Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. April 2008
Aktenzeichen: 32 W (pat) 9/07
(BPatG: Beschluss v. 09.04.2008, Az.: 32 W (pat) 9/07)
Tenor
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wort-/Bildmarkeist am 2. August 2001 unter der Nummer 300 61 956 u. a. für die Waren
"Spiele, Spielzeug"
in den Farben blau, ockergelb, schwarz und weiß in das Register eingetragen und am 6. September 2001 veröffentlicht worden.
Gegen die Eintragung für die Waren "Spiele" und "Spielzeug" hat die Inhaberin der am 21. Januar 1977 eingetragenen Wortmarke 953 985 Piccyderen Warenverzeichnis die Waren
"Spieltiere aus Stoff, Holz oder Kunststoff"
umfasst, Widerspruch erhoben.
Zwei weitere Widersprüche einer anderen Widersprechenden aus den Marken 300 17 623 und 300 50 880, die gegen sämtliche Waren der angegriffenen Marke gerichtet waren, hat die Inhaberin dieser Widerspruchsmarken mit Schriftsatz vom 23. April 2008 zurückgenommen.
Die mit einer Angestellten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 953 985 mit Beschluss vom 3. Juni 2005 die Löschung der angegriffenen Marke im beantragten Umfang für die Waren "Spiele" und "Spielzeug" angeordnet. Zwischen den Vergleichsmarken bestehe insoweit die Gefahr von Verwechslungen in klanglicher Hinsicht.
Auf die Erinnerung der Markeninhaberin hat die Erinnerungsprüferin mit Beschluss vom 7. November 2006 den Erstbeschluss aufgehoben, soweit darin die Löschung der Marke 300 61 956 für die Waren "Spiele" und "Spielzeug" angeordnet worden war, und den Widerspruch aus der Marke 953 985 mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Aufgrund der klanglich identischen Vokalfolge sowie der klanglich übereinstimmenden Mittelkonsonanten reichten die Unterschiede in den Anfangskonsonanten der Vergleichsmarken nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.
Die Widersprechende hat mit Schriftsatz vom 26. März 2008 mitgeteilt, dass sie den Hilfsantrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückziehe und an dem hierfür angesetzten Termin nicht teilnehmen werde. Sie beantragt (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle vom 7. November 2006 aufzuheben, soweit darin der Widerspruch aus der Marke 953 985 zurückgewiesen wurde, und die Erinnerung der Markeninhaberin gegen den Beschluss der Markenstelle vom 3. Juni 2005 (Erstbeschluss) zurückzuweisen.
Die Markeninhaberin hat mit am 28. März 2008 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke 953 985 bestritten. Auf dem Schriftsatz war vermerkt: "Wir stellen direkt zu!". Ein Nachweis, dass die Widersprechende diesen Schriftsatz erhalten hat, ist nicht zu den Akten gelangt. In der mündlichen Verhandlung hat die Markeninhaberin unter Bezugnahme auf ihren Schriftsatz vom 28. März 2008 beantragt, die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.
Sie verteidigt den im Erinnerungsverfahren ergangenen Beschluss der Markenstelle. Bei den Vergleichsmarken handle es sich um Kurzwörter. Die Unterschiede in den klangstarken Anfangskonsonanten reichten daher aus, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen.
Die Widersprechende hat keine Unterlagen zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg. Der Widerspruch musste mangels Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke in vollem Umfang erfolglos bleiben (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG).
Die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke ist von der Markeninhaberin in zulässiger Weise bestritten worden.
Ob die Markeninhaberin die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke bereits in ihrem Schriftsatz vom 28. März 2008 wirksam erhoben hat, ist allerdings zweifelhaft, weil die Markeninhaberin über die von ihr selbst vorgenommene Zustellung an die Widersprechende keinen Nachweis vorgelegt hat (vgl. § 195 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 ZPO). Somit kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Widersprechende diesen Schriftsatz (rechtzeitig) erhalten hat. Darauf kommt es jedoch im Ergebnis nicht an. Denn die Markeninhaberin hat die Einrede der Nichtbenutzung jedenfalls in der mündlichen Verhandlung sowohl gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG als auch nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG erhoben. Durch Antragstellung und Verhandlung wird der gesamte Akteninhalt, der bis zum Termin der mündlichen Verhandlung vorliegt, Gegenstand der Verhandlung (Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Aufl., § 137 Rn. 3), so dass auch die in dem am 28. März 2008 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag erhobene Nichtbenutzungseinrede Gegenstand der mündlichen Verhandlung war. Diese war auch zulässig.
Die fünfjährige sog. Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke war im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der jüngeren Marke abgelaufen.
Der Umstand, dass die Markeninhaberin die Einrede der Nichtbenutzung mangels eines Nachweises über die Zustellung des Schriftsatzes vom 28. März 2008 im Ergebnis erst im Verhandlungstermin erhoben hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Insbesondere scheidet eine Zurückweisung der Nichtbenutzungseinrede nach den Grundsätzen über die Zurückweisung verspäteten Vorbringens aus (§ 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. §§ 282 Abs. 2, 296 Abs. 2 ZPO). Denn eine derartige Zurückweisung setzt nicht nur eine auf grober Nachlässigkeit des Inhabers der angegriffenen Marke beruhende Verspätung des Vorbringens voraus, sondern auch eine hierdurch bedingte tatsächliche Verzögerung des Verfahrens. Eine Verfahrensverzögerung ist im Fall einer erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht erhobenen Nichtbenutzungseinrede zu bejahen, wenn die Benutzungslage der Widerspruchsmarke streitig ist und für den Widersprechenden bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eine Glaubhaftmachung der von ihm geltend gemachten Benutzung nach objektiven Kriterien nicht möglich ist (Ströbele, in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 43 Rn. 25). Eine solche Fallgestaltung wäre beispielsweise gegeben, wenn die Widersprechende die bestrittene Benutzung in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hätte, eine sofortige Glaubhaftmachung der Benutzung im Termin aber - etwa wegen momentan nicht zur Verfügung stehender Unterlagen - nicht möglich gewesen wäre. Die vorliegende Konstellation ist jedoch anders zu beurteilen. Da die Widersprechende nach ordnungsgemäßer Ladung von sich aus darauf verzichtet hat, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, hat sie sich der Möglichkeit begeben, sich zur Benutzungslage zu äußern. Unter diesen Umständen kann eine Verzögerung des Verfahrens nicht festgestellt werden (vgl. BPatG GRUR 1997, 534, 535 f. - ETOP/Itrop; BPatG, Beschl. v. 17. Juni 2004, PAVIS PROMA 25 W (pat) 170/03 - Silvamed/SILCA med; BPatG, Beschl. v. 2. Mai 2007, 32 W (pat) 67/05 - SYNEXION/Synavion).
Es bestand auch keine Veranlassung, der Widersprechenden durch Vertagung (§ 227 ZPO) nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und weiteres rechtliches Gehör zu gewähren. Die Möglichkeit der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung stellt eine besonders intensive und regelmäßig das Verfahren abschließende Form der Gewährung rechtlichen Gehörs dar. Auch unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) war es nicht geboten, die Widersprechende auf mögliche Rechtsnachteile aufmerksam zu machen, wenn sie der mündlichen Verhandlung fernbleibt. In der Ladung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass beim Ausbleiben eines Verfahrensbeteiligten ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 75 Abs. 2 MarkenG).
Es bestand kein Anlass, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
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Beschluss v. 09.04.2008
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