 1.2.2 vorgegebenen Bereiches von 3 bis 15 Grad.

Nach alledem unterscheidet sich der Schleudergegenstand nach dem verteidigten Schutzgegenstand von dem bekannten Schleudergegenstand Schleudermot lediglich noch in Merkmal 1.4, wonach der Beißkörper zur Bildung von vier taillierten Abschnitten fünf ringwulstförmige Abschnitte aufweist. Beim Schleudermot stehen lediglich drei taillierte Abschnitte vier ringwulstförmigen Abschnitten gegenüber.

Wenn nun der hier maßgebliche Durchschnittsfachmann, der von beiden Beteiligten zutreffend als Hersteller von Hundesportartikeln charakterisiert wird, welcher einen Tiertrainer zu Rate zieht, mit der im Streitgebrauchsmuster (S 1, 3. Abs) formulierten Aufgabe, nämlich der Verstärkung der Motivation des Hundes mit einem derartigen Schleudergegenstand zu spielen, konfrontiert wird, findet er im Stand der Technik unschwer Anregungen zur Lösung dieser Aufgabe.

Eine Motivationssteigerung beim Spielen mit derartigen Schleudergegenständen ist bei Hunden in erster Linie dadurch zu erreichen, dass die Tiere den Gegenstand sicher und fest fassen können und beim Beutestreit-Spiel auch sicher festhalten können, wie der Antragsgegner selbst in der mündlichen Verhandlung überzeugend vorgetragen und demonstrieren konnte. Hierzu bedarf es einer möglichst guten Anpassung der Form des Beißkörpers an das eingreifende Hundegebiss. Dabei bedeutet eine Vermehrung von Wellenteilen eine Vermehrung stabilisierender Anbissflächen, in die die Zahnleisten des Hundegebisses, zumindest nach einem korrigierenden Nachfassen, sicher eingreifen können. Somit bedeutet eine Erhöhung der Wulstzahl zwingend eine bessere Passform gegenüber den angreifenden Zähnen, wie auch der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat. Hinzu kommt, dass die Flanken der Ringwülste bei gleicher Länge und gleicher Tiefe der dazwischenliegenden taillierten Abschnitte mit zunehmender Zahl von Ringwülsten steiler werden. Dieser vom Antragsteller vorgetragene Zusammenhang erfolgt naturgesetzlich zwingend, wobei die steileren Flanken selbstverständlich zu einer verbesserten Haltemöglichkeit des Beißkörpers durch das Hundegebiss, insbesondere gegenüber seitlich angreifender Zugbeanspruchung, führen.

Diese Zusammenhänge sind für den Durchschnittsfachmann beispielsweise aus dem Stand der Technik nach der US 4 802 444 (D7) ersichtlich. Diese Druckschrift offenbart einen Beißkörper (22; Fig 2 bis 7) aus gummielastischem Material (Sp 3, Z 17 bis 20), wobei die Fertigung derartiger Gegenstände aus gummielastischem Material in dieser Druckschrift bereits dem allgemeinen fachüblichen Handeln zugesprochen wird (Sp 1, Z 15 bis 17). Der als Hundespielzeug ("dog toy" bzw "pet toy") bezeichnete Gegenstand gemäß D7 dient zwar in erster Linie der Dentalreinigung und -prophylaxe (Sp 2, Z 1 bis 17; Sp 3, Z 11 bis 16). Hierzu ist der Beißkörper, wie in Figur 2 bis 7 ersichtlich und gemäß Spalte 3, Ziffer 45 ff beschrieben, als konisch zulaufender Gegenstand mit 6 Ringwülsten und 5 dazwischenliegenden taillierten Abschnitten ausgestaltet, so dass er dem Hundegebiss jedenfalls die Möglichkeit eröffnet, mit den Zähnen beider Zahnleisten eines Kiefers in die taillierten Abschnitte einzugreifen, wie z.B. aus Figur 6 und 7 ersichtlich ist. Um seine zahnreinigende und dentalprophylaktische Wirkung indes entfalten zu können, muss der Gegenstand nach D7 für die Hunde, welche diese abstrakte Zweckbestimmung in der Form nicht verstehen können, ebenfalls spielmotivierend und -anregend ausgestaltet sein. Dies wird auch textlich durch die mehrfache Verwendung des Ausdrucks "toy" (Spielzeug) verdeutlicht (vgl Überschrift Sp 1, Z 6, 14, 23, 64; Sp 2, Z 17, 31 usw.). Auch die Entstehung steilerer Zahnflanken durch eine Vermehrung der Zahl der Ringwülste verglichen z.B. mit dem Schleudermot ist für einen Durchschnittsfachmann aus der entgegengehaltenen US 4 802 444 (D7) ohne weiteres ersichtlich. Um eine Wirkung entfalten zu können, benötigt der Gegenstand gemäß D7 steile V-förmige taillierte Abschnitte (Sp 3, Z 37 bis 44), was die an den seitlichen Oberflächen der Ringwülste zu den taillierten Abschnitten hin überstehenden Reinigungslippen (30, 32) erst in den beabsichtigten Wirkeingriff mit den Zähnen des Hundes bringt. Auch wenn der entgegengehaltene Gegenstand nach D7 zunächst für einen anderen Zweck als dem bloßen Spielen konzipiert ist, muß der dennoch zum einen spielfördernd und -motivierend ausgelegt sein (toy). Zum anderen ist an einem derartigen Gegenstand ersichtlich, dass eine Mehrzahl von taillierten Abschnitten zu steileren Flanken führt und dem Hundegebiss mehrere Eingriffsmöglichkeiten bietet, was einerseits der hier beabsichtigten Reinigungswirkung förderlich ist, andererseits aber auch spielmotivierend im Sinne des Vortrags des Antragsgegners wirken muss, weil der Hund damit verbesserte Haltemöglichkeiten in der Lateralposition vorfindet.

Der Zusammenhang zwischen Ringwulstzahl, Flankensteilheit und Eingriffsmöglichkeiten für das Hundegebiss in die taillierten Abschnitte wird für den Durchschnittsfachmann zudem auch in der Betrachtung der Entwicklung vom Schleudergegenstand "Kong" - dessen Zugehörigkeit zum Stand der Technik vor dem Zeitrang des Streitgebrauchsmusters ist vom Antragsgegner nicht bestritten worden - mit seinen drei Ringwülsten, denen zwei taillierte Abschnitte gegenüberstehen, zum Schleuermot, bei dem vier ringwulstförmige Abschnitte drei taillierten Abschnitten gegenüberstehen, erkennbar. Für den Durchschnittsfachmann ist ohne weiteres ersichtlich, dass vom Schleudergegenstand Kong gemäß den Unterlagen zu D2 zum Schleudermot gemäß den Unterlagen zu D1 bereits eine deutliche Verbesserung der Gebisseingriffsmöglichkeiten und der Flankensteilheit zu Gunsten des Schleudermot stattgefunden hat. Zunehmend deutlicher wird dies dann noch bei einer Entwicklung hin zu einem Gegenstand mit noch mehr Ringwülsten, wie er durch die D7 dargestellt wird, wobei alle diese Gegenstände aus dem Stand der Technik aus gummielastischem Material gefertigt und konisch ausgestaltet sind, wobei im Übrigen bei allen entgegengehaltenen Gegenständen Tangentenwinkel - dieser ist auch beim Schleudergegenstand nach D7 gemäß der oben unter 1. dargestellten Auslegung des Merkmals 1.2.2 zu ermitteln - innerhalb des beanspruchten Wertebereichs erreicht werden.

Nach alledem handelt es sich beim Schutzgegenstand nach dem verteidigten Schutzanspruch 1 lediglich um das Ergebnis fachmännischer Routine. Er bedeutet keinesfalls eine sprunghafte Weiterentwicklung eines bekannten Schleudergegenstands (Schleudermot) und führt angesichts des Standes der Technik, insbesondere nach der US 4 802 444, auch zu keiner überraschenden Wirkung. Denn er erschöpft sich in der Hinzufügung eines weiteren Ringwulstes an einem bekannten Schleudergegenstand (Schleudermot), was zu der für den Fachmann aus dem Stand der Technik bereits erkennbaren und vorhersehbaren raumgeometrischen Verbesserung hinsichtlich der Flankensteilheit und der Anpassung an das Hundegebiss und damit folglich zur Motivationsverstärkung beim Spielen führt.

Der Senat verkennt dabei nicht die aus der Vorführung ersichtliche gute Spielwirkung des unter Schutz gestellten Gegenstandes bei Hunden. Auch mag der Schutzgegenstand eine für die Praxis besonders taugliche Ausgestaltung eines bekannten Gegenstandes darstellen. Derartige Fragen sind aber für die Schutzfähigkeit eines Gegenstandes von untergeordneter Bedeutung. Vielmehr kommt es vorrangig darauf an, ob die unter Schutz gestellte Maßnahme über das Maß routinemäßiger Bemühung des Fachmanns um eine Lösung der ihm gestellten Aufgabe hinausgeht, wenn er den maßgeblichen Stand der Technik prüft und auswertet. Dies war im vorliegenden Fall zu verneinen.

4. Der dem Schutzanspruch 1 in der verteidigten Fassung nachgeordnete Unteranspruch 2 kennzeichnet eine Ausgestaltung eines beanspruchten Schleudergegenstandes, die dem Fachmann aus dem Stand der Technik nach der DE 298 19 615 U1 (D12) bereits ohne weiteres nahegelegt war. Denn dort wird bereits ein Haltemittel (11) am freien Ende eines Zugmittels (4) dargestellt (Fig) und beschrieben (S 3, 1. Abs). Für diesen Schutzanspruch ist ein eigenständiger erfinderischer Gehalt weder geltend gemacht worden noch seitens des Senats erkennbar. Daher war er zusammen mit dem tragenden Schutzanspruch 1 zu löschen.

5. Die Kostentscheidung beruht auf § 18 Abs 2 Satz 2 GebrMG iVm § 84 Abs 2 Satz 1 PatG, § 91 Abs 1 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung.

Goebel Dr. Huber Kuhn Cl/Be






BPatG:
Beschluss v. 22.10.2003
Az: 5 W (pat) 401/03


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