Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 10. Februar 2015
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 42/14

(BGH: Beschluss v. 10.02.2015, Az.: AnwZ (Brfg) 42/14)

Tenor

Auf Antrag des Klägers wird die Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 9. Mai 2014 zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die beklagte Rechtsanwaltskammer nicht berechtigt war, seine Stellungnahmen in einem ihn betreffenden Aufsichtsverfahren der Beklagten ohne seine ausdrückliche Zustimmung an die Beschwerdeführerin weiterzuleiten. Er begehrt des Weiteren die Feststellung, dass die an dem Aufsichtsverfahren beteiligten Vorstandsmitglieder und der Geschäftsführer der Beklagten die ihnen obliegende Verschwiegenheitspflicht verletzt haben, die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin in dem Aufsichtsverfahren keine Verfahrensbeteiligte ist und die Feststellung, dass die für ihn bei der Beklagten geführte Beschwerdeakte Bestandteil der Personalakte ist. Der Kläger begehrt zudem die Verurteilung der Beklagten, es künftig zu unterlassen, seine Stellungnahmen an den Beschwerdeführer weiterzuleiten, es sei denn, dass er sich mit der Weiterleitung ausdrücklich einverstanden erklärt. Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage als unzulässig verworfen. Der Kläger beantragt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.

II.

Der nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthafte Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat Erfolg.

Die Berufung ist schon wegen der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschlüsse vom 6. Februar 2012 - AnwZ (Brfg) 42/11, juris Rn. 25; vom 24. März 2011 - AnwZ (Brfg) 4/11, juris Rn. 12 und vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 291; BVerfG, NVwZ 2009, 515, 518; BVerwG, NVwZ 2005, 709).

Der Kläger hat hinreichend dargelegt, dass im Streitfall die Frage entscheidungserheblich ist, ob eine Rechtsanwaltskammer befugt ist, Stellungnahmen, die ein Rechtsanwalt im Rahmen eines ihn betreffenden Aufsichtsverfahrens abgibt, an den jeweiligen Beschwerdeführer auch dann weiterzuleiten, wenn der Rechtsanwalt der Weiterleitung nicht ausdrücklich zugestimmt hat. Die Entscheidungserheblichkeit dieser die Begründetheit der Klage betreffenden Frage entfällt nicht deshalb, weil die Klage unzulässig ist. Denn das insofern erforderliche Feststellungsinteresse des Klägers ist in Bezug auf den Klageantrag zu 1 unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr gegeben.

Voraussetzung ist insoweit, dass die nahe liegende Möglichkeit besteht, dass ein im Wesentlichen vergleichbarer, nicht notwendig identischer Fall wieder eintreten und die Behörde auf ihn vergleichbar reagieren wird (Senatsbeschluss vom 22. Mai 2014 - AnwZ (Brfg) 75/13, BRAK-Mitt. 2014, 279 Rn. 6). Letzteres ist vorliegend zu bejahen, da die Beklagte daran festhält, Stellungnahmen des Klägers in ihn betreffenden Aufsichtsverfahren dem jeweiligen Beschwerdeführer nur dann nicht zu übermitteln, wenn der Kläger der Übermittlung ausdrücklich widerspricht.

Der Kläger hat weiter dargetan, dass die vorgenannte - höchstrichterlich bislang noch nicht entschiedene - Frage klärungsbedürftig ist und in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen Bedeutung erlangen kann. Schließlich hat er auch Gründe dafür angeführt, warum er ein korrigierendes Eingreifen des Senats für geboten erachtet (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 2. November 2012 - AnwZ (Brfg) 50/12, NJW-RR 2013, 253 Rn. 9).

Offen bleiben kann, ob die Zulassung der Berufung auch aufgrund der weiteren vom Kläger geltend gemachten Gründe angezeigt ist.

Da die weiteren Klageanträge mit dem Klageantrag zu 1 in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, ist die Zulassung der Berufung auch auf diese Anträge zu erstrecken.

III.

Das Verfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5 Satz 5 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung:

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Wegen der Verpflichtung sich im Berufungsverfahren vertreten zu lassen, wird auf die Rechtsmittelbelehrung in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Kayser König Remmert Quaas Schäfer Vorinstanz:

AGH Hamm, Entscheidung vom 09.05.2014 - 1 AGH 6/14 -






BGH:
Beschluss v. 10.02.2015
Az: AnwZ (Brfg) 42/14


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