Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. August 2003
Aktenzeichen: 5 W (pat) 432/02

(BPatG: Beschluss v. 06.08.2003, Az.: 5 W (pat) 432/02)

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Gebrauchsmusterabteilung I - vom 5. März 2002 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Gründe

I Der Antragsgegner ist Inhaber des am 11. Februar 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt mit sieben Schutzansprüchen angemeldeten Gebrauchsmusters 200 02 547 (Streitgebrauchsmuster) mit der Bezeichnung "Bodenbelag für Freilandräume", das am 18. Mai 2000 in das Gebrauchsmusterregister eingetragen worden ist. Ein Erlöschen durch Ablauf der Schutzdauer ist noch nicht eingetreten, da die Fristen zur Zahlung der Aufrechterhaltungsgebühr noch nicht abgelaufen sind (§ 23 Abs 3 Nr 2 GebrMG iVm § 7 Abs 1 PatKostG).

Die eingetragenen Schutzansprüche haben folgenden Wortlaut:

1. Bodenbelag für Freilandräume mit nebeneinander mit Zwischenspalten verlegten Bohlen (1) oder Brettern und einer unter jeder Spalte befindlichen Rinne (5), dadurch gekennzeichnet, daß die Bohlen (1) oder Bretter an ihren Längsseiten (2) beidseitig symmetrisch schräg vom Rand zur Mitte hin abfallend abgestuft sind, wobei der an den Vollkörper (4) der Bohlen (1) oder Bretter angrenzende Bereich der Abstufung (3) zu einer Rinne (5) ausgekehlt ist, und daß die Bohlen (1) oder Bretter wechselnd mit den Abstufungen (3) übereinander greifend verlegt sind.

2. Bodenbelag für Freilandräume nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß ungefähr im ersten Drittel der Stufenfläche (6) vom Rand der Bohle (1) oder des Brettes entfernt in die Stufenfläche (6) eine Längsnut (7) eingeschnitten ist.

3. Bodenbelag für Freilandräume nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß in die Längsnut (7) der mit der Stufenfläche (6) nach oben verlegten Bohle (1) oder des Brettes eine Dichtung eingelegt ist.

4. Bodenbelag für Freilandräume nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Rinnen (5) nur in den Abstufungen (3) der mit der Stufenfläche (6) nach oben verlegten Bohlen (1) oder Brettern ausgekehlt sind.

5. Bodenbelag für Freilandräume nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Rinnen (5) mit einem Belag ausgekleidet sind.

6. Bodenbelag für Freilandräume nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Rinnenboden im Querschnitt einen Kreisbogen mit dem Tiefpunkt am Vollkörper (4) der Bohle (1) oder des Brettes beginnend nach oben zum Rand hin beschreibt.

7. Bodenbelag für Freilandräume nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Wand des Vollkörpers (4) zur Abstufung (3) hin von der Senkrechten abweicht.

Der Antragsteller hat am 18. Oktober 2000 beantragt, das Gebrauchsmuster zu löschen.

Zur Begründung hat er unter Verweis auf die Druckschriften

(E1) DE 196 36 021 A1

(E2) DE 196 36 021 C2

(E3) DE 295 17 128 U1 vorgetragen, dass der beanspruchte Bodenbelag nicht auf einem erfinderischen Schritt beruhe. Der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters stelle lediglich ein weiteres Ausführungsbeispiel zu diesem Stand der Technik dar. In Kenntnis dieses Stands der Technik sei der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters dem Fachmann in platter Selbstverständlichkeit an die Hand gegeben gewesen. Im übrigen sei der Antragsteller Inhaber der durch E1 bis E3 beschriebenen Schutzrechte und habe bereits lange vor dem Zeitrang des Streitgebrauchsmusters entsprechende Bodenbeläge auf den Markt gebracht.

Der Antragsgegner hat dem Löschungsantrag widersprochen. Beim Bodenbelag nach dem Streitgebrauchsmuster sei zwischen den Bohlen oder Brettern ein freies Gleiten vorgesehen, wogegen beim Stand der Technik die vorgegebenen Dehnungsspielräume begrenzt seien.

Die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts hat die vorläufige Auffassung vertreten, dass dem Stand der Technik kein Hinweis entnehmbar gewesen sei, schräg vom Rand zur Mitte abfallende Randbereiche an den zur Herstellung des Bodenbelags gemäß Streitgebrauchsmuster zu verlegenden Bohlen mit zwischen Schräge und Bohlenquerschnitt liegenden Rinnen vorzusehen. Auch das wechselseitige Verlegen der Bohlen oder Bretter sei im Stand der Technik nicht angedeutet. Die Ausprägung dieser Merkmale nach dem Streitgebrauchsmuster würde die Reinigung der Rinnen erleichtern und könne eine Belagsschädigung beim Arbeiten des Holzes ausschließen. Im übrigen könne das "Auf den Markt Bringen" von Bodenbelägen durch den Antragsteller, unabhängig von der Frage, ob dieser Vorgang stattgefunden habe oder nicht, die Rechtsbeständigkeit des Schutzanspruchs 1 aus dem Streitgebrauchsmuster wohl nicht in Frage stellen.

Der Antragsteller hat hierauf die zusätzlichen Druckschriften

(E4) Bund Deutscher Zimmermeister (BDZ) im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V.: Technik im Zimmererhandwerk - Bauprodukte. Neu-Isenburg: Verlagsgemeinschaft Bruderverlag-Zeittechnik/Verlag GmbH, September 1997. Teil 02, Kapitel 02 - Baustoffkunde Vollholz, S 11-14,

(E5) DIN 1052, Blatt 1, S 3, Materialkennwerte für Bauholz (Zeitrang nicht erkennbar)

(E6) Auszug aus rororo-Techniklexikon "Fertigungstechnik und Arbeitsmaschinen, Teil 1, Band Nr. 30, S 215"

(E7) EP 0 562 402 A1 genannt.

Der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters stelle nur eine geringfügige Umformung des Gegenstands nach dem mit E1 bis E3 zitierten Stand der Technik dar. Die Behauptung, der Antragsteller habe bereits lange vor dem Zeitrang des Streitgebrauchsmusters diesem entsprechende Bodenbeläge auf den Markt gebracht, hat er nicht mehr vertieft.

Die Gebrauchsmusterabteilung hat nach mündlicher Verhandlung vom 5. März 2002 den Löschungsantrag zurückgewiesen.

Der Bodenbelag nach dem Schutzanspruch 1 sei neu und beruhe auch auf einem erfinderischen Schritt. Denn dem Stand der Technik sei kein Hinweis entnehmbar, die im kennzeichnenden Teil des Schutzanspruchs 1 angegebenen Maßnahmen vorzusehen, um hiermit leicht zu säubernde Rinnen zu erhalten und beim Arbeiten des Holzes eine Belagschädigung auszuschließen. Nach dem Streitgebrauchsmuster werde hierzu ein grundlegend anderer Weg beschritten als beim Stand der Technik nach E1 bis E3.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt.

Er verweist auf das am 15. Mai 2003 verkündete Urteil des OLG Düsseldorf (2 U 132/01). Hierin ist u.a. der Antragsgegner aus den Schutzrechten E2 und E3 des Antragstellers zur Unterlassung usw verurteilt worden, weil er Bodenbeläge ähnlich dem Gegenstand des Streitgebrauchsmusters des vorliegenden Löschungsverfahrens vertrieben hat. Stelle sich der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters als rechtskräftig festgestellte Verletzung des Klagepatentes dar, so könne er sich erst recht nicht als schutzfähig gegenüber dem Klagepatent erweisen.

Der Antragsteller beantragtdie Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Löschung des Gebrauchsmusters.

Der Antragsgegner beantragtdie Zurückweisung der Beschwerde.

Er tritt dem Vorbringen des Antragstellers entgegen.

II Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg.

Der Löschungsantrag ist nicht begründet, weil der geltend gemachte Löschungsanspruch aus § 15 Abs 1 Nr 1 GebrMG nicht gegeben ist. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters nicht schutzfähig iSv §§ 1, 3 GebrMG ist.

1. Das Streitgebrauchsmuster betrifft einen Bodenbelag für Freilandräume. Der Bodenbelag besteht aus nebeneinander mit Zwischenspalten verlegten Bohlen oder Brettern und einer unter jeder Spalte befindlichen Rinne. Ein derartiger Bodenbelag ist beispielsweise aus der E1 bzw der E2 und zum gleichen Gegenstand der E3 bekannt. Die Beschreibung des Streitgebrauchsmusters gibt dazu an, dass die für diesen Bodenbelag zu verwendenden Bohlen oder Bretter sehr genau verlegt werden müssten, damit sich einerseits beim Aufquellen die Spalten nicht verschließen, andererseits beim Schrumpfen (Austrocknen) nicht die Außenschenkel gegenseitig abreißen. Weiterhin sei es schwierig, die Rinnen insbesondere unter den Übergreifungen zu säubern, da Flugstaub und Falllaub die Rinnen schnell verstopfen könnten (S 1 Abs 2 Z 9-13).

Durch das Streitgebrauchsmuster soll nach den Angaben in der Beschreibung (S 1 Abs 4) ein wasserundurchlässiger Bodenbelag für Freilandräume mit leicht zu säubernden Ablaufrinnen bereitgestellt werden, bei dem ein Arbeiten des Holzes zu keiner Beschädigung des Bodenbelags führt. Als einschlägiger Fachmann ist hier der im Holzgewerbe tätige Fachingenieur oder der Meister des Zimmerergewerbes anzusehen.

Hierzu lehrt Schutzanspruch 1 des Streitgebrauchsmusters in seiner ursprünglich eingereichten, eingetragenen und verteidigten Fassung einen Bodenbelag, der folgende Merkmale aufweist:

A Es sind Bohlen oder Bretter nebeneinander mit Zwischenspalten verlegt, B unter jeder Spalte befindet sich eine Rinne, C die Bohlen oder Bretter sind an ihren Längsseiten beidseitig symmetrisch, D schräg vom Rand zur Mitte hin abfallend abgestuft, E wobei der an den Vollkörper der Bohlen oder Bretter angrenzende Bereich der Abstufung zu einer Rinne ausgekehlt ist, und F die Bohlen oder Bretter sind wechselnd mit Abstufungen übereinander greifend verlegt.

2. Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 ist schutzfähig iSv §§ 1, 3 GebrMG.

Zu Recht bezieht sich die Gebrauchsmusterabteilung in ihrem Beschluss nur auf die Entgegenhaltungen E1, E2 und E3. Die E4, E5 und E6 sind nur als gutachtlicher Beleg für die Kenntnisse des Fachmanns anzusehen und können für sich allein nichts Entscheidungserhebliches zur Beurteilung des Bestands des Streitgebrauchsmusters beitragen. So werden in E4 und E5 im Wesentlichen Materialkennwerte für Holz vorgestellt und in E6 verschiedenartige Falze in der Holzbearbeitung beschrieben.

Bei E7 handelt es sich um den Stand der Technik, von dem in E2 (vgl dort Sp 1 Z 30-40) ausgegangen wurde, und der darin offensichtlich auch zur Bildung des Oberbegriffs herangezogen worden ist.

Die Entgegenhaltungen E1 bis E3 sind im übrigen inhaltlich weitestgehend kongruent. Dies ist mangels abweichenden Vortrags auch für die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung von Gegenständen entsprechend den Entgegenhaltungen E1 bis 3 anzunehmen. So gelten die im Folgenden bezüglich E2 angestellten Erwägungen in gleicher Weise für E1 und E3 sowie die Vorbenutzung.

2.1 Der Bodenbelag gemäß Schutzanspruch 1 ist gegenüber dem eingeführten Stand der Technik neu.

Er unterscheidet sich von einem Bodenbelag nach der Lehre aus E2 durch die Merkmale C die Bohlen oder Bretter sind an ihren Längsseiten beidseitig symmetrisch, D schräg vom Rand zur Mitte hin abfallend abgestuft, und F die Bohlen oder Bretter sind wechselnd mit den Abstufungen übereinander greifend verlegt.

Nach E2 wären die entsprechenden Merkmale folgendermaßen zu formulieren (vgl dort Patentanspruch 1 iVm den Zeichnungen):

- die Bohlen oder Bretter sind an ihren Längsseiten punktsymmetrisch,

- mit einer U-förmigen Rinne neben dem Plattenkörper versehen, wobei der äußere Schenkel der Rinne parallel zur Plattenfläche abschließtund - die äußeren Schenkel der wegen der Punktsymmetrie immer gleich verlegten Bohlen greifen hakenfalzartig ineinander.

Dabei ist festzustellen, dass das Merkmal "hakenfalzartiges Ineinandergreifen" in E2 dazu diente, ein Merkmal des im dortigen Oberbegriff zu Grunde gelegten Stands der Technik zu charakterisieren. Dieses Merkmal leitet sich also direkt aus der Sachlage in E7 ab, nach der ein formschlüssiges Verhaken der Platten vorausgesetzt ist, um insbesondere im Zusammenhang mit der durch die punktsymmetrische Lage der Rinnen möglichen gleichseitigen Verlegung eine stabil fugenlose Nutzfläche zu erreichen (vgl E7 Sp 3 Abs 2 und Abs 5). In den Anmeldungsunterlagen E1 des Klagepatents war dieser Begriff noch nicht aufgenommen. Erst nach Einführung der E7 in das Prüfungsverfahren, in der entsprechend geformte Schenkel den Falz bilden, ist ihr Ineinandergreifen als hakenfalzartig definiert worden.

Der in der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 20. März 2003 zum Streitgebrauchsmuster vollzogenen abweichenden Wertung wird nicht beigetreten. Das hakenfalzartige Ineinandergreifen wird dort bejaht, weil sich die äußeren Schenkel der gemäß dem Streitgebrauchsmuster ausgebildeten Bohlen in einer Richtung parallel zur Belagoberfläche überschneiden und es jedenfalls bei ordnungsgemäßer Verlegung ausgeschlossen ist, dass die Schrägflächen der sich gegenüberliegenden Schenkel, die aufeinander laufen, außer Eingriff geraten. Hierbei wird aber nicht berücksichtigt, dass das "Verhaken" im Falz bei den Klageschutzrechten für den Fachmann nicht in der technischen Funktion des bloßen In-Eingriff-Bleiben der Schenkel liegt, sondern in der hakenförmigen Verklammerung der Bohlen vermittels der äußeren Schenkel. Die Verklammerung ist dergestalt, dass - wäre nicht eigens eine Bewegungsfuge geschaffen - bei entsprechendem Ausdehnungsschwund des Holzes die Schenkel abreißen würden.

Diese technische Funktion ist bei den Schenkeln der Bohlen des Streitgebrauchsmusters nicht zu finden, vielmehr ist gerade zur Vermeidung von Nachteilen dieses hakenden Falzes - der Vermeidung des Abreißens der Schenkel für den Fall, dass eine Schwundbewegung des Holzes die Schenkel aneinander stoßen läßt - das Aufgleiten der beiden Schenkel aufeinander über abgeschrägte Gleitflächen eines Gleitfalzes vorgesehen.

Daher ist "hakenfalzartig" in E2 für den Fachmann unmittelbar und zwangsläufig so zu verstehen, dass senkrecht zur Bewegungsrichtung ein zumindest teilweises Überlappen der äußeren Schenkel vorliegt, und zwar dergestalt, dass bei ausreichender Bewegung ein "Verhaken" dieser Schenkel, also kein "aneinander Abgleiten" zweier schiefer Ebenen stattfindet.

Genau letzteres wird aber nach der Lehre des Streitgebrauchsmusters durch die abfallende Abstufung der Bohlen und das Übereinander-Greifen der Abstufungen nach wechselseitiger Verlegung erreicht.

Auch die Gestaltung der Symmetrie der Bohlen (Merkmale C und D) unterscheidet sich, und zwar in der Weise, dass der Fachmann die Alternative nach dem Streitgebrauchsmuster nicht als selbstverständlich gleich "mitliest". Immerhin wird auf den Vorteil der immer gleich zu verlegenden Platten nach E2 (vgl E2 Sp 2 Abs 1) bzw des optimalen Druckausgleichs nach E7 (vgl E7 Sp 3 Abs 5) verzichtet und dafür zum Beispiel ein leichteres Abheben der oberen Platten gewonnen.

Gegenüber E7 selbst ergibt sich als unterschiedliches Merkmal zusätzlich das so enge Ineinandergreifen der Nachbarplatten, dass ein Plattenverband mit fugenloser Nutzfläche entsteht (vgl E2 Sp 1 Z 32-34 und E7 Anspruch 1 mit Zeichnungen).

2.2 Es bedurfte im Hinblick auf den berücksichtigten Stand der Technik auch eines erfinderischen Schrittes, um die Merkmale nach dem Kennzeichen des Streitgebrauchsmusters (Merkmale C bis F) vorzusehen.

Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen wasserundurchlässigen Bodenbelag für Freilandräume mit leicht zu säubernden Ablaufrinnen bereitzustellen, bei dem ein Arbeiten des Holzes zu keiner Beschädigung des Bodenbelags, und zwar durch Verhaken des Holzes, führt. Weder den Entgegenhaltungen E1 bis E3 noch den weiteren Entgegenhaltungen ist jeweils einzeln oder in ihrer Zusammenschau ein Hinweis darauf entnehmbar, dass eine Lösung dieser Aufgabe durch einen Bodenbelag, der die Merkmale C bis F aufweist, möglich wäre. Ihre Auffindung und Anwendung zur Lehre des Streitgebrauchsmusters ging damit über eine fachliche Routineleistung hinaus.

Die E1 bis E3 sehen zwar das technische Problem des Abreißens der Schenkel bei trocknungsbedingten Schwundbewegungen des Holzes der Bohlen. Sie schlagen aber als Lösung die Schaffung von Bewegungsfugen vor, die ausreichend bemessen sind, dass die Schenkel gegeneinander laufen können, ohne - als Haken -gegeneinander zu stoßen und sich gegenseitig abzureißen. Diese Lösung gibt sich also damit zufrieden, dass das Verhaken der Schenkel vermittels der Ausbildung ausreichenden Schenkelabstandes nicht zu ihrem Abreißen führt. Ein Hinweis darauf, dass statt der Beabstandung der sich verhakenden Schenkel ein Übereinandergleiten von sich nicht verhakenden, vielmehr gegeneinander abgeschrägten Schenkeln das Abreißproblem lösen könnte, ist für den Fachmann hier nicht zu finden.

Gegenüber dem weiteren Vorbringen des Antragstellers bezüglich des Verletzungsstreits ist darauf zu verweisen, dass im Verletzungsprozess festzustellen ist, ob ein Gegenstand (im vorgegebenen Fall möglicherweise eine im Markt befindliche mögliche Ausführungsform des Streitgebrauchsmusters) unter den Schutzbereich eines Patents oder Gebrauchsmusters fällt. Im Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren ist demgegenüber entscheidend, ob der Schutzgegenstand des Streitgebrauchsmusters durch den Stand der Technik (im vorgegebenen Fall vornehmlich der Schutzgegenstand - und nicht der Schutzbereich - des Klagepatents bzw -gebrauchsmusters im Verletzungsstreit) neuheitsschädlich vorgegeben oder nahegelegt ist. Beide vorzunehmenden Wertungen sind nicht kongruent.

Ob das Streitgebrauchsmuster zu dem Klagepatent im Verhältnis der Abhängigkeit steht, wie das Verletzungsgericht angenommen hat, ist für die Frage der Löschungsreife nicht entscheidend. Denn mag der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters auch als abhängige Erfindung in den Schutzbereich des Klagepatents fallen, so schließt dies dennoch nicht aus, dass er als neu und auf einem erfinderischen Schritt beruhend, selbst schutzwürdig ist.

3. Die Schutzansprüche 2 bis 7 des Streitgebrauchsmusters betreffen vorteilhafte Ausgestaltungen des Bodenbelags nach dem Hauptanspruch, sie haben daher ebenfalls Bestand.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 18 Abs 2 GebrMG iVm § 84 Abs 2 PatG, § 97 ZPO. Die Billigkeit fordert keine andere Entscheidung.

5. Von einer mündlichen Verhandlung ist abgesehen worden, da der Antragsteller den entsprechenden Hilfsantrag zurückgenommen und der Senat sie nicht für sachdienlich erachtet hat (§ 78 PatG).

Goebel Dr. Jordan Dr. Kellner Be






BPatG:
Beschluss v. 06.08.2003
Az: 5 W (pat) 432/02


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