Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 15. September 2008
Aktenzeichen: AnwZ (B) 95/07
(BGH: Beschluss v. 15.09.2008, Az.: AnwZ (B) 95/07)
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des I. Senats des Anwaltsgerichtshofes Berlin vom 5. November 2007 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
1. Der Antragsteller ist seit 1998 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 8. November 2006 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers wegen Vermögensverfalls widerrufen. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Gegen dessen Beschluss hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt.
2. Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
a) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind.
b) Zutreffend hat der Anwaltsgerichtshof die Voraussetzungen eines Vermögensverfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheids als belegt angesehen.
aa) Soweit die Antragsgegnerin den Widerrufsbescheid auf die Eintragung der beiden Haftbefehle vom 19. November 2004 (32 M ) und vom 7. April 2006 (32 M ) gestützt hatte, ergab sich allerdings im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof, dass eine Eintragung bereits vor Erlass des Widerrufsbescheides gelöscht worden war. Jedoch bestand die andere Eintragung zum Aktenzeichen 32 M noch bis in das Jahr 2007. Die vom Antragsteller aufgestellte Behauptung, die zugrunde liegende Forderung sei bereits durch Zahlung im Dezember 2004 erledigt worden und das Amtsgericht B. habe mit Schreiben vom 22. Juni 2006 mitgeteilt, es liege keine Eintragung vor, trifft so nicht zu. Diese Mitteilung erfolgte zu dem von dem Antragsteller üblicherweise verwendeten Doppelvornamen "H. -He. " M. . Der Haftbefehl vom 19. November 2004 erging aber gegen "He. " M. . Dementsprechend lautet auch der Eintrag im Schuldnerverzeichnis. Nach der von der Antragsgegnerin vor Erlass des Widerrufsbescheids eingeholten Auskunft des Amtsgerichts bestand dieser Eintrag auch noch am 22. September 2006. Erst nachdem der Gläubiger mit Schreiben vom 9. Februar 2007 die Erledigung der Forderung durch Zahlung bestätigt hatte, erfolgte die durch die Mitteilung des Amtsgerichts vom 15. August 2007 belegte Löschung der Eintragung über "He. " M. im Schuldnerverzeichnis. Deshalb bestand auch die gesetzliche Vermutung eines Vermögensverfalls nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 (2. Halbsatz) BRAO.
bb) Darüber hinaus ist ein Vermögensverfall nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO auch dann gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, geraten und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.; vgl. Feuerich/Weyland, BRAO, 7. Aufl., § 7 Rdn. 142 m.w.N.). Diese Voraussetzungen, auf deren Vorliegen die Antragsgegnerin den Widerruf zusätzlich gestützt hatte, waren zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheides ebenfalls erfüllt.
- Bereits im Januar 2004 hatte die Antragsgegnerin die Zulassung wegen Vermögensverfalls widerrufen, weil unter anderem der Antragsteller mit zwei Haftbefehlen im Schuldnerverzeichnis eingetragen war, und den Bescheid erst im Dezember 2004 nach Löschung der Eintragungen aufgehoben.
- Eine Forderung der P. über rund 1.800 € wurde erst im August 2006 beglichen, obwohl seit Februar 2005 ein vollstreckbarer Titel und seit Juni 2006 ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vorlagen.
- Nach Mitteilung der K. (K. ) hat der Antragsteller die monatlich fällig werdenden Sozialversicherungsbeiträge nur nach Anmahnung gezahlt; Einziehungsbemühungen der K. hatten nur einen schleppenden Erfolg. Die vom Antragsgegner als Arbeitgeber geschuldeten Gesamtsozialversicherungsbeiträge betrugen nach dem Schreiben der K. vom 20. März 2006 rund 2.600 € für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis 28. Februar 2006 und nach dem Schreiben vom 6. Juni 2007 rund 6.500 € für die Zeit vom 1. September 2006 bis zum 31. Mai 2007.
- Vom Verlag N. wurde wegen einer Forderung von rund 86 € die Zwangsvollstreckung betrieben.
c) Der Antragsteller hat nicht hinreichend dargetan, dass sich seine Vermögensverhältnisse nunmehr konsolidiert hätten, so dass von einem Widerruf abgesehen werden könnte (vgl. BGHZ 75, 356; 84, 149).
Dem Antragsteller ist es zwar gelungen, einen großen Teil seiner Verbindlichkeiten zurückzuführen. So ist die Forderung der K. inzwischen ebenso ausgeglichen wie die des genannten Verlages. Der Antragsteller hat jedoch hinsichtlich der Forderungen der A. AG über 178 €, der Rechtsanwältin Ki. über 2.000 € und der S. e.V. über 87 € zwar Erledigung behauptet, jedoch keine Zahlungen belegt.
d) Bei dieser Sachlage ist für einen Ausnahmefall, in dem die Interessen der Rechtsuchenden ungeachtet des Vermögensverfalls nicht gefährdet wären, nichts ersichtlich.
Ganter Ernemann Frellesen Schaal Wosgien Hauger Stüer Vorinstanz:
AGH Berlin, Entscheidung vom 05.11.2007 - I AGH 23/06 -
BGH:
Beschluss v. 15.09.2008
Az: AnwZ (B) 95/07
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