Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. März 2000
Aktenzeichen: 3 Ni 22/97
(BPatG: Beschluss v. 10.03.2000, Az.: 3 Ni 22/97)
Tenor
1) Auf die Erinnerung der Beklagten wird der Kostenfestsetzungs-Beschluß des Rechtspflegers vom 10. März 2000 abgeändert. Die von den Beklagten geltend gemachten Kosten für Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von insgesamt 610,14 DM werden als erstattungsfähig anerkannt.
2) Im übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
3) Die Kosten des Erinnerungsverfahrens tragen die Beklagten.
4) Zur Berechnung des Kostenausgleichs wird die Sache an den Rechtspfleger zurückverwiesen.
G r ü n d e I.
Nach dem rechtskräftigen Urteil des Senats vom 17. Dezember 1998 in Sachen 3 Ni 22/97 (EU) tragen von den Kosten des Rechtsstreits die Klägerin 4/5 und die Beklagten 1/5. Mit Beschluß vom 10. März 2000 hat der Rechtspfleger die Gesamtkosten auf 53.034,84 DM festgesetzt, wobei dem Urteil entsprechend auf die Klägerin 42.427,87DM und auf die Beklagten 10.606,97 DM entfallen, so daß im Ergebnis die Klägerin den Beklagten 21.754,47 DM zu erstatten hat. Als nicht erstattungsfähig hat der Rechtspfleger bei den Beklagten ua die Kosten für Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 169,92 DM und 440,22 DM zurückgewiesen, weil die Beklagten hierfür die Pauschkosten in Höhe von 40,-- DM geltend gemacht hätten. Abgesetzt wurden weiter die Kosten von 157,55 DM für die Weiterleitung der Nichtigkeitsklage per Kurier in die Niederlande sowie die für den amerikanischen Verkehrsanwalt geltend gemachten Reisekosten in Höhe von 9.939,36 DM, weil sie nicht notwendig iSv § 91 ZPO gewesen seien.
Gegen den Beschluß haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 29. März 2000 bezüglich der vorstehend genannten Positionen Erinnerung eingelegt. Sie beantragen, der Kostenberechnung anstelle des Pauschbetrages die tatsächlich entstandenen Telefonkosten zugrunde zu legen, die mit Schriftsatz vom 5. November 1999 anwaltlich versichert worden sind. Die Weiterleitung der Nichtigkeitsklage in die Niederlande sei wegen der Einholung einer Stellungnahme der holländischen Vertreter notwendig gewesen, so daß die Kurierkosten in Höhe von 157,55 DM erstattungsfähig seien. Die Notwendigkeit der Teilnahme des amerikanischen Verkehrsanwalts an dem Verfahren sei durch das Verhalten der Klägerin begründet gewesen. Um einer Verfahrensverzögerung entgegen zu wirken, die sich durch den erst kurz vor dem anberaumten Termin vorgelegten umfangreichen Schriftsatz der Klägerin und eine daraus folgende Terminsverlegung hätte ergeben können, sei die Anwesenheit des Verkehrsanwalt in der mündlichen Verhandlung dringend geboten gewesen, so daß ein vom Rechtspfleger verneinter Ausnahmefall vorliege.
Die Klägerin ist dem entgegen getreten und beantragt, die Erinnerung zurückzuweisen.
Der Rechtspfleger hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
II.
Die Erinnerung der Beklagten ist zulässig, § 84 Abs 2 PatG iVm §§ 91 Abs 1, 104 Abs 3 ZPO, § 23 Abs 2 RPflG, aber nur teilweise erfolgreich. Der Umfang der Überprüfung des angegriffenen Beschlusses des Rechtspflegers beschränkt sich dabei auf die von den Beklagten beanstandeten Rechnungsposten (Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 104, Rdnr 38).
1) Soweit die Beklagten nunmehr anstelle der Pauschbeträge die tatsächlich entstandenen Kosten für Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 169,92 DM und 440,22 DM geltend machen, sind diese Kosten, deren Entstehung der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 5. November 1999 anwaltlich versichert hat, § 104 Abs 2 Satz 2 ZPO, als erstattungsfähig anzuerkennen. Das Wahlrecht kann dabei auch nachträglich, also im Erinnerungsverfahren noch geändert werden (s Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 14. Aufl., § 26, Rdnr 4 aE). Daß die beantragte Änderung im vorliegenden Fall gegen Treu und Glauben verstieße oder verwirkt wäre, ist für den Senat nicht ersichtlich.
2) Im übrigen kann die Erinnerung keinen Erfolg haben.
a) Zu Recht hat der Rechtspfleger die Kosten für die Übermittlung der Nichtigkeitsklage per Kurier zu den holländischen Vertretern der Beklagten als nicht erstattungsfähig angesehen, weil sie zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung im Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht nicht notwendig waren, § 91 Abs 1 ZPO. Es kann dahinstehen, ob die Kenntnis der Begründung der Nichtigkeitsklage für die in den Niederlanden anhängigen Verfahren von besonderer Bedeutung war. Ein zwingender Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren ist jedenfalls nicht erkennbar.
b) Dies gilt auch, soweit die Beklagten Reisekosten für den amerikanischen Verkehrsanwalt in Höhe von 9.939,36 DM beanspruchen.
Die Erstattungsfähigkeit der auf einen Verkehrsanwalt entfallenden Kosten richtet sich danach, ob diese Kosten zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig sind, wobei die allgemeine Pflicht jeder Partei zu beachten ist, die Kosten im Rahmen des Verständigen möglichst gering zu halten (s Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58. Aufl., § 91, Rdnr. 220). Nach allgemeiner Ansicht sind die Kosten nur dann notwendig iSd § 91 ZPO, wenn es der Partei aus sachlichen Gründen unmöglich oder wegen ihrer persönlichen Verhältnisse unzumutbar oder nicht hinreichend sicher ist, den Prozeßanwalt unmittelbar selbst zu informieren (Hartmann, Kostengesetze, 27. Aufl., § 52 BRAGO, Rdnr. 49). Diese Grundsätze gelten auch für eine an einem inländischen Verfahren beteiligte ausländische Partei (Gerold/Schmidt aaO, Rdnr. 28). Allein die Ausländereigenschaft einer Partei rechtfertigt es jedoch nicht, die Notwendigkeit der Einschaltung eines Verkehrsanwalts generell anzunehmen (Gerold/Schmidt aaO, Rdnr. 35).
Es mag dahinstehen, ob die für die Einschaltung eines ausländischen Verkehrsanwalts entstandenen Kosten als notwendig für die Rechtsverteidigung anzusehen sind, denn in diesem Zusammenhang steht der Beschluß des Rechtspflegers nicht zur Überprüfung (s Tomas/Putzo aaO).
Als nicht notwendig iSd § 91 Abs 1 ZPO sind jedenfalls die Reisekosten des ausländischen Verkehrsanwalts zu beurteilen. Die von den Beklagten hierzu vorgetragene Begründung, der kurz vor der mündlichen Verhandlung eingereichte umfangreiche Schriftsatz der Klägerin habe die Anwesenheit des Anwalts bei der mündlichen Verhandlung erfordert, da der Termin sonst hätte aufgehoben werden müssen und das Verfahren sich dadurch verzögert hätte, rechtfertigt aus der Sicht des Senats nicht, diese Kosten als erstattungsfähig anzuerkennen.
Daß sprachliche Probleme bei der Einschaltung des Verkehrsanwalts eine Rolle gespielt hätten, ist aus dem Vortrag der Beklagten nicht hervorgegangen. Es ist deshalb davon auszugehen, daß es den Beklagten nicht unzumutbar war, den Prozeßanwalt selbst und unmittelbar zu unterrichten.
Auch die Bedeutung oder der Schwierigkeitsgrad des Nichtigkeitsverfahrens rechtfertigen die Anwesenheit des amerikanischen Verkehrsanwalts in der mündlichen Verhandlung nicht. Selbst wenn es sich für die Beklagten um ein wirtschaftlich bedeutendes Patent handelt, ist nach der Rechtsprechung nicht einmal in einem Prozeß von existentieller Bedeutung die Hinzuziehung eines Verkehrsanwalts gerechtfertigt (Hartmann, aaO, § 52, Rdnr. 112; OLG Koblenz VersR 83, 44). Dies gilt erst recht im Hinblick auf die Kosten, die für die Anreise wegen der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung entstehen. Maßgebend ist, ob die Partei schon allein über ihren Prozeßbevollmächtigten umfassend ihre Recht wahren und sich über das Prozeßgeschehen informieren kann und ob es ihr trotz der besonderen Problematik des Falles zugemutet werden kann, mit dem Prozeßanwalt direkt in Kontakt zu treten. Nach dem Vortrag der Beklagten ist hiervon auszugehen. In diesem Zusammenhang kann die Anwesenheit des Verkehrsanwalts auch nicht mit dem Schwierigkeitsgrad des deutschen Nichtigkeitsverfahrens begründet werden, denn die durch die patentrechtliche Materie gegebenen Schwierigkeiten werden durch die Einschaltung eines fachspezifisch ausgebildeten Patentanwalts, der zudem mit Rechtsanwälten in einer Sozietät zusammen arbeitet, ausgeglichen.
Nach alledem sind aus der Sicht des Senats die Reisekosten des amerikanischen Verkehrsanwalts nicht notwendig zur Rechtsverteidigung der Beklagten und daher zu Recht vom Rechtspfleger als nicht erstattungsfähig angesehen worden.
3) Zur Berechnung des Kostenausgleichs wird die Sache an den Rechtspfleger zurückverwiesen, § 99 Abs 1 PatG, §§ 104, 575 ZPO (s Thomas/Putzo, aaO, § 104, Rdnr. 51).
4) Die Kosten des Erinnerungsverfahrens tragen die Beklagten, § 84 Abs 2 PatG, §§ 97, 92 Abs 2 ZPO. Obwohl die Sache an den Rechtspfleger zurückverwiesen wird, ist der Senat nicht gehindert, eine Kostenentscheidung zu treffen, da das Ausmaß des Obsiegens bzw Unterliegens der Erinnerungsführer feststeht.
Der Wert der Erinnerung setzt sich aus den angegriffenen Rechnungsposten betreffend Telefonkosten von 610,14 DM, Kurierkosten 157,55 DM und den Reisekosten über 9.939,36 DM zusammen, beträgt also insgesamt 10.707,05 DM. Demgegenüber war die Erinnerung nur zu einem verhältnismäßig geringfügigen Teil, nämlich hinsichtlich der Telefonkosten, erfolgreich, die gegenüber dem Wert der Erinnerung weniger als 1/10 ausmachen (s Thomas/Putzo, aaO, § 97, Rdnr. 15).
Grüttemann Trüstedt Sredl Pr
BPatG:
Beschluss v. 10.03.2000
Az: 3 Ni 22/97
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