Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Februar 2006
Aktenzeichen: 33 W (pat) 137/05

(BPatG: Beschluss v. 21.02.2006, Az.: 33 W (pat) 137/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 20. September 2004 die Wortmarke Eurowebfür folgende Waren und Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet worden:

"Klasse 9: Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Computerprogramme und Software Klasse 35: Das Zusammenstellen verschiedener Waren für Dritte, um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren zu erleichtern. Dienstleistungen, die sich auf das Zusammenstellen von Daten beziehen Klasse 37: Installation und Reparatur von Computern Klasse 38: Dienstleistungen, die es einer Person ermöglichen, mit einer anderen durch ein sinnesmäßig wahrnehmbares Mittel in Verbindung zu treten Klasse 42: Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software.

Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch Erstprüferbeschluss vom 11. April 2005 zurückgewiesen und diese Entscheidung im Erinnerungsbeschluss vom 15. September 2005 bestätigt. Sie hat ausgeführt, dass "Euroweb" eine aus den Bestandteilen "Euro" und "web" gebildete Kombination sei. "web" werde dabei als Hinweis auf das Internet, "Euro" in der Wortzusammensetzung seltener als Währungsangabe verstanden, sondern vorwiegend als Hinweis auf den europäischen Raum. In seiner Gesamtheit stehe "Euroweb" demnach für den europäischen Teil des Internets. Dass das weltweite Internet in den Nutzerkreisen in bestimmte Regionen aufgeteilt werde, gehe aus den verschiedensten Veröffentlichungen hervor. Die Markenstelle hat in diesem Zusammenhang insbesondere auf Formulierungen wie "Asia Web", "Russian Web" Bezug genommen. Sie verweist weiter auf Zurückweisungen des Begriffs "Euro Web". Zudem hat sie ausgeführt, dass die Begriffe in den Klassen 38 und 42 zu ungenau seien, und hat folgende Formulierungen vorgeschlagen:

Klasse 38: Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerkund/oder Klasse 42: Vermietung und Wartung von Speicherplätzen zur Benutzung als Websites für Dritte (hosting).

Weiter hat sie im Erinnerungsbeschluss angeregt in der Klasse 35 Dienstleistungen, die sich auf das Zusammenstellen von Daten beziehenumzuformulieren in:

"Zusammenstellen von Daten in Computerdatenbanken".

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und regt die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Sie hat im Verfahren vor dem Bundespatentgericht ihr Waren- und Dienstleistungsverzeichnis entsprechend dem Vorschlag der Markenstelle angepasst. Darüber hinaus trägt sie vor, dass der Begriff "Euroweb" nicht nachweisbar sei. Die Anmelderin trägt weiterhin vor, dass sie mittlerweile 9.000 Kunden betreue und für diese Internetpräsenzen hoste und warte. Allein auf Grund der erfolgreichen Tätigkeit der Anmelderin am Markt sei von einer entsprechenden Bekanntheit der Dienstleistungen der Anmelderin i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auszugehen.

Sie verweist auf weitere Eintragungen mit dem Bestandteil "Euro".

Der Senat hat die Anmelderin mit der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung auf Bedenken hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Beschwerde unter Übersendung von Ermittlungsunterlagen hingewiesen. Die Anmelderin hat darauf hin ihren Terminsantrag zurückgenommen.

II Die Beschwerde ist nicht begründet. Nach Auffassung des Senats fehlt der als Marke angemeldeten Bezeichnung hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle die Anmeldung im Ergebnis zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen hat.

Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die die Waren und Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 - Henkel; GRUR 2004, 1027 - Das Prinzip der Bequemlichkeit). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor).

Die angemeldete Bezeichnung ist aus den Wörtern "Euro" und "web", geschrieben in einem Wort zusammengesetzt. "Euro" ist ein Begriff, der auf einen europäischen Bezug hinweist, was den europäischen Markt, das Gebiet der europäischen Länder oder ggf. die gemeinsame Währung und ihren Geltungsbereich betreffen kann (so ständige Rechtsprechung vgl. u. a. HABM R0213/02-1 - Euro Fleet; BPatG, 33 W (pat) 130/02 - EURO-B2B; BPatG, 27 W (pat) 191/96 - Eurostar). "web" ist eine auf dem IT- und Telekommunikationssektor geläufige und bekannte Kurzform für "world wide web" - eine Bezeichnung für das Internet (so ebenfalls die ständige Rechtsprechung vgl. BPatG, 24 W (pat) 210/01 - Web Assistant; BPatG, 30 W (pat) 254/98 - WEB-BOX; HABM R0125/01-4 - WEB W/O WIRES).

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit all seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer zergliedernden Betrachtungsweise zu unterziehen, so dass bei aus mehreren Wörtern bestehenden Marken das Vorliegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG für die Wortfolge in ihrer Gesamtheit festzustellen ist (BGH MarkenR 2000, 420 - RATIO-NAL SOFTWARE CORPORATION). Das Gesamtzeichen hat aber im vorliegenden Fall bezogen auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen rein beschreibenden Begriffsinhalt. Die verfahrensgegenständliche Marke bringt zum Ausdruck, dass die Waren und Dienstleistungen über das Internet in Europa in Abgrenzung zu dem Internet in anderen Bereichen der Welt angeboten werden. Der Begriff "europäisches Web" findet auch bereits zahlreiche Verwendung, wie sich aus einer Internetrecherche des Senats ergeben hat:

- dir.web.de: "Europäisches Web Call Center bietet Outsourcing ..."

- europa.eu.int:"Ein europäisches Web-Portal für Informationen ..."

- www.europa.eu.int/comm: "Nach diesen Veranstaltungen erstellte die Kommission ein europäisches Web-Verzeichnis des Handwerks".

Dahin gestellt bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob die von der Anmelderin auf Vorschlag der Markenstelle vorgenommene Änderung des Dienstleistungverzeichnisses zulässig ist. Ein unmittelbar beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen der begehrten Marke besteht sowohl für die ursprünglichen Formulierungen im Dienstleistungsverzeichnis als auch für die abgeänderten Bezeichnungen. Die Waren der Klasse 9 können mit der Errichtung eines entsprechenden Internetzugangs in Verbindung stehen. Die Dienstleistungen der Klasse 35, die den Abnehmern über dieses "Web" zur Verfügung stehen, und auch die Dienstleistungen der Klassen 37 und 38 und 42, die mit Computerhardware und -software in engem Zusammenhang stehen, können dem Betrieb oder der Errichtung eines entsprechenden räumlich beschränkten Netzes dienen. Inwieweit die Anmelderin ein solches Netz tatsächlich betreiben will, muss angesichts des Wortlauts des beanspruchten Waren- und Dienstleistungverzeichnisses dahingestellt bleiben.

Insgesamt werden die angesprochenen Verkehrskreise daher den unmittelbar beschreibenden Charakter des Gesamtzeichens für die beanspruchten Produkte ohne weiteres erkennen und dieses nicht als betriebskennzeichnend auffassen.

Die Anmelderin kann sich zur Frage der Schutzfähigkeit auch nicht auf eingetragene Drittzeichen berufen. Eine Reihe von Eintragungen gleicher Marken kann nicht zu einer Selbstbindung des Deutschen Patent- und Markenamts führen und ist erst recht für das Bundespatentgericht unverbindlich (BGH GRUR 1989, 420 - K-SÜD). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang weiterhin, dass die von der Anmelderin genannte gleichnamige Marke für vollkommen andere Produkte eingetragen war.

Schließlich können die Ausführungen der Anmelderin zur Nutzung der Marke nicht zur Bejahung der Unterscheidungskraft nach § 8 II Nr. 1 MarkenG führen. Für die Prüfung der Schutzfähigkeit von Haus aus ist der Umfang der erfolgten Benutzung nicht von Bedeutung. Eine etwaige Verkehrsdurchsetzung hat die Anmelderin nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich geltend gemacht. Abgesehen davon würde eine Verkehrsdurchsetzung detaillierte Angaben zu den Marktanteilen, Umsätzen usw. erfordern. Der Sachvortrag der Anmelderin hierzu genügt nicht den Anforderungen, die für eine entsprechende Glaubhaftmachung einzuhalten sind (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rdn. 521).

Ein Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs. 2 MarkenG besteht nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich ist. Auch die Anmelderin hat diesbezüglich nichts vorgetragen.






BPatG:
Beschluss v. 21.02.2006
Az: 33 W (pat) 137/05


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