Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Oktober 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 279/00

(BPatG: Beschluss v. 25.10.2000, Az.: 29 W (pat) 279/00)

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. April 2000 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "Computer; PC-Maus, Mouse-Pads; Computer-Tastaturen" zurückgewiesen worden ist.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I Die Bezeichnung Bitwaresoll als Wortmarke für die Waren und Dienstleistungen

"9 Datenverarbeitungsgeräte und Computer 16 Computerprogramme; Handbücher für Software-Produkte; Datenträger, Disketten, CD-ROMs; Umverpackungen für Software-Produkte; Label/Etiketten für Datenträger; PC-Maus, Mouse-Pads; Computer-Tastaturen;

42 Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, von Programmen für Computer, von Programmen für die EDV; Computer-Software;"

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung als Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, für die ein Freihaltebedürfnis bestehe, zurückgewiesen. Das Wort "Bitware" lasse sich zwar weder als Wort der Umgangssprache noch als Fachbegriff lexikalisch nachweisen. Die angemeldete Bezeichnung sei aber sprachüblich aus den in die deutsche Computer-, Fach- und Werbesprache übernommenen ursprünglich englischen Wörtern "Bit" in der Bedeutung von "kleinster Speichereinheit in der EDV" und "ware" für "Ware, Artikel" gebildet. In ihrer Gesamtheit weise die angemeldete Marke lediglich auf Datenverarbeitungsgeräte und -programme hin, welche mit Bits arbeiteten. Es handele sich um einen Sammelbegriff für alle sich mit Bits beschäftigenden Waren und Dienstleistungen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders mit der er geltend macht, daß "Bitware" ein reines Fantasiewort ohne einen Sinngehalt darstelle, das zur Beschreibung einer Ware oder Dienstleistung in keiner Weise geeignet sein könne. Der angefochtene Beschluß beruhe auf einer Hypothese, da die Markenstelle keine Ware oder Dienstleistung des beanspruchten Verzeichnisses angegeben habe, die mit Bits arbeite und mit "Bitware" beschrieben werden könne.

Der Anmelder beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

II Die zulässige Beschwerde hat im Umfang der Ziffer 1 des Tenors teilweise Erfolg. Im übrigen stehen der angemeldeten Marke die Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

Die angemeldete Marke stellt in ihrer Gesamtheit eine Bezeichnung dar, die ausschließlich aus Angaben iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung der beanspruchten "Datenverarbeitungsgeräte (Klasse 9)"; "Computerprogramme und der damit verbundenen Softwareträger und -produkte der Klasse 16" sowie der zu erbringenden Dienstleistungen "Erstellen von Softwareprogrammen etc. der Klasse 42" dienen können. Denn die angemeldete Bezeichnung setzt sich aus den beiden Begriffen "Bit" und "ware" zusammen, die auf dem Gebiet der Datenverarbeitung insbesondere in Zusammensetzungen eine zentrale Rolle bei der fachlichen Beschreibung und der Begriffsbildung von Fachausdrücken einnehmen. Hierzu zählen nicht nur die geläufigen Grundbegriffe "Hardware" und "Software", sondern auch neuere Fachbegriffe wie "Firmware" und "Netware". Dem Wort "ware" kommt dabei über die wörtliche Übersetzung im Sinne von "Waren, Artikel" eine die gesamte Gruppe umfassende Bedeutung zu (vgl "The Advanced Learner's Dictionary of Current English", 12. Aufl 1960, S 1451, "ware" in compounds for "manufactured articles, as silverware, ironware, hardware, stoneware"; PONS Collins Großwörterbuch Englisch/Deutsch, 3. Aufl 1997, S 1699 - ware suf. -waren, kitchenware Küchenutensilien).

Der Begriff "Bit" als "kleinste Speichereinheit in der EDV" ist seinerseits Teil zahlreicher Fachbezeichnungen wie "Bitbreite, Bit-Feld, Bitmap, Bitmap-Font, Bitmap-Grafik, -programm, Bit-Plane, Bit-String, Bitbild, Bitblock, Bitblocktransfer, Bitmapschrift etc." (vgl Beck EDV-Berater A-Z Computer-Lexikon von Th. Irlbeck, 3. Aufl, 1998, S 116 f.; Computer Fachlexikon Microsoft Press, Ausgabe 2000, S 111 f., H.H. Schulze Lexikon Computerwissen, 2000, S 130 f.; P. Müller, Lexikon der Datenverarbeitung, 1990, S 115 f.; B. Bachmann Großes Lexikon der Computerfachbegriffe, 1990, S 54/55), worauf die Markenstelle bereits zu Recht abgestellt hat.

Insbesondere mit dem Begriff "Bitmap-Grafik" wird eine Form der Grafikspeicherung bezeichnet, bei der die einzelnen Informationen Punkt für Punkt gespeichert sind. Die Bitmap-Grafikprogramme unterscheiden sich von vektororientierten Illustrations- und CAD-Programmen durch bestimmte Vorteile einer einfacheren Speicherstruktur, einer höheren Verarbeitungsgeschwindigkeit sowie spezieller Maltechniken, denen Nachteile gegenüberstehen, die eine stärkere Beschränkung der Änderungsmöglichkeiten und Qualitätsverluste betreffen. Es gibt Scanner und Digitizer, die unter den beanspruchten Warenbegriff "Datenverarbeitungsgeräte" fallen, die ausschließlich Bitmap-Grafiken erzeugen (vgl Th. Irbeck, aaO, S 116).

Die angemeldete "Bitware" ist somit geeignet, als Oberbegriff zur Beschreibung derartiger Programme, Software Produkte und entsprechender Software Träger sowie spezieller Datenverarbeitungsgeräte zu dienen. Es liegt nämlich nahe, daß die angemeldete Bezeichnung, die nach Art einer Gattungsbezeichnung bzw eines neuen Fachbegriffs sprachüblich gebildet ist, in gleicher Weise wie die genannten eingeführten Begriffe vom Verkehr als reine Sachangabe eingesetzt und verstanden wird, auch wenn sie derzeit noch nicht in Wörterbüchern anzutreffen ist. Ob der Anmelder die angemeldete Marke in dem dargestellten Sinn verwenden will, ist ebenfalls ohne Belang, da es auf die Verkehrsauffassung der beteiligten Fachkreise ankommt, die hier sowohl den Fachverkehr wie interessierte Endabnehmer umfassen.

Angesichts der bereits existierenden einschlägigen Bit-Fachwörter bestehen nach Auffassung des Senats ausreichende konkrete Anhaltspunkte für die Feststellung, daß die angemeldete Bezeichnung mit Ausnahme der im Tenor genannten Waren objektiv als beschreibende Angabe dienen kann und - auf der Grundlage der immanenten Einschränkung des Eintragungshindernisses des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG (vgl Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl, 2000, § 8 Rdn 69) - als Oberbegriff zur beschreibenden Verwendung im Verkehr auch freizuhalten ist.

Daneben fehlt der angemeldeten Marke insoweit auch jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, weil sie vom vorrangig angesprochenen Fachpublikum ohne weiteres als oberbegrifflicher neuer Fachausdruck aufgefaßt und nicht als produktidentifizierendes Unterscheidungsmittel verstanden wird.

Dagegen ist die Zurückweisung der Anmeldung aufzuheben, soweit die angemeldete Marke die Eintragung für die Waren "Computer; PC-Maus, Mouse-Pads; Computer-Tastaturen" beansprucht. Denn es besteht bei der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf diese Waren kein unmittelbar beschreibender Bezug. Zwar findet sich bei Hardwarebestandteilen, wie zB Prozessoren, häufig eine Leistungsangabe in Bit, wie von der Markenstelle zutreffend ausgeführt. Der Senat geht jedoch davon aus, daß der angesprochene Verkehr die Bezeichnung "Bitware" begrifflich in erster Linie dem Softwarebereich zurechnet und nur mittelbar mit den beanspruchten Computern und Bedienungsteilen in Verbindung bringen wird. Jedenfalls läßt sich eine Eignung des neuen Begriffs "Bitware" zur unmittelbaren Beschreibung von "Computern, PC-Maus, Pads und Tastaturen", für die ein Freihaltebedürfnis anzuerkennen wäre, mangels entsprechender Verwendungsbeispiele beschreibender Art nicht feststellen.

Mißt der Verkehr bei markenmäßiger Verwendung der angemeldeten Bezeichnung für diese Waren aber keine unmittelbar beschreibende Bedeutung bei, so steht der Sinngehalt der angemeldeten Marke insoweit nicht als beschreibender Sachhinweis im Vordergrund, so daß ihr unter Heranziehung des gebotenen großzügigen Maßstabes die Eignung, als Unterscheidungsmerkmal für die im Tenor unter Ziffer 1 genannten Waren zu dienen, und damit nicht jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen ist.

Meinhardt Baumgärtner Pagenberg Cl






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Az: 29 W (pat) 279/00


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