Landgericht Köln:
Urteil vom 16. Dezember 2004
Aktenzeichen: 81 O 196/04
(LG Köln: Urteil v. 16.12.2004, Az.: 81 O 196/04)
Tenor
Die Antragsgegnerin hat es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,- zu unterlassen,
1.den von ihr betriebenen Flughafen in Weeze mit
„Airport Düsseldorf Regional (Weeze)“
zu bezeichnen und/oder mit auf diesen Flughafen bezogenen Informationen unter den Domainnamen „airport-duesseldorf-regional.de/com“ und/oder
„duesseldorf-regional-weeze.de/com“ aufzutreten.
2.im geschäftlichen Verkehr Waren und Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Flughafens in Weeze unter der nachfolgend abgebildeten Wort-/Bildmarke „Airport Düsseldorf Regional (Weeze)“ anzubieten und/oder zu bewerben:
(Es folgt eine Aufstellung)
3.zu Zwecken des Wettbewerbs zu behaupten, der Flughafen in Weeze sei von der Stadtmitte Düsseldorfs oder vom Flughafen Düsseldorf aus in 40 Minuten zu erreichen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Parteien sind Wettbewerber; sie betreiben jeweils Flughäfen im Regierungsbezirk Düsseldorf.
Der von der Antragstellerin betriebene Flughafen, den sie in der werblichen Präsentation auch mit "Düsseldorf International" bezeichnet, liegt auf dem Stadtgebiet von Düsseldorf und ist nach ihrer Darstellung der drittgrößte Flughafen der Bundesrepublik Deutschland.
Die Antragsgegnerin bezeichnet den von ihr seit dem 1.Mai 2003 betriebenen Flughafen, der sich - von Düsseldorf aus gesehen - rheinabwärts in der Nähe der Städte Goch/Kevelaer/Nijmegen auf dem Gebiet der Gemeinde Weeze (Ortsteil Laarbruch) in einer Entfernung von etwa 70 bis 80 km von Düsseldorf befindet, als Airport Düsseldorf Regional (Weeze).
Mit dem vorliegenden Verfahren wendet sich die Antragstellerin gegen diese Bezeichnung sowie die von der Antragsgegnerin angemeldeten Domains mit der Begründung, Airport Düsseldorf Regional (Weeze) sei für die angesprochenen Verbraucher im Hinblick auf die Lage des Flughafens irreführend und verletze darüber hinaus auch ihre - der Antragstellerin - Firmenrechte.
In der Pressemeldung (Anlage Ast10), in der die Neubenennung angekündigt werde, sei zudem davon die Rede, dass der Flughafen Weeze "nur rund 40 Minuten von dem Rheinauf gelegenen Wettbewerber entfernt" sei; dies sei unzutreffend, denn ausweislich der Ergebnisse im Falk - Routenplaner betrage die Entfernung zwischen der Stadtmitte Düsseldorf bzw. dem Flughafen Düsseldorf International und dem Flughafen Weeze mit dem PKW zwischen 60 und 70 Minuten (ohne Stau).
Sie beantragt,
wie erkannt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzulehnen.
Sie leugnet Irreführung und Namensverletzung, denn ihr Flughafen liege im Großraum Düsseldorf (dies werde auch durch den ihr zugeordneten Code ‚DUS‘ belegt) und sie sei deshalb berechtigt, den Namen dieser Weltstadt und Metropole zu verwenden; damit werde den möglichen Passagieren, die ohnehin ganz überwiegend über das Internet buchten und dort ausreichend aufgeklärt würden, eine wertvolle Orientierungshilfe gegeben. Letztlich sei die streitgegenständliche Bezeichnung ohne jede wettbewerbliche Relevanz, denn durch die Vielzahl der Presseberichte sei der Interessierte ohnehin darüber informiert, wo der Flughafen liege; im übrigen komme es den Kunden auf den niedrigen Preis an, nicht auf die genaue Lage des Flughafens.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
Der Antrag ist begründet.
Die Antragstellerin kann von der Antragsgegnerin Unterlassung nach Maßgabe des Tenors verlangen, weil die Kennzeichnung des von der Antragsgegnerin betriebenen Flughafens und die zeitliche Entfernungsangabe von Düsseldorf zum Flughafen irreführend sind, §§ 3, 5 UWG.
Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Tatsache, dass es allgemein üblich ist, einen Flughafen nach dem Namen der nächstgelegenen Stadt zu benennen; auf die von der Antragstellerin in der Antragsschrift vorgenommene Auflistung kann hierfür Bezug genommen werden. Auf Grund dieser Übung versteht der Verkehr Orts- oder Regionsangaben im Namen eines Flughafens in erster Linie als Hinweis auf seine Lage; ein "Flughafen Düsseldorf" wird dementsprechend in größtmöglicher Nähe zur Stadt Düsseldorf erwartet, wobei "größtmöglich" nicht zwingend eine Lage innerhalb des Stadtgebietes oder unmittelbar angrenzend bedeutet; auch auf Grund verschiedener Erfahrungen andernorts wird der Verbraucher es hinnehmen und nicht enttäuscht sein, wenn der Flughafen viele Kilometer weit draußen liegt (z.B. weil in der Nähe ausreichend freies, geeignetes Gelände nicht vorhanden ist). Wenn aber - wie hier - schon ein Flughafen in einer Stadt existiert (wie hier in Düsseldorf), ist die Erwartung des Verbrauchers konkret in der Richtung geprägt, dass er bei der Benennung "Flughafen Düsseldorf" eine zumindest in etwa gleichermaßen gegebene Nähe zur Stadt erwartet: die ohnehin für die Antragsgegnerin als das jüngere Unternehmen notwendigen Zusätze müssen dieser Erwartung Rechnung tragen.
Die Benennung Airport Düsseldorf Regional (Weeze) wirkt dieser Erwartung schon deshalb nicht entgegen, weil
"Weeze" nicht als Ortsname bekannt ist (sodass es - wenn überhaupt eine Ortsbezeichnung vermutet wird - ohne weiteres auch als Stadtteil o.ä. durchgeht) für "Weeze" erst recht nicht bekannt ist, wo genau der Ort liegt "Regional" in erster Linie die Funktion beschreibt (als Gegensatz zu "International" oder "Fern"), nicht aber die Lage auf dem Land
Schon damit steht fest, dass die streitgegenständliche Bezeichnung irreführend ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich Weeze im "Großraum" von Düsseldorf (was immer das im Einzelnen sein mag) befindet, denn wenn dies zu bejahen sein sollte, muss genau das auch im Namen zum Ausdruck kommen; auch die Zuweisung des Codes "DUS" ist für die wettbewerbliche Beurteilung ohne Belang.
Erläuterungen jedweder Art vermögen die Irreführung durch den Namen nicht in ausreichender Weise zu beseitigen, da sie erst nachträglich erfolgen; Erst wenn sich die Sprachkonvention geändert hat, d.h. erst wenn der Verkehr daran gewöhnt ist, einen Städtenamen in Fällen der vorliegenden Art nicht mehr als Hinweis auf die Lage zu verstehen, entfällt die Irreführung; so weit ist es mit der Flughafenbezeichnung trotz "Frankfurt-Hahn" längst noch nicht, zumal dort durch die gesellschaftsrechtliche Beteiligung der ortsfernen anderen Flughafengesellschaft ein Sonderfall gegeben ist.
Ergänzend sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass dann, wenn sich die Verbrauchererwartung aus diesem Grund (Flughafenbetreiber übernehmen den Betrieb auch örtlich weiter entfernter Flughäfen) ändern sollte, die angegriffene Bezeichnung als Kennzeichenrechtsverletzung zu werten ist: der Verbraucher wird - solchermaßen informiert - annehmen, die Antragstellerin sei an der Antragsgegnerin beteiligt. Im Gegensatz zur Irreführung über die Lage des Flughafens, die zwar derzeit längst noch nicht, womöglich aber bei weiterer dauerhafter Berichterstattung in der Öffentlichkeit irgend wann einmal ausgeschlossen sein kann, bleibt dieser Aspekt der Rechtswidrigkeit des Kennzeichennutzung der Antragsgegnerin bestehen.
Die Lage eines Flughafens ist wettbewerblich relevant für die Buchungsentscheidung des Passagiers, denn wenn er zwei ähnlich teure Flüge zur Auswahl hat, wird er den näheren wählen und sich mit dem Angebot für Weeze erst einmal deshalb befassen, wenn und weil er denkt, Weeze gehöre zu Düsseldorf. Ohne wettbewerbliche Relevanz wäre dieser Prozess und die Vielzahl der um die Namensgebung für den Flughafen der Antragsgegnerin geführten weiteren Rechtsstreitigkeiten überhaupt nicht erklärlich; der Geschäftsführer der Antragsgegnerin hat dementsprechend in der Verhandlung auch erklärt, dass "Düsseldorf" als Benennungsbestandteil für die Antragsgegnerin von großer Bedeutung ist.
Die Internet-Domains folgen in ihrer rechtlichen Beurteilung der Qualifizierung der eigentlichen Benennung des Flughafens, denn sie sind damit im Kern identisch.
Die Angabe von "rund 40 Minuten" - Entfernung von Düsseldorf/Düsseldorf Flughafen passt sich ein in das Bemühen der Antragsgegnerin, ihren Flughafen räumlich dem der Antragstellerin stärker anzunähern als dies den Tatsachen entspricht; für die Entscheidung ist auf Grund der Angaben im Routenplaner davon auszugehen, dass "rund 40 Minuten" zwar womöglich im Einzelfall mit einem Audi A6 zu schaffen sein mögen, dass aber im Regelfall eine Fahrzeit von "rund 60 Minuten" anzunehmen ist.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO und diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung aus dem Wesen der einstweiligen Verfügung.
Streitwert: € 400.000,-.
LG Köln:
Urteil v. 16.12.2004
Az: 81 O 196/04
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