Landesarbeitsgericht Hamm:
Beschluss vom 22. Februar 2005
Aktenzeichen: 13 TaBV 119/04
(LAG Hamm: Beschluss v. 22.02.2005, Az.: 13 TaBV 119/04)
Bei mehreren personellen Einzelmaßnahmen, die auf einer einheitlichen unternehmerischen Entscheidung beruhen und keine Besonderheiten aufweisen, ist bei der Festsetzung des Gegenstandswertes ab der zweiten Maßnahme ein prozentualer Abschlag wie folgt vorzunehmen:
Maßnahmen 2 - 20 = 75 % Abschlag;
Maßnahmen 21 - 50 = 87,5 % Abschlag;
Maßnahmen 51 - 100 = 90 % Abschlag;
Maßnahmen 101 - 200 = 92,5 % Abschlag;
Maßnahmen 201 - 400 = 95 % Abschlag.
Tenor
Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 16.08.2004 - 3 BV 15/04 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Im Ausgangsverfahren hat der Betriebsrat von der Arbeitgeberin gemäß § 101 BetrVG verlangt, die nicht erfolgte Zustimmung des Betriebsrates zur vorgenommenen Umgruppierung von 88 Arbeitnehmern im Zusammenhang mit der Einführung eines neuen Entgelttarifvertrages nachzuholen. Das Beschlussverfahren wurde vergleichsweise erledigt.
Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 16.08.2004 den Gegenstandswert auf 6.320,16 festgesetzt, ausgehend von einer unstreitigen durchschnittlichen monatlichen Entgeltdifferenz in Höhe von 110,00 pro betroffenen Beschäftigten.
Gegen diesen ihm am 16.09.2004 zugestellten Beschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates am 27.09.2004 Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Gegen- standswert auf 58.000,00 festzusetzen. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates, die gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG noch nach altem Recht zu beurteilen ist, ist zwar gemäß § 10 Abs. 3 BRAGO zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Wert des Gegenstandes auf 6.320,16 festgesetzt.
Mit seinem Antrag vom 16.02.2004 hatte der Betriebsrat ein vorgeschaltetes Verfahren in Gang gesetzt, das dazu dienen sollte, die Arbeitgeberin anzuhalten, das eigentliche Beteiligungsverfahren nach § 99 BetrVG einzuleiten. Wegen dieses Charakters eines "bloßen" Vorverfahrens ist es nach der ständigen Rechtsprechung der beiden Beschwerdekammern des Landesarbeitsgerichts Hamm angemessen, eine Bewertung mit 20 % des Wertes des entsprechenden Verfahrens nach § 99 BetrVG vorzunehmen (z.B. LAG Hamm LAGE § 3 ZPO Nr. 3; Beschluss v. 06.06.2002 - 10 TaBV 43/02 -; Beschluss v. 04.09.2003 - 13 TaBV 110/03 -).
In Beschlussverfahren, in denen um die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur Umgruppierung eines Arbeitnehmers nach § 99 BetrVG gestritten wird, ist als Gegenstandswert der dreifache Jahresbetrag der Entgeltdifferenz abzüglich 40 % (20 % Abzug; vom danach verbleibenden Betrag weitere 25 % Abzug) anzusetzen (LAG Hamm, a.a.O.).
Allerdings ist eine weitere Herabsetzung dieses Wertes regelmäßig dann geboten, wenn wie hier mehrere personelle Einzelmaßnahmen auf eine einheitliche unternehmerische Entscheidung zurückzuführen sind und die Einzelfälle, soweit ersichtlich, keine Besonderheiten aufweisen. Hinzu kommt, dass die Bedeutung jeder einzelnen Maßnahme umso mehr abnimmt, umso mehr Arbeitnehmer von der Gesamtmaßnahme betroffen sind (hier und im Folgenden: LAG Berlin NZA RR 2003, 437). Vor diesem Hintergrund ist es in Fällen wie vorliegend gerechtfertigt, in Anlehnung an die Staffelung der Arbeitnehmerzahlen in § 9 BetrVG den Wert jeder einzelnen Umgruppierung typisierend festzulegen, um auf diese Weise zu einer gleichförmigen und damit den Gleichbehandlungsgrundsatz wahrenden Rechtsanwendung zu gelangen. Dabei ist die erste personelle Maßnahme mit dem vollen Wert und die weiteren Maßnahmen mit prozentualen Anteilen des Ausgangswertes nach folgender Staffel zu berücksichtigen:
Maßnahmen 2 - 20 = jeweils 25 % des Ausgangswertes;
Maßnahmen 21 - 50 = jeweils 12,5 % des Ausgangswertes;
Maßnahmen 51 - 100 = jeweils 10 % des Ausgangswertes;
Maßnahmen 101 - 200 = jeweils 7,5 % des Ausgangswertes;
Maßnahmen 201 - 400 = jeweils 5 % des Ausgangswertes.
Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass für den ersten Arbeitnehmer von der durchschnittlichen monatlichen Entgeltdifferenz in Höhe von 110,00 x 36 = 3.960,00 abzüglich 40 % = 2.376,00 auszugehen ist, wovon im Rahmen des § 101 BetrVG ein Wert von 20 % = 475,20 in Ansatz zu bringen ist.
Für die folgenden 19 Betroffenen sind jeweils 25 % dieses Wertes, für weitere 30 Arbeitnehmer jeweils 12,5 % des Wertes und für die restlichen 38 Betroffenen jeweils 10 % des Wertes zu berücksichtigen.
Daraus folgt ein Gesamtgegenstandswert in Höhe von 6.320,16 .
Dr. Müller /Bu.
LAG Hamm:
Beschluss v. 22.02.2005
Az: 13 TaBV 119/04
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/e798cdc6b69e/LAG-Hamm_Beschluss_vom_22-Februar-2005_Az_13-TaBV-119-04