Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Juni 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 127/00
(BPatG: Beschluss v. 12.06.2001, Az.: 33 W (pat) 127/00)
Tenor
Der Beschluß der Markenstelle für Klasse 35 vom 17. Mai 2000 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung hinsichtlich der Dienstleistung Geschäftsführung zurückgewiesen worden ist.
Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Beim Deutschen Patent und Markenamt ist am 10. November 1998 die Wortmarke ID-STAR für folgende Waren und Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet worden Klasse 9:
Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Scanner für die Datenverarbeitung sowie Einzelteile und Baugruppen hierfür;
Software, insbesondere Programme zur Steuerung von Scannern und Lesegeräten sowie Speicherung, Erfassung und Auswertung der aufgenommenen Informationen;
Lesegeräte zur manuellen und automatischen Erfassung von gedruckten oder handgeschriebenen Informationen Klasse 35:
Geschäftsführung;
Dienstleistungen, die sich auf das Erfassen, Zusammenstellen und das systematische Ordnen von Mitteilungen und Datenblättern bezieht;
Dienstleistungen von Ingenieuren und Informatikern, die sich mit der Bewertung, Schätzung, Untersuchung und Entwicklung von Software und Scannern befassen.
Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch Beschluß vom 17. Mai 2000 zurückgewiesen und dies damit begründet, daß für die angemeldete Marke ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG bestehe, ihr ferner die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 1 Nr 1 MarkenG fehle. Die Angabe "ID-STAR" weise in werbeüblicher Weise darauf hin, daß die Waren und Dienstleistungen der Identifizierung im Bereich der Datenverarbeitung dienten. Auch den Mitwerbern der Anmelderin müsse möglich bleiben, für ihre Produkte mit dieser Bezeichnung zu werben.
Gegen diese Entscheidung des Patentamts hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie beantragt sinngemäß
die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
Sie trägt vor, daß die Buchstaben "ID" nicht zwingend zu der Abkürzung des englischen Wortes "identification" führten. Gehe man dennoch von der Bedeutung "identification" aus, so dienten weder die in Klasse 9 aufgeführten Waren noch die in Klasse 35 genannten Dienstleistungen der Aufgabe der "Identifizierung". Dem zweiten Markenbestandteil "STAR" bzw "Stern" komme eine feststehende Bedeutung zu, nämlich die Bezeichnung eines hell erleuchteten Himmelskörpers.
Im übrigen gebe es eine Reihe von Voreintragungen die den Zeichenbestandteil "ID" enthielten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nur teilweise begründet.
Die angemeldete Marke ist - ausgenommen für die Dienstleistung Geschäftsführung - von der Eintragung ausgeschlossen, weil hinsichtlich der übrigen Waren und Dienstleistungen die Unterscheidungskraft fehlt und ein Freihaltungsbedürfnis besteht (§ 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG).
1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the Best). Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonstigen im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH aaO - Partner with the Best; BGH GRUR 1999, 1098 - YES; BGH 1999, 1093 - FOR YOU).
Der Markenbestandteil "ID" stammt aus dem Englischen und hat speziell im Bereich der Datenverarbeitung die Bedeutung von "Identification/Identifizierung" (vgl bspw Koblischke, Lexikon der Abkürzungen 1994, S 256; Grieser/Irlbeck, Computerlexikon 1995 S 439; Voss, Das große PC-Lexikon 2000, S 445; Rosenbaum EDV-Abkürzungen 2000, S 182 und Schulze Computerkürzel 2000, S 185). Der ebenfalls aus dem englischen Sprachraum stammende Begriff "STAR" ist eine im Deutschen zur Anpreisung der Spitzenstellung einer Ware gebräuchliche Qualitätsangabe (so auch BPatG, 33 W (pat) 66/99 - GOLDEN STAR).
Zusammengefaßt weist die angemeldete Marke in werbeüblicher Art darauf hin, daß die Waren der Klasse 9 und die Dienstleistungen der Klasse 35 der Identifizierung im Bereich der Datenverarbeitung dienen. Die Geräte der Klasse 9 und die Software können, wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, zur Identifizierung von Unterschriften bzw Codes auf zu verkaufenden Waren oder zur Spracherkennung verwendet werden. Die Dienstleistungen der Klasse 35 stehen mit der Entwicklung bzw der Bedienung dieser Geräte in unmittelbarem Zusammenhang.
Dies gilt allerdings nicht hinsichtlich der Dienstleistung "Geschäftsführung". Insoweit bedarf es mehrer analysierender Zwischenschritte, um etwa anzunehmen, daß die Geschäftsführung sich auf Betriebe beziehen könnte, die die Identifizierung im Bereich der Datenverarbeitung zum Gegenstand haben.
2. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH).
Wie ausgeführt, handelt es sich im vorliegenden Fall - mit Ausnahme der Dienstleistung "Geschäftsführung" um einen beschreibenden Sachhinweis. Den Mitbewerbern der Anmelderin muß es möglich bleiben, für ihre Waren und Dienstleistungen ebenfalls mit dieser Wortkombination zu werben.
3. Die Anmelderin kann sich zur Frage der Schutzfähigkeit auch nicht auf eingetragene Drittzeichen berufen. Selbst eine Reihe von Eintragungen gleicher oder ähnlicher Marken führt nicht zu einer Selbstbindung des Patentamts und ist erst recht für das Bundespatentgericht unverbindlich (vgl BPatGE 13, 113, men's club; BGH GRUR 1999, 420 - K-SÜD). Auch eine widersprüchliche Eintragungspraxis gäbe der Anmelderin kein Recht auf Eintragung - etwa unter den Gesichtspunkten Vertrauensschutz, Gleichbehandlung oder Selbstbindung der Verwaltung. Die Frage nach der Eintragbarkeit einer Marke ist keine Ermessens- sondern eine Rechtsfrage.
Winkler Schwarz-Angele Hock Hu
BPatG:
Beschluss v. 12.06.2001
Az: 33 W (pat) 127/00
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