Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen:
Beschluss vom 13. August 2002
Aktenzeichen: L 3 KA 161/02 ER

(LSG Niedersachsen-Bremen: Beschluss v. 13.08.2002, Az.: L 3 KA 161/02 ER)

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 10. April 2002 geändert.

Die aufschiebende Wirkung des vom Antragsteller eingelegten Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 30. November 2001 wird insgesamt angeordnet.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die notwendigen Kosten des Antragstellers aus beiden Instanzen des vorliegenden Eilverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 228.181,26 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Rückforderung von Honorar in Höhe von €1.785.135,03 DM/880.578,27 €€.

Der Antragsteller ist als Radiologe zur vertragsärztlichen Versorgung in Soltau zugelassen. Bis zum 30. September 1996 führte er mit dem Radiologen Dr. F. eine Gemeinschaftspraxis. Zum 01. Oktober 1996 gab Dr. F. seine Zulassung zurück. Um den Vertragsarztsitz bewarb sich der Facharzt für diagnostische Radiologie Dr. G., der mit Beschluss des Zulassungsausschusses Verden vom 01. Oktober 1996 zur vertragsärztlichen Versorgung in Soltau zugelassen wurde. Des weiteren genehmigte der Zulassungsausschuss mit Wirkung vom 01. Oktober 1996 die Führung einer Gemeinschaftspraxis bestehend aus dem Antragsteller und Dr. G..

Die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis ist zudem in Verden den Radiologen Dres. H. erteilt worden. Des weiteren hat die Antragsgegnerin eine Zweigpraxisgenehmigung zur Durchführung kernspintomografischer Leistungen für den Standort I. für die Gemeinschaftspraxis Dres. J. in Kooperation u.a. mit der aus dem Antragsteller und Dr. G. bestehenden Gemeinschaftspraxis erteilt.

Die aus dem Antragsteller und Dr. G. bestehende Gemeinschaftspraxis verfügte neben den eigentlichen in einem Ärztehaus gelegenen Praxisräumen, die im Eigentum der Ehefrau des Antragstellers stehen, über einen ausgelagerten Praxisteil im Kreiskrankenhaus K., in dem computertomografische Leistungen erbracht werden. Insbesondere das MRT-Gerät am Krankenhaus in I. steht im gemeinschaftlichen Eigentum des Antragstellers und der Radiologen Dres. H..

Dr. G. nahm seine vertragsärztliche Tätigkeit in K. am 01. Oktober 1996 auf. Zu Grunde lag ein €Kooperationsvertrag€, den Dr. G. € im Vertrag €Mitarbeiter€ genannt € mit der €Radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres. L.€ (vertreten durch den Antragsteller als geschäftsführenden Gesellschafter) € im Vertrag €Praxisinhaber€ genannt € am 30. Juli 1996 abgeschlossen hatte.

In der Präambel des Vertrages hieß es u.a.:

€Die Praxisinhaber und der freie Mitarbeiter wollen auf Grund dieses Vertrages als frei praktizierende Vertragsärzte kollegial zusammen arbeiten....

Gem. §§ 705 ff. BGB liegt faktisch eine BGB-Gesellschaft vor. Der Mitarbeiter ist jedoch nicht Mitunternehmer an der Betriebsstätte (Anlagevermögen und ideeller Praxiswert) der Praxisinhaber, die nach dem Steuerrecht für das Finanzamt eine Einzelpraxis bleibt....

Es wird auch kein Anstellungsverhältnis begründet. Eine medizinische Weisung seitens der Praxisinhaber, eine Weiterbildung bzw. eine vertragsärztliche Unterweisung findet nicht statt. Eine Knebelung, wirtschaftliche Abhängigkeit oder Ausnutzung des freien Mitarbeiters ist ebenso ausgeschlossen....

Der freie Mitarbeiter erklärt, zumindest zunächst (Probezeit) kein wirtschaftliches Risiko tragen zu wollen, obwohl er einen Vertragsarztsitz mit Unterstützung der Praxisinhaber anstrebt, den die Praxisinhaber sich für die Gemeinschaftspraxis noch notwendigerweise durch andere Kollegen gesichert hätten. Deswegen erkennt der freie Mitarbeiter ..... ausdrücklich die Verpflichtung an, für den Fall des Nichteintritts in die Gemeinschaftspraxis bei Beendigung der freien Mitarbeit alles zu tun, um der Gemeinschaftspraxis der Praxisinhaber den ihm durch diese vermittelten Vertragsarztsitz zu erhalten (Mitwirkung bei der Ausschreibung usw.).

Die Praxisinhaber erklären sich bereit, das wirtschaftliche (unternehmerische) Risiko .... alleine zu tragen.

Das freie Mitarbeiterverhältnis ist als Probezeit gedacht. Nach beidseits befriedigendem Ablauf der Probezeit soll der freie Mitarbeiter am 01.10.1997 partnerschaftlich eingebunden werden, und zwar bei Herstellung paritätischer Gesellschaftsanteile....

Der freie Mitarbeiter €erwirbt€ im Außenverhältnis den Gemeinschaftspraxis-Anteil des ausscheidenden Partners Dr. F.. Hieraus kann er keine Rechte herleiten. Er erwirbt dadurch weder Gesellschaftsanteile noch Rechte oder Anwartschaften. Der Vertragsarztsitz gehört der Praxis und ist bei Ausscheiden ohne Gemeinschaftspraxis-Eintritt nach der Probezeit vom freien Mitarbeiter der Gemeinschaftspraxis auf Antrag dieser (ggfs. einem von ihr zu benennenden €Käufer€) unentgeltlich (formal) zu übertragen....€

In § 4 sah der Vertrag vor, dass Dr. G. eine regelmäßige Vergütung pro Arbeitswoche in Höhe von 2.347,83 DM zuzüglich einer so genannten Karenzentschädigung von anfänglich 1.304,35 DM je Woche und ab 01. Februar 1997 von 1.565,22 DM je Woche erhalten sollte. Die so genannte Karenzentschädigung sollte rückwirkend für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren erstattet werden, falls Dr. G. sich nach Beendigung des Mitarbeiterverhältnisses in einem Zeitraum von bis zu zwei Jahren in einem Radius von 5 km Luftlinie um den Sitz der Praxis in freier Praxis niederlassen oder wenn er nicht an der Übertragung des Vertragsarztsitzes an einen von den Praxisinhabern zu benennenden Nachfolger mitwirken würde (§ 9 des Vertrages). Als Jahresurlaub waren für Dr. G. sechs Wochen vorgesehen (§ 8 des Vertrages). Vereinbart war eine Tätigkeit, die einer ganztägigen Tätigkeit der Praxisinhaber entsprach, die regelmäßig an fünf Arbeitstagen abzuleisten war, wobei sich der Arbeitszeitaufwand nach den Erfordernissen der Praxis richten und auch das Ableisten von Not- und Bereitschaftsdiensten umfassen sollte (§ 3 des Vertrages).

Die in dem Kooperationsvertrag benannte €Gemeinschaftspraxis Dres. med. M.€ ist als solche nie von dem Zulassungsausschuss N. genehmigt worden. Im Außenverhältnis gegenüber der Antragsgegnerin und bei der Berechnung privatärztlicher Leistungen traten jeweils die Gemeinschaftspraxis Dres. H. in N. und die aus dem Antragsteller und Dr. G. in K. bestehende Gemeinschaftspraxis für sich auf. Jede dieser beiden Gemeinschaftspraxen hat insbesondere getrennt gegenüber der Antragsgegnerin abgerechnet. Dies betrifft auch die sog. Sammelerklärungen gemäß § 11 Abs. 6 a der Anlage 1 zum Honorarverteilungsmaßstab (HVM), mit denen quartalsweise die Vertragsärzte jeweils ausdrücklich bestätigen, dass alle abgerechneten Leistungen von ihnen persönlich (oder ihrem Vertreter oder Assistenten oder auf ihre Anordnung unter ihrer Aufsicht und Verantwortung von nichtärztlichen Mitarbeitern) erbracht worden sind und dass die Eintragungen auf den Behandlungsausweisen und Abrechnungsscheinen sachlich richtig und vollständig sind. Diese Erklärungen sind für die € jedenfalls nach außen € aus dem Antragsteller und Dr. G. bestehende Gemeinschaftspraxis in K. jeweils vom Antragsteller und Dr. G. unterzeichnet worden. Die vorgedruckten Sammelerklärungen enthielten jeweils den € zum Teil in den Fußnoten untergebrachten € Hinweis, dass insbesondere auf § 32 Ärzte-ZV verwiesen werde.

Zu der im Kooperationsvertrag vorgesehenen künftigen partnerschaftlichen Einbindung von Dr. G. in die Gemeinschaftspraxis ist es in der Folgezeit nicht gekommen. Unstimmigkeiten zwischen den beteiligten Ärzten führten dazu, dass zum 31. März 2001 die aus dem Antragsteller und Dr. G. bestehende Gemeinschaftspraxis und die zwischen dem Antragsteller und Dres. H. bestehende Gesellschaft beendet wurden. Gegenwärtig üben der Antragsteller und Dr. G. ihre vertragsärztliche Tätigkeit in K. jeweils in Einzelpraxen aus, wobei der Antragsteller die bisherigen im Ärztehaus gelegenen Praxisräume fortführt und Dr. G. den ehemals ausgelagerten Praxisteil am Kreiskrankenhaus.

Der Antragsteller beabsichtigt die Aufgabe seiner vertragsärztlichen Tätigkeit und hat in Anbetracht der im Planungsbereich Soltau-Fallingbostel bestehenden Überversorgung die Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes nach § 103 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Buch V Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) bei der Antragsgegnerin beantragt.

In der Zeit vom 4. Quartal 1996 bis zum 1. Quartal 2001 erhielt die aus dem Antragsteller und Dr. G. bestehende Gemeinschaftspraxis von der Antragsgegnerin Honorarzahlungen in einer Gesamthöhe von 4.145.507,66 DM. Im Zuge der Auflösung dieser Gemeinschaftspraxis erhielt auch die Antragsgegnerin Kenntnis von dem ihr zuvor nicht bekannt gewordenen Kooperationsvertrag vom 30. Juli 1996. Die Antragsgegnerin gelangte zu der Einschätzung, dass der Antragsteller und Dr. G. die Genehmigung zur gemeinschaftlichen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit durch vorsätzlich falsche Angaben über die gesellschaftliche Beteiligung an und freiberufliche Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis rechtswidrig erlangt und fehlerhafte Sammelerklärungen abgegeben hätten.

Mit Bescheid vom 30. November 2001 hob die Antragsgegnerin die für die Quartale IV/1996 bis I/2001 erlassenen Honorarbescheide gemäß § 45 des Bundesmantelvertrages Ärzte (BMV-Ä) i.V.m. § 10 Nr. 5 HVM auf und forderte den Antragsteller und Dr. G. auf, das ihnen gewährte Honorar in Höhe eines Anteils von 1.785.135,03 DM entsprechend 880.478,27 € zu erstatten. Zur Begründung wies sie insbesondere darauf hin, dass der Antragsteller und Dr. G. alle wirtschaftlichen Vorteile der Abrechnung durch eine Gemeinschaftspraxis erlangt hätten, obwohl sie gewusst hätten, dass deren Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Sie hätten nicht gemeinschaftlich die vertragsärztliche Tätigkeit ausgeübt, sondern lediglich untereinander einen Angestelltenvertrag abgeschlossen. Die auf der mit den Sammelerklärungen erfolgten Bestätigung der ordnungsgemäßen Abrechnung beruhenden Honorarbescheide seien daher als rechtswidrig zu beurteilen. Dementsprechend sei sie berechtigt und verpflichtet, das Honorar in der Höhe neu festzusetzen, das dem Antragsteller und Dr. G. bei ordnungsgemäßer Abrechnung zugestanden hätte. Insoweit stehe ihr ein weites Schätzungsermessen zu, in dessen Rahmen sie das neu festzusetzende Honorar dadurch ermittelt habe, dass sie das Honorar auf die Höhe des Honorars des Fachgruppendurchschnitts vermindert habe. Die Differenz zwischen dem jeweiligen durchschnittlichen Honorar eines Vertragsarztes der Fachgruppe in dem jeweiligen Quartal und dem tatsächlich der Gemeinschaftspraxis gewährten Honorar sei zu erstatten, dies ergebe für den Gesamtzeitraum vom 4. Quartal 1996 bis zum 1. Quartal 2001 einen Rückforderungsbetrag in Höhe von 1.785.135,03 DM.

Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller am 27. Dezember 2001 Widerspruch eingelegt.

Mit Schreiben vom 28. Februar 2002 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass sie von seinen Honoraransprüchen ab dem 2. Quartal 2002 jeweils einen Betrag von 22.000,00 € pro Quartal zur Abgeltung des Rückforderungsbetrages einbehalten werde. Daraufhin hat der Antragsteller am 28. März 2002 beim Sozialgericht Hannover den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gestellt. Zur Begründung hat er insbesondere ausgeführt, dass bei Vornahme der von der Antragsgegnerin angekündigten Aufrechnungen mit Beträgen von jeweils 22.000,00 € je Quartal die Existenz seiner Praxis gefährdet sei. Zu seinen Gunsten sei die € nicht widerrufene € Genehmigung des Zulassungsausschusses für die Führung einer Gemeinschaftspraxis zu berücksichtigen. Darüber hinaus hänge die öffentlich-rechtliche Beurteilung, ob eine vertragsärztliche Tätigkeit in Gemeinschaftspraxis ausgeübt werde, nicht von den zu Grunde liegenden zivilrechtlichen Vereinbarungen und Rechtsbeziehungen ab. Dementsprechend sei auch kein Raum für den Vorwurf der Antragsgegnerin, dass sie die Genehmigung zur Führung der Gemeinschaftspraxis durch unwahre Angaben erschlichen hätten. Erst recht sei ihnen nicht der Vorwurf der Abgabe falscher Sammelerklärungen zu machen.

Mit Beschluss vom 10. April 2002, den Beteiligten zugestellt am 18. April 2002, hat das Sozialgericht Hannover unter Zurückweisung des Antrages im Übrigen die Vollziehung des Rückforderungsbescheides der Antragsgegnerin vom 30. November 2001 nur mit der Maßgabe für zulässig erklärt, dass die Vollstreckung bzw. Verrechnung hinsichtlich der Person des Antragstellers auf einen Betrag von jeweils 10.000,00 € in jedem Quartal beschränkt wird, wobei dem Antragsteller eine Abwendungsbefugnis durch Stellung einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages eingeräumt worden ist.

Zur Begründung hat das Sozialgericht insbesondere ausgeführt: Im vorliegenden Fall sei die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in dem im Tenor beschriebenen Umfang nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geboten, da insoweit die Interessen des Antragstellers den Vorrang verdienten. Die Rechtmäßigkeit des Rückforderungsbescheides unterliege erheblichen Bedenken, die im Rahmen des Verfahrens zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht ausgeräumt werden könnten. Auch wenn die Zulässigkeit der vertraglichen Ausgestaltung des Gemeinschaftspraxisvertrages durch den Antragsteller und seiner Vertragspartner in Zweifel zu ziehen sei, beständen durchgreifende Bedenken, ob dieser Umstand die Antragsgegnerin zur Rückforderung überzahlten Honorars berechtige. Bei der gebotenen Interessenabwägung sei einerseits zu berücksichtigen, dass eine uneingeschränkte Vollstreckungsmöglichkeit des Rückforderungsbescheides unangemessen wäre, weil dieser zumindest hinsichtlich seiner Begründung gewichtigen Bedenken unterliege. Andererseits wäre es auch unangemessen, die aufschiebende Wirkung des Bescheides antragsgemäß in vollem Umfang anzuordnen, da eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine letztendliche Aufrechterhaltung der getroffenen Verwaltungsentscheidung spreche. Den berechtigten Interessen des Antragstellers werde daher bereits durch die im Tenor vorgesehene Beschränkung der Vollstreckung hinreichend Rechnung getragen.

Gegen diesen Beschluss haben die Antragsgegnerin am 02. Mai und der Antragsteller am 20. Mai 2002, einem Montag, jeweils Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller begehrt weiterhin die umfassende Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches. Der Antragsteller macht weiterhin geltend, dass eine Tilgung des geltend gemachten Rückforderungsbetrages auch nur in dem Umfang, in dem nach dem angefochtenen Beschluss eine vorläufige Vollstreckung in Betracht komme, zu einer Gefährdung der Existenz seiner Praxis führe. Er habe sich bei verschiedenen Kreditinstituten vergeblich um die Bestellung von Bankbürgschaften bemüht. Im laufenden Geschäftsjahr erwarte er ohnehin nur einen Praxisüberschuss vor Steuern in Höhe von 20.724,40 €. Darüber hinaus sei der Rückforderungsbescheid der Antragsgegnerin als offensichtlich rechtswidrig zu beurteilen. Es fehle bereits an der erforderlichen Befugnis der Antragsgegnerin zur Rückforderung des Honorars. Der Rückforderungsbescheid weise faktisch die Wirkung eines rückwirkenden Widerrufs der Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis auf, ein solcher Widerruf werde jedoch gar nicht von der Kompetenz der Antragsgegnerin erfasst und könne wegen des statusbegründenden Charakters nicht einmal von dem dafür zuständigen Zulassungsausschuss mit Wirkung für die Vergangenheit ausgesprochen werden. Darüber hinaus sei ihm schon deshalb kein Vorwurf zu machen, weil er den Kooperationsvertrag mit Dr. G. nach anwaltlicher Beratung abgeschlossen habe, wobei Bedenken gegen die Rechtsgültigkeit dieser Vereinbarung erst Ende 2000 im Zuge der damaligen Differenzen hinsichtlich der Fortführung der Gemeinschaftspraxis bekannt geworden seien.

Der Antragsteller beantragt,

1.den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 10. April 2002 zu ändern;

2.die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 30. November 2001 insgesamt anzuordnen und

3.die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

1.den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 10. April 2002 aufzuheben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzuweisen und

2.die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass das Sozialgericht die aus seiner Sicht gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Rückforderungsbescheides bestehenden Bedenken nicht überzeugend dargelegt habe. Vorschriften, die die Vergütung ärztlicher Leistungen von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig machen würden, könnten ihre Funktion nur dann erfüllen, wenn dem sie missachtenden Vertragsarzt auch dann kein Vergütungsanspruch zustehe, wenn er die fraglichen Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht habe.

Mit Bescheid vom 25. Juni 2002 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers gegen den Honorarrückforderungsbescheid vom 30. November 2001 zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Antragsgegnerin in diesem Bescheid insbesondere dargelegt: Nach § 32 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) seien die vertragsärztlichen Leistungen in freier Praxis zu erbringen. Bei einer Gemeinschaftspraxis müsse mithin jeder Partner in einer solchen freien Praxis tätig sein. Letzteres sei bei Dr. G. nicht der Fall gewesen. Der Kooperationsvertrag widerspreche dem Grundgedanken der ärztlichen Tätigkeit in freiberuflicher Niederlassung eindeutig. Da der Antragsteller mit der Abgabe einer jeden Sammelabrechnungserklärung auf das notwendige Vorliegen der Voraussetzungen des § 32 Ärzte-ZV ausdrücklich hingewiesen worden sei und er gewusst habe, dass Dr. G. seine ärztliche Tätigkeit nicht in freier Praxis ausgeübt habe, habe er wissentlich angegeben, dass Dr. G. gleichwohl diese Voraussetzung erfüllt habe. Auf diese Erklärung habe sie, die Antragsgegnerin, sich verlassen müssen.

Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2002 hat der Antragsteller gegen den Bescheid vom 30. November 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2002 Klage beim Sozialgericht Hannover erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg, wohingegen die Antragsgegnerin mit ihrer ebenfalls zulässigen Beschwerde nicht durchzudringen vermag.

Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Rückforderungsbescheid der Antragsgegnerin vom 30. November 2001 ist nach Auffassung des Senates in vollem Umfang begründet.

Der Antrag ist durch den zwischenzeitlichen Erlass eines Widerspruchsbescheides nicht gegenstandslos geworden, da eine (nicht weiter eingeschränkte) Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs bis zur Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes fortgilt (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl., § 86 b Rd.Nr. 19; BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1987 € 1 C 19.85 € E 78, 192, 208) und da der Kläger fristgerecht nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2002 Klage beim Sozialgericht Hannover gegen den Rückforderungsbescheid vom 30. November 2001 erhoben hat.

Nach § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V haben Widerspruch und Klage u.a. gegen die Änderung der Honorarfestsetzung keine aufschiebende Wirkung. Dies betrifft auch den vorliegend zu beurteilenden Widerspruch gegen den eine Änderung der Honorarfestsetzung beinhaltenden Honorarrückforderungsbescheid der Antragsgegnerin vom 30. November 2001. In Fällen dieser Art kann das Gericht nach § 86 b Abs. 1 Ziff. 2 SGG die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Im vorliegenden Fall erachtet der Senat die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs (und der zwischenzeitlich erhobenen Anfechtungsklage) im vollen Umfang für geboten, da die Interessen des Antragstellers an einer vorherigen Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides im Hauptsacheverfahren die Interessen der Antragsgegnerin an einer alsbaldigen Vollstreckung des geltend gemachten Rückforderungsbetrages überwiegen. Maßgeblich für diese Interessenabwägung ist insbesondere die Einschätzung des Senates, dass erhebliche Bedenken bezüglich der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Rückforderungsbescheides bestehen, die sich im Rahmen der im vorliegenden Eilverfahren allein möglichen summarischen Würdigung der Sach- und Rechtslage nicht ausräumen lassen. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der Höhe des zurückgeforderten Betrages kann der Antragsteller nicht in zumutbarer Weise auf die Inanspruchnahme von Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren verwiesen werden.

Fraglich ist bereits, ob die mit dem angefochtenen Bescheid €berichtigten€ Honorarabrechnungen für die Quartale IV/1996 bis I/2001 unrichtig waren, so dass eine sachlich-rechnerische Berichtigung gestützt auf § 45 Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä vorgenommen werden durfte. Auch von Seiten der Antragsgegnerin wird nicht in Zweifel gezogen, dass die aus dem Antragsteller und Dr. G. bestehende Gemeinschaftspraxis vom Zulassungsausschuss gemäß § 33 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV genehmigt worden ist und dass die abgerechneten Leistungen von diesen beiden Ärzten entsprechend den Vorgaben des EBM erbracht worden sind. Insbesondere stellt auch die Antragsgegnerin nicht in Abrede, dass der Antragsteller und Dr. G. ihre vertragsärztliche Tätigkeit persönlich ausgeübt haben.

In Abrede gestellt von ihr wird lediglich, dass Dr. G. die vertragsärztliche Tätigkeit entsprechend § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV €in freier Praxis€ ausgeübt habe. Die Antragsgegnerin interpretiert § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV im Ergebnis dahingehend, dass durch diese Vorschrift Verhaltensvorschriften für die Partner einer Gemeinschaftspraxis insbesondere im Hinblick auf die interne Ausgestaltung der vertraglichen Regelungen über die Gewinnbeteiligung begründet werden, deren Beachtung Voraussetzung für eine Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen ist. Diese Vorschriften sieht sie im vorliegenden Fall als missachtet an. Deshalb hat sie den Antragsteller und Dr. G. in dem angefochtenen Bescheid gedanklich so gestellt, als ob Dr. G. in der Gemeinschaftspraxis nicht mitgearbeitet hätte. Hiervon ausgehend hat sie den Honoraranspruch der Gemeinschaftspraxis auf den durchschnittlichen Honoraranspruch eines in Einzelpraxis tätigen Radiologen gekürzt.

Im Rahmen der im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Beurteilung der Rechtslage ist bereits nicht ersichtlich, dass Dr. G. das Gebot des § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV zur Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in freier Praxis missachtet hat. Im Grundsatz steht außer Zweifel, dass eine freie Praxis auch eine Gemeinschaftspraxis sein kann. § 33 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV sieht ausdrücklich die Genehmigung einer solchen Gemeinschaftspraxis vor, wie sie im vorliegenden Fall auch erteilt worden ist. Die Zulässigkeit von Gemeinschaftspraxen wird überdies beispielsweise in § 85 Abs. 4 b Satz 2 SGB V vorausgesetzt.

Dabei ist durch den Gesetzgeber bereits vorgegeben worden, dass eine Gemeinschaftspraxis keine Gleichberechtigung ihrer Mitglieder in dem Sinne voraussetzt, dass vertraglich gleiche Rechte und Pflichten der Teilhaber in Berufsausübung und Praxisführung vereinbart sind. Den Regelungen des § 85 Abs. 4 b Satz 3 bis 5 SGB V ist vielmehr zu entnehmen, dass eine Gemeinschaftspraxis mit in diesem Sinne gleichberechtigten ärztlichen Mitgliedern nur eine der rechtlich zulässigen Ausgestaltungsformen von Gemeinschaftspraxen darstellt. Allein das Fehlen einer Gleichberechtigung begründet damit noch nicht die Unzulässigkeit der Gemeinschaftspraxis. Mithin kann nicht bereits aus diesem Grund angenommen werden, dass eine Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis nicht gleichberechtigter Partner sich nicht als Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in freier Praxis darstellt.

Die Antragsgegnerin ist gleichwohl der Auffassung, dass Unterschiede in der Berechtigung der Teilhaber einer Gemeinschaftspraxis ein solches Ausmaß erreichen können, dass diese Gemeinschaftspraxis für den benachteiligten Partner nicht mehr als eine €freie€ Praxis im Sinne des § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV zu qualifizieren sei. Allerdings ist es der Antragsgegnerin auf entsprechende Nachfrage des Berichterstatters bereits augenscheinlich schwer gefallen, die Kriterien näher zu benennen, ab wann eine grundsätzlich als €frei€ zu qualifizierende Gemeinschaftspraxis für den benachteiligten Partner den Charakter einer gewissermaßen €unfreien€ Praxis erreicht. Insbesondere hebt auch die Antragsgegnerin hervor, dass eine unterschiedliche Ausgestaltung der Teilhabe der Gesellschafter am Praxisvermögen als solche der Annahme einer €freien€ Praxis nicht entgegenstehe. Selbst die Vereinbarung einer so genannten Null-Beteiligung erachtet sie für eine gewisse Übergangszeit von etwa einem Jahr im Sinne einer Erprobungsphase für zulässig.

In der Sache vermag die Antragsgegnerin die an eine €freie€ Gemeinschaftspraxis zu stellenden Kriterien nur dahingehend zu umschreiben, dass eine €Gesamtschau€ der vertraglichen Vereinbarungen eine €gleichwertige€ Partnerschaft ergeben müsse (vgl. auch OLG Koblenz, B.v. 02. März 2000 € 2 Ws 92-94/00 € MedR 2001, 144, wonach den in Betracht zu ziehenden Faktoren lediglich ein indizieller Beweiswert beizumessen sei). Die Antragsgegnerin will insbesondere darauf abstellen, ob eine etwaige €Kumulierung von Einseitigkeiten€ eine €sachliche Rechtfertigung€ für sich in Anspruch nehmen könne. Einen konkret greifbaren Bedeutungsinhalt vermag der Senat diesen Hinweisen nicht zu entnehmen. Ihm ist auch sonst keine höchstrichterliche Rechtsprechung bekannt, die für Fälle der vorliegenden Art der normativen Vorgabe einer €freien€ Praxis einen klaren Bedeutungsinhalt verleihen könnte. Letztlich läuft die Auffassung der Antragsgegnerin darauf hinaus, dass die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Partnern einer Gemeinschaftspraxis einer allgemeinen Gerechtigkeitsprüfung zu unterziehen seien. Ein Gebot an die Partner einer Gemeinschaftspraxis, ihre vertraglichen Beziehungen €gerecht€ auszugestalten und damit die € von der Gleichberechtigung zu unterscheidende € €Gleichwertigkeit€ der Partner zum Ausdruck zu bringen, dürfte aber mangels eines greifbaren Inhalts bereits dem Bestimmtheitsgebot widersprechen.

Die damit aufgezeigte Unbestimmtheit der § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV im vorliegenden Zusammenhang zu entnehmenden Vorgaben erlaubt um so weniger eine Auslegung im Sinne der Antragsgegnerin, als das von ihr befürwortete Normverständnis die betroffenen Ärzte nachhaltig in ihrem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG betrifft.

Die Antragsgegnerin misst der Bestimmung des § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV eine Bedeutung bei, die diese Berufsausübungsregelung wegen ihrer Auswirkungen in die Nähe einer Berufswahlregelung rückt. Die Antragsgegnerin will im Ergebnis (abgesehen von Übergangszeiträumen) eine Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit im Rahmen von Nullbeteiligungsgesellschaften verbieten und die betroffenen Ärzte auf die Möglichkeit verweisen, sich am Gesellschaftsvermögen und damit auch am (erhofften) Gesellschaftsgewinn zu beteiligen. Es soll verhindert werden, dass Ärzte im Rahmen eines anstellungsähnlichen Verhältnisses Partner einer Gemeinschaftspraxis werden. Damit wird im Ergebnis einer nicht unerheblichen Zahl der betroffenen Ärzte insgesamt die Ausübung einer vertragsärztlichen Tätigkeit nachhaltig erschwert oder sogar gänzlich verwehrt. In Anbetracht des auch von der Antragsgegnerin hervorgehobenen Anteils der Kassenpatienten an den Kunden der Vertragsarztpraxen bedeutet dies typischerweise im wirtschaftlichen Ergebnis, dass den betroffenen Ärzten jede ambulante Tätigkeit verwehrt ist und sie letztlich allein die Möglichkeit einer Anstellung im Krankenhausbereich haben (sieht man einmal von den quantitativ weniger bedeutsamen im Vertragsarztrecht vorgesehenen Ausnahmen der Anstellung eines Facharztes durch einen Vertragsarzt ab).

Für nicht wenige der betroffenen Fachärzte kommt eine wirtschaftliche Teilnahme am Praxisvermögen aus persönlichen Gründen nicht in Betracht, mag sie auch dem historischen Leitbild eines niedergelassenen Arztes entsprechen. Die zunehmend verbesserte technische Ausstattung der Facharztpraxen € insbesondere auch im radiologischen Bereich € hat zu einer deutlichen Zunahme des erforderlichen Investitionsvolumens geführt, das auch bei kleineren Gemeinschaftspraxen vielfach die Grenze von einer Million EUR überschreitet. Eine nachhaltige wirtschaftliche Beteiligung an dem Vermögen einer solchen Praxis ist vielen interessierten Vertragsärzten jedenfalls zu Beginn ihrer beruflichen Tätigkeit aus finanziellen Gründen gar nicht möglich. Die Kreditwürdigkeit vieler Berufsanfänger ist überdies nachhaltig gesunken. Davon ist insbesondere in Anbetracht der vielfach zurückgehenden Honorareinnahmen der Ärzte und im Hinblick darauf auszugehen, dass die Banken zunehmend € nicht zuletzt im Hinblick auf die unter dem Stichwort €Basel II€ vorgesehenen strengeren Anforderungen an ihr Eigenkapital € die Voraussetzungen an das von einem Unternehmer oder Freiberufler nachzuweisende eigene Vermögen als Grundlage einer Kreditvergabe verschärfen.

Darüber hinaus kommt eine finanzielle Beteiligung an einer Gemeinschaftspraxis regelmäßig nur dann in Betracht, wenn der betroffene Arzt sich zu einer langfristigen Bindung auch persönlich in der Lage sieht. Die familiäre Situation vieler Ärzte lässt jedoch gar nicht zu, sich auf lange Sicht räumlich zu binden. Darüber hinaus ist auch die Auffassung eines Arztes zu respektieren, dass ihm die erforderliche kaufmännische Eignung zur Führung eines ärztlichen Unternehmens mit allen wirtschaftlichen Chancen und Risiken fehlt, so dass er einer angestelltenähnlichen Beteiligung mit festen monatlichen Bezügen und ohne Verlustbeteiligung den Vorzug gibt. Art. 12 Abs. 1 GG schützt grundsätzlich auch das Recht, untypische Betätigungsformen als Beruf zu wählen (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1993 - I ZR 281/91 € Z 124, 224, 226 f.). Dementsprechend ist auch der Wunsch eines Arztes grundrechtlich geschützt, sich an einer Gemeinschaftspraxis angestelltenähnlich beteiligen zu wollen, also eine sog. Nullbeteiligung anzustreben.

Je stärker auf der Grundlage einer Regelung in grundrechtlich geschützte Bereiche eingegriffen werden kann, um so strengere Anforderungen sind aus dem Gebot der hinreichenden Bestimmtheit normativer Regelungen herzuleiten. Der Gesetzgeber hat wenigstens seine Grundgedanken, das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens, deutlich zu machen. Der Adressat muss erkennen können, von welchen Voraussetzungen etwa seine Berufsaufnahme abhängig gemacht wird. Auslegungs- und Anwendungsprobleme müssen zwar nicht völlig ausgeschlossen sein; bei starken Eingriffen in ein Grundrecht ist aber zu fordern, dass mit herkömmlichen juristischen Methoden klare Ergebnisse erzielt werden können (vgl. BVerfG; B.v. 04. November 1992 € 1 BvR 79/85 u.a. € E 87, 287, 317 f. € bezogen auf Eingriffe in die Berufswahlfreiheit €).

Bei Eingriffen in die Berufsfreiheit ist der Gesetzgeber mithin gehalten, die für die Grundrechtsbeschränkung und -ausübung wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. Dazu gehört es, dass die gesetzliche Regelung so gefasst sein muss, dass sie Umfang und Grenzen des Eingriffs deutlich erkennen lässt (BSG, Urteil vom 15. März 1995 € 6 RKa 23/94 € E 76, 59, 61).

Sinn und Zweck der Regelung des § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV ermöglichen für Fälle der vorliegenden Art keine Auslegung im Sinne konkreter allgemeiner Anforderungen an die Ausgestaltung der vertraglichen Beziehungen zwischen den Partnern einer Gemeinschaftspraxis. Etwaige standespolitische Vorstellungen oder berufsständische Belange können für die Auslegung von berufsfreiheitsrelevanten Eingriffsnormen nicht maßgeblich sein (vgl. BVerfG, B.v. 4. November 1992, aaO, S. 319, 326). Ansonsten ist lediglich erkennbar, dass § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV die persönliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit des Arztes sicherstellen und auf diesem Weg einen Beitrag zur Sicherstellung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung leisten will. Aus einem so allgemein gehaltenen Postulat lassen sich aber keine konkreten allgemein gültigen Anforderungen für die im Einzelfall zu treffenden vertraglichen Regelungen insbesondere über die Beteiligung der Partner am Praxisvermögen und -gewinn ableiten.

Dem steht bereits entgegen, dass es primär eine Frage der Wertung ist, welche Fall- und Vertragsgestaltungen in besonderer Weise eine relevante Gefährdung der persönlichen Unabhängigkeit mit sich bringen. Diese Wertung obliegt dem Gesetzgeber; er hat jedoch versäumt, durch konkreter gefasste normative Vorgaben seine Wertungsentscheidung zu verdeutlichen. Jedenfalls unter Berücksichtigung der nachhaltigen Grundrechtsrelevanz ist es den Gerichten verwehrt, das Fehlen klarer gesetzgeberischer Vorgaben durch eigene Wertfestlegungen zu ersetzen und aufgrund eigenständiger Gewichtung Nullbeteiligungsgesellschaften für unzulässig zu erklären.

Dafür ist um so weniger Raum, als das Ausmaß der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen und am Gewinn und Verlust der Praxis als solches keinen unmittelbaren Rückschluss auf das Maß der persönlichen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit zulässt. Das Maß der persönlichen Freiheit und Unfreiheit eines Partners in einer Gemeinschaftspraxis beurteilt sich keineswegs allein nach prozentualen Anteilen am Gesellschaftsvermögen und an den Gesellschaftseinkünften, diese Positionen bilden vielmehr nur einzelne Punkte, die neben anderen Faktoren bei der gebotenen Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen wären.

Die wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnisse in einer Gemeinschaftspraxis hängen insbesondere auch von der Bewertung des vorhandenen materiellen und immateriellen Vermögens der Praxis, den Gewinnaussichten der Praxis, den € oftmals komplizierten € Regelungen über die Gewinn- und Verlustverteilung unter den Praxisinhabern und namentlich den Regelungen für den Fall des Ausscheidens eines Partners ab. Selbst wenn ein Außenstehender Kenntnis von allen vertraglichen Regelungen hat, kann er deren wirtschaftliche Bedeutung oftmals mangels detaillierter Kenntnisse der Praxisstruktur nicht sachgerecht erfassen; erst recht ist ihm vielfach kein abschließendes € ohnehin von zahlreichen Wertungen abhängendes € Urteil über eine (wie auch immer zu definierende) Angemessenheit solcher Regelungen möglich.

Der Partner, der sich mit einem ratenweise zu erbringenden Anteil von beispielsweise einer Million DM in eine Gemeinschaftspraxis eingekauft hat und daraufhin zur Hälfte am Gesellschaftsvermögen und an den Praxiserlösen beteiligt wird, ist vom wirtschaftlich stärkeren Partner der Gemeinschaftspraxis häufig erheblich stärker abhängig, als ein Partner, der keine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen und am Gewinn der Gesellschaft, dafür aber einen Anspruch auf einen monatlichen festen, einem Gehalt (auch der Höhe nach) vergleichbaren Betrag als pauschalierten Gewinnanteil hat. Insbesondere kann Letzterer typischerweise seine Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis beenden und sich anderweitig eine neue selbstständige oder unselbstständige fachärztliche Tätigkeit suchen. Diese Möglichkeit ist den am Praxisvermögen beteiligten Ärzten wirtschaftlich vielfach vor dem Hintergrund erschwert oder sogar verwehrt, dass sie ihre Investitionen nicht angemessen verwerten können, so dass selbst bei einer Veräußerung ihres Praxisanteils oft noch Schulden verbleiben. Die Umsetzbarkeit etwaiger Wechselabsichten hängt im Falle eines Einkaufs in eine bestehende Praxis wirtschaftlich nicht selten von der € oftmals ungewissen € Aussicht ab, ob ein Nachfolger die im Zuge des Anteilserwerbes eingegangenen € vielfach gravierenden € Schulden übernimmt.

Zudem hängt die persönliche wirtschaftliche Freiheit eines Vertragsarztes auch von vielen Umständen außerhalb der vertraglichen Ausgestaltung einer Gemeinschaftspraxis ab. Jedwede wirtschaftliche Bedrängnis, mag sie durch Schulden, persönliche Umstände oder auch Neuregelungen der Honorarverteilung ausgelöst sein, ist geeignet, die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Vertragsarztes und damit auch die Qualität und Wirtschaftlichkeit der ihm anvertrauten vertragsärztlichen Versorgung zu gefährden.

Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht zu erkennen, dass der Ausschluss eines Partners einer Gemeinschaftspraxis vom Gesellschaftsvermögen und von der Gewinnbeteiligung bei im übrigen angemessenen vertraglichen Regelungen € insbesondere bei Vereinbarung einer angemessenen Entlohnung seiner Tätigkeit € eine qualitativ und quantitativ herausgehobene spezifische Gefahr für die Gefährdung seiner wirtschaftlichen Unabhängigkeit zu gründen vermag. Damit fehlt es an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage, um zur Vermeidung etwaiger Gefahren dieser Art § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV im Sinne des Verbotes einer solchen Nullbeteiligungsgesellschaft zu interpretieren. Insbesondere hat auch die Antragsgegnerin diesbezüglich keinen allgemeinen Erfahrungssatz aufzeigen können, der eine solche spezifische Gefährdung belegen könnte (vgl. in diesem Zusammenhang: BVerfG, B. v. 04.11.1992 aaO, S 326).

Davon ist umso weniger auszugehen, als Ärzte auch außerhalb des vertragsärztlichen Bereiches verpflichtet sind, die kunstgerechte und wirtschaftliche Ausführung der Behandlung zu gewährleisten. So wird die Behandlung von Patienten in Krankenhäusern typischerweise von Ärzten wahrgenommen, die als Angestellte weder am Vermögen des Krankenhauses noch an den (etwaigen) Gewinnen beteiligt sind. Selbst für die leitenden Chefärzte ist eine Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg ihrer Abteilung nicht vorgeschrieben. Es ist nicht erkennbar, dass diese Ausgestaltung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Qualität und Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Versorgung im Krankenhaus gefährdet.

Bezeichnenderweise werden bei Rechtsanwälten, die ebenfalls einen freien Beruf ausüben (§ 2 Abs. 1 BRAO), in der Rechtsanwendungspraxis, soweit ersichtlich, keine Bedenken geltend gemacht, wenn diese nicht am Gewinn der Sozietät beteiligt sind (vgl. Butzer, Nullbeteiligungsgesellschaften unter Ärzten, MedR 2001, 604, 611).

Insbesondere ist diesbezüglich in der Rechtsprechung des BAG anerkannt, dass eine Beteiligung des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen keine zwingende berufsrechtliche Voraussetzung für das Vorliegen einer Anwaltssozietät ist, da § 718 BGB abdingbar ist. Der Gewinnanteil kann für die einzelnen Gesellschafter unterschiedlich vorgesehen werden und deshalb auch in einem garantierten festen Betrag bestehen, da die Verteilung des Gewinns nach § 722 BGB in erster Linie der Bestimmung durch die Gesellschafter unterliegt. Die Beteiligung am Verlust darf vollständig ausgeschlossen werden (vgl. BAG, B. v. 15. April 1993 € 2 AZB 32/92 € NJW 1993, 2458, 2460, 2461).

Die vorstehend aufgezeigten Bedenken werden dadurch bestätigt, dass die Antragsgegnerin selbst von der Zulässigkeit einer so genannten Null-Beteiligungs-Gesellschaft für einen Übergangszeitraum von etwa einem Jahr im Rahmen einer Erprobungsphase ausgeht. Das Gebot des § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV zur Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in freier Praxis gilt umfassend, Ausnahmen für das erste Jahr nach der Niederlassung sieht die Verordnung nicht vor. Wenn gleichwohl in einer solchen Zeitspanne eine Null-Beteiligung zulässig sein soll, dann kann dies letztlich nur bedeuten, dass eine solche der Annahme der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit in freier Praxis nicht entgegensteht. Nur ergänzend sei angemerkt, dass vor diesem Hintergrund ohnehin nicht verständlich ist, weshalb die Antragsgegnerin das anteilige Honorar auch für die ersten zwölf Monate der Mitarbeit von Dr. G. zurückfordert, obwohl auch von ihrer Seite nicht in Abrede gestellt wird, dass ursprünglich die Vertragsbeteiligten eine Ersetzung des Kooperationsvertrages durch einen eine Vermögens- und Gewinnbeteiligung vorsehenden Gemeinschaftspraxisvertrag nach Ablauf der Probezeit ins Auge gefasst hatten.

Soweit das Bundesverfassungsgericht in den von der Antragsgegnerin herangezogenen Entscheidungen (vgl. Beschluss vom 16. Juni 1959 € 1 BvR 71/57 € E 9, 338, 351; Beschluss vom 23. Juli 1963 € 1 BvL 1,4/61 € E 16, 286, 298) darauf abstellt, dass die Tätigkeit des Kassen- bzw. Vertragsarztes auf dem Arztberuf als einem freien Beruf aufbaut und durch ein hohes Maß von eigenem Risiko in wirtschaftlicher Beziehung charakterisiert wird, handelte es sich um an den damaligen tatsächlichen Verhältnissen ausgerichtete Abwägungen des Gerichts, die keine Rückschlüsse dahingehend zulassen, welche Anforderungen an die rechtliche Zulässigkeit der Ausübung einer heutigen vertragsärztlichen Tätigkeit von Verfassungs wegen oder gar einfachgesetzlich zu stellen sind. Überdies hebt auch das BVerfG die Notwendigkeit hervor, gesellschaftlichen Veränderungen traditioneller Berufsbilder im Zuge der in den letzten Jahrzehnten zu beobachtenden Wandlungsprozesse Rechnung zu tragen (vgl. B.v. 4. November 1992 aaO, S. 320). Bezeichnenderweise ist auch nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 16. März 1973 € 6 RKa 23/71 € E 35, 247, 252) die Übernahme eines finanziellen Verlustrisikos für die Annahme einer freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit nicht erforderlich.

Eine restriktive Interpretation des § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV ist bezogen auf Fallgestaltungen der vorliegenden Art überdies auch aus dem Grunde geboten, weil sich keine rechtfertigenden Gründe für die Auffassung feststellen lassen, dass eine vertragsärztliche Tätigkeit nicht im Rahmen einer eine so genannte Null-Beteiligung vorsehenden Gemeinschaftspraxis ausgeübt werden dürfe.

Da ein von der Antragsgegnerin angenommenes Verbot einer solchen Ausübungsform sich wegen seiner Auswirkungen einer Beeinträchtigung der Berufswahl nähert, wäre ein solcher Eingriff in die Berufsfreiheit nur zur Abwehr schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zulässig (vgl. ebenfalls BSG, Urteil vom 15. März 1995, a.a.O., S. 63). Der Gesetzgeber ist inhaltlich umso freier, je mehr er nur die Berufsausübung trifft, hingegen ist er umso stärker gebunden, je mehr zugleich die Berufswahl berührt ist. Auch dabei sind das Maß der Beschränkung für den Einzelnen und die Notwendigkeit der Regelung zum Schutz der Allgemeinheit sorgfältig abzuwägen. Je einschneidender die Freiheit der Berufsausübung beengt wird, desto höher müssen die Anforderungen an die Dringlichkeit der öffentlichen Interessen sein, die zur Rechtfertigung solcher Beengung ins Feld geführt werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 23. März 1960 € 1 BvR 216/51 € E 11, 30,42 f.). Bei erheblichen Eingriffen muss auch das Regelungsziel erhebliches Gewicht aufweisen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. März 1992 € 1 BvR 298/86 € E 86, 28, 42).

Im vorliegenden Zusammenhang ist nicht ersichtlich, dass gewichtige Gründe des Allgemeinwohls einer Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit im Rahmen einer angestelltenähnlichen Beteiligung an einer Gemeinschaftspraxis entgegenstehen, dass die Bildung einer sog. Nullbeteiligungsgesellschaft mithin verboten ist. Solche Gründe sind insbesondere weder von der Antragsgegnerin überzeugend aufgezeigt worden noch sonst für den Senat € soweit er dies im Rahmen der im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Beurteilung der Sach- und Rechtslage übersehen kann € ersichtlich. Dementsprechend ist § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV verfassungskonform dahingehend zu interpretieren, dass eine solche Beteiligung durch diese Norm auch nicht untersagt wird.

Soweit die Antragsgegnerin auf die Gefahr einer massiven Leistungsausweitung bei einer Zunahme der Vertragsärzte hinweist, ist dies im vorliegenden Zusammenhang nicht einschlägig. Die Notwendigkeit einer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung unter Berücksichtigung insbesondere auch der in § 103 SGB V vorgesehenen Zulassungsbeschränkungen für überversorgte Gebiete wird durch die Frage nach der Ausgestaltung der vertraglichen Beziehungen zwischen den € ihrerseits jeweils zugelassenen € Partnern einer Gemeinschaftspraxis nicht berührt. Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass das Ausmaß der Beteiligung eines Partners der Gemeinschaftspraxis am Praxisvermögen und €gewinn Rückschlüsse auf das Ausmaß der Gefahr einer Leistungsausweitung in dem Sinne zulässt, dass eine fehlende Beteiligung die Gefahr erhöhen soll. Namentlich hat die Antragsgegnerin auch diesbezüglich keinerlei Erfahrungswissen darzulegen vermocht.

Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Ausgestaltung der Teilhabe am Gesellschaftsvermögen und €gewinn Rückschlüsse darauf zulässt, inwieweit der Vertragsarzt in der Lage und gewillt ist, die vertragsärztlichen Pflichten zu beachten. Jeder Vertragsarzt ist ohnehin zur umfassenden Beachtung der rechtlichen Vorgaben verpflichtet, weder der Beitritt zu einer Gemeinschaftspraxis als solcher noch Einzelheiten der Ausgestaltung der unter den Inhabern der Praxis maßgeblichen Rechtsbeziehungen vermögen daran etwas zu ändern. Namentlich haben alle Partner einer Gemeinschaftspraxis zu gewährleisten, dass die ärztliche Therapiefreiheit aller Mitglieder und das Recht der Versicherten auf freie Arztwahl auch unter den Mitgliedern der Gemeinschaftspraxis (§ 76 SGB V) gesichert sind (vgl. allerdings auch BGH, U.v. 29.06.1999 € VI ZR 24/98 € NJW 1999, 2731, zur weitgehenden Austauschbarkeit radiologischer Leistungen). Ebenso wenig darf die eigenverantwortliche Gestaltung ärztlicher Tätigkeit durch die vertraglichen Regelungen gefährdet werden; soweit dies zur Wahrung der ärztlichen Therapiefreiheit erforderlich ist, müssen alle zur Gemeinschaftspraxis gehörenden Vertragsärzte über die räumlichen und sächlichen Mittel der Praxis und das nichtärztliche Hilfspersonal disponieren können (vgl. zu diesen Erfordernissen: BSG, U.v. 16. März 1973 € 6 RKa 23/71 € E 35, 247, 250).

Die Antragsgegnerin hat keine konkreten Anhaltspunkte dafür darzulegen vermocht, dass diesbezüglich eine anstellungsähnliche Beteiligung an einer Gemeinschaftspraxis größere Gefahren mit sich bringt als eine andere Form der Beteiligung. Davon ist auch deshalb nach derzeitigem Sach- und Streitstand nicht auszugehen, weil, wie dargelegt, eine wirtschaftliche Beteiligung am Praxisvermögen im Hinblick auf die damit typischerweise verbundene Schuldenaufnahme die wirtschaftliche Unabhängigkeit des betroffenen Arztes stärker beeinträchtigen kann.

Soweit sich die Antragsgegnerin auf das Gebot des § 2 Abs. 3 SGB V bezieht, wonach bei der Auswahl der Leistungserbringer ihre Vielfalt zu beachten ist, ist dies im vorliegenden Zusammenhang nicht einschlägig. Die Krankenkassen schließen ohnehin mit Ärzten keine Verträge im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB V ab, mithin stellt sich gar nicht die Frage einer €Auswahl€ im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB V.

Ebenso wenig ist ersichtlich, dass eine Zulassung von Nullbeteiligungsgesellschaften den Sicherstellungsauftrag der Antragsgegnerin aus § 72 SGB V konkret gefährden könnte. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass Abhängigkeitsverhältnissen immer die Gefahr eines Missbrauchs innewohne, ist erneut klarzustellen, dass der wirtschaftlich schwächere Partner einer Nullbeteiligungsgesellschaft keineswegs in einem größeren Abhängigkeitsverhältnis zum stärkeren Partner stehen muss als ein am Praxisvermögen beteiligter Partner. Auch sind Abhängigkeitsverhältnisse nicht auf Gemeinschaftspraxen beschränkt, sie sind im Wirtschaftsleben auch außerhalb ihrer oft anzutreffen und zwar namentlich im Zusammenhang mit der Vergabe (erheblicher) Kredite und/oder der Überlassung von Praxisräumen und -gegenständen im Rahmen von Miet- bzw. Leasingverträgen. Auch durch solche Gestaltungsmöglichkeiten können wirtschaftliche Abhängigkeiten bis hin zur Knebelung bewirkt werden, ohne dass sich der Gesetzgeber zu konkreten Schutzmaßnahmen veranlasst gesehen hätte.

Insbesondere sind keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Zulassung einer Beteiligung an einer Gemeinschaftspraxis im Rahmen eines angestelltenähnlichen Verhältnisses die Gefahr vergrößert, dass Vertragsärzte in einem mit anderen Ärzten aufeinander abgestimmten Verfahren oder Verhalten auf ihre Zulassung im Sinne des § 95 b Abs. 1 SGB V verzichten. Es ist ohnehin nicht erkennbar, dass auch unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber neu eingeführten Regelungen der §§ 72 a und 95 b SGB V noch die konkrete Gefahr eines € weit über den Rahmen einer Gemeinschaftspraxis hinausreichenden € kollektiven Verzichts auf eine Zulassung besteht. Der Gesetzgeber hat die Regelungen gerade so ausgestaltet, dass ein solcher kollektiver Verzicht sich wirtschaftlich in aller Regel als völlig zweckwidrig erweisen wird. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beteiligung an einer Gemeinschaftspraxis im Rahmen eines anstellungsähnlichen Verhältnisses für die übrigen Partner einen € ohnehin nicht greifbaren € Anreiz erhöhen könnte, ungeachtet der wirtschaftlichen Sinnwidrigkeit auf einen kollektiven Zulassungsverzicht hinzuarbeiten.

Die von der Antragsgegnerin angeführten Gründe zur Rechtfertigung des € erheblichen € Eingriffs in die Berufsfreiheit vermögen umso weniger zu überzeugen, als eine Anstellung von Ärzten im Rahmen von Vertragsarztpraxen in bestimmten Fällen ausdrücklich erlaubt ist. So dürfen nach § 32 Abs. 2, 3 Abs. 3 Ärzte-ZV Assistenten beschäftigt werden, darüber hinaus darf ein Vertragsarzt nach Maßgabe des § 32 b Ärzte-ZV einen ganztags beschäftigten oder höchstens zwei halbtags beschäftigte Ärzte desselben Fachgebietes anstellen. § 15 Abs. 3 Satz 1 BMV-Ä sieht € wenngleich in sehr begrenztem Rahmen € sogar vor, dass ärztliche Untersuchungsleistungen nach fachlicher Weisung durch einen anderen Arzt erbracht werden dürfen. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin ausdrücklich eingeräumt, dass sie die Teilnahme an einer Gemeinschaftspraxis im Rahmen eines anstellungsähnlichen Verhältnisses für einen Übergangszeitraum im Sinne einer Erprobungsphase von etwa einem Jahr für zulässig erachtet.

Ein Ausschluss von Nullbeteiligungsgesellschaften ist auch nicht geboten, um sicherzustellen, dass die eingesetzte Arbeitskraft und Leistung wesentlich den wirtschaftlichen Erfolg der Tätigkeit bestimmen. Zwar wird in der Rechtsprechung des BSG angenommen, dass eine solche Einflussmöglichkeit einen wesentlichen Faktor freiberuflichen Risikos darstellt (vgl. Urt. v. 16. März 1973, aaO, S. 252); soweit damit nicht nur ein (typischer) Ist-Zustand beschrieben, sondern ein rechtliches Erfordernis aufgestellt werden soll, fehlt es an der gebotenen verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Zunächst zeichnet sich gerade die gleichberechtigte Gemeinschaftspraxis dadurch aus, dass der wirtschaftliche Erfolg der Inhaber nicht nur von dem persönlichen Einsatz der Arbeitskraft und der eigenen Leistung, sondern entscheidend auch von Arbeitskraft und Leistung der Partner und von der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit der mit Stimmenmehrheit zu treffenden Investitionsentscheidungen abhängt. Um so mehr Inhaber zur Gemeinschaftspraxis zählen, um so weniger wirkt sich bei einer gleichmäßigen Verteilung des Praxisgewinns der persönliche Einsatz des einzelnen Inhabers auf seinen wirtschaftlichen Erfolg aus.

Darüber hinaus darf die Chance einer Beteiligung am Gewinn nicht getrennt von dem Risiko einer € womöglich existenzbedrohenden € Teilhabe an Verlusten betrachtet werden. Gerade in Zeiten zunehmender wirtschaftlicher Risiken für die Vertragsärzte bietet die Verfassung keine Grundlage, einen Arzt auch gegen seinen Willen zur Beteiligung am Gewinn und damit regelmäßig auch an den Verlusten zu zwingen. Dies gilt jedenfalls, solange der Gesetzgeber diesbezüglich keine präzisen, in objektiv nachvollziehbarer Weise an gewichtige Gemeinwohlerwägungen anknüpfende Vorgaben erlässt und deutlich macht, weshalb gerade bei Vertragsärzten (und nicht etwa bei Krankenhausärzten) eine solche Gewinnbeteiligung notwendig sein soll.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen spricht auch viel dafür, dass § 32 des Niedersächsischen Kammergesetzes für die Heilberufe (HKG) verfassungskonform dahingehend zu interpretieren sein dürfte, dass die Erteilung einer Ausnahme von dem Gebot des Abs. 1 zur Ausübung insbesondere der ärztlichen Tätigkeit in eigener Praxis nicht, wie in Abs. 2 vorgesehen, nur in besonderen Einzelfällen, sondern bei einer Berufsausübung im Rahmen einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis immer dann zu erteilen ist, wenn eine konkrete Beeinträchtigung berufsrechtlicher Belange nicht ersichtlich ist.

Die vorstehenden Erwägungen beziehen sich nur auf die grundsätzliche Zulässigkeit einer Beteiligung an einer Gemeinschaftspraxis im Rahmen eines anstellungsähnlichen Verhältnisses. Davon zu unterscheiden ist die Zulässigkeit der konkreten einzelvertraglichen Ausgestaltung. Namentlich ist gegebenenfalls kritisch zu überprüfen, inwieweit vertragliche Klauseln über eine zivilrechtliche Verpflichtung zum Verzicht auf die Zulassung als Vertragsarzt (vgl. dazu etwa OLG Stuttgart, Urteil vom 21.02.2001 € 20 U 57/2000 € MedR 2001, 519) die Freiheit des betroffenen Vertragsarztes in einer sittenwidrigen (§ 138 BGB) oder die gesetzlichen Vorgaben der §§ 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV, 95 b SGB V im Sinne des § 134 BGB missachtenden Weise beeinträchtigen. Eine Missachtung dieser Gebote hätte die Teilnichtigkeit der entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen zur Folge, würde aber, soweit dies der Senat im Rahmen der summarischen Prüfung der Rechtslage beurteilen kann, den Anspruch des betroffenen Vertragsarztes auf eine Honorierung der von ihm ordnungsgemäß erbrachten Leistungen nicht berühren.

Eine andere Beurteilung dürfte auch vor dem Hintergrund sinnwidrig sein, dass anderenfalls der benachteiligte Arzt zivilrechtlich an der Geltendmachung der Unwirksamkeit entsprechender vertraglicher Vereinbarungen gehindert sein könnte, weil ansonsten auf diesem Wege die Vereinbarungen zur Kenntnis der Kassenärztlichen Vereinigung gelangen und damit einen Honorarrückforderungsanspruch auslösen könnten. Im Ergebnis könnte somit anstelle des durch §§ 134, 138 BGB angestrebten Schutzes des übervorteilten Vertragspartners dessen weitergehende Benachteiligung bewirkt werden. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat keinen Anlass, sich mit der Zulässigkeit der im Kooperationsvertrag vom 30. September 1996 vorgesehenen Detailregelungen auseinander zu setzen.

Die vorstehend aufgezeigten Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides werden noch unter folgendem Gesichtspunkt verstärkt: Bei einer für die Allgemeinheit bedeutsamen und für den Einzelnen belastenden Gemeinschaftspflicht lässt der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG keine gesetzliche Regelung zu, die den sich verschweigenden Pflichtigen in aller Regel belastungsfrei bleiben lässt (vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Juni 1991 € 2 BvR 1493/89 € E 84, 239, 273). Unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin würde es eine für die Allgemeinheit bedeutsame und für die betroffenen Vertragsärzte belastende Gemeinschaftspflicht darstellen, wenn eine nicht €gleichwertige€ Beteiligung eines Partners einer Gemeinschaftspraxis die Verpflichtung zur zumindest anteiligen Rückerstattung des von der Gemeinschaftspraxis erhaltenen Honorars begründen würde.

Die Antragsgegnerin hat unter Zugrundelegung ihres eigenen Vortrages keine effektiven Möglichkeiten zur Aufklärung der internen vertraglichen Vereinbarung. Mithin können sich die Partner einer Gemeinschaftspraxis der von der Antragsgegnerin angenommenen Rückzahlungsverpflichtung bereits dadurch entziehen, dass sie ihre internen vertraglichen Regelungen geheim halten. Dass in der Praxis so verfahren wird, liegt vor dem Hintergrund nicht fern, dass durch einen Honorarrückforderungsanspruch alle betroffenen Partner der Gemeinschaftspraxis belastet würden. Dementsprechend besteht zumindest typischerweise unter diesen ein gemeinsames gleichgerichtetes Interesse, die internen vertraglichen Regelungen geheim zu halten. Auch ein unter diesem Gesichtspunkt gleichheitswidriges Ergebnis ist im Rahmen der gebotenen verfassungskonformen Auslegung zu vermeiden.

Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen: Selbst wenn der Auffassung der Antragsgegnerin dahingehend zu folgen sein sollte, dass der Antragsteller und Dr. G. bindende Vorgaben bezüglich der internen vertraglichen Vereinbarungen über die Führung der € genehmigten € Gemeinschaftspraxis missachtet haben und Dr. G. seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht in €freier€ Praxis ausgeübt haben könnte, so ist gleichwohl zumindest sehr fraglich, ob daraus der weitere Schluss zu ziehen ist, dass die von Dr. G. erbrachten Leistungen nicht zu vergüten sind.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat den von der Antragsgegnerin herangezogenen Grundsatz aufgestellt, dass Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, innerhalb des vertragsärztlichen Versorgungssystems die Funktion haben, zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für die vertragsärztliche Versorgung geltenden gesetzlichen und vertragsärztlichen Bestimmungen vollzieht. Dies wird dadurch erreicht, dass dem Arzt für Leistungen, die er unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt, auch dann keine Vergütung zusteht, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht sind. Diese Steuerungsaufgabe könnten solche Regelungen nicht erfüllen, wenn der Arzt die gesetz- oder vertragswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch im Ergebnis dennoch vergütet bekäme (vgl. etwa BSG, Urt. v. 04. Mai 1994 € 6 RKa 40/93 € SozR 3-2500 § 85 SGB V Nr. 6 und Urteil vom 20. September 1995 € 6 RKa 37/94 € SozR 3-5525 § 32 b Nr. 1).

Diese Rechtsgrundsätze kommen allerdings erst dann zur Anwendung, wenn im konkreten Zusammenhang festgestellt wird, dass die betroffene Rechtsnorm die Existenz des ärztlichen Honoraranspruches von ihrer Befolgung abhängig macht. Einen solchen Zusammenhang zwischen der Normbefolgung und der Existenz eines Vergütungsanspruches hat das BSG in seinen genannten (andere Fallgestaltungen betreffenden) Urteilen ausgehend von klaren (im vorliegenden Zusammenhang nicht einschlägigen) normativen Vorgaben festgestellt. Es ist jedoch kein Rechtsgrundsatz ersichtlich, wonach jegliche Missachtung der von einem Vertragsarzt zu beachtenden rechtlichen Vorgaben zu einem Verlust seines Honoraranspruches führt. Es bedarf vielmehr der Prüfung im Einzelfall unter Berücksichtigung insbesondere des jeweiligen Normzwecks und des Verfassungsgrundsatzes der Verhältnismäßigkeit, inwieweit die Normbefolgung mit dem Vergütungsanspruch zu verknüpfen ist. Ein vollständiger Verlust des Vergütungsanspruches für eine über Jahre hinweg ausgeübte vertragsärztliche Tätigkeit € wie dies im vorliegenden Zusammenhang unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin für den Vertragsarzt Dr. G. anzunehmen wäre € stellt eine schwer wiegende vielfach zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz führende Sanktion dar. Diese kann sich allenfalls bei entsprechend schwer wiegenden berechtigten Schuldvorwürfen als angemessen darstellen.

Für Eingriffe in grundrechtlich geschützte Freiheiten ist zu fordern, dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt, die Maßnahme also die Betroffenen nicht übermäßig belastet (BVerfG, B.v. 17. Oktober 1990 € 1 BvR 283/85 € E 83, 1, 19). Umso weniger ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Qualität der vertragsärztlichen Leistung besteht und umso weniger präzise die jeweilige Bestimmung gefasst wird, umso weniger lässt es sich mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbaren, dass der Rechtsverstoß zum Verlust des Vergütungsanspruches führt.

Dies gilt um so mehr, als der vorstehend erläuterten Rechtsprechung des BSG eine verhaltenssteuernde Wirkung zukommt. Der drohende Ausfall jeglicher Honorierung für die normwidrig erbrachten ärztlichen Leistungen soll den Vertragsarzt zur Normbefolgung anhalten. Eine solche verhaltenssteuernde Wirkung kann jedoch nur dann die gewünschte Wirksamkeit erlangen, wenn der betroffene Vertragsarzt im Zeitpunkt der Behandlung klar zwischen normkonformen und normwidrigen Verhalten unterscheiden kann. Dies ist im vorliegenden Zusammenhang in Anbetracht der bereits dargelegten Unbestimmtheit der Vorgaben des § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV gerade nicht festzustellen.

Auch wenn diese Frage abschließend erst im Hauptsacheverfahren geklärt werden kann, ist im Rahmen einer summarischen Beurteilung überdies festzuhalten, dass selbst unter der Annahme einer Wahrnehmung der vertragsärztlichen Tätigkeit durch Dr. G. außerhalb einer freien Praxis ein konkreter Zusammenhang mit der Qualität der von ihm erbrachten vertragsärztlichen Leistungen nicht ersichtlich ist. Vor diesem Hintergrund liegt es jedenfalls nicht nahe, dass eine etwaige Missachtung dieses Gebotes den rückwirkenden Ausschluss eines Vergütungsanspruchs zur Folge hat, zumal die dem Antragsteller und Dr. G. erteilte Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis statusbegründenden Charakter hatte (vgl. BSG, Urteil vom 20. September 1995 € 6 RKa 37/94 € SozR 3-5525 § 32 b Nr. 1).

2) Von der generellen Zulässigkeit einer anstellungsähnlichen Beteiligung an einer Gemeinschaftspraxis ist die Frage zu unterscheiden, ob ein im Rahmen einer solchen anstellungsähnlichen Beteiligung ohne persönliche Teilhabe am Praxisvermögen wahrgenommener Vertragsarztsitz bei Erreichen der Altersgrenze, Tod, Verzicht oder Entziehung nach § 103 Abs. 4 und 6 SGB V auch in überversorgten Planungsbereichen auf einen Nachfolger übertragen werden kann und in welcher Form sich eine solche Übertragung ggfs. vollziehen muss.

Die Antragsgegnerin beruft sich im Widerspruchsbescheid darauf, dass Dr. G. niemals wirtschaftlicher Nutznießer des formal erhaltenen Vertragsarztsitzes geworden sei. Diesbezüglich ist zunächst klarzustellen, dass von der Zulassung und dem Vertragsarztsitz als öffentlich-rechtlicher Berechtigung bzw. Zuordnung die €Arztpraxis€ als Gesamtheit der gegenständlichen und personellen Grundlagen der Tätigkeit des in freier Praxis niedergelassenen Arztes als Vermögensgegenstand zu unterscheiden ist (BSG; U.v. 29. September 1999, Az: B 6 KA 1/99 R€SozR 3-2500 § 103 Nr. 5). Da es sich bei dem Vertragsarztsitz um eine öffentlich-rechtliche Berechtigung handelt, kommt bezüglich seiner eine Trennung zwischen formaler Inhaberschaft und wirtschaftlicher Nutznießung von vornherein jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der zugelassene Arzt € wie im vorliegenden Fall Dr. G. € die vertragsärztliche Tätigkeit in Entgelterzielungsabsicht persönlich ausübt.

Die Antragsgegnerin will diesbezüglich der Sache nach allerdings weniger auf den Vertragsarztsitz, als auf den zuvor (möglicherweise) von Dr. F. innegehabten Anteil am Vermögen der Gemeinschaftspraxis abstellen. Für die Wirksamkeit der Dr. G. erteilten Zulassung konnte es jedoch von vornherein nicht auf die Erlangung der wirtschaftlichen Nutznießung an diesem Praxisanteil ankommen. Gegenstand des in § 103 Abs. 4 und 6 SGB V geregelten Nachbesetzungsverfahrens kann lediglich die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit an einem bestimmten Ort sein. Die Entscheidung des Zulassungsausschusses, welcher von mehreren geeigneten Bewerbern als Nachfolger ausgewählt werden soll (§ 103 Abs. 4 Satz 3 SGB V), hat deshalb nur zum Inhalt, dass ein bestimmter Arzt für einen bestimmten Ort zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen wird. Durch diesen Zulassungsakt wird der vom Zulassungsausschuss als Nachfolger eines ausscheidenden Vertragsarztes ausgewählte Bewerber nicht automatisch Inhaber der ärztlichen Praxis des ausscheidenden Vertragsarztes. Dies setzt vielmehr einen privatrechtlichen Übernahmevertrag mit dem ausscheidenden Vertragsarzt bzw. seinen Erben voraus. Die Zulassung darf nicht einmal unter der Bedingung erteilt werden, dass zwischen dem ausscheidenden Vertragsarzt und dem vom Zulassungsausschuss ausgewählten Bewerber tatsächlich ein Vertrag über die Übernahme der Praxis bzw. des Praxisanteils - unter der Voraussetzung der Erteilung einer Zulassung an den Bewerber - abgeschlossen worden ist oder wird (vgl. ebenfalls BSG, U.v. 29. September 1999 aaO).

Allerdings mag sich im vorliegenden Fall die Frage stellen, ob der Vorgänger Dr. F. seinerseits überhaupt einen Anteil am Praxisvermögen erworben oder ob er nicht mit dem Antragsteller eine € dem später mit Dr. O. abgeschlossenen Kooperationsvertrag vergleichbare € vertragliche Regelung getroffenen haben könnte, derzufolge bereits Dr. F. lediglich ein Anspruch auf eine monatliche Festvergütung, nicht aber eine Beteiligung am Praxisvermögen oder am Praxisgewinn zustand. Selbst wenn dies zu unterstellen sein sollte, ist jedoch nicht ersichtlich, dass sich daraus Bedenken bezüglich des Vorhandenseins eines übertragungsfähigen Praxisanteils ergeben könnten, aufgrund derer Zweifel an der Wirksamkeit der Zulassung von Dr. G. bestehen könnten. Dementsprechend dürfte auch unter diesem Gesichtspunkt der angefochtene Honorarrückforderungsbescheid nicht zu rechtfertigen sein.

Zunächst ist davon auszugehen, dass die Zulassung eines Vertragsarztes als statusbegründender Verwaltungsakt auch dann wirksam wird, wenn diese vom Zulassungsausschuss zu Unrecht erteilt wird. § 95 Abs. 6 SGB V sieht ohnehin nur eine Entziehung der Zulassung mit Wirkung für die Zukunft vor, eine solche ist bislang nicht einmal beantragt worden und erst recht vom Zulassungsausschuss nicht ausgesprochen worden. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass die im vorliegenden Zusammenhang allenfalls zu problematisierenden tatbestandlichen Voraussetzungen der € einem anderen Titel des zweiten Abschnitts im vierten Kapitel des SGB V angehörenden € Regelung des § 103 Abs. 4 und 6 SGB V überhaupt zu den Voraussetzungen einer Zulassung im Sinne des § 95 Abs. 6 SGB V zu zählen sind (vgl. Hess in Kasseler Kommentar, § 95 SGB V, Rn. 77).

Schließlich spricht im Rahmen der vorliegend allein möglichen summarischen Beurteilung der Rechtslage Überwiegendes dafür, auch die Zulässigkeit der Übertragung eines im Rahmen einer anstellungsähnlichen Beteiligung an einer Gemeinschaftspraxis ohne persönliche Teilhabe am Praxisvermögen wahrgenommenen Vertragsarztsitzes im Rahmen von § 103 Abs. 4 und 6 SGB V zu bejahen. Im Urteil vom 29. September 1999 (-B 6 KA 1/99 R - SozR 3-2500 § 103 Nr. 5) hat das BSG ausgeführt, dass eine Praxis im Sinne des § 103 Abs. 4 Satz 1 SGB V nur dann von einem Nachfolger fortgeführt werden kann, wenn der ausscheidende Vertragsarzt zum Zeitpunkt der Beendigung seiner Zulassung - von der seltenen Situation eines Ruhens der Zulassung zunächst abgesehen - tatsächlich unter einer bestimmten Anschrift in nennenswertem Umfang (noch) vertragsärztlich tätig gewesen ist. Dies setze den Besitz bzw. Mitbesitz von Praxisräumen, die Ankündigung von Sprechzeiten, die tatsächliche Entfaltung einer ärztlichen Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen sowie das Bestehen der für die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit im jeweiligen Fachgebiet erforderlichen Praxisinfrastruktur in apparativ-technischer Hinsicht voraus. Fehle es an all dem, werde eine ärztliche Praxis tatsächlich nicht betrieben und infolgedessen auch die vertragsärztliche Tätigkeit nicht ausgeübt.

Diese Darlegungen sind dahingehend zu verstehen, dass nur das Fehlen aller genannten Voraussetzungen der Annahme einer fortführungsfähigen Praxis entgegensteht. Allein der Umstand, dass der Inhaber des Praxissitzes in seiner Person aufgrund seiner anstellungsähnlichen Beteiligung an der Gemeinschaftspraxis möglicherweise keinen Mitbesitz an den Praxisräumen, jedenfalls kein Miteigentum an der Praxisinfrastruktur hat, spricht mithin nicht gegen einen übernahmefähigen Praxisanteil.

Davon ist auch im Hinblick auf § 103 Abs. 6 SGB V auszugehen. Diese Vorschrift bestimmt ausdrücklich, dass die Interessen der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen sind. Daraus ist insbesondere ein Recht der in der Gemeinschaftspraxis verbleibenden Vertragsärzte auf Ausschreibung eines frei werdenden Vertragsarztsitzes abzuleiten (BSG, U. v. 25. November 1998 € B 6 KA 70/97 R € SozR 3-2500 § 103 Nr. 3, S. 22 ff.). Zudem darf der Zulassungsausschuss einem Arzt, der die Tätigkeit des ausscheidenden Vertragsarztes in einer Gemeinschaftspraxis nicht fortsetzen will, auf der Grundlage des § 103 Abs. 4 Satz 3 SGB V keine Zulassung erteilen (vgl. BSG, U.v. 29. September 1999 aaO). Die Interessen der in einer Gemeinschaftspraxis verbleibenden Vertragsärzte auf Fortführung einer Gemeinschaftspraxis in einer bestimmten gewachsenen und im Hinblick auf die apparativ-technische und personelle Ausstattung der Praxis sowie unter Berücksichtigung der Zahl der zu versorgenden Patienten angemessenen Größe werden nicht gewahrt, wenn im Wege des Nachbesetzungsverfahrens ein Arzt zugelassen wird, der sich an der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit explizit nicht beteiligen will (vgl. ebenfalls BSG, U.v. 29. September 1999 aaO). Gerade diese Interessen sprechen aber für die Übertragungsfähigkeit eines Vertragsarztsitzes auch in Fällen einer sog. Nullbeteiligungsgesellschaft.

Melden sich auf die Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes mit Bindung an eine Gemeinschaftspraxis keine Bewerber, die diese Bindung für ihre in Aussicht genommene berufliche Tätigkeit akzeptieren wollen, oder erklären die in der Gemeinschaftspraxis verbleibenden Vertragsärzte übereinstimmend, mit keinem der an einem Eintritt in die bestehende Gemeinschaftspraxis interessierten Bewerber zusammenarbeiten zu wollen oder zu können, kann folgerichtig grundsätzlich eine Zulassung im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens auf der Grundlage des § 103 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 SGB V nicht erteilt werden (vgl. BSG, U.v. 29. September 1999 aaO).

Ist der ausscheidende Vertragsarzt weder am Vermögen noch am Gewinn der Gemeinschaftspraxis und damit auch nicht an dem sog. Goodwill beteiligt, hat dies freilich zur Folge, dass der Vertragsarztsitz als solcher auch keinen vom Übernehmer abzugeltenden Verkehrswert aufweist. Die öffentlich-rechtliche Zulassung als solche ist kostenfrei und weder dem ausscheidenden Vertragsarzt noch den verbliebenen Partnern der Gemeinschaftspraxis zuzurechnen; dies hat der Zulassungsausschuss im Rahmen von § 103 Abs. 6 S. 1 i.V.m. Abs. 4 S. 6 zu berücksichtigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.

Die auf §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 3 GKG beruhende Streitwertfestsetzung bemisst sich entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Senates nach einem Viertel des im Hauptsacheverfahren streitigen Betrages in Höhe der zurückgeforderten Honorarsumme von 1.785.135,03 DM. Dieser Betrag entspricht rechnerisch nicht dem in dem angefochtenen Bescheid ebenfalls ausgewiesenen Betrag von 880.578,27 €, rechnerisch richtig ergibt sich bei dieser Umrechnung vielmehr ein Betrag von 912.725,05 €. Da unter Berücksichtigung der dem Bescheid beigefügten Berechnung für den Empfänger hinreichend deutlich geworden ist, dass mit 1.785.135,03 DM der höhere der beiden im Tenor genannten Beträge maßgebend sein sollte, ist dieser auch der Streitwertbemessung zugrunde zu legen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).






LSG Niedersachsen-Bremen:
Beschluss v. 13.08.2002
Az: L 3 KA 161/02 ER


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/e82042709f79/LSG-Niedersachsen-Bremen_Beschluss_vom_13-August-2002_Az_L-3-KA-161-02-ER




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