Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. August 2006
Aktenzeichen: 32 W (pat) 166/03

(BPatG: Beschluss v. 09.08.2006, Az.: 32 W (pat) 166/03)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Februar 2003 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Bezeichnung German Pops Orchestrawurde am 29. Oktober 1999 für Waren in den Klassen 9 und 16 sowie Dienstleistungen in den Klassen 35 und 41, welche sämtlich einen Bezug zu musikalischer Unterhaltung aufwiesen bzw. aufweisen konnten, zur Eintragung als Marke angemeldet.

Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat der Anmeldung nach mehreren Zwischenbescheiden durch Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes vom 12. Februar 2003 die Eintragung versagt. Die Wortzusammensetzung "German Pops Orchestra" werde i. V. m. den beanspruchten Waren und Dienstleistungen dahingehend verstanden, dass es um ein deutsches Orchester gehe, welches sich im Grenzbereich von E- und U-Musik bewege. Wie aus beigefügten Belegen ersichtlich sei, werde der Begriff "Pops Orchestra" zusammen mit einer geografischen Angabe auch des Öfteren verwendet. Der angemeldeten Bezeichnung fehle jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), außerdem unterliege sie einem Freihaltebedürfnis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Eine Durchsetzung im Verkehr gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG - auf diesen Gesichtspunkt hatte der Anmelder sich hilfsweise berufen -, sei nicht ausreichend glaubhaft gemacht oder nachgewiesen. Voreintragungen vergleichbarer Marken führten nicht zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er zunächst die Eintragung der angemeldeten Marke bezüglich aller ursprünglich beanspruchten Waren und Dienstleistungen erstrebt hat. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens wurden verschiedene Unterlagen zur Bekanntheit des vom Anmelder gegründeten und geleiteten German Pops Orchestra vorgelegt.

In der mündlichen Verhandlung wurden vom Senat ermittelte Internet-Ausdrucke zur Bedeutung des Begriffs "Pops Orchestra" dem Anmelder ausgehändigt und erörtert. Der Anmelder seinerseits hat eine Aufstellung betreffend die Produktionen des German Pops Orchestra in den Jahren 1999 bis 2006 vorgelegt.

Der Anmelder hat sodann die Rücknahme der Anmeldung erklärt, ausgenommen die Waren "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild" und die Dienstleistung "Erziehung".

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den gesamten Inhalt der Amts- und Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig und hinsichtlich der jetzt noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen auch begründet, weil insoweit keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG einer Eintragung entgegenstehen.

Für die Waren "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild" stellt "German Pops Orchestra" keine unmittelbar beschreibende Angabe dar, insbesondere auch keine Bestimmungsangabe. Denn derartige technische Geräte, die alltäglich Verwendung finden, eignen sich nicht nur für die Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton- und Bildaufnahmen eines deutschen Pops Orchestras. Der angemeldeten Bezeichnung fehlt von daher die Eignung, derartige Geräte gattungsmäßig zu beschreiben.

Die Dienstleistung "Erziehung" beschränkt sich - anders als "Ausbildung" - nicht auf die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten, sondern weist darüber hinaus eine persönlichkeitsbildende Komponente i. S. einer ethischen Zielsetzung auf. Zwar ist auch der Begriff "Musikerziehung" geläufig, jedoch liegt die Annahme nicht nahe, die Tätigkeit eines Unterhaltungsorchesters sei auch erzieherischer Art, wobei diese Beurteilung sowohl hinsichtlich der beteiligten Musiker wie der (jugendlichen) Zuhörer gilt.

Auch das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) kann der angemeldeten Bezeichnung für die verbleibenden Waren und Dienstleistungen nicht abgesprochen werden. Hauptfunktion einer Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist - unbeschadet der erforderlichen, auf den Einzelfall bezogenen sorgfältigen und gründlichen Prüfung - grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Marke kein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich nicht um ein gebräuchliches Wort (bzw. eine Wortfolge) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - INDI-VIDUELLE; 2004, 30 - Cityservice).

Dass dem angemeldeten Begriff "German Pops Orchestra", der - wie ausgeführt - in der Gesamtheit seiner Teile für die verbleibenden Waren und Dienstleistungen nicht glatt beschreibend ist, aus sonstigen Gründen jegliche Unterscheidungskraft fehlt, lässt sich nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen.

Der angefochtene Beschluss der Markenstelle kann deshalb, soweit er noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, keinen Bestand haben.






BPatG:
Beschluss v. 09.08.2006
Az: 32 W (pat) 166/03


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