Bundespatentgericht:
Urteil vom 17. Juli 2007
Aktenzeichen: 3 Ni 19/05

(BPatG: Urteil v. 17.07.2007, Az.: 3 Ni 19/05)

Tenor

1. Das europäische Patent 0 711 887 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervention.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des am 13. April 1995 angemeldeten und u. a. mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in deutscher Sprache erteilten europäischen Patents 0 711 887 (Streitpatent), das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 595 00 006 geführt wird und die Bezeichnung "Werkzeug zur Nacharbeit von Fugen aus dauerelastischer Fugenmasse" trägt. Das Streitpatent beansprucht die deutsche Priorität DE 94 13 523 U vom 23. August 1994 und umfasst 10 Patentansprüche, die sämtlich mit der vorliegenden Nichtigkeitsklage angegriffen sind, und wie folgt lauten:

1. Werkzeug zur Nacharbeit von Fugen, die mit dauerelastischer Fugenmasse, insbesondere Kunststoffmasse gefüllt sind, welches eine ebene Platte mit einer im Wesentlichen konstanten Dicke und mit einem umlaufenden, beidseitig senkrecht zur Plattenebene (1) überstehenden Rand (2) ist, der seinerseits aus drei aneinander anschließenden Kanten besteht, wobei zwei Kanten (3,4) gerade sind und eine Kante (5) bogenförmig verläuft, wobei die beiden geraden Kanten (3, 4) sowie die längere der beiden geraden Kanten (3) und die gebogene Kante (5) einen spitzen Winkel einschließen, dadurch gekennzeichnet, dass das Werkzeug aus einem Elastomer besteht und im Innern relativ dünn und weich ist und somit durch Biegen optimal angepasst werden kann.

2. Werkzeug nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die gebogene Kante (5) in einem konvexen Bogen verläuft.

3. Werkzeug nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Ecke, die von der längeren der beiden geraden Kanten (3) und von der gebogenen Kante (5) gebildet wird, abgerundet ist.

4. Werkzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Abstand der gebogenen Kante (5) von der längeren gerade Kante (3) stetig in Richtung der kürzeren geraden Kante (4) zunimmt.

5. Werkzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die kürzere gerade Kante (4) bogenförmig in die gebogene Kante (5) übergeht.

6. Werkzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Winkel zwischen kürzerer gerader Kante (4) und gebogener Kante (5) ein rechter Winkel ist.

7. Werkzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Stirnfläche des Randes (2) ganz oder teilweise senkrecht der Plattenebene (1) verläuft.

8. Werkzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Außenseite des Randes (2) in einer Kante in seine Ober- und/oder Unterseite übergeht.

9. Werkzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Überstand des Randes (2) in Richtung auf das Plattenzentrum zu abnimmt.

10. Werkzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Platte eine Dicke von 3 bis 20 mm, vorzugsweise 5 bis 10 mm, die längere gerade Kante (3) eine Länge von 50 bis 120 mm und die kürzere gerade Kante (4) eine Länge von 30 bis 60 mm aufweist und der Rand (3) auf jeder Seite 1 bis 5 mm übersteht.

Die Klägerin, die das Streitpatent hinsichtlich sämtlicher Patentansprüche angreift und den Nichtigkeitsgrund fehlender Patentfähigkeit wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit des unter Schutz gestellten Patentgegenstands geltend macht, bezieht sich auf folgende Dokumente:

HA 2 Das Heimwerker-Magazin "Selbst ist der Mann", Nr. 11, November 1988, Deckblatt und Seite 73 HA 3 Gebrauchsmuster DE 85 03 947 U1 HA 5 Auszug aus Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7. Aufl., HA 6 Beschluss der 7. Zivilkammer des LG Mannheim vom 23. September 2005 HA 7 Beschluss der 6. Zivilkammer des OLG Karlsruhe vom 31. Januar 2006 Hierzu hat die Klägerin ausgeführt, dass als maßgeblicher Fachmann ein Hochschulingenieur in einem kunststoffverarbeitenden Betrieb anzusehen sei. Für diesen habe sich ausgehend von dem in Dokument HA 2 offenbarten "Kunststoffkeil" als gattungsgemäßen und nächstliegenden Stand der Technik lediglich die Problemstellung ergeben können, aus welchem Kunststoff das Werkzeug beschaffen sei. Diese Lücke über die spezifische Eigenschaft des Materials werde aber durch die vorveröffentlichte Druckschrift HA 3 gefüllt, die bereits 1985 ein entsprechendes Werkzeug, nämlich eine elastische Fugenschablone aus Gummi oder gummiähnlichem Material mit einer Shore-Härte von ca. 60-70, offenbart habe. Der Fachmann sei deshalb zwangsläufig bei der Suche nach einem geeigneten Werkstoff zur Herstellung des Werkzeugs auf die HA 3 gestoßen, so dass sich die in der Streitpatentschrift angegebene Problemstellung, ein Werkzeug mit verbesserter Handhabung anzugeben, tatsächlich überhaupt nicht gestellt habe, und der Patentgegenstand auch keine Fortbildung des Standes der Technik darstelle, dieser bereits deshalb keine erfinderische Tätigkeit aufweise. Dies gelte auch für die Unteransprüche. Die Beklagte könne sich auch nicht auf die in der Entscheidung T 0064/01 der Technischen Beschwerdekammer 3.2.3 des Europäischen Patentamts vom 29. Januar 2003 (B3) geäußerte Ansicht berufen, dass die in der HA 3 angegebene Shore-Härte von ca. 60-70 derjenigen zwischen Feldspat und Quarz entspreche. Denn diese Bewertung beruhe offensichtlich auf einem Irrtum und sei mit dem Offenbarungsgehalt der HA 3 nicht vereinbar, wie das LG Mannheim (HA 6) und OLG Karlsruhe (HA 7) in dem anhängigen Verletzungsverfahren ebenfalls ausdrücklich bestätigt hätten.

Die von dem Beklagten mit Schreiben vom 28. März 2006 wegen Verletzung des Streitpatents abgemahnte Nebenintervenientin ist mit Schriftsatz vom 6. März 2007 dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten und hat sich dem Vorbringen der Klägerin angeschlossen.

Die Klägerin beantragt, das europäische Patent EP 0 711 887 B2 mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Nebenintervenientin beantragt, das europäische Patent EP 0 711 887 B2 mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1 bis 4, 6 bis 8, 10 für nichtig zu erklären.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält das Streitpatent für patentfähig und hat geltend gemacht, dass er zwar in Übereinstimmung mit der Klägerin das Dokument HA 2 als gattungsbildend ansehe, dass es sich aber bei dem dargestellten Werkzeug um einen "Kunststoffkeil" handele, also um ein zur Kraftübertragung dienendes starres und stabiles Werkzeug, während nach den kennzeichnenden Merkmalen des Streitpatents ein elastomeres Material beansprucht werde, das während der Arbeit biegbar sei, wobei eine Wechselwirkung zwischen der Geometrie des Werkzeugs und der Elastizitätskonstante des verwendeten Materials bestehe. Aufgrund der Tatsache, dass das Werkzeug im Inneren dünn sei, verlaufe die Biegeachse durch die Mitte des Werkzeugs, so dass dieses durch den Anpressdruck des Daumens (etwa) in die Form einer Halbschale überführt werde und einen Löffel bilde, welcher sich in besonderer Weise zur Aufnahme des abgetrennten überschüssigen Materials eigne. Das Werkzeug sei somit Messer und Löffel zugleich.

Demgegenüber offenbare die HA 3 nur ein Werkzeug, welches aufgrund des angegebenen Bereichs der Shore-Härte von 60-70 ein Biegen des Werkzeugs während des Arbeitens nicht gestatte, da diesem Wertebereich eine Härte entspreche, die sich zwischen den Materialien Feldspat und Quarz einordne. Derartige Materialien ließen sich aber nicht biegen. Insoweit macht sich der Beklagte auch die Gründe der Entscheidung B 3 zu Eigen.

Der Beklagte verweist zur Stützung seines Vorbringens auf folgende Unterlagen:

B1 Tabelle zum Begriff "Härte" aus Brockhaus-Enzyklopädie, 19. Auflage, Band 9, Seite 502 B2 DIN 53505, Juni 1987, Seiten 1 bis 4, "Prüfung von Kautschuk, Elastomeren und Kunststoffen - Härteprüfung nach Shore A und Shore D"

B3 Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer 3.2.3 des Europäischen Patentamts vom 29. Januar 2003, Aktenzeichen T 0064/01 - 3.2.3, über die Aufrechterhaltungdes Patents EP 0 711 887 B2.

B4 Internetauszug zur Härte von Gummihämmern B5 Katalogauszug über "Hochelastik Labor-Rollen" der Firma FTA B6 Internetauszug über Angebote von Motorradreifen Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Klage und Nebenintervention sind zulässig. Insbesondere sind weder Gründe ersichtlich noch von der Beklagten geltend gemacht, welche gegen ein berechtigtes Interesse zum Beitritt der Nebenintervenientin und Mitbewerberin auf Seiten der Klägerin als einfache Nebenintervenientin gemäß § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 66 Abs. 1 ZPO (vgl BGH GRUR 2006, 438 - Carvedilol; GRUR 1998, 382 - Schere) sprechen, da diese von dem Beklagten wegen angeblicher Verletzung des Streitpatents abgemahnt worden ist.

II.

Die Klage erweist sich auch als begründet. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund fehlender Patentfähigkeit aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit a EPÜ i. V. m. Art. 56 EPÜ) führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents, da der Patentgegenstand gegenüber dem sich aus HA 2 i. V. m. HA 3 ergebenden Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sondern für den hier maßgeblichen Fachmann nahegelegt war.

1. Das Streitpatent betrifft nach der Streitpatentschrift [0001] ein Werkzeug zur Nacharbeit von Fugen, die mit dauerelastischer Fugenmasse, insbesondere Kunststoffmasse gefüllt sind, welches eine ebene Platte mit einer im Wesentlichen konstanten Dicke und mit einem umlaufenden, beidseitig senkrecht zur Plattenebene überstehenden Rand ist, der seinerseits aus drei aneinander anschließenden Kanten besteht, wobei zwei Kanten gerade sind und eine Kante bogenförmig verläuft, wobei die beiden geraden Kanten sowie die längere der beiden geraden Kanten und die gebogene Kante einen spitzen Winkel einschließen.

In [0002] ist ausgeführt, dass bei der Bearbeitung von Fugen das überschüssige Fugenmaterial oft nur sehr schwer geglättet oder abgetragen werden könne. Als Werkzeuge kämen dabei die Spachtel oder ähnliche Hilfsmittel in Betracht. An Kanten, Ecken oder anderen unzugänglichen Stellen sei jedoch mit diesen Werkzeugen eine Bearbeitung nicht oder nur sehr schwer möglich, weil die Form und die Abmessungen der Werkzeuge kein Glattstreichen an ungünstigen Punkten erlaubten. Außerdem seien die Werkzeuge auch bei ebenen Flächen umständlich zu handhaben, da sie meist einen Griff aufwiesen, der mit der ganzen Hand umfasst werde. Von den bekannten Werkzeugen werde die Fugenmasse in dem Sinne nur schlecht aufgenommen, dass sie während des Glattstreichens wieder von dem Werkzeug falle und dadurch Teile in der Umgebung, z. B. Fliesen, verunreinige (vgl. [0003]).

Zum Stand der Technik verweist die Streitpatentschrift in [0005] auf ein aus der HA 2 bekanntes, gattungsgemäßes und dort als Kunststoffkeil bezeichnetes Werkzeug, welches sich aber nur in begrenztem Umfang zur Aufnahme des abgetragenen Materials eigne.

2. Vor diesem technischen Hintergrund bezeichnet es die Streitpatentschrift in [0006] als zu lösendes technisches Problem, ein Werkzeug anzugeben, mit dem bei verbesserter Handhabung Fugen geglättet werden können, und mit dem überschüssiges Fugenmaterial exakt und ohne weitere Hilfsmittel abgetragen werden kann.

Nach dem Inhalt der mündlichen Verhandlung ist die Aufgabe weiter darin zu sehen, durch geeignete Auswahl des Kunststoffmaterials eine verbesserte Handhabung des Werkzeugs zu erzielen.

3. Zur Lösung dieser Aufgabe beschreibt Patentanspruch 1, nach Merkmalen gegliedert, ein Werkzeug zur Nacharbeit von Fugen, die mit dauerelastischer Fugenmasse, insbesondere Kunststoffmasse gefüllt sind;

M1 das Werkzeug ist eine ebene Platte, M2 die Platte weist eine im Wesentlichen konstante Dicke auf, M3 die Platte hat einen umlaufenden Rand (2), M4 der Rand (2) steht beidseitig senkrecht zur Plattenebene (1) über, M5 der Rand (2) besteht seinerseits aus drei aneinander anschließenden Kanten, M6 zwei Kanten (3, 4) sind gerade, M7 eine Kante (5) verläuft bogenförmig, M8 die beiden geraden Kanten (3, 4) schließen einen spitzen Winkel ein, M9 die längere (3) der beiden geraden Kanten und die gebogene Kante (5) schließen einen spitzen Winkel ein, gekennzeichnet dadurch, dass M10 das Werkzeug aus einem Elastomer besteht, M11 das Werkzeug im Innern relativ dünn ist, M12 das Werkzeug im Innern relativ weich ist, M13 das Werkzeug somit durch Biegen optimal angepasst werden kann.

Hierzu wird in der Streitpatentschrift in [0007] ausgeführt: "Erfindungsgemäß wird die Aufgabe dadurch gelöst, dass das Werkzeug aus einem Elastomer besteht und im Innern relativ dünn und weich ist und somit durch Biegen optimal angepasst werden kann." In [0008] heißt es u. a.: "Durch den umlaufenden Rand wird das überschüssige, abgestriffene Fugenmaterial löffelartig vom Werkzeug aufgenommen, wodurch verhindert wird, dass sich das Fugenmaterial wieder an Fliesen oder anderen der Fuge benachbarten Teile absetzt. Außerdem ist das Werkzeug durch die Kanten verstärkt, wodurch die Platte am Rand relativ hart ist und eine maximale Kraftentwicklung gegeben ist, ohne dass die Flexibilität des Werkzeugs leidet, da es im Inneren relativ dünn und weich ist und somit durch Biegen optimal angepasst werden kann". In [0009] heißt es: "Als Material findet ein Elastomer Verwendung, um ausreichende Flexibilität, genügende Festigkeit am Rand und Abriebfestigkeit zu erreichen". In [0010] heißt es u. a.: "Um die Flexibilität im Inneren und die Festigkeit am Rand zu gewährleisten ist es außerdem notwendig, das Werkzeug entsprechend zu bemaßen".

Weiterhin erläutert die Beschreibung in den Absätzen [0018] und [0019], dass die Zeichnung (nachfolgend abgebildet)

in schematischer Darstellung ein erfindungsgemäßes Werkzeug zeigt mit der Sicht auf eine Plattenebene (1), welche von einem umlaufenden Rand (2) umgeben wird, der wiederum aus einer längeren geraden Kante (3), einer kürzeren geraden Kante (4) und einer gebogenen Kante (5) gebildet wird, so dass ungefähr die Form eines Dreiecks entsteht. Die Ecke zwischen der längeren geraden Kante (4) und der gebogenen Kante ist abgerundet und ist ebenso wie der Winkel, der von den beiden geraden Kanten (3, 4) eingeschlossen wird, spitz. Die Außenseite des umlaufenden Randes (2) verläuft senkrecht der Plattenebene (1) und geht in rechtem Winkel in die Ober- und Unterseite des Randes (2) über, so dass eine weitere Kante entsteht, mit der sich überschüssiges Material gut aus einer Fuge abstreifen lässt.

4. Als zuständiger Durchschnittsfachmann ist vorliegend ein Hochschulingenieur in einem kunststoffverarbeitenden Betrieb anzusehen, der über mehrjährige Erfahrung in der Entwicklung von Glättwerkzeugen, insbesondere auf dem Gebiet der Verfugungen, verfügt.

III.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents erweist sich als nicht patentfähig. Die zur Lösung der Problemstellung beanspruchte technische Lehre des verteidigten Anspruchs 1 war dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt. Denn es bedurfte keiner erfinderischen Tätigkeit, um von dem sich aus der HA 2 als nächstliegend ergebenden Stand der Technik zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents zu gelangen.

1. Hinsichtlich des Gegenstands des Anspruchs 1 des Streitpatents ist davon auszugehen, dass Merkmal M13, wonach "das Werkzeug somit durch Biegen optimal angepasst werden kann" nur insoweit als merkmalsbildend angesehen werden und eine Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik begründen kann, als hierin eine körperliche oder funktionale Eigenschaft des beanspruchten Gegenstands liegt. Die Frage, ob eine bestimmte Anweisung zum Gegenstand eines Anspruchs des Patents gehört, entscheidet sich danach, ob sie in dem betreffenden Patentanspruch Ausdruck gefunden hat (vgl. zuletzt BGH Urteil vom 17. April 2007 Seite 12 - X ZR 72/05 - Ziehmaschinenzugeinheit - m. w. H.). Dies ist durch Auslegung des Offenbarungsgehalts des Patentanspruchs und ergänzend der Patentschrift, soweit dieser Niederschlag in den Ansprüchen gefunden hat, zu ermitteln. Den Grundsätzen zu Art. 69 Abs. 1 EPÜ folgend, ist bei der Auslegung eines europäischen Patents der Patentanspruch seinem technischen Sinn nach aufzufassen. Das heißt, dass der Erfindungsgedanke unter Ermittlung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich aus dem Patent ergeben, zu bestimmen (vgl BGH Mitt. 1999, 304, 307 - Spannschraube) und maßgebend ist, wie der angesprochene Fachmann die Angaben versteht (vgl. BGH GRUR 2004, 47, 49 - blasenfreie Gummibahn I) und welche Schlussfolgerungen er hieraus für die erfindungsgemäße Beschaffenheit zieht (vgl. zum Herstellungsanspruch: BGH GRUR 2001, 1129, 1133 - zipfelfreies Stahlband). Wenn danach die einzelnen Merkmale auch unter Einbeziehung von Beschreibung und Zeichnungen des betreffenden Patents durch Auslegung zu ermitteln sind, so darf die Einbeziehung jedoch nicht zu einer sachlichen Einengung oder inhaltlichen Erweiterung des durch den Wortlaut festgelegten Patentgegenstand führen (vgl. zuletzt BGH Urteil vom 17. April 2007 X ZR 72/05 - Seite 12 - Ziehmaschinenzugeinheit - m. w. H.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann entgegen der Rechtsansicht des Beklagten den kennzeichnenden Merkmalen des Anspruchs 1 des Streitpatents auch unter Berücksichtigung des Offenbarungsgehalts der Patentschrift weder eine näher spezifizierte Wechselwirkung zwischen der Geometrie des Werkzeugs und der - nicht offenbarten - Elastizitätskonstante bzw. Shore-Härte des verwendeten Kunststoffmaterials entnommen werden, noch insbesondere eine merkmalsbildende Ausgestaltung des Werkzeugs, bei dem die Biegeachse durch die Mitte des Werkzeugs verläuft und welches durch den Anpressdruck des Daumens (etwa) in die Form einer Halbschale überführt wird und einen Löffel bildet, mithin Messer und Löffel zugleich ist.

Danach kann Merkmal M13 des Anspruchs 1 nur entnommen werden, dass das Werkzeug biegbar ist. Dies gilt auch dann, wenn man die im Patentanspruch 1 nicht offenbarte Frage, woran sich eine optimale Anpassung durch Biegen orientieren soll und was "optimal" bedeutet, aufgrund des Verständnisses des Fachmanns und des zitierten Offenbarungsgehalts der Patentschrift so verstehen will, dass hiermit eine Anpassung des Werkzeugs an die zu bearbeitenden Fugen gemeint ist.

In diesem Zusammenhang ist auch festzustellen, dass die Merkmale M11 und M12 "relativ dünn" und "relativ weich" derart unbestimmte Angaben darstellen, dass sie dem Fachmann auch unter Berücksichtigung des Offenbarungsgehalts der Patentschrift weder exakte Bezugsgrößen noch sonstige Richtwerte vermitteln, welche geeignet wären, die bereits aus den Merkmalen M10 und M13 resultierende Eigenschaft des Werkzeugs als die eines biegsamen Elastomers näher zu konkretisieren und zu einer weiteren Abgrenzung - insbesondere von der HA 3 - beizutragen. Wenn insoweit in der Streitpatentschrift im Zusammenhang mit den Merkmalen M11 bis M13 in [0007] i. V. m. [0009] und Spalte 2, Zeilen 18 bis 20, ausgeführt ist, dass das Werkzeug durch die Verwendung eines Elastomers eine ausreichende Flexibilität aufweise, weil es im Inneren relativ dünn und weich sei und somit durch Biegen optimal angepasst werden könne, so kann auch hieraus keine weitergehende Konkretisierung der körperlichen oder funktionalen Ausgestaltung des Werkzeugs entnommen werden, als sie bereits durch die Kennzeichnung als ein biegsames Elastomer (M10, M13) bestimmt ist. Denn der Begriff Flexibilität ist in der Umgangssprache zwar weit verbreitet und dient in der Technik als Bezeichnung für eine Eigenschaft von biegsamen/verformbaren Körpern. Wissenschaftlich ist dieser Begriff jedoch nicht exakt definiert, da die Flexibilität außer von Materialkonstanten wie z. B. Elastizitätsmodul oder Festigkeit auch stark von der Geometrie der Körper abhängt. Beispielsweise kann ein Metallblech oder eine Glasfaser flexibel, also biegsam sein, während eine dicke Metallplatte oder eine Glasscheibe sich starr verhält. Folglich ist ein Elastomer nicht notwendigerweise biegsam, sondern nur wenn die Geometrie des Formkörpers, insbesondere dessen Dicke, an den Elastizitätsmodul oder an die Shore-Härte des Elastomeren angepasst ist. Das bedeutet nichts anderes, als dass ein "flexibler" Formkörper daraus eine "relativ große" Dicke bei Auswahl eines "weichen" Elastomeren mit kleiner Shore-Härte und eine "relativ kleine" Dicke bei Auswahl eines "härteren" Elastomeren mit größerer Shore-Härte aufweisen kann. Insofern hätte es für die Merkmale M11 und M12 der Dokumentation der Abhängigkeit der Werkzeugdicke vom Elastizitätsmodul oder von der Shore-Härte des Kunststoffmaterials bedurft. Im Hinblick auf die Merkmale M10, M13 liefern sie jedenfalls keine weitergehenden Erkenntnisse.

2. Die dem angegriffenen Werkzeug am nächsten kommende Druckschrift HA 2 - welche auch nach der Streitpatentschrift in [0005] als gattungsgemäßer Stand der Technik bezeichnet wird - zeigt unter der Überschrift "Silikonfugen perfekt glätten" ein im Textteil als "Kunststoffkeil" bezeichnetes und u. a. wie folgt abgebildetes Werkzeug zur Nacharbeit von Fugen, die mit dauerelastischer Silikon-Fugenmasse gefüllt sind. Dieses Werkzeug istebenfalls eine ebene Platte (Merkmal M1)

mit konstanter Dicke (Merkmal M2)

und mit einem umlaufenden, beidseitig senkrecht zur Plattenebeneüberstehenden Rand (Merkmale M3 und M4), der seinerseits aus drei aneinander anschließenden Kanten

(Merkmal M5) besteht.

Dass der überstehende Rand auf beiden Seiten der Platte ausgebildet ist, ergibt sich aus der linken oberen Abbildung und den zu den Ziffern 5 und 6 gehörenden Bildern. Aus der linken oberen Abbildung ist erkennbar, dass die der Fugenmasse zugewandte Plattenseite einen überstehenden Rand aufweist, und aus den zu den Ziffern 5 und 6 gehörenden Bildern ist deutlich sichtbar, dass auch die der Fugenmasse abgewandte Plattenseite mit einem senkrecht zur Plattenebene überstehenden Rand ausgebildet ist. Außerdem ist aus der linken oberen und der rechten oberen Abbildung ersichtlich, dass zwei Kanten gerade sind (Merkmal M6) und eine Kante bogenförmig verläuft (Merkmal M7), wobei die beiden geraden Kanten einen spitzen Winkel einschließen (Merkmal M8) sowie die längere der beiden geraden Kanten und die gebogene Kante einen spitzen Winkel einschließen (Merkmal M9). Wie die Abbildungen weiter zeigen, ist die Dicke des Werkzeuges so bemessen, dass die Platte eine geringere Dicke als der überstehende Rand aufweist (Merkmal M11). Als Material für das Werkzeug ist Kunststoff angegeben.

3. Insoweit hat der Senat erhebliche Bedenken, ob die HA 2 den Patentgegenstand des angegriffenen Anspruchs 1 nicht bereits neuheitsschädlich trifft, weil auch die Merkmale M10 - M13 impliziert offenbart sind bzw vom hier zu berücksichtigenden Fachmann als selbstverständlich erkannt und in Gedanken mitgelesen wurden (vgl BGH GRUR 1995, 330 - Elektrische Steckverbindung), da die Verwendung eines elastomeren Werkstoffs zur Herstellung derartiger Werkzeuge im Prioritätszeitpunkt durchaus üblich war, wie die HA 3 darlegt, und die HA 2 ausdrücklich einen "Kunststoffkeil" erwähnt, mithin ein auch elastomere Kunststoffe umfassender Begriff. Dem Fachmann war ferner als selbstverständlich geläufig, dass Glättwerkzeuge eine dem Material angepasste Dicke aufweisen, um eine ausreichende Flexibilität zu gewährleisten und noch eine Biegsamkeit des Werkzeugs zu ermöglichen, wie die HA 3 darlegt und daher mehr "im Innern relativ dünn" sind (vgl. HA 2), d. h. je nach Bedarf mit Ausnahme des Randes eine dem Material angepasste Dicke aufweisen. Diese Frage kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben.

4. Denn jedenfalls war dem Fachmann unter Heranziehung der bereits im Jahr 1985 vorveröffentlichten HA 3 als weiterem auf dem hier in Frage stehenden Gebiet einschlägigen Stand der Technik die Verwendung eines elastomeren, biegsamen Werkstoffs für eine elastische Fugenschablone zur Lösung der Problemstellung nahegelegt.

a) So ist in HA 3 als "Werkzeug zum Ausformen von Fugen aus dauerelastischer Silikon-Verfugungsmasse oder dergleichen" eine Fugenschablone aus Gummi oder gummiähnlichem Material mit einer Shore-Härte von ca. 60-70" beansprucht (vgl. Anspruch 1), damit diese so elastisch ist, dass die Schneidkante den Unebenheiten an den Fliesen-Oberflächen folgen kann, wodurch das gefürchtete Verschmieren der Fugenränder vermieden wird (vgl. Seite 2, Absatz 2, Zeilen 12 bis 16). Wie einleitend auf Seite 1, Absatz 2, Zeilen 1 bis 7, der HA 3 ausgeführt ist, war mit bekannten Kunststoffschablonen wegen deren relativ großer Härte ein Verschmieren der Fugenränder nicht zu vermeiden. Insofern ergeben sich die Merkmale M10 und M12 des angegriffenen Werkzeugs nach Anspruch 1 unmittelbar aus HA 3, denn der Begriff "Gummi und gummiähnliche Materialien" und die Angabe "Fugenschablone mit entsprechender Elastizität" überlappen jedenfalls mit den Merkmalen "Elastomere" (M10) und "weich" (M12) und implementieren im Hinblick auf die aus HA 3 entnehmbare Funktion, nämlich eine so elastische Fugenschablone, dass die Schneidkante den Unebenheiten an den Fliesenoberflächen kann, auch eine durch Biegen des Werkzeugs optimale Anpassung an die Fuge gemäß Merkmal M13.

Die gegenständliche und stoffliche Ausbildung des Patentgegenstandes nach Anspruch 1 ist deshalb durch den Stand der Technik gemäß HA 2 und HA 3 vollumfänglich vorweggenommen und nahegelegt, weshalb Patentanspruch 1 keinen Bestand haben kann. Selbst wenn man jedoch der Auffassung folgen wollte, dass der Fachmann in der HA 3 eine durch Biegen des Werkzeugs optimale Anpassung an die Fuge gemäß Merkmal M13 nicht als selbstverständlich erkannt und in Gedanken mitgelesen hätte, so würde dies an dem Ergebnis nichts ändern. Denn allein die in der Biegefähigkeit des Glättwerkzeugs liegende Ausgestaltung des Glättwerkzeugs war für den Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens von der Eigenschaft von Glättwerkzeugs als mehr oder weniger biegsame Werkzeuge ohne Weiteres selbstverständlich und deshalb Stand der Technik.

b) Soweit die Beklagte darauf abgestellt hat, dass diese Betrachtungsweise mit den Ausführungen in der Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer 3.2.3 des Europäischen Patentamts vom 29. Januar 2003 (B3) nicht vereinbar sei, da dort die in der HA 3 angegebene bevorzugte Shore-Härte von 64 unter Hinweis auf die sog. Mohssche Härteskala für Mineralien nach B1 mit einer Härte zwischen Feldspat und Quarz verglichen worden sei, so dass im Gegensatz zum Streitpatent nach der HA 3 ein Verbiegen des Werkzeugs mit der Hand unmöglich sei, hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung nicht mehr ernstlich abgestritten, dass diese Beurteilung auf einem Versehen beruhte und die für Elastomere maßgebliche Shore-Härte überhaupt nicht in die Betrachtungen einbezogen worden ist.

Dass insoweit in der HA 3 nicht die sog. Mohssche Härteskala für Mineralien, sondern auf die einschlägige Shore-Härte abgestellt ist, wonach der Widerstand gegen das Eindringen eines Körpers bestimmter Form und definierter Federkraft verstanden wird , kann auch - wie bereits die 6. Zivilkammer des OLG Karlsruhe in HA 7 zutreffend festgestellt hat - keinem ernsthaften Zweifel unterliegen, da eine aus einem derart harten Material bestehende Fugenschablone keine Elastizität der Schneidkante aufweisen würde, wie sie in HA 3 gerade als vorteilhaft beschrieben wird, um das gefürchtete Verschmieren der Fugenränder zu vermeiden (Seite 2, Absatz 2, Zeilen 12 bis 16).

c) Auch bestand für den Fachmann kein Zweifel, dass in HA 3 eine Härte nach Shore-A gemeint ist. Festgelegt ist die Shore-Härte in der DIN 53505 (B2), welche den Titel "Prüfung von Kautschuk, Elastomeren und Kunststoffen - Härteprüfung nach Shore A und Shore D" trägt und welche - wie überhaupt jede DIN-Vorschrift - das elementare Fachwissen auf dem jeweiligen einschlägigen Gebiet beinhaltet. Dort ist gezeigt, dass zwei Shore-Härte-Messverfahren A und D existieren, die zu verschiedenen, unterschiedlichen Härtebereichen führen. So ist u. a. im Abschnitt 1: "Anwendungsbereich und Zweck" ausgeführt, dass das Härteprüfgerät nach Shore-A im Bereich von 10 bis 90 Shore A anwendbar ist, während härtere Probekörper zweckmäßig nach Shore-D gemessen werden. Bild 1 der DIN zeigt einen Überblick über die Anwendungsgrenzen verschiedener Härteprüfverfahren. Daraus geht eindeutig hervor, dass sowohl für Shore-A eine Skala von 0 bis 100 (Grenzwerte gepunktet, weil nicht exakt mit dem Verfahren nach Shore-A messbar), als auch für Shore-D eine Skala von 0 bis 100 (Grenzwerte gepunktet; Messbereich von Shore-D 30 bis 90) existiert, wie im Übrigen auch mit Tabelle 1 auf Seite 2 der DIN anhand der Gegenüberstellung der Messwerte für die Federkraft in mN nach Shore-A und Shore-D gezeigt ist.

Wenn auch in HA 3 eine Shore-Härte von 60 bis 70 ohne Angabe des Messverfahrens A oder D angegeben ist (vgl. Anspruch 1), so wird der Fachmann keinen Zweifel daran haben, dass die Härte nach Shore-A gemeint ist. Denn nachdem in HA 3 dargelegt ist, dass bei einer Fugenschablone aus Gummi oder gummiähnlichem Material mit einer Shore-Härte von 60 bis 70 aufgrund der Elastizität die Schneidkante der Schablone den Unebenheiten an den Fliesenoberflächen folgen kann und hierdurch das gefürchtete Verschmieren der Fugenränder vermieden wird (Seite 2, Absatz 2, Zeile 12 ff.), konnte der Fachmann dies nicht anders auffassen, als dass damit ein Werkzeug aus einem Elastomer mit einer Härte nach Shore-A gemeint ist, das durch Biegen optimal angepasst werden kann.

Der Fachmann konnte daher ausgehend von der HA 2 mithilfe seines allgemeinen Fachwissens, zumindest aber gestützt auf die HA 3, ohne erfinderisch tätig zu werden, zum Gegenstand des angegriffenen Patentanspruchs 1 gelangen, da er allenfalls die HA 3 zu Rate ziehen musste, um durch geeignete Auswahl des Kunststoffmaterials eine verbesserte Handhabung des Werkzeugs nach HA 2 zu erzielen.

Insoweit beruht der Gegenstand des angegriffenen Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Patentanspruch 1 hat deshalb keinen Bestand.

5. Auch die Unteransprüche 2 bis 10 des Streitpatents erweisen sich mangels erfinderischer Tätigkeit nicht als patentfähig.

So ist das Merkmal des Anspruchs 2, dass die gebogene Kante in einem konvexen Bogen verläuft, den Bildern der HA 2 zweifelsfrei zu entnehmen.

Das Merkmal des Anspruchs 3, dass die Ecke, die von der längeren der beiden geraden Kanten (3) und von der gebogenen Kante (5) gebildet wird, abgerundet ist, geht ebenfalls aus den Bildern der HA 2 zweifelsfrei hervor.

Das Merkmal des Anspruchs 4, dass der Abstand der gebogenen Kante (5) von der längeren geraden Kante (3) stetig in Richtung der kürzeren geraden Kante (4) zunimmt, ist deutlich im vorstehend gezeigten, oberen rechten Bild der HA 2 dargestellt.

Das Merkmal des Anspruchs 5, dass die kürzere gerade Kante (4) bogenförmig in die gebogene Kante (5) übergeht, ist gleichfalls im vorstehend gezeigten, oberen rechten Bild der HA 2 dargestellt, denn der hier gebildete Bogen steht im Gegensatz zu der spitzen Kante zwischen der kleineren geraden Kante und der größeren geraden Kante.

Das Merkmal des Anspruchs 6, dass der Winkel zwischen kürzerer gerader Kante (4) und gebogener Kante (5) ein rechter Winkel ist, geht aus der vorstehend gezeigten, oberen linken Abbildung der HA 2 ohne Weiteres hervor.

Das Merkmal des Anspruchs 7, dass die Stirnfläche des Randes (2) ganz oder teilweise senkrecht der Plattenebene (1) verläuft, ist auch in den Abbildungen der HA 2 verwirklicht.

Das Merkmal des Anspruchs 8, dass die Außenseite des Randes (2) in einer Kante in seine Ober- und/oder Unterseite übergeht, ist wie die Zusammenfassung der Bilder der HA 2 zeigt ebenfalls hier verwirklicht.

Das Merkmal des Anspruchs 9, dass der Überstand des Randes (2) in Richtung auf das Plattenzentrum zu abnimmt, kann den Abbildungen der HA 2 nicht entnommen werden. Dieses Merkmal vermag aber die Patentfähigkeit nicht zu begründen. Denn unabhängig von der ihm zugedachten Funktion, dass dadurch die Ansammlung von abgestriffenen Fugenmaterial am Werkzeugrand vermieden werde (vgl. Streitpatent Spalte 3, Zeilen 41 bis 45), ist in diesem Zusatzmerkmal letztlich nichts anderes zu erkennen als eine vom Werkzeugrand her übergangslose Fortsetzung des Merkmals M11 ("im Inneren relativ dünn") und damit eine eher kontinuierliche Abnahme der Dicke und Steifheit des Werkzeugs zur Mitte hin. In einer solchen Maßnahme ist kein erfinderisches Zutun zu erkennen.

Die Maßangaben des Anspruchs 10, nämlich Dicke der Platte von 3 bis 20 mm, Länge der längeren geraden Kante (3) von 50 bis 120 mm, Länge der kürzeren geraden Kante (4) von 30 bis 60 mm, Überstand des Randes (3) auf jeder Seite von 1 bis 5 mm, sind nach dem Augenschein der Abbildungen ebenfalls durch HA 2 nahegelegt und gehen nicht über normales fachmännisches Können hinaus.

Somit haben auch die Patentansprüche 2 bis 10 keinen Bestand.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. §§ 91, 101 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Dr. Schermer Engels Dr. Egerer Dr. Maksymiw ist erkrankt und kann daher nicht unterschreiben Dr. Schermer Zettler Be






BPatG:
Urteil v. 17.07.2007
Az: 3 Ni 19/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/e6cc512ed943/BPatG_Urteil_vom_17-Juli-2007_Az_3-Ni-19-05




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