Verwaltungsgericht Minden:
Urteil vom 10. November 2009
Aktenzeichen: 12 K 1230/09
(VG Minden: Urteil v. 10.11.2009, Az.: 12 K 1230/09)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Rundfunkgebühren für die Nutzung eines Computers mit Internetzugang (sog. internetfähiger PC).
Der Kläger betreibt unter seiner Privatadresse F. in Q. eine Unternehmensberatung und betätigt sich daneben als Vermittler von Immobilien und Baufinanzierungen. Für die auf seinem Grundstück zur privaten Nutzung bereit gehaltenen Rundfunkempfangsgeräte zahlt seine Ehefrau unter der Teilnehmernummer Rundfunkgebühren. Auf Nachfrage des Beklagten teilte der Kläger im Juli 2007 mit, dass sich der von ihm beruflich mitgenutzte PC im Privatbesitz der Familie befinde und allen Mitgliedern des Haushalts zur Verfügung stehe. Er sei deshalb als Zweitgerät anzusehen, für das keine zusätzlichen Gebühren anfielen. Da es auch sonst keinerlei seinem Betrieb zuzuordnende Rundfunkempfangsgeräte gebe und die Anschaffung solcher Geräte auch zukünftig nicht geplant sei, sehe er nicht, warum sein Unternehmen Rundfunkgebühren entrichten solle.
Der Beklagte wertete dieses Schreiben als Anmeldung eines neuartigen Rundfunkempfangsgerätes zur nicht ausschließlich privaten Nutzung ab Juli 2007 und vergab für den neuen Teilnehmer "I. V. " die Teilnehmernummer .
Nach weiterem Schriftverkehr zur Gebührenpflicht setzte der Beklagte mit Gebührenbescheiden vom 1. Februar, 1. März, 4. April und 4. Juli 2008 für jeweils drei Monate im Zeitraum Juli 2007 bis Juni 2008 Gebühren von jeweils 21,56 EUR inclusive Säumniszuschlag fest.
Gegen den Bescheid vom 4. Juli 2008 wehrte sich der Kläger mit Schreiben vom 15. Juli 2008. Mit Schreiben vom 5. August 2008 erläuterte der Beklagte erneut, dass und warum er von einer Gebührenpflicht für die Nutzung des internetfähigen PC ausgehe.
Mit Gebührenbescheid vom 1. November 2008 setzte der Beklagte erneut Gebühren von 21,56 EUR inclusive eines Säumniszuschlages fest für die Monate Juli bis September 2008. Zuvor hatte er die Zwangsvollstreckung der nach seiner Auffassung bestandskräftigen Forderungen aus den vier Bescheiden aus Februar bis Juli 2008 eingeleitet.
Ein Schreiben des Klägers vom 17. November 2008, in dem der Kläger unter anderem die Aussetzung der Vollstreckung und die Aufhebung sämtlicher zur Teilnehmernummer ergangenen Gebührenbescheide verlangt, wertete der Beklagte als Widerspruch gegen alle bereits ergangenen Gebührenbescheide, den er mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2009 zum Teil als unzulässig, zum Teil als unbegründet zurückwies.
Gegen einen weiteren Gebührenbescheid vom 6. Februar 2009 erhob der Kläger unter dem 6. März 2009 Widerspruch, den er damit begründete, dass er weder in seiner beruflichen Tätigkeit als Unternehmensberater noch in der als Vermittler von Immobilien und Baufinanzierung auf den Empfang von Rundfunkdarbietungen angewiesen sei. Die Möglichkeit des Empfangs, die sein Rechner biete und die nicht abzustellen sei, werde für gewerbliche Zwecke nicht genutzt. Gewerblich nutze der den Computer nur für Recherchetätigkeiten, Angebotserstellung und -veröffentlichung und für den vorgeschriebenen Übertragungsweg für Steuererklärungen und Steuervoranmeldungen. Erneut beantragte der Kläger die Aussetzung der Vollziehung und die Aufhebung sämtlicher zur Teilnehmernummer ergangenen Gebührenbescheide. Zur Abwendung der drohenden Zwangsvollstreckung hatte der Kläger am 4. Februar 2009 109,69 EUR unter Vorbehalt an den Beklagten überwiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Gebührenbescheid vom 6. Februar 2009 als zulässig aber unbegründet zurück.
Am 20. Mai 2009 hat der Kläger Klage erhoben. Er beantragt,
den Gebührenbescheid des Beklagten vom 6. Februar 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2009 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und wiederholt zur Begründung im Wesentlichen die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des dazu vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
Gründe
I. Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 6. Februar 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtgrundlage des Bescheides sind die Regelungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrages vom 31. August 1991 (GV: NRW: S. 408) in der Fassung des Zehnten Rundfunkfunkänderungsstaatsvertrages vom 24. Juni 2008 (GV. NRW. 517) - RGebStV -. Danach gilt: Jeder Rundfunkteilnehmer hat vorbehaltlich der Regelungen der §§ 5 und 6 für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine Grundgebühr und für das Bereithalten jedes Fernsehgerätes jeweils zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten(§ 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV).
Rundfunkteilnehmer ist, wer ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält (§ 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV). Rundfunkempfangsgeräte im Sinne der Norm sind technische Einrichtungen, die zur drahtlosen oder drahtgebundenen, nicht zeitversetzten Hör- oder Sichtbarmachung oder Aufzeichnung von Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen) geeignet sind (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RGebStV). Dazu zählen auch sog. neuartige Rundfunkempfangsgeräte, also solche, insbesondere Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben können(vgl. § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV). Ein Rundfunkempfangsgerät wird zum Empfang bereitgehalten, wenn damit ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand Rundfunk, unabhängig von Art, Umfang und Anzahl der empfangbaren Programme, unverschlüsselt oder verschlüsselt, empfangen werden können (§ 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV).
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV ist eine Rundfunkgebühr nicht zu leisten für weitere Rundfunkempfangsgeräte (Zweitgeräte), die von einer natürlichen Person oder ihrem Ehegatten in ihrer Wohnung oder ihrem Kraftfahrzeug zum Empfang bereitgehalten werden, sofern es sich um ein Zweitgerät handelt, das ausschließlich zu privaten Zwecken genutzt wird (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 RGebStV). Für Zweitgeräte, die zu anderen als privaten Zwecken genutzt werden, gilt die Gebührenfreiheit nach Satz 1 nicht, wobei es auf dem Umfang der Nutzung zu den nichtprivaten Zwecken nicht ankommt (§ 5 Abs. 2 Satz 1 und 2 RGebStV).
Für die sog. neuartigen Rundfunkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich ist keine Rundfunkgebühr zu entrichten, wenn 1. die Geräte ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen sind und 2. andere Rundfunkempfangsgeräte dort zum Empfang bereitgehalten werden (§ 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV).
Nach diesen Vorschriften ist der Kläger für seinen PC mit Internetzugang rundfunkgebührenpflichtig.
Der Anwendungsbereich des Gebührentatbestandes des § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV ist eröffnet, weil es sich bei der Verbreitung von Hörfunk und Fernsehen über das Internet um Rundfunk handelt (1.). Der internetfähige PC des Klägers ist ein Rundfunkempfangsgerät i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 RGebStV (2.). Mit diesem ist der Kläger gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV Rundfunkteilnehmer, weil er ihn gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV zum Empfang bereithält (3.). Diese Auslegung der Bestimmungen der § 2 Abs. 2 Satz 1, § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 RGebStV ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (4.). Der internetfähige Rechner des Klägers ist kein nach § 5 RGebStV von den Gebühren befreites Gerät (5.). Auch die Erhebung des Säumniszuschlags ist rechtmäßig (6.).
1. Bei der Verbreitung von Hörfunk und Fernsehen über das Internet handelt es sich um Rundfunk, so dass der Anwendungsbereich des Gebührentatbestandes des § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV eröffnet ist.
Das Gericht folgt insoweit dem - nicht rechtskräftigen - Grundsatzurteil des OVG NRW,
Urteil vom 26. Mai 2009 - 8 A 2690/08 -, juris,
und verweist auf die dortigen Ausführungen unter Rdn. 30 ff.
2. Der Rechner des Klägers ist ein Rundfunkempfangsgerät im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 RGebStV.
Er ist dazu geeignet, Hörfunk und Fernsehen nicht zeitversetzt als "Livestream" hör- bzw. sichtbar zu machen. Minimale, technisch bedingte Zeitverzögerungen bei der Übertragung von Rundfunkdarbietungen über das Internet gelten nicht als Zeitversatz i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 RGebStV und sind mithin unbeachtlich.
Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. März 2009 - 7 A 10959/08 -, juris Rdn. 20; VG Regensburg, Urteil vom 24. März 2009 - RO 3 K 08.01829 -, juris Rdn. 20; VG Würzburg, Urteil vom 27. Januar 2009 - W 1 K 08.1886 -, juris Rdn. 15; VG Ansbach, Urteil vom 10. Juli 2008 - AN 5 K 08.00348 -, juris Rdn. 21; Naujock, in: Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 1 RGebStV Rdn. 15; Kitz, NJW 2006, 406, 407; Tschentscher, a.a.O., 95; alle zitiert nach OVG NRW, Urteil vom 26. Mai 2009 - 8 A 2690/08 -, juris, Rdn. 51.
Daher sind auch die in § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV genannten "neuartigen Rundfunkempfangsgeräte" wie insbesondere Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben können, Rundfunkempfangsgeräte nach § 1 Abs. 1 Satz 1 RGebStV.
So auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. März 2009, a.a.O., juris Rdn. 20; VG Regensburg, Urteil vom 24. März 2009, a.a.O., juris Rdn. 20; VG Würzburg, Urteil vom 27. Januar 2009, a.a.O., juris Rdn. 14 f.; VG Berlin, Urteil vom 17. Dezember 2008 - 27 A 245.08 -, juris Rdn. 16; VG Hamburg, Urteil vom 24. Juli 2008 - 10 K 1261/08 -, juris Rdn. 21; VG Ansbach, Urteil vom 10. Juli 2008, a.a.O., juris Rdn. 18; Naujock, a.a.O., § 1 RGebStV Ren. 12 und Ren. 17 a; Naujock/ Siekmann, in: Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 12 RGebStV Rn. 3; Libertus, a.a.O., § 13 RStV Rn. 31; Tschentscher, a.a.O., 94; Nolden/Schramm, MMR 2009, 65, 66; alle zitiert nach OVG NRW, Urteil vom 26. Mai 2009 - 8 A 2690/08 -, juris, Rdn. 53.
3. Der Kläger ist Rundfunkteilnehmer gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV , weil er seinen internetfähigen Rechner im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV zum Empfang bereit hält.
Ein Rundfunkempfangsgerät wird nach § 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV zum Empfang bereitgehalten, wenn damit ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand Rundfunk, unabhängig von Art, Umfang und Anzahl der empfangbaren Programme, unverschlüsselt oder verschlüsselt, empfangen werden können.
Mit dem Rechner des Klägers können über das Internet ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand Rundfunkdarbietungen empfangen werden. Auf einen entsprechenden subjektiven Nutzungswillen des Rundfunkgebührenpflichtigen kommt es ebenso wenig an wie darauf, ob der Rundfunkteilnehmer tatsächlich Rundfunkleistungen in Anspruch nimmt bzw. welche Programme er empfangen will oder tatsächlich nutzt. Schon die Möglichkeit, am Rundfunk teilzunehmen, stellt einen rechtserheblichen Vorteil dar, der die Gebührenerhebung rechtfertigt.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1998 - 6 C 13.97 -, juris Rdn. 21 f.; OVG NRW, Beschluss vom 1. März 2006 - 19 A 3253/04 -, juris Rdn. 3; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2008 - 7 A 10551/08 -, juris Rdn. 5.
Die Anknüpfung der Gebührenpflicht an die durch die Bereithaltung eines Empfangsgerätes verschaffte Nutzungsmöglichkeit ist gerechtfertigt durch die Erhaltung der Funktionstüchtigkeit des Rundfunks und der Sicherstellung der Grundversorgung der Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen im dualen System.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. März 2007 - 19 A 378/06 -, juris, Rdn. 24 ff. mit Verweis auf BVerfG, Urteil vom 22. Februar 1994 - 1BvL 30/88 -, BVerfGE 90, 60 (90 f., 106), und Beschluss vom 6. September 1999 - 1 BvR 1013/99 -, NJW 2000, 649.)
Allerdings ist nach dem Sinn und Zweck der rundfunkgebührenrechtlichen Vorschriften das Abstellen auf die (bloße) Möglichkeit der Nutzung eines Rundfunkempfangsgerätes zum Empfang in den Fällen nicht gerechtfertigt, in denen die § 2 Abs. 2 Satz 2 RGebStV zugrunde liegende typisierende Annahme, ein vorhandenes Rundfunkempfangsgerät werde auch tatsächlich zum Empfang genutzt, regelmäßig nicht zutrifft. Es widerspräche dem Grundsatz der Gebührengerechtigkeit, auch dann ausschließlich auf die Möglichkeit des Empfangs abzustellen, wenn der Eigentümer oder Besitzer typischerweise bei ihm vorhandene Rundfunkempfangsgeräte nicht zum Empfang nutzt.
OVG NRW, Urteil vom 2. März 2007, a.a.O.
In Bezug auf herkömmliche Rundfunkgeräte hat die Rechtsprechung - soweit ersichtlich - nur in zwei Fällen das Bereithalten zum Empfang verneint, weil die mangelnde subjektive Nutzungsabsicht des jeweiligen Rundfunkteilnehmers anhand objektiver Indizien nachweisbar gewesen ist. Dabei handelte es sich zum einen um originalverpackten Geräte bei Lebensmittel-Discountern. Hier haben das OVG NRW (Urteil vom 2. März 2007, a.a.O.) und das OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 4. November 2004 - 12 A 11402/04 -, juris) das Bereithalten zum Empfang verneint. Die zweite Fallgruppe bildeten Funkpeilgeräte, die aufgrund eines fernmelderechtlichen Verbots nicht für den Rundfunkempfang genutzt werden dürfen. Für diesen Fall entschied das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 26. Februar 1988 - 7 C 34.87 -, juris) dass die Rundfunkteilnahme durch das fernmelderechtliche Verbot ausgeschlossen ist.
Beiden Fallgruppen ist gemein, dass hier ein objektives Indiz dafür spricht, dass die empfangsfähigen Rundfunkgeräte tatsächlich nicht zum Rundfunkempfang bereitgehalten werden. Davon unterscheiden sich aber internetfähige PC, auch wenn sie nach dem Vortrag der Benutzer nur zu Arbeitszwecken eingesetzt werden. Dies ist kein hinreichendes objektives Indiz dafür, dass sie nicht auch teilweise oder zumindest gelegentlich zu Zwecken des Rundfunkempfangs genutzt werden. Die Nutzung internetfähiger PC zum Rundfunkempfang ist damit nicht vollkommen atypisch. Sie stellt sich als eine Nutzung innerhalb der Bandbreite dar, die modernen Computern eigen ist. Es liegt gänzlich nicht fern, den internetfähigen PC auch zum Radioempfang und ggf. zum Fernsehempfang zu nutzen.
Dasselbe gilt auch für beruflich genutzte Computer. Zum einen ist es nicht gänzlich ungewöhnlich, dass an Arbeitsplätzen begleitend Radio gehört wird.
Vgl. dazu auch VG Regensburg, Urteil vom 24. März 2009 - RO 3 K 08.01829 -, juris.
Zum anderen spricht zwar eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger, wenn er Rundfunkdarbietungen hören oder sehen will, auf eines der herkömmlichen Geräte in seinem Haus zurückgreift. Doch führt das noch nicht zu dem Schluss, dass die Annahme, das empfangstaugliche Rundfunkempfangsgerät werde auch tatsächlich zum Empfang genutzt, in diesen Fällen regelmäßig nicht zutrifft.
4. Die Auslegung der § 2 Abs. 2 Satz 1, § 1 Abs. 1 und Abs. 2 RGebStV, wonach internetfähige PCs der Rundfunkgebührenpflicht unterfallen, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Sie verstößt weder gegen das Bestimmtheitsgebot der Art. 20 Abs. 3, 28 Abs. 1 Satz 1 GG, gegen die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG oder die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG noch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Auch insoweit nimmt das Gericht auf das Urteil des OVG NRW vom 26. Mai 2009, a.a.O. (hier: juris, Rdn. 96 - 193) Bezug.
5. Der internetfähige Rechner des Klägers ist kein nach § 5 RGebStV von den Gebühren befreites Gerät.
a) Eine Gebührenbefreiung nach Abs. 1 Satz 1 kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Rechner zu anderen als privaten Zwecken genutzt wird (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 RGebStV ).
b) Der Rechner ist auch nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV von der Rundfunkgebühr ausgenommen.
Danach ist für sog. neuartige Rundfunkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich keine Rundfunkgebühr zu entrichten, wenn 1. die Geräte ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen sind und 2. andere Rundfunkempfangsgeräte dort zum Empfang bereitgehalten werden.
Dieser Befreiungstatbestand ist aber hier nicht einschlägig. Unabhängig von ihrem - möglicherweise missverständlichen - Wortlaut ist die Norm nur anwendbar, wenn sowohl das bzw. die neuartige(n) Rundfunkempfangsgerät(e) als auch die unter Nr. 2 genannten "anderen (herkömmlichen) Rundfunkempfangsgeräte" im nicht ausschließlich privaten - also geschäftlichen - Bereich zum Empfang bereitgehalten werden. Dieses Verständnis der Norm ist durch die Gesetzessystematik geboten.
So auch VG Regensburg, Urteil vom 24. März 2009 - RO 3 K 08.01829 -, juris, VG Köln, Urteil vom 23. Juli 2009 - 6 K 4454/08 - und VG Ansbach, Urteil vom 27. August 2009 - AN 5 K 09.00957 -, juris; a.A. VG Arnsberg, Urteil vom 7. April 2009 - 11 K 1273/08 -, nicht rechtskräftig.
Auszugehen ist vom Grundsatz des § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV, wonach jeder Rundfunkteilnehmer vorbehaltlich der Regelungen der §§ 5 und 6 für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät Rundfunkgebühren zu entrichten hat.
Eine entscheidende Ausnahme von diesem Grundsatz normiert § 5 Abs. 1 Satz 1 RGebStV, allerdings nur für Rundfunkempfangsgeräte, die ausschließlich privat genutzt werden. Die Einschränkung, dass die Gebührenfreiheit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RGebStV nur für den privaten Bereich gilt, ergibt sich aus § 5 Abs. 2 Satz 1 und 2 RGebStV. In diesem ausschließlich privaten Bereich gilt, vereinfacht und verkürzt ausgedrückt, die Regelung, dass in einem Haushalt für sämtliche Geräte einschließlich eines oder mehrerer Autoradios nur einmal Rundfunkgebühren zu zahlen sind.
Im Gegenzug bedeutet dies, dass im nicht ausschließlich privaten (geschäftlichen) Bereich für jedes Gerät gesondert Rundfunkgebühren entrichtet werden müssen.
Auch insoweit gelten aber Einschränkungen, zunächst nach § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV für Rundfunkempfangsgeräte im Beherbergungsgewerbe und in vermieteten Ferienwohnungen. Dort gelten ermäßigte Gebühren.
Eine weitere Ausnahme für den nicht privaten/gewerblichen Bereich ist durch die Neufassung von § 5 durch den Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 8. März 2005 (GV. NRW. S. 192) normiert worden. Mit der Einfügung des (neuen) Absatz 3 gilt für die sogenannten neuartigen Rundfunkempfangsgeräte die Regelung, dass für diese keine gesonderten Gebühren zu entrichten sind, wenn - im ebenfalls im nichtprivaten Bereich - bereits andere (gemeint ist: herkömmliche) Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang bereit gehalten werden. Anders als für sog. herkömmliche Rundfunkempfangsgeräte gilt also für die neuartigen Rundfunkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich eine Zweitgerätefreiheit.
Dass nur solche (herkömmlichen) Geräte die Gebührenbefreiung eines oder mehrerer neuartiger Geräte(s) eröffnen, die ebenfalls im nichtprivaten Bereich vorgehalten werden, ergibt sich nicht nur aus der Systematik sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Norm. In der Gesetzesbegründung (vgl. LT-Drs. 13/6202, S. 40) zur Neufassung des § 5 RGebStV heißt es dazu:
"Mit Nummer 5 wird § 5 neu gefasst. ... Durch die Formulierung "zu anderen als privaten Zwecken" in Absatz 2 Satz 1 wird klargestellt, dass es keine Gebührenfreiheit für jede Art der Nutzung gibt, die nicht ausschließlich zu privaten Zwecken erfolgt. ...Grundsätzlich hat sich für die Gebührenpflicht der Rundfunkempfangsgeräte ... im nicht privaten Bereich deshalb keine Änderung ergeben. Der neu eingefügte Absatz 3 regelt aber als Ausnahme die Rundfunkgebührenpflicht für "neuartige" Rundfunkempfangsgeräte für den nicht ausschließlich privaten Bereich. (Unterstreichung durch das Gericht) Die Regelung verfolgt das Ziel einer umfassenden Zweitgerätebefreiung für bestimmte neuartige Geräte. ... Die neuartigen Rundfunkempfangsgeräte sind im nicht ausschließlich privaten Bereich von der Rundfunkgebührenpflicht befreit, soweit sie ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen sind und für die dort bereit gehaltenen anderen (herkömmlichen) Rundfunkempfangsgeräte bereits Rundfunkgebühren entrichtet werden."
Der Kläger hält lediglich im privaten Bereich Rundfunkgeräte zum Empfang bereit. Im nicht ausschließlich privaten Bereich gibt es bei ihm kein herkömmliches Rundfunkempfangsgerät - auch kein Autoradio -, das zu einer Zweitgerätefreiheit für den internetfähigen PC führen würde.
6. Die Erhebung eines Säumniszuschlags in Höhe von 5,00 EUR ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 4 Abs. 7 RGebStV i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 der Satzung über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkgebühren des Westdeutschen Rundfunks Köln (WDR- Satzung) vom 18. November 1993 (GV. NRW. 1994 S. 245), zuletzt geändert durch Satzung vom 3. Juni 2002 (GV. NRW. S. 239).
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 WDR-Satzung wird ein Säumniszuschlag in Höhe von 5,00 EUR fällig, wenn geschuldete Rundfunkgebühren - wie vorliegend - nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit (vgl. § 4 Abs. 3 RGebStV) in voller Höhe entrichtet werden. Der Säumniszuschlag entsteht automatisch mit Ablauf der Vier-Wochen-Frist nach dem Fälligkeitstermin. Eine vorherige Zahlungsaufforderung oder -erinnerung ist dafür nicht erforderlich.
Vgl. Gall, in: Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 4 RGebStV Rn. 53.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über deren vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
III. Die Berufung war nach § 124 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
VG Minden:
Urteil v. 10.11.2009
Az: 12 K 1230/09
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