Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. November 2001
Aktenzeichen: 27 W (pat) 215/00
(BPatG: Beschluss v. 20.11.2001, Az.: 27 W (pat) 215/00)
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 23. Februar 2000 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Bezeichnung All for Onesoll als Wortmarke für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 38, 41 und 42 geschützt werden.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit dem angefochtenen Beschluß die Anmeldung wegen mangelnder Unterscheidungskraft und Bestehens eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Die Wortfolge stelle nämlich im allgemeinen Sprachgebrauch nur einen Werbeslogan im Sinne einer Qualitätsangabe dar, mit dem in Bezug auf die beanspruchten Waren- und Dienstleistungen nur beschreibend darauf hingewiesen werde, daß "alle für Einen" (im Sinne einer Hilfestellung) da sind. Daß die angemeldete Bezeichnung auch in der Firma der Anmelderin enthalten sei, spiele für die konkrete Schutzfähigkeit ebensowenig eine Rolle wie die Voreintragungen in der Schweiz, in Frankreich, Großbritannien und in den USA.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Auffassung nach beschreibt die Anmeldemarke nicht die Waren und Dienstleistungen, da die Redewendung "All for One" für diese völlig unklar sei und die angesprochenen Verkehrskreisen eher befremdend anmute. Die Wortfolge lasse sich mit "Alle für Eine(n)" übersetzen; dem könne jedoch ein warenbeschreibender Sinn nicht entnommen werden, da es sich um eine unvollständige Aussage ohne konkreten Warenbezug handele. Erst durch analysierendes Weiterdenken könne an die angemeldete Wortfolge der Zusatz "and One for All" geknüpft werden, dem sich die allgemeine Aussage entnehmen lasse, daß alle Beteiligten zusammenhalten bzw - arbeiten müßten, woraus der Betrachter sodann schließen könne, daß die zu kennzeichnenden Waren und Dienstleistungen für mehrere Anwendungsmöglichkeiten verwendbar seien. Solche analysierenden Auslegungsversuche des angesprochenen Publikums stünden nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung jedoch der Unterscheidungskraft nicht entgegen. Schließlich sprächen auch die Eintragung des gleichlautenden Firmennamens der Anmelderin in das Handelsregister sowie die Voreintragungen der Anmeldemarke in den USA und in Großbritannien für eine Schutzfähigkeit des Anmeldezeichens.
II.
Auf die zulässige (§ 66 Abs 1 MarkenG) Beschwerde war der angefochtene Beschluß aufzuheben, da der Eintragung des angemeldeten Zeichens für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine absoluten Schutzhindernisse entgegenstehen.
Zwar ist das aus Wörtern des englischen Grundwortschatzes gebildete Zeichen unmittelbar als "alle(s) für einen/eine/eines" verständlich. Dieser Wortfolge könnte die Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) aber nur abgesprochen werden, sofern ihr ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann oder es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl BGH GRUR 1999, 1089, 1091 - YES; BGH WRP 2000, 298, 299 - Radio von hier; BGH WRP 2000, 300, 301 - Partner with the best; BGH GRUR 2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Beides läßt sich für die angemeldete Bezeichnung jedoch nicht feststellen. Denn der überwiegende Teil der angesprochenen Verkehrskreise wird das Anmeldezeichen wohl im Sinne des ersten Teils des bekannten Mottos "einer für alle, alle für einen" erkennen und dies im Sinne einer besonderen Verbundenheit zwischen Warenanbieter (dh der Anmelderin) und Leistungsempfänger (sprich dem einzelnen Kunden) auffassen, zumal die Anmelderin - wie der Senat bei einer von ihm durchgeführten Internetrecherche feststellen konnte - dieses Motto tatsächlich zur Beschreibung ihres Unternehmens benutzt. Einem solchen Motto wird der Verkehr jedoch allenfalls eine bestimmte "Firmenphilosophie" entnehmen können, jedoch keine Eigenschaften der von der Anmelderin vertriebenen Waren und erbrachten Dienstleistungen; denn in der Regel wird dieses Motto nur zur Bezeichnung eines besonderen "Teamgeistes" einer Menschengruppe (etwa einer Sportmannschaft) benutzt, nicht jedoch mit Blick auf Eigenschaften von Sachen. In dieser Bedeutung läßt sich dem Anmeldezeichen jedoch kein Sachhinweis entnehmen.
Zwar mag es nicht ausgeschlossen sein, daß Teile des angesprochenen Verkehrs das Anmeldezeichen in seiner deutschen Übersetzung "alles für eines" auch in dem Sinne "alles in einem" verstehen und dies als Hinweis darauf sehen könnten, daß man für eine Gegenleistung mehrere Leistungen gleichzeitig erhält; da ein solcher Sinn jedoch in der Regel nicht mit der angemeldeten Wortfolge, sondern mit deren Umkehrung (also mit "one for all" oder im Deutschen "eines für alles") ausgedrückt wird, steht nicht zu erwarten, daß bedeutende Teile der Verkehrskreise eher einer solchen Deutung des Anmeldezeichens als dem eingangs erwähnten Motto zuneigen werden. Mit der umgekehrten Wortfolge "one for all", der in der Tat ein konkreter Warenbezug entnommen werden kann und welche deshalb nicht eintragungsfähig ist (vgl 30 W (pat) 227/97), kann das Anmeldezeichen daher nicht verglichen werden.
Schließlich läßt sich auch nicht feststellen, daß die angemeldete Wortfolge bislang in der Werbung üblich ist. Entsprechende Feststellungen ließen sich nicht treffen. Da es sich somit um einen neuen, noch phantasievollen Werbespruch handelt, kann ihm nach der genannten höchstrichterlichen Rechtsprechung die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.
Mangels konkreten Warenbezuges steht der Eintragung des Anmeldezeichens auch nicht ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen. Hierfür spricht im Übrigen auch die Voreintragung der Anmeldemarke in Großbritannien, also einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union, in welchem die Beurteilung des Freihaltebedürfnisses nach der selben rechtlichen Grundlage, nämlich der Markenrichtlinie, erfolgt.
Nach allem war auf die Beschwerde der angefochtene Beschluß aufzuheben.
Albert Friehe-Wich Schwarzprö
BPatG:
Beschluss v. 20.11.2001
Az: 27 W (pat) 215/00
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