Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 11. Februar 1994
Aktenzeichen: 6 U 30/93
(OLG Köln: Urteil v. 11.02.1994, Az.: 6 U 30/93)
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 8. Dezember 1992 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 497/92 - wird mit der Maßgabe zurück- gewiesen, daß Ziffer 1. des Urteilstenors der landgerichtlichen Entscheidung wie folgt neu gefaßt wird: Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000,-- DM - ersatzweise, für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft - oder Ordnungs- haft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, die Produkte "S. A." in der 5-Liter-Kanne und/oder "S." in der 1-Liter-Flasche und in der 5-Li ter-Kanne und/oder "Ap." in der 500-ml-Flasche in den Verkehr zu bringen, wenn sich die Ge- brauchsanweisung lose in einem an dem jewei- ligen Gebinde anhängenden Plastikbeutel be findet, dessen kreisförmig ausgestanzte La sche entweder über den Flaschenhals oder - bei den 5-Liter-Kannen - über einen beson deren Plastikwulst gestreift wird, wie nachstehend wiedergegeben: II. Von den Kosten des ersten Rechtszugs tragen die Klägerin 74 % und die Beklagte 26 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tra- gen die Beklagte 93 % und die Klägerin 7 %. III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangs- vollstreckung hinsichtlich der Hauptsa che durch Sicherheitsleistung in Höhe von 140.000,-- DM und hinsichtlich der Ko sten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 18.000,-- DM abzuwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin ihrerseits jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten können von beiden Parteien auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer im Gebiet der Bundesrepublik Deutsch land ansässigen Großbank oder öffentlich- rechtlichen Sparkasse erbracht werden. Die Beschwer der Beklagten wird auf 140.000,-- DM (je angegriffenes Produkt: 35.000,-- DM) festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber beim Vertrieb von
Pflanzenschutzmitteln. Die Beklagte vertreibt u.a. das Produkt "S."
in 1-Liter-Flaschen und 5-Liter-Kannen, das Produkt "S.A." in
5-Liter-Kannen sowie das Produkt "Ap. " in 500-ml-Flaschen.
Die Gebrauchsanweisung befindet sich bei allen Gebinden der
Produkte "S.", "S.-A." und "Ap." in Beuteln aus Klarsichtfolie.
Diese Beutel weisen an einer Seite eine ausgestanzte Lasche auf, an
der sie bei den 5-Liter-Kannen über einen besonderen Plastikwulst
an diesen Kannen und bei den übrigen Flaschen über den Flaschenhals
gestreift werden. Wegen der Einzelheiten der Ausstattung wird auf
die Abbildungen im Tenor dieser Entscheidung sowie auf die als
Anlagen 2 - 5 von der Klägerin erstin- stanzlich zu den Akten
gereichten Originalverpak- kungen Bezug genommen.
Die auf den "S."- und "S.-A."-Gebinden angebrach- ten Etiketten
weisen jeweils ein Gefahrensymbol "Andreaskreuz" auf orangefarbenem
Grund und die nebenstehende Gefahrenkennzeichnung "mindergiftig"
auf, wie im nachstehenden Klageantrag beispielhaft in
schwarzweiß-Fotokopie für die "S.-A." 5-Liter- Kanne
wiedergegeben.
Die Beklagte vertreibt ferner ein Pflanzenschutz- mittel "P. N",
das in der Bundesrepublik Deutsch- land unter der Zulassungsnummer
... zugelas- sen worden ist. In der Türkei wird dieses Produkt
von der Firma H. AG in einer türkischen Ausstat- tung vertrieben.
Die Klägerin importiert dieses für den türkischen Markt bestimmte
Produkt und vertreibt es in der Bundesrepublik Deutschland, wobei
sie das in türkischer Sprache gefaßte Originaletikett mit einem
deutschsprachigen Etikett so überklebt, daß dieses das
türkischsprachige Original nicht völlig abdeckt. Die
Zulassungsnummer ..., die unter- halb eines dreieckigen
Symbols ("amtlich geprüft zugelassen") - wie im Widerklageantrag in
schwarz- weiß-Fotokopie wiedergegeben - erscheint, ist of- fen
erkennbar.
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte vertreibe auch das
Produkt "S.-A." in einer 1-Liter-Flasche, bei der sich die
Gebrauchsanweisung ebenfalls in einem Beutel aus Klarsichtfolie
befinde, der über den Flaschenhals gestreift werde.
Sie hat die Auffassung vertreten, der Vertrieb der
streitgegenständlichen Produkte verstoße in der von der Beklagten
genutzten Verpackung und Aus- stattung gegen § 1 UWG und § 20 Abs.
2 PflSchG. Da die jeweilige Gebrauchsanleitung nur lose an den
einzelnen Gebinden hänge, seien die Voraussetzun- gen des § 20 Abs.
2 Nr. 6 PflSchG nicht erfüllt; denn die Gebrauchsanleitung müßte
hiernach auf den Behältnissen unverwischbar angebracht werden. Im
übrigen hat sich die Klägerin insoweit zur Be- gründung auf die den
Parteien bekannte Senatsent- scheidung vom 21. Februar 1992 in
Sachen 6 U 99/91 (Blatt 11 - 36 d.A.) berufen.
Die Klägerin hat weiterhin geltend gemacht, hin- sichtlich der
Gefahrenkennzeichnung fehlten die Kennbuchstaben "Xn", so daß die
konkrete Form der Gefahrenkennzeichnung gegen § 4 Abs. 1 Nr. 3 in
Verbindung mit Anlage I Nr. 1.2 Gefahrstoffverord- nung
verstoße.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es bei Ver- meidung eines für jeden
Fall der Zuwi- derhandlung festzusetzenden Ordnungsmit- tels bis zu
500.000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6
Monaten zu unterlassen, die Produkte
"S.-A." in der 1-Liter-Flasche und in der 5-Liter-Kanne
und/oder
"S." in der 1-Liter-Flasche und in der 5-Liter-Kanne
und/oder
"Ap." in der 500-ml-Flasche
in den Verkehr zu bringen,
1. wenn sich die Gebrauchsanweisung lose in einem an dem
jeweiligen Gebinde anhän- genden Plastikbeutel befindet, dessen
kreisförmig ausgestanzte Lasche entweder über den Flaschenhals oder
- bei den 5-Liter-Kannen - über einen besonderen Plastikwulst
gestreift wird
und/oder
2. wenn die Produkte "S.-A." in der 1-Li- ter-Flasche und in der
5-Liter-Kanne so- wie "S." in der 1-Liter-Flasche und in der
5-Liter-Kanne mit einem Gefahrensym- bol und einer
Gefahrenkennzeichnung, wie nachstehend beispielhaft für die 5-Li-
ter-Kanne des Produktes "S.-A." wieder- gegeben, versehen sind:
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit einer am 05.10.1992 eingereichten Widerklage hat sie den
Antrag angekündigt,
die Klägerin zu verurteilen, es bei Mei- dung eines für jeden
Fall der Zuwider- handlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu
500.000,-- DM, ersatzweise Ord- nungshaft bis zu 6 Monaten, oder
Ord- nungshaft bis zu 6 Monaten, zu unter- lassen
in der Bundesrepublik Deutschland das für den Vertrieb in der
Türkei herge- stellte Pflanzenschutzmittel "P. N " un- ter der
nachstehend wiedergebenen Zu- lassungsnummer zum Verkauf anzubieten
und/oder in den Verkehr zu bringen:
Die Klägerin hat sich in der erstinstanzlichen mündlichen
Verhandlung vom 20.10.1992 - ohne Aner- kennung einer
Rechtspflicht, gleichwohl rechtsver- bindlich - verpflichtet, "es
bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwider- handlung an die
Beklagte zu zahlenden Vertrags- strafe in Höhe von 6.100,-- DM zu
unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland das für den Ver-
trieb in der Türkei hergestellte Pflanzenschutz- mittel "P. N"
unter der in der Widerklageschrift, dort Seite 2, wiedergegebenen
Zulassungsnummer zum Verkauf anzubieten und/oder in den Verkehr zu
bringen."
Nachdem die Beklagte diese Erklärung angenommen hat, haben die
Parteien den Rechtsstreit hinsicht- lich der Widerklage in der
Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Parteien haben insoweit wechselseitige Kosten- anträge
gestellt.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, durch die konkrete
Form der Anbringung der Gebrauchs- anweisung an den Behältnissen
ihrer Produkte "S. A.", "S." und "Ap." sei kein Verstoß gegen § 20
Abs. 2 Nr. 6 PflSchG gegeben. Bei den von ihr an- gebotenen
Produkten befände sich die Gebrauchsan- weisung entsprechend dem
Wortlaut des § 20 Abs. 2 Nr. 6 PflSchG "auf den Behältnissen" und
sei auch "unverwischbar", da sie durch eine Plastikfolie geschützt
sei. Es sei nicht erforderlich, daß die Gebrauchsanweisung
unmittelbar auf den Behältnis- sen aufgeklebt sei, zumal dies bei
umfangreicheren Gebrauchsanweisungen schon aus technischen Gründen
nicht möglich sei.
Die Beklagte hat behauptet, es sei im Verkehr durchaus üblich,
die Gebrauchsanweisungen in einer - auf das Behältnis aufgeklebten
- Plastikhülle unterzubringen. Dies hätten zahlreiche Mitbewerber -
auch die Klägerin selbst - bisher so gehandhabt. Hierzu hat die
Beklagte auf zahlreiche Pflanzen- schutzmittel in 1-Liter-Flaschen
und 5-Liter-Kan- nen verwiesen, die sie als Anlagen zum Schriftsatz
vom 13.10.1992 vorgelegt hat. Auf die Ausstattung dieser Anlagen
wird Bezug genommen.
Die Beklagte hat ferner die Ansicht vertreten, selbst wenn ein
Verstoß gegen das Pflanzenschutz- gesetz vorläge, begründe dies
keinen Unterlas- sungsanspruch der Klägerin nach § 1 UWG. Zum einen
werde der Verbraucher nicht getäuscht, zum anderen habe die
Klägerin ihre Produkte in derselben Weise wie die Beklagte mit
Gebrauchsanleitungen versehen, so daß sie sich den Arglisteinwand
(§ 242 BGB) entgegenhalten lassen müsse. Die zusätzliche
Kennzeichnung des Gefahrensymbols "Andreaskreuz" mit den
Kennbuchstaben "Xn" sei nicht erforderlich, da diese Buchstaben nur
inter- ne Ordnungsmerkmale darstellten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzli- chen
Vorbringens der Parteien wird auf den vorge- tragenen Inhalt der
wechselseitigen Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.
Durch Urteil vom 8. Dezember 1993, auf dessen Inhalt verwiesen
wird, hat das Landgericht die Beklagte hinsichtlich des
Klageantrags zu 1. an- tragsgemäß zur Unterlassung verurteilt, die
ange- griffenen Produkte "S.-A." und/oder "S. " jeweils in der
1-Liter-Flasche und in der 5-Liter-Kanne und/oder "Ap." in der
500-ml-Flasche in den Ver- kehr zu bringen, wenn sich die
Gebrauchsanweisung lose in einem an dem jeweiligen Gebinde
anhängen- den Plastikbeutel befindet, dessen kreisförmig
ausgestanzte Lasche entweder über den Flaschenhals oder - bei der
5-Liter-Kanne - über einen beson- deren Plastikwulst gestreift
wird. Im übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Gegen das ihr am 21. Dezember 1992 zugestellte Ur- teil hat die
Beklagte mit einem am 21. Januar 1993 eingegangenen Schriftsatz
Berufung eingelegt, die sie nach entsprechender Fristverlängerung
mit ei- nem am 22. März 1993 eingegangenen Schriftsatz be- gründet
hat.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstin- stanzliches
Vorbringen. Sie vertritt die Ansicht, das Landgericht habe die
Vorschrift des § 20 Abs. 2 Nr. 6 PflSchG zu eng ausgelegt; die enge
Wortinterpretation allein sei nicht geeignet, die Unzulässigkeit
der von ihr geübten Praxis der Befestigung der Gebrauchsanleitungen
in einer Pla- stikfolie an den Behältnissen zu begründen. Etwas
anderes ergäbe sich auch nicht aus der Anforderung der
"Unverwischbarkeit". Hiermit sei lediglich be- zweckt, daß der
Anwender des Pflanzenschutzmittels in der Lage sein solle, die
Gebrauchsanleitung einwandfrei zu lesen, um die Anwendungshinweise
und Auflagen beachten und sich über die Gefahren unterrichten zu
können, die von dem Pflanzen- schutzmittel möglicherweise
ausgingen.
Diesem Zweck werde die von ihr gehandhabte Form, die
Gebrauchsanleitung mit einer Plastikhülle zu versehen, in gleicher
Weise wie ein Aufkleben oder ein Aufdruck der Gebrauchsanweisung
auf den Be- hältnissen gerecht.
Die Gefahr des Verlustes der Gebrauchsanleitung sei nur
theoretischer Natur. Auf dem Transport könne sie nicht verloren
gehen, weil die Produkte nach einer strengen Kontrolle in größeren
Gebinden verpackt und ausgeliefert würden. Eine mehrfache Benutzung
des Pflanzenschutzmittels durch mehrere Personen sei so selten, daß
sie als unbeachtlich anzusehen sei. Darüber hinaus sei davon
auszuge- hen, daß ein Benutzer des Pflanzenschutzmittels schon im
eigenen Interesse die Gebrauchsanwei- sung an ihren Bestimmungsort
zurückstecken werde. Schließlich habe sie auch, um etwaigen Gefah-
ren entgegenzuwirken, zusätzlich die Behältnisse selbst mit dem
blickfangmäßigen Hinweis "Bitte beigefügte Gebrauchsanweisung
sorgfältig beachten" versehen.
Weiterhin sei zu beachten, daß in einer Reihe von Fällen der
Text der Gebrauchsanleitung einen grö- ßeren Umfang habe, der
mehrere Druckseiten umfas- sen könne. Derartige
Gebrauchsanleitungen könnten ohnehin nicht auf das Behältnis
aufgeklebt oder aufgedruckt werden.
Auch das Arzneimittelgesetz ließe zu, daß die
"Gebrauchsinformation" dem Fertig-Arzneimittel als Packungsbeilage
beigefügt werde. Wenn aber nicht einmal das AMG eine untrennbare
Verbindung von Behältnis und "Gebrauchsinformation" fordere, kön-
ne nach dem Gesetzeszweck für Pflanzenschutzmittel schwerlich etwas
anderes gelten.
Schließlich macht die Beklagte geltend, das Land- gericht
verbiete eine Praxis, wie sie seit je her im Bereich des
Pflanzenschutzmittels üblich sei und von Herstellern, Vertreibern
und Importeuren übereinstimmend befolgt werde. Hierfür sei auch die
Praxis der Klägerin das beste Beispiel. Weder die für die Zulassung
zuständige Biologische Bun- desanstalt noch die zuständigen
Óberwachungsbehör- den hätten jedoch diese Art der Anbringung von
Ge- brauchsanleitungen jemals beanstandet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvor- bringens der
Beklagten wird auf die Berufungsbe- gründungsschrift vom 22. März
1993 und auf den Schriftsatz vom 27. Oktober 1993 ergänzend Bezug
genommen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des landgerichtlichen Ur- teils die Klage
insgesamt abzuweisen,
ihr zu gestatten, eine Sicherheitsleistung auch durch
selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse
zu er- bringen.
Die Klägerin hat zunächst beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 1994 hat sie die
Klage hinsichtlich des Produkts "S.A. " in der Ein-Liter-Flasche
zurückgenommen, weil dieses Produkt nach ihren Informationen
niemals im Verkehr gewesen sei.
Im übrigen beantragt die Klägerin,
die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß
sie Unterlassung der kon- kret beanstandeten Produkte entsprechend
den im Termin vom 21. Januar 1994 überreichten Farbfotografien
begehrt,
hilfsweise bei einem Vollstreckungsschutzaus- spruch ihr zu
gestatten, Sicherheit durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer
deut- schen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.
Hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage beantragt die
Beklagte, der Klägerin die Kosten gemäß § 269 Abs. 3 ZPO
aufzuerlegen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und ergänzt und
vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie vertritt die
Ansicht, der Wortlaut des § 20 Abs. 2 Nr. 6 PflSchG sei eindeutig
und bedür- fe keiner Auslegung. Hiernach sei die Gebrauchsan-
leitung "auf den Behältnissen" anzubringen; dies bedeute, daß die
Gebrauchsanleitung auf den Flä- chen der Behältnisse angebracht
werden müßte. Da diese gesetzliche Anforderung, die das Anbringen
"auf den Behältnissen" vorschreibe, zwingend und der Disposition
des jeweiligen Herstellers oder Vertreibers nicht zugänglich sei,
komme es auch nicht darauf an, ob die in einer Klarsichtfolie lose
angebrachte Gebrauchsanleitung in allen Fäl- len und mit Sicherheit
verloren gehe.
Daß mit der Formulierung "auf den Behältnissen" ein
unmittelbares Anbringen der Gebrauchsanleitung auf den Flächen des
Behältnisses gemeint sei, wer- de auch durch die Forderung
"unverwischbar" deut- lich. Damit solle nämlich der sich aus dem
Anbrin- gen "auf den Behältnissen" ergebenden Gefahr be- gegnet
werden, daß bei Gebrauch Flüssigkeit an der Außenseite des
Behältnisses entlang laufe und die dort angebrachte
Gebrauchsanweisung verwische oder unleserlich mache.
Auch ein Vergleich mit dem Arzneimittelgesetz führe zu keinem
anderen Ergebnis, da gemäß § 11 Abs. 6 AMG die vorgeschriebenen
Angaben auf dem Behältnis stehen müssen, wenn das Arzneimittel ohne
äußere Umhüllung in den Verkehr gebracht werde.
Die von der Beklagten vorgenommene Anbringung der
Gebrauchsanleitung verstoße auch gegen die Anfor- derung des § 20
Abs. 2 Nr. 6 PflSchG "in deutlich sichtbarer... Schrift". Dies
bedeute, daß die Gebrauchsanleitung insgesamt sichtbar und lesbar
sein müsse, wenn das Behältnis in der vorgesehenen Weise abgestellt
oder benutzt werde. Dies sei nicht der Fall, wenn die
Gebrauchsanweisung klein gefaltet in einen Plastikbeutel gesteckt
werde.
Die vom Landgericht vorgenommene Interpretation entspreche auch
dem Sinn und Zweck der Regelung des § 20 Abs. 2 Nr. 6 PflSchG. Der
Gesetzgeber ha- be sicherstellen wollen, daß derjenige, der solche
Mittel anwende, - gerade auch bei mehrfacher An- wendung durch
verschiedene Personen - sich leicht durch Lesen der
Gebrauchsanleitung über die Anwen- dung unterrichten könne.
Die Klägerin behauptet, es sei auch in der Praxis keine
Seltenheit, daß nur Teilmengen aus den Behältnissen genommen
würden. Pflanzenschutzmittel würden mit Wasser vermischt, so daß es
üblich sei, den Behältnissen nur Portionen zu entnehmen.
Auch bei kleineren Behältnissen sei es tech- nisch durchaus
möglich, selbst eine umfangrei- che Gebrauchsanleitung auf den
Außenflächen an- zubringen. Sollte dadurch die Gefahr bestehen, daß
der Text nicht mehr gut lesbar werde, sehe § 20 Abs. 4 PflSchG die
Möglichkeit vor, durch Rechtsverordnung Ausnahmen für das Anbringen
der Angaben nach Abs. 2 Nr. 5 - 6 auf den Behältnissen oder
Packungen zuzulassen. Da der Verordnungsgeber von dieser
Möglichkeit bisher keinen Gebrauch ge- macht habe, müsse sich die
Beklagte an den Geset- zeswortlaut des § 20 Abs. 2 Nr. 6 PflSchG
halten.
Die Klägerin bestreitet, daß die Praxis der Be- klagten bisher
von den Zulassungsbehörden und von der Biologischen Bundesanstalt
nicht beanstandet worden sei. Darüber hinaus vertritt sie die An-
sicht, daß dies auch unerheblich sei, da weder die
Pflanzenschutzämter noch die Biologische Bundesan- stalt berufene
Institutionen seien, um verbindlich über die Auslegung und
Anwendung gesetzlicher Re- gelungen zu wachen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin im
Berufungsrechtsszug wird auf die Berufungserwiderung vom 17. Juni
1993 und die Schriftsätze vom 22. Juni 1993 und 6. Januar 1994
nebst Anlagen sowie auf die in der mündlichen Ver- handlung vom 21.
Januar 1994 überreichten Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Gründe
Die Berufung ist zulässig, sie hat aber in der Sa- che keinen
Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht die Art und Wei- se, in der
die Beklagte die Gebrauchsanleitung auf den einzelnen Gebinden der
Pflanzenschutz- mittel angebracht hat, beanstandet. Zutreffend hat
das Landgericht in der Verletzung des § 20 Abs. 2 Nr. 6 PflSchG
zugleich einen Verstoß gegen § 1 UWG gesehen.
Der Vertrieb der angegriffenen Gebinde von "S.A. ", "S." und
"Ap." ist mit der Bestimmung des § 20 Abs. 2 Nr. 6 PflSchG nicht zu
vereinba- ren. Nach dieser Vorschrift dürfen Pflanzenschutz- mittel
vom Hersteller, Vertriebsunternehmer oder -einführer gewerbsmäßig
oder im Rahmen sonstiger wirtschaftlicher Unternehmungen nur in den
Verkehr gebracht werden, wenn auf den Behältnissen und ab-
gabefähigen Packungen in deutscher Sprache und in deutlich
sichtbarer, leicht lesbarer Schrift un- verwischbar die
Gebrauchsanleitung angegeben ist.
Wie der Senat bereits in den von den Partei- en zitierten
Entscheidungen vom 2. November 1990 - 6 U 140/90 (Bl. 204 ff d.A.)
- und vom 21. Fe- bruar 1991 - 6 U 99/91 (Bl. 11 ff d.A.) - im ein-
zelnen ausgeführt hat, spricht schon das im Wort- laut der
Bestimmung aufgestellte Erfordernis, daß die Gebrauchsanleitung
"auf" dem Behältnis bzw. "auf" der Verpackung anzugeben ist, gegen
die Annahme, ein Beifügen auf einem gesonderten und nicht mit der
vollen Fläche fest mit dem Behält- nis verbundenen Papier könnte
zulässig sein. Daß die in § 20 Abs. 2 PflSchG angeführten Angaben
in vollem Umfang fest auf den Behältnissen angebracht sein müssen,
ist auch dem Erfordernis zu entneh- men, daß die Angaben
"unverwischbar" sein müssen. Die Gefahr, daß die Schrift verwischt
werden könnte, ergibt sich gerade aus dem Umstand, daß sie außen
auf dem Behältnis oder der Verpackung angebracht werden muß und
deswegen der Gefahr aus- gesetzt ist, daß bei Gebrauch des
Produktes Flüs- sigkeit an der Außenseite des Behältnisses entlang
läuft und so mit der Gebrauchsanleitung in Berüh- rung kommt.
Für die Annahme, daß das bloße Einlegen der losen
Gebrauchsanleitung in eine nur lose an das Gebinde angehängte
Klarsichthülle nicht ausreicht, um den Anforderungen des § 20 Abs.
2 Nr. 6 PflSchG genüge zu tun, spricht auch der Sinn des Gesetzes.
Die Gebrauchsanleitung soll bis zum endgültigen Auf- brauchen des
Mittels sichtbar und verfügbar gehal- ten werden. Es besteht
nämlich - entgegen der Auf- fassung der Beklagten - stets die
Möglichkeit, daß ein Teil des Packungsinhaltes erst später - und
möglicherweise durch einen anderen Benutzer - aufgebraucht wird.
Dies ergibt sich schon daraus, daß die streitgegenständlichen
Pflanzenschutzmit- tel mit Wasser vermischt werden, bevor sie ihre
Anwendung finden. So ist nach der Gebrauchsanlei- tung für das
Produkt "Ap." bei Anwendung gegen Spinnmilben eine Mischung von 30
ml des Produkts auf 100 Liter Wasser erforderlich. Bei den Produk-
ten "S." und "S.A." ist nach den Gebrauchsanlei- tungen eine
Wasseraufwandmenge von 400 Litern bei 1,5 bzw. 1,2 Liter des
jeweiligen Produktes erfor- derlich. Bei derartigen
Mischungsverhältnissen ist davon auszugehen, daß aus den
Behältnissen regel- mäßig oder jedenfalls auch Teilmengen entnommen
werden. Bei mehrfachem auch zeitlich unterschied- lichem Gebrauch
besteht durchaus die Möglichkeit, daß verschiedene Benutzer den
Packungsinhalt gebrauchen. Dies kann angesichts des giftigen
Inhalts ein erneutes Lesen der Anweisung erforder- lich machen,
damit Gefahren vermieden werden. Ein erneutes Lesen der
Gebrauchsanweisung ist jedoch nur gewährleistet, wenn sich diese
unmittelbar auf dem Behältnis selbst und nicht nur lose in einer
Plastikhülle befindet. Die Gefahr, daß eine Gebrauchsanleitung, die
zum Lesen entnommen worden ist, nicht wieder in die Klarsichthülle
einge- bracht wird und schon deshalb verloren geht, ist
offensichtlich. Die Gefahr des Verlustes der Gebrauchsanleitung
wird dadurch erhöht, daß die Plastikhülle, in der sich die
Gebrauchsanleitung befindet, noch nicht einmal fest mit dem
Behältnis verbunden ist, sondern lediglich lose über den
Flaschenhals und bei den 5 Liter-Kanistern über einen Plastikwulst
gestülpt ist. Gerade dieser Gefahr sollte nach dem Sinn des
Gesetzes entgegengewirkt werden.
Die Auslegung, die der Senat in ständiger Rechtssprechung (vgl.
Urteil vom 12.11.1990 - 6 U 140/90; Urteil vom 21.02.1991 - 6 U
99/91, Urteil vom 05.12.1993 - 6 U 4/93) der Anwendung des § 20
Abs. 2 Nr. 6 PflSchG zugrundelegt, steht im Einklang mit der
Entstehungsgeschichte der Vorschrift und der sich aus dieser
ergebenden Vorstellung des Gesetzgebers. Dies ist den Ma- terialien
zu § 20 PflSchG zu entnehmen. Im Ent- wurf der Bundesregierung zum
Pflanzenschutzgesetz (BT-Drucksache 10/1262) war in der dem
jetzigen § 20 Abs. 2 Nr. 6 entsprechenden Bestimmung des § 18 Abs.
2 Nr. 5 angeordnet, daß auf den Behält- nissen und abgabefähigen
Packungen in deutscher Sprache und deutlich sichtbarer, leicht
lesbarer Schrift unverwischbar u.a. die Gebrauchsinforma- tion
entsprechend den Auflagen des § 13 Abs. 3 des Entwurfs (der dem §
15 Abs. 3 des später ver- abschiedeten Gesetzes entspricht)
anzugeben sei. Ebenso wie in § 20 Abs. Nr. 4 Nr. 1 PflSchG in der
heutigen Fassung war in § 18 Abs. 4 Nr. 1 des Regierungsentwurfs
die Ermächtigung des Bundesmi- nisters für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten vorgesehen, "Ausnahmen für das Anbringen
der Anga- ben nach § 20 Nr. 4 bis 6 (heute: Nr. 5 - 7) auf den
Behältnissen oder Packungen zur Erleichterung des Lesbarkeit
zuzulassen, soweit dadurch die in § 1 genannten Zwecke nicht
beeinträchtigt wer- den...".
In dem Entwurf war § 18 Abs. 4 wie folgt begründet
(BT-Drucksache 10/1262, Seite 27):
"Da es nicht immer möglich und erforderlich ist, alle nach Abs.
2 Nr. 5 und 6 geforderten Angaben auf Behältnissen und Packungen
anzu- bringen, können nach Nr. 1 in einer Verord- nung Ausnahmen
für das Anbringen der Angaben über Verfallsdatum,
Gebrauchsinformation so- wie Anwendungsverbote und -beschränkungen
ge- regelt werden. Dies kann z.B. in der Form er- folgen, daß für
näher abzugrenzende Kleinpak- kungen die vorgeschriebenen Angaben
auf einen Beipackzettel aufgedruckt werden können...".
Hieraus ergibt sich, daß bei der Verabschiedung des Gesetzes in
seiner jetzigen Fassung die Vor- stellung bestand, die hier in Rede
stehende Be- stimmung ordne an, sämtliche im einzelnen genann- ten
Angaben - so auch die "Gebrauchsinformation" - seien unmittelbar
auf den Behältnissen und den Verpackungen selbst anzubringen und
nicht auf ei- nem diesen beigefügten oder an diesen befestigten
Beipackzettel. Nur für den Fall, daß sich dies als unmöglich
erweisen sollte - wie beispielsweise bei den in der Begründung
ausdrücklich angesprochenen Kleinpackungen - sollte gemäß Abs. 4
ermöglicht werden, Ausnahmetatbestände im Verordnungswege zu
schaffen.
In der Begründung des Regierungsentwurfs ist gera- de die
Möglichkeit, die gesetzlich zu fordernden Angaben auf einem
"Beipackzettel" aufzudrucken, als eine der im Verordnungsweg zu
gestattenden Ausnahmen für Kleinpackungen genannt. Das kann aber
nur bedeuten, daß grundsätzlich die nach Abs. 2 zu fordernden
Angaben gerade nicht auf einem beizufügenden (Beipack-) Zettel,
sondern unmittelbar auf den Behältnissen oder Packungen selbst
anzubringen sein sollten. Ausnahmen sollten nur in Betracht kommen,
wenn Behältnis oder Pak- kungen zu klein sein sollten, um die
gesetzlich geforderten Angaben in "deutlich sichtbarer" und "leicht
lesbarer" Schrift aufzunehmen.
Nach allem genügt es gerade nicht, die Gebrauchs- anleitung in
der von der Beklagten praktzierten Art und Weise lose in einer
Klarsichthülle unter- zubringen, die selbst nicht fest mit dem
jewei- ligen Gebinde verbunden ist, so daß es möglich ist, die
Gebrauchsanweisung zu entnehmen, oder daß gerade die lose
verbundene Klarsichthülle mit der Gebrauchsanweisung
verlorengeht.
Diesem Verständnis von § 20 Abs. 2 Nr. 6 PflSchG steht auch
nicht entgegen, daß die von der Be- klagten paraktizierte Art der
Anbringung der Ge- brauchsanweisung - nach ihren Behauptungen -
bis- her von den Pflanzenschutzämtern und der Biologi- schen
Bundesanstalt nicht beanstandet worden ist. Gesetzeswortlaut sowie
Sinn und Zweck der Regelung ergeben unmißverständlich, wie bei der
Angabe der Gebrauchsanleitung zu verfahren ist. Sollten - wie die
Beklagte behauptet - staatliche Stellen nichts unternehmen, um dem
Gesetz Geltung zu verschaffen, läßt dies die gesetzgeberische
Absicht und den In- halt der gesetzlichen Regelung unberührt.
Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn es hier um die
Anwendung einer Ermessensvorschrift durch eine Behörde ginge. Davon
kann aber bei § 20 Abs. 2 Nr. 6 PflSchG nicht die Rede sein, da
diese Vorschrift eine zwingende Regelung enthält. Selbst eine
"großzügige" Handhabung durch zuständige Be- hörden vermag hieran
nichts zu ändern.
Der von der Beklagten auf den von ihr vertriebenen Behältnissen
angebrachte Hinweis "Bitte beigefüg- te Gebrauchsanleitung
sorgfältig beachten!" räumt entgegen der Auffassung der Beklagten
nicht die Gefahr eines Verlustes der Gebrauchsanleitung aus. Ein
solcher Hinweis ist nur dann sinnvoll, wenn die Gebrauchsanleitung
noch an dem Gebinde vorhan- den ist. Ist aber die
Gebrauchsanleitung in der oben beschriebenen Art entweder entnommen
oder gar durch Verlust der gesamten Klarsichthülle abhanden
gekommen, erscheint es nicht sehr lebensnah, daß der Benutzer des
Pflanzenschutzmittels, der das Produkt erworben hat, aufgrund
dieses Hinweises auf die Anwendung verzichten wird, weil die Ge-
brauchsanleitung nicht mehr vorhanden ist.
Soweit die Beklagte einwendet, daß in einer Reihe von Fällen der
Text der Gebrauchsanleitung einen größeren Umfang habe, der bis zu
mehrere Drucksei- ten umfassen könne, so daß ein Aufkleben oder
Auf- drucken dieser Gebrauchsanleitung auf die Behält- nisse schon
technisch unmöglich sei, hat sie nicht einmal dargelegt, daß dies
für die Verpackung der angegriffenen Pflanzenschutzmittel zutrifft.
Darüber hinaus ist dem Senat aus dem Verfahren 6 U 4/93 bekannt,
daß Gebrauchsanleitungen, die auch mehrere Seiten umfassen, sich
auf dem kleinsten, also dem 500-Milliliter-Gebinde, bei einer
Verkleinerung auf ca. 65 % der jeweiligen Gebrauchsanleitung
unschwer unterbringen lassen, ohne daß gegen die Erfordernisse der
deutlichen Sichtbarkeit und leichten Lesbarkeit verstoßen werden
muß. Dies gilt für den Fall, daß die Gebin- de oder Verpackungen
unverändert bleiben. Daneben besteht jeweils die Möglichkeit, die
äußere Fläche des Behältnisses etwa durch Verwen- dung einer
eckigen und damit großflächigeren Form geringfügig zu vergrößern,
um die Sichtbarkeit und Lesbarkeit der Gebrauchsanleitung zu
erhöhen. Bei lediglich geringer Vergrößerung der Verpackung könnte
auch nicht von einer "Mogelpackung" die Re- de sein, zumal eine
Inhaltsangabe deutlich heraus- gestellt werden könnte. Vor diesem
Hintergrund wäre es Sache der Beklag- ten, im einzelnen und
nachvollziehbar darzulegen, daß und aus welchen Gründen es
unmöglich ist, die Gebrauchsanleitung vollständig auf den
jeweiligen Gebinden aufzubringen. Diesem Erfordernis wird der
pauschale Hinweis der Beklagten, in einer Reihe von Fällen habe der
Text einen größeren Umfang, so daß eine andere Handhabung technisch
unmöglich sei, nicht gerecht.
In dem Vertrieb der Pflanzenschutzmittel mit einer
Gebrauchsanleitung, deren Anbringung den Anforderungen des § 20
PflSchG nicht genügt, liegt zugleich ein Verstoß gegen § 1 UWG.
Nach § 1 Abs. 2 PflSchG dienen die Regelungen des Pflan-
zenschutzgesetzes über das Vertreiben von Pflan- zenschutzmitteln
u.a. der Abwendung von Gefahren für die Gesundheit von Mensch und
Tier. Normen zum Schutz der menschlichen Gesundheit sind nicht
wettbewerbsneutral. Ihre Einhaltung entspricht vielmehr einer
sittlichen Pflicht, so daß ein Ver- stoß gegen diese Vorschriften
stets wettbewerbs- widrig ist (OLG Köln WRP 1984, 164, 166
m.w.N.).
Der von der Beklagten erstinstanzlich erhobene Arglisteinwand (§
242 BGB) führt zu keinem anderen Ergebnis. Selbst wenn die Klägerin
früher bei ihren Produkten die Gebrauchsanweisung in der Art
angebracht hat, die sie nun im vorliegenden Ver- fahren angreift,
kann keinesfalls ausgeschlossen werden, daß die Klägerin zu einer
besseren Ein- sicht gelangt ist und nunmehr die ihr gesetzlich
gewährten Möglichkeiten nutzt, auch einen Wett- bewerber zu
gesetzestreuer Anwendung anzuhalten. Entscheidend kommt hinzu, daß
dies auch der Volks- gesundheit und damit dem Schutz der
Allgemeinheit dient. Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin die
vorliegende Klage nur deshalb erhoben hat, um die Beklagte "zu
schikanieren", hat die Beklagte selbst nicht vorgetragen.
Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar
1994 die Klage hinsichtlich des Produktes "S.A." in der
Ein-Liter-Flasche zurück- genommen hat, waren ihr die Kosten beider
Instan- zen gem. § 269 Abs. 3 ZPO aufzuerlegen.
Im übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 97 Abs. 1
ZPO.
Soweit die Klägerin im Berufungsrechtszug den An- trag auf
Unterlassungsverurteilung neu gefaßt hat, liegt hierin keine
teilweise Klagerücknahme oder Klageänderung, sondern lediglich eine
bessere An- passung an die konkrete Verletzungsform.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreck- barkeit ergeht
nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die nach § 546 Abs. 2 ZPO
festzusetzende Beschwer der Beklagten entspricht dem Wert ihres
Unterliegens im Rechtsstreit.
OLG Köln:
Urteil v. 11.02.1994
Az: 6 U 30/93
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/e6e3c3e06552/OLG-Koeln_Urteil_vom_11-Februar-1994_Az_6-U-30-93