Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 26. Februar 1993
Aktenzeichen: 6 U 159/92
(OLG Köln: Urteil v. 26.02.1993, Az.: 6 U 159/92)
1. Die werbliche Aussage "Diese Wirksamkeit konnte für K... immer gezeigt werden." für ein Arzneimittel (außerhalb der Fachkreise) verstößt gegen §§ 11 Nr. 2 HWG, 1 UWG; ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise versteht die Aussage in ihrer konkreten Form (auch) i.S. eines Wirksamkeitsnachweises.
2. Zum Verständnis des Begriffes "Qualität" in der Heilmittelwerbung bei Verwendung in der Aussage: "Ihr Vertrauen in K... ist gerechtfertigt. Ich als Hersteller garantiere für K... höchste Qualität."
3. "Dritte" i.S. des § 11 Nr. 11 HWG sind solche Personen nicht, die in der Werbung erkennbar lediglich als "Sprachrohr des Werbenden" erscheinen.
Tenor
Die Berufung der Antragstellerin sowie die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 7. Juli 1992 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 259/91 - werden zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
Die Rechtsmittel der Parteien sind
jeweils zulässig, aber unbegründet.
Die Berufung der Antragsgegnerin bleibt
in der Sache ohne Erfolg, denn die Aussage
"Diese Wirksamkeit konnte für K. im-
mer gezeigt werden."
in der Werbeanzeige vom 18. April 1992
ist aus den vom Landgericht angeführten Gründen gemäß § 11 Nr. 2
HWG in Verbindung mit § 1 UWG unzulässig.
Nach § 11 Nr. 2 HWG ist es untersagt,
ein Arzneimittel außerhalb der Fachkreise mit der Angabe zu
bewerben, das Arzneimittel sei fachlich geprüft oder empfohlen.
Dabei ist nicht Voraussetzung, daß ausdrücklich von einer
derartigen Prüfung und Empfehlung gesprochen wird. Es genügt
vielmehr, daß ähnliche Formulierungen oder auch sinngemäße
Umschreibungen gebraucht werden, die bei dem Publikum die
Vorstellung hervorrufen, es habe eine fachliche Untersuchung des
Arzneimittels bezüglich seiner Eigenschaften oder Wirkungen
stattgefunden (vgl. Doepner, HWG, 1980, § 11 Nr. 2 HWG Rdnr. 14, 19
m. w. N.). In diesem Sinne wird aber die in Rede stehende Aussage
jedenfalls von einem nicht unbeachtlichen Teil der angesprochenen
Verbraucher verstanden, was die Mitglieder des Senats ebenso wie
die Mitglieder der Kammer des Landgerichts aus eigener Kenntnis und
Erfahrung beurteilen können.
Wie vom Landgericht zutreffend
dargelegt, hat das Verb "zeigen" eine vielfältige Bedeutung und
kann u. a. als Umschreibung von "aufzeigen" oder "nachweisen"
dienen und verstanden werden. Im Sinne von "aufzeigen" oder
"nachweisen" wird es aber insbesondere dann verstanden, wenn es -
wie in der streitbefangenen Aussage - passivisch gebraucht wird,
wobei das Verb "können" vorliegend ein derartiges Verständnis
zusätzlich nahelegt. Wenn danach, ausweislich der banstandeten
Werbeanzeige, die therapeutische Wirksamkeit für K. immer gezeigt
werden konnte, wird ein nicht unbeachtlicher Teil der Leser
aufgrund dieser Angabe davon ausgehen, diese Wirksamkeit von K.
habe immer nachgewiesen werden können. Daß dabei nicht gesagt
wird, wer diesen Nachweis in welcher Weise geführt hat, ist ohne
Bedeutung. Entscheidend ist allein, daß die Werbeangaben bei dem
Leser eine Vorstellung über eine fachliche Prüfung hervorrufen.
Genau dies geschieht aber durch die beanstandete Aussage.
Angesichts des in Rede stehenden Gegenstands, der immer gezeigt
(nachgewiesen) werden konnte - nämlich die therapeutische
Wirksamkeit des Arzneimittels K. - werden diese Verbraucher die
Werbeaussage von sich aus entsprechend ergänzen (was ersichtlich
auch Ziel der Werbung ist) und annehmen, daß die therapeutische
Wirksamkeit des beworbenen Produkts durch Àrzte oder ggf. auch
durch andere Fachleute überprüft worden ist.
Wie das Landgericht vermag sich daher
der Senat aus den vorstehenden Erwägungen nicht der gegenteiligen
Beurteilung einer mit der streitbefangenen Aussage vergleichbaren
Angabe durch das Landgericht Berlin (ES-HWG § 11 Nr. 2/Nr. 27)
anschließen. Auch die Ausführungen des Landgerichts Konstanz in
den Entscheidungen vom 26. September 1992 - I HO 88/92 - und vom
4. September 1992 - 2 HO 49/92 - geben aus diesen Gründen zu einer
anderen Bewertung der Werbeaussage der Antragsgegnerin keinen
Anlaß.
Ist aber die beanstandete Aussage der
Antragsgegnerin nach § 11 Nr. 2 HWG untersagt, ergibt sich daraus
zugleich ihre wettbewerbsrechtliche Unzulässigkeit gemäß § 1
UWG.
Unbegründet ist jedoch ebenfalls das
Rechtsmittel der Antragstellerin, mit dem diese Unterlassung der
Aussage
"Ihr Vertrauen in K. ist gerechtfer-
tigt. Ich als Hersteller garantiere für K. höchste Qualität."
in dem konkreten Kontext der
Werbeanzeige vom 18. April 1992 begehrt.
Daß die Antragsgegnerin mit diesen
Àußerungen eine nicht gerechtfertigte Spitzenstellung für K. in
Bezug auf die therapeutische Wirksamkeit in Anspruch nimmt und
deshalb gemäß §§ 1, 3 UWG, § 3 HWG zur Unterlassung einer
derartigen Werbung verpflichtet ist, ist auch nach dem
Berufungsvorbringen der Antragstellerin nicht hinreichend
glaubhaft gemacht. Es kann dahinstehen, wie die isolierte Aussage
zu bewerten wäre. Nach ihrem Kontext erscheint es jedenfalls dem
Senat ebenso zweifelhaft wie dem Landgericht, ob die in der
beanstandeten Aussage beworbene "höchste Qualität" von K. von einem
nicht unbeachtlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise mit
"höchster therapeutischer Wirksamkeit" gleichgesetzt wird. Der
Begriff der "Qualität" bezeichnet zunächst die Beschaffenheit
einer Ware. Zudem wird dieser Begriff der streitbefangenen
Werbeaussage im unmittelbar nachfolgenden Satz der Anzeige dahin
erläutert, daß "jedes Dragee nicht nur auf einen hohen, sondern
stets gleich hohen Wirkstoffgehalt standardisiert ist". Was
Standardisierung bedeutet, wird in der Anzeige (am rechten Rand)
ebenfalls erklärt.
Damit ist zwar nicht ausgeschlossen,
daß der Leser der Anzeige eine Verknüpfung zwischen der
beanstandeten Aussage und der im weiteren Text der Werbung
angesprochenen therapeutischen Wirksamkeit herstellt. Ob dies
jedoch dahin geschieht, daß von der höchsten Qualität wegen des
stets gleichhohen Wirkstoffgehalts auf höchste therapeutische
Wirksamkeit von K. geschlossen wird, vermag der Senat ebenso wie
das Landgericht nicht aus eigener Kenntnis und Erfahrung
festzustellen.
Anderes gilt für eine von der Werbung
dem Verbraucher vermittelte Vorstellung, daß K. u. a. auch wegen
seiner Qualität ein hochwirksames Präparat zur Behandlung
frühzeitiger Alterserscheinungen sei. Insoweit ist aber eine
Unrichtigkeit aus den in der angefochtenen Entscheidung angeführten
Erwägungen nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Zwar erscheint K.
nach der von der Antragstellerin vorgelegten Monographie des
Bundesgesundheitsamts vom 6. Juli 1988 und der dort empfohlenen
täglichen "Knoblauchmenge" als "unterdosiert"; auch der Testbericht
der Stiftung Warentest im Heft X/199X stuft K. unter Hinweis auf
die erwähnte Monographie in dieser Weise ein. Andererseits wird
aber in diesem Testbericht darauf hingewiesen, daß bei K. die
freisetzbare Alliinmenge höher ist, als vom Hersteller garantiert,
nämlich über 4 mg pro Tag liegt, und zur Vorbeugung altersbedingter
Gefäßerkrankungen als geeignet betracht werden kann. K. wurde von
der Stiftung Warentest auch den wenigen Präparaten zugeordnet, die
zumindest als "geeignet" bewertet wurden. Der Substanz Alliin
schreibt aber die Antragstellerin der Antragsschrift selbst
cholesterin- und triglyceridspiegelsenkende Wirkung zu. Hinzu
kommen die sich aus den von der Antragsgegnerin überreichten
Unterlagen ergebenden Zweifel, ob und inwieweit allein die erwähnte
Monographie des Bundesgesundheitsamts und die dort empfohlene
Mindestmenge eine abschließende Beurteilung der Wirksamkeit der
einzelnen Präparate zuläßt. Der Senat sieht sich daher wie das
Landgericht außerstande, diese Fragen ohne Hilfe eines
Sachverständigen zu klären.
Aus den vorstehenden Gründen ergibt
sich zugleich, daß eine Unzulässigkeit der beanstandeten Aussage
gemäß § 3 Ziffer 2 a HWG ebenfalls nicht hinreichend glaubhaft
gemacht ist. Erstreckt sich die beworbene "höchste Qualität" nur
auf die gleichhohe Standardisierung und nicht auch auf die
therapeutische Wirksamkeit von K., vermag die Aussage nicht den
Eindruck einer Wirkungsgarantie nach § 3 Ziffer 2 a HWG zu
vermitteln.
Schließlich können auch § 3 UWG und §
11 Ziffer 11 HWG dem von der Antragstellerin mit der Berufung
verfolgten Unterlassungsbegehren nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Herr L. ist zwar entgegen der
beanstandeten Aussage nicht Hersteller von K.. Die Relevanz einer
eventuell dadurch verursachten Täuschung des Verbrauchers im Sinne
von § 3 UWG ist aber nicht glaubhaft gemacht. Auch die
Antragstellerin vermochte in beiden Instanzen insoweit keine
Umstände zur Begründung der Relevanz anzuführen.
§ 11 Ziffer 11 HWG wiederum greift
nicht ein, weil Herr L. nicht "Dritter" im Sinne dieser Vorschrift
ist. "Dritte" sind danach nicht solche Personen, die in der Werbung
erkennbar lediglich als Sprachrohr des Werbenden erscheinen.
Solche Personen geben keine eigene Stellungnahme zu dem
empfohlenen Arzneimittel ab, sondern teilen lediglich die Ansicht
des hinter ihnen stehenden Werbenden mit, so daß bei dieser
Werbeart nicht der für das Verbot von § 11 Nr. 11 HWG u. a.
maßgebliche Eindruck einer Neutralität des sich positiv äußernden
Dritten entsteht (vgl. Doepner a. a. O., § 11 Nr. 11 HWG Rdnr. 13;
Kleis-Albrecht-Hoffmann, HWG, § 11 Rdnr. 40). Herr L. erscheint
aber als Namensgeber der Antragsgegnerin und auch nach dem gesamten
Text der Anzeige eindeutig als Sprachrohr der Antragsgegnerin und
nicht als neutraler Dritter.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97
Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
Das Urteil ist gemäß § 545 Abs. 2 ZPO
mit der Verkündung rechtskräftig.
OLG Köln:
Urteil v. 26.02.1993
Az: 6 U 159/92
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