Hessisches Landesarbeitsgericht:
Beschluss vom 25. September 2007
Aktenzeichen: 4 TaBV 95/07
(Hessisches LAG: Beschluss v. 25.09.2007, Az.: 4 TaBV 95/07)
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 08. Februar 2007 € 3 BV 14/06 € wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten über das Vorliegen und die Aufhebung von zwei Versetzungen.
Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der chemischen Industrie mit einer Betriebsstätte in AB, in der sie regelmäßig etwa 180 Arbeitnehmer beschäftigt, die vom antragstellenden Betriebsrat repräsentiert werden. Die Arbeitsbedingungen richten sich nach den Tarifverträgen für die chemische Industrie. Der Betrieb dient ausschließlich der Lagerung, Kommissionierung und dem Versand von Waren. Die Arbeitgeberin unterscheidet zwischen Groß- und Kleinkommission, wobei erstere den überwiegenden Teil des Arbeitsanfalls umfasst. In der Großkommission werden große Warenaufträge in der Regel unter Zuhilfenahme von Flurförderzeugen, u. a. Staplern, zusammengestellt. Die Tätigkeit in der Kleinkommissionierung wird als "Order Picking by Light" (OPL) oder "Look & Pick" bezeichnet. In deren Rahmen sind Kästen mit den unterschiedlichen Produkten an einer Seite eines Bandes entlang einem dort aufgestellten Regal gelagert, das von hinten bestückt wird. Die Arbeitnehmer arbeiten von der anderen Seite des Bandes. Am Bandbeginn wird der Kommissionsauftrag in der EDV erfasst und ein Versandkarton auf das Band gestellt. Die in der jeweiligen Bestellung genannten Produkte werden von den Arbeitnehmern aus über dem Band in Griffhöhe befindlichen Kästen entnommen und in den Versandkarton gelegt. Dabei zeigen Lichtsignale an, aus welchen Kästen wie viele Produkte für die Kommission entnommen und in den Versandkarton gelegt werden müssen. Die Lagerplatzbezeichnung des Regals mit den über dem Band befindlichen Kästen, die die zu kommissionierenden Produkte enthalten, wird mit FPK abgekürzt.
Neben dem "Look & Pick" gibt es "Palettenpick" und "Full Case Pick". Unter "Palettenpick" versteht man die Kommissionierung kleinerer Einheiten direkt von Paletten. "Palettenpick" wird fast ausschließlich in der Großkommissionierung angewendet. Im Rahmen der großen Kommissionen anfallende kleinere Einheiten werden unmittelbar von der Palette entnommen. "Palettenpick" ist im Wesentlichen die Kommissionierung aus Regalen mit der Lagerplatzbezeichnung FPO und FPU. FPO steht für "Fertigprodukte oben" und meint das obere Regalfach. Aus diesen kann nur mit Staplern kommissioniert werden. FPU steht für "Fertigprodukte unten" und bezeichnet das untere Regal, aus dem je nach erforderlicher Menge per Hand oder mittels Flurförderzeugen kommissioniert wird. "Full Case Pick" betrifft große Aufträge, für die volle Kartons einer Warensorte für die Erledigung eines Auftrags zusammengestellt werden. Hier werden aus den Lagerplätzen FPU und FPO in der Regel mittels Flurförderzeugen ganze Produktlisten entnommen und die Kommission auf einer Versandpalette zusammengestellt.
In der Vergangenheit wurden die einzelnen Arbeitsaufgaben überwiegend von Arbeitnehmern mit einem vergleichsweise spezialisierten Tätigkeitsgebiet ausgeführt. Unter anderem gibt es die Gruppe der Staplerfahrer (nachfolgend SF), die in die Entgeltgruppe E 4 des Bundesentgelttarifvertrages für die chemische Industrie eingruppiert sind und die derzeit zwölf Arbeitnehmer umfasst. In der seit 2003 geltenden Stellenbeschreibung sind die Aufgaben der SF folgendermaßen definiert:
"8.Aufgaben im Einzelnen8.1Ein-/Aus-/Umlagerung und Annahme von Fertigwaren8.1.1.Kontrolle der Waren bei Eingang auf Vollzähligkeit und bruchsicheren Transport im Lager8.1.2.Abzeichnung der Lieferbelege nach Warenkontrolle und sofortiger Weitergabe an das Lagerbüro8.1.3.Warenbewegungen mittels Stapler nach Vorgabe gemäß SAP-Fahraufträgen, ggf. mit anschließender Bestätigung8.1.4.Permanente Kontrolle der Kommissionierplätze auf optimale Warenbestückung und entsprechender Nachfüllung von Reserven (Bereich Kleinkommissionierung)8.1.5.Weitergabe von Informationen an den Gruppenleiter bei "O"-Verfügbarkeit von Waren (Bereich Kleinkommissionierung)8.1.6.Sofortiges Entfernen von Leerkartons/Platten aus der Einlagerungszone, Ordnung und Sauberkeit, auch im Rampenbereich, sicherstellen8.1.7.Mitarbeit bei Inventuren8.1.8.Interne Kommunikation bezüglich Warenbewegungen8.1.9.Innerbetrieblicher Transport; Be- und Entladen von LKW's8.2.Sonstiges8.2.1Mitarbeit in sicherheits- und qualitätsbezogenen Aufgaben8.2.2Wöchentliche Überprüfung der Batterien der Stapler8.2.3Allgemeine Lager- und Versandtätigkeiten"Weiter gibt es die ebenfalls in die Entgeltgruppe E 4 eingruppierte Gruppe der Kontrolleure (im Folgenden K), die derzeit elf Arbeitnehmer umfasst. In deren aus dem Jahr 1999 stammender Stellenbeschreibung sind deren Aufgaben wie folgt umschrieben:
"8.Aufgaben im Einzelnen8.1Kontrollieren von Aufträgen8.2Erstellen von Packlisten sowie Aufarbeiten von Sendungen nach Gefahrgut8.3Allgemeine Lagertätigkeit8.4Beförderung von Lasten mit Flurförderfahrzeugen8.5Mitarbeit in sicherheits- und qualitätsrelevanten Aufgaben9.Sonstige Aufgaben9.1Im Übrigen können dem Stelleninhaber weitere, hier im Einzelnen nicht genannte Aufgaben jederzeit übertragen werden, soweit sie sich im Rahmen der Aufgabenstellung bewegt."In einer aus dem Jahr 2005 stammenden Stellenbeschreibung heißt es stattdessen:
"8.Aufgaben im EinzelnenWesentliche Aufgaben sind u. a. ...
Allgemeine Lager- und Versandtätigkeiten (zum Teil unter Zuhilfenahme von Flurförderzeugen) wie beispielsweise
das Annehmen, Kommissionieren und Versenden von Waren sowie damit verbundene Tätigkeiten
das Packen von Versandeinheiten unter Berücksichtigung der allgemeinen Gefahrgutrichtlinien
das Bearbeiten von Versandpapieren (z. B. Packlisten)
die Beförderung von Lasten mit Flurförderfahrzeugen
und die Mitarbeit in sicherheits- und qualitätsrelevanten Aufgaben
9.Sonstige AufgabenIm Übrigen können dem Stelleninhaber jederzeit weitere, hier im Einzelnen nicht genannte Aufgaben übertragen werden, soweit sie sich im Rahmen der Aufgabenstellung oder der gleichen Eingruppierung bewegen."
In den letzten Jahren legt die Arbeitgeberin im Interesse eines flexibleren Personaleinsatzes umfassendere Stellenprofile fest, die zum Teil die Funktionen der bisherigen Arbeitnehmergruppen umfassen. So gibt es inzwischen Stellen sog. "Operator/in/Kontrolleur/in/Kraftfahrer/in" (OKK), die ebenfalls in die Entgeltgruppe E 4 eingruppiert sind. Die Arbeitgeberin gewährt den verschiedenen Gruppen der SF, K und OKK unterschiedliche übertarifliche Zulagen. In der ältesten im vorliegenden Verfahren vorgelegten OKK-Stellenbeschreibung ist deren Tätigkeit folgendermaßen bezeichnet:
"8.Aufgaben im Einzelnen8.1Kommissioniertätigkeit8.1.1.Kommissionieren mit und ohne Beleg, ggf. Nachschub anfordern (Arbeiten mit Look & Pick, Palettenpick, Full Case Pick)8.2.Lagertätigkeit8.2.1.Absetzen von Kartons8.2.2.Allgemeine Nachsubtätigkeit im Materialbereich mit Hilfe von Flurförderzeugen, z. T. mit dem Gabelstapler (Fertigware, Paletten, Kartonagen, Lieferschiene, Label, Wechsel von Farbbändern8.2.3.Vorpacken von Versandeinheiten8.2.4.Innerbetrieblicher Transport (ggf. mit LKW), Be- und Entladen von LKW/Container mit Hilfe von Flurförderzeugen8.2.5.Allgemeine Lagertätigkeit8.2.6.Mitarbeit in qualitäts- und sicherheitsrelevanten Aufgaben8.3.Kontrolle8.3.1.Kontrollieren von Aufträgen8.3.2.Erstellen und Erfassen von Packlisten mit Hilfe des PC's sowie Aufarbeiten von Sendungen nach Gefahrgutvorschriften8.4.Sonstige Hinweise im Zusammenhang mit der StellenbeschreibungWenn sich in der Tätigkeit wesentliche Abweichungen von dieser Stellenbeschreibung ergeben, ist der/die Stelleninhaber/in verpflichtet, hierüber ihre/seine Führungskraft oder die Personalabteilung zu informieren. Im Übrigen können dem Stelleninhaber weitere, hier im Einzelnen nicht genannte Aufgaben jederzeit übertragen werden, soweit sie sich im Rahmen der Aufgabenstellung bewegen."
In einer aus dem Jahr 2003 stammenden Stellenbeschreibung von OKK in "Jahresteilzeit 66,67%" findet sich folgende Beschreibung:
"Aufgabenstellung:
Kommissioniertätigkeit
€Kommissionieren mit und ohne Beleg, ggf. Nachschub anfordern (Arbeiten mit Look & Pick, Palettenpick, Full Case Pick)Lagertätigkeit
€Absetzen von Kartons€Allgemeine Nachschubtätigkeit im Materialbereich mit Hilfe von Flurförderzeugen, z. T. mit dem Gabelstapler (Fertigware, Paletten, Kartonagen, Lieferschiene, Label, Wechsel von Farbbändern)€Vorpacken von Versandeinheiten€Innerbetrieblicher Transport (ggf. mit LKW), Be- und Entladen von LKW/Container mit Hilfe von Flurförderzeugen€Allgemeine Lagertätigkeit€Mitarbeit in qualitäts- und sicherheitsrelevanten AufgabenKontrolle
€Kontrollieren von Aufträgen€Erstellen und Erfassen von Packlisten mit Hilfe des PC's sowie Aufarbeiten von Sendungen nach Gefahrgutvorschriften"Die derzeit 26 OKK werden von der Arbeitgeberin im Rahmen der in den Stellenbeschreibungen bezeichneten Aufgabenstellungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten eingesetzt. Die Arbeitgeberin verfügt für innerbetriebliche Transporte über einen Lkw. Verschiedene als OKK eingestellte Arbeitnehmer wurden noch nie auf dem Lkw beschäftigt. Die vom vorliegenden Verfahren betroffenen Arbeitnehmer A und B wurden von der Arbeitgeberin im Juli 2002 bzw. Juli 2004 als OKK eingestellt. Die Arbeitgeberin beschäftigte Frau A seit dem Beginn von deren Tätigkeit in erster Linie mit dem Zusammenstellen von Kommissionen, dem Packen von Versandeinheiten und der zugehörigen Bearbeitung von Frachtpapieren und Nachschub. Herr B wurde vorrangig mit Lade- und Verladeaufgaben mit und ohne Stapler, mit Wickeln und mit dem Packen von Versandeinheiten beschäftigt. Der Einsatz beider in der Kleinkommissionierung hatte untergeordnete Bedeutung.
Die Arbeitgeberin erhebt seit einigen Jahren sog. "Nachweise über den regelmäßigen Belastungswechsel", die im Interesse des Gesundheitsschutzes die Kontrolle ermöglichen sollen, dass die Arbeitnehmer in hinreichendem Umfang mit unterschiedlichen Aufgaben beschäftigt werden und mit denen die wesentlichen von dem jeweiligen Arbeitnehmer geleisteten Tätigkeiten festgehalten werden. Wegen der sich daraus ergebenden Tätigkeiten von Frau A und Herrn B seit Juli bzw. August 2006 wird auf die Anlage zum Schriftsatz vom 08. Januar 2007 (Bl. 102 € 105 d. A.) und auf die Anlage zum Schriftsatz vom 17. August 2007 (Bl. 231 € 236 d. A.) Bezug genommen.
Der Betriebsrat ist der Auffassung, Frau A werde im Wesentlichen als K und Herr B im Wesentlichen als SF beschäftigt. Beide seien daher ohne Beteiligung des Betriebsrats versetzt worden. Aus diesem Grund verlangt er im vorliegenden Verfahren die Aufhebung dieser aus Sicht des Betriebsrats durchgeführten personellen Maßnahmen.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands und der dort gestellten Anträge wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses (Bl. 142 € 147 d. A.) und auf die mit diesem in Bezug genommenen Aktenbestandteile verwiesen. Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen und zur Begründung € kurz zusammengefasst € ausgeführt, weder Frau A noch Herrn B sei ein neuer Arbeitsbereich zugewiesen worden. Die Stellenbeschreibung OKK unterscheide sich von der Stellenbeschreibung K u. a. dadurch, dass zu ersterer u. a. Kommissionstätigkeiten und das Verpacken von Versandeinheiten gehöre. Derartige Tätigkeiten habe Frau A seit Ende März 2006 durchgehend erbracht. Sie habe nie für mehr als einen Monat Tätigkeiten geleistet, die ausschließlich einer anderen Stellenbeschreibung zuzuordnen seien. Entsprechendes gelte für Herrn B. Die Stellenbeschreibungen der OKK und der SF unterschieden sich u. a. dadurch, dass zu ersterer Kommissionierung, Kontroll- und Lagertätigkeiten gehörten, insbesondere das Verpacken von Versandeinheiten. Herr B sei von Januar bis Oktober 2006 durchgehend mit Kommissionierungs- und Lagertätigkeiten betraut gewesen. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Ausführungen unter II. des angefochtenen Beschlusses (Bl. 147 € 154 d. A.) Bezug genommen.
Der Betriebsrat hat gegen den am 27. April 2007 zugestellten Beschluss am 14. Mai 2007 Beschwerde eingelegt und diese am 27. Juni 2007 begründet. In dem zunächst eingereichten Begründungsschriftsatz fehlten die Seiten 2 und 3. Diese reichte der Betriebsrat am 05. Juli 2007 nach.
Der Betriebsrat ist der Auffassung, eine Versetzung von Frau A und Herrn B liege insbesondere deshalb vor, weil sie typische Tätigkeiten von OKK nicht mehr wahrnähmen. Dies sei allein entscheidend. In der von der Arbeitgeberin eingeräumten unterschiedlichen Schwerpunktbildung der OKK lägen jeweils Versetzungen. OKK seien gemäß der Stellenbeschreibung Springer. Der Charakter der Stelle sei durch wechselnde Tätigkeiten geprägt. Falle dieser Tätigkeitswechsel weg, dann werde die Tätigkeit zu einer anderen. Die Schwerpunktbildung beruhe auf der gegenüber der Kleinkommissionierung dünneren Besetzung der Großkommissionierung. Der Betriebsrat ist der Ansicht, auch sein zweitinstanzlicher Hilfsantrag sei hinreichend bestimmt. Im Antrag müsse nicht festgehalten werden, wodurch der Versetzungsbegriff erfüllt sei. Eine ggf. erforderliche Konkretisierung könne durch das Gericht erfolgen. Der Betriebsrat könne nicht erahnen, durch welche Aufgabenstellungen das Gericht den Versetzungsbegriff als erfüllt ansehen werde.
Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vortags des Betriebsrats wird auf die Schriftsätze vom 27. Juni, 04. Juli, 18. September und 24. September 2007 Bezug genommen.
Der Betriebsrat beantragt,
1.den Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach vom 08. Februar 2007 € 3 BV 14/06 € abzuändern;2.der Arbeitgeberin aufzugeben, der Versetzungen der Operatorin/Kraftfahrerin/Kontrolleurin in Jahresteilzeit A zur ausschließlichen Kontrolleurin und des Operators/Kraftfahrers/Kontrolleurs B zum Staplerfahrer aufzuheben,hilfsweise die Versetzungen der Operatorin/Kraftfahrerin/Kontrolleurin in Jahresteilzeit A und des Operators/Kraftfahrers/Kontrolleurs B zu einem anderen Arbeitsbereich durch erhebliche Änderungen der Arbeitsbedingungen aufzuheben.
Die Arbeitgeberin verteidigt zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags die Würdigung des Arbeitsgerichts wie im Schriftsatz vom 17. August 2007 ersichtlich.
B.
Die Beschwerde des Betriebsrats ist zulässig, nicht aber begründet.
I.
Die Beschwerde ist zulässig.
Sie wurde insbesondere im Sinne von § 89 Abs. 2 Satz 2 ArbGG begründet. Dies wird durch das Fehlen der Seiten 2 und 3 in der innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist eingereichten Fassung des Schriftsatzes vom 27. Juni 2007 nicht in Frage gestellt. Diese beiden Seiten enthielten lediglich einen Teil des Sachantrags und einen Teil der Sachverhaltsschilderung des Betriebsrats. Beides war für die Zulässigkeit der Beschwerdebegründung nicht ausschlaggebend. Für diese maßgeblich war gemäß § 89 Abs. 2 Satz 2 ArbGG die Anführung der Beschwerdegründe. Diese sind auch der zunächst eingereichten unvollständigen Fassung des Schriftsatzes hinreichend zu entnehmen. Zwar enthalten die Seiten 4 € 9 des Schriftsatzes im Wesentlichen nur eine wortgetreue Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags des Betriebsrats. Die Seite 10 des Schriftsatzes gibt wörtlich Ausführungen aus dem die Arbeitnehmerin C betreffenden Verfahren Hess. LAG € 4/5 TaBV 56/07 € wieder, die für das vorliegende Verfahren nicht einschlägig sind. Jedoch findet sich auf den Seiten 11 und 12 des Schriftsatzes eine hinreichende Bezeichnung der Beschwerdegründe, die der Betriebsrat der Würdigung des Arbeitsgerichts entgegensetzen möchte.
II.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
1. Die Anträge sind nur zum Teil zulässig.
a) Nicht zulässig ist der zweitinstanzliche Hilfsantrag des Betriebsrats, da dieser dem Bestimmtheitsgebot von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht entspricht. Nach dieser Vorschrift ist Voraussetzung einer zulässigen Klage die Angabe von Grund und Gegenstand des Anspruchs sowie eines bestimmten Antrags. Diese Bestimmung gilt im Beschlussverfahren gleichermaßen wie im Urteilsverfahren(vgl. etwa BAG 13. März 2001 € 1 ABR 34/00 € AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 34, zu B II 1; 15. Januar 2002 € 1 ABR 13/01 € AP BetrVG 1972 § 87 Gesundheitsschutz Nr. 12, zu B II 2 a).Sie soll gewährleisten, dass der Streitgegenstand abgegrenzt wird und zugleich die Voraussetzungen für eine ggf. erforderliche Zwangsvollstreckung geschaffen werden(BGH 14. Dezember 1998 € II ZR 330/97 € LM ZPO § 283 Nr. 7, zu I 2 a; BAG 15. Januar 2002 a. a. O., zu B II 2 a).Daran gemessen ist ein Klageantrag hinreichend bestimmt, wenn in ihm der erhobene Anspruch konkret bezeichnet wird, dadurch der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) abgesteckt wird, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Sachentscheidung (§ 322 ZPO) erkennbar werden, das Risiko des Unterliegens nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Antragsgegner abgewälzt wird und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Tenor einer Sachentscheidung eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren nicht erwarten lässt(BGH 14. Dezember 1998 a. a. O., zu I 2 a; 28. November 2002 € I ZR 168/00 € BGHZ 153/69, zu II 2 b (1)).
Macht ein Betriebsrat im Beschlussverfahren ein bestimmtes Mitbestimmungsrecht geltend, muss er die betrieblichen Vorgänge, für die er das Recht beansprucht, so genau bezeichnen, dass mit der Entscheidung über den Antrag feststeht, für welche Maßnahmen oder Vorgänge es bejaht werden soll(BAG 15. Januar 2002 a. a. O., zu B II 2 a, m. w. N.).Die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe und die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts im Antrag reichen nicht aus, wenn über den Inhalt und die Bedeutung der fraglichen Begriffe zwischen den Beteiligten gestritten wird(BAG 11. November 1997 € 1 ABR 21/97 € BAGE 87/64, zu B III 1 c; BGH 01. Dezember 1999 € I ZR 49/97 € BGHZ 143/214; 12. Juli 2001 € I ZR 89/99 € LM UWG § 2 Nr. 2, zu III 1).
Diesen Voraussetzungen entspricht der Hilfsantrag nicht. Mit diesem wird mit den Begriffen "Versetzung ... zu einem anderen Arbeitsbereich durch erhebliche Änderungen der Arbeitsbedingungen" die gesetzliche Begrifflichkeit der §§ 95 Abs. 3 Satz 1, 99 BetrVG zum Teil wörtlich und zum Teil synonym wiedergegeben, obwohl die Beteiligten gerade über die Auslegung dieser Normen und deren Bedeutung hinsichtlich der Beschäftigung von Frau A und Herrn B streiten. Der Betriebsrat hätte insoweit deutlich machen müssen, welche konkreten Änderungen der Arbeitsbedingungen aufgehoben und wie die betroffenen Arbeitnehmer daher künftig beschäftigt werden sollen. Daran fehlt es. Angesichts der unklaren Fassung des Hilfsantrags würde der Streit der Beteiligten im Fall der Stattgabe des Antrags durch eine Sachentscheidung systemwidrig in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden.
Die Kammer vermag entgegen der Auffassung des Betriebsrats auch nicht ihre Vorstellungen darüber, in welcher Tätigkeitsänderung möglicherweise eine Versetzung liegen könnte, an die Stelle der des Betriebsrats zu setzen. Ein Antrag gemäß § 101 Satz 1 BetrVG ist ein Leistungsantrag. Der Betriebsrat muss als Gläubiger selbst bezeichnen, welche Leistung er von dem passivlegitimierten Arbeitgeber fordert, und kann die Auswahl der vom Arbeitgeber zu erbringenden Leistung nicht den Arbeitsgerichten überlassen. Dies wäre mit der auch im Beschlussverfahren zu beachtenden Norm von § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht vereinbar(zur Geltung von § 308 ZPO im Beschlussverfahren vgl. etwa GK-ArbGG-Dörner Stand Oktober 2007 § 81 Rn 5; Matthes in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 5. Aufl. § 81 Rn 33; jeweils m. w. N.).Die Arbeitsgerichte können dem Betriebsrat aufgrund ihrer Bindung an dessen Anträge nur einen Anspruch zusprechen, den dieser auch geltend gemacht hat.
Hinzu kommt, dass sich auch keineswegs klar aus der Antragsbegründung des Betriebsrats ergibt, welche konkrete aktuelle Struktur der Beschäftigung der betroffenen Arbeitnehmer auf welche konkrete Weise revidiert werden soll. Erkennbar ist nur, dass der Betriebsrat eine vielgestaltigere Tätigkeit von Frau A und Herrn B innerhalb des Rahmens der OKK-Stellenbeschreibung für geboten hält. Wie diese konkret gestaltet sein soll, wird auch aus der Antragsbegründung nicht auf vollstreckungsfähige Weise deutlich.
b) Der Hauptantrag ist dagegen zulässig. Die Beschwerdekammer nimmt zur Begründung insoweit Bezug auf die Ausführungen unter B. II. 1. a) des den Beteiligten vorliegenden Kammerbeschlusses vom 21. März 2006 €4/18 TaBV 114/05€.
2. Der Hauptantrag ist nicht begründet.
a) Der Betriebsrat hat keinen Anspruch auf die Aufhebung einer Versetzung von Frau A und Herrn B auf eine Position als K bzw. SF, da derartige Maßnahmen nicht durchgeführt wurden. Das Vorliegen einer Versetzung setzt nach § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs voraus, also eine nicht unerhebliche Änderung der Arbeitsumstände. Hier ist bereits eine Änderung der Tätigkeit der betroffenen Arbeitnehmer nicht erkennbar. Die Arbeitgeberin hat vorgetragen, dass sie Frau A und Herrn B seit deren Einstellung mit ähnlicher Schwerpunktsetzung beschäftigt hat wie in den letzten Jahren. Dem ist der Betriebsrat nicht entgegengetreten. Änderte sich die Tätigkeit der betroffenen Arbeitnehmer damit nicht wesentlich, können ihnen nicht andere Arbeitsbereiche zugewiesen worden sein. Soweit der Betriebsrat auf aus seiner Sicht vorliegende Diskrepanzen zwischen ihrer Tätigkeit und dem Inhalt der OKK-Stellenbeschreibung verweist, begründet dies mangels Änderung der Tätigkeit jedenfalls nicht die Annahme einer Versetzung. Es ist allenfalls denkbar, dass der Betriebsrat bei der Einstellung von Frau A und Herrn B nicht ausreichend über deren in Aussicht genommene Tätigkeit unterrichtet wurde.
b) Die Beschwerdekammer teilt weiter die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass Frau A und Herr B nach wie vor gemäß der OKK-Stellenbeschreibung beschäftigt werden. Auch deshalb fehlt es an einer Versetzung auf die Position als K bzw. SF.
Der OKK-Stellenbeschreibung ist keine Springertätigkeit zu entnehmen. Sie enthält vielmehr eine vielgestaltige Aufgabenstellung, deren erkennbarer Zweck darin liegt, der Arbeitgeberin einen flexiblen Einsatz der ihr unterliegenden Arbeitnehmer zu erlauben. Diesem Zweck würde es zuwiderlaufen, wenn die Arbeitgeberin gemäß dem Verständnis des Betriebsrats zu einer durchlaufenden Zuweisung aller in der Stellenbeschreibung angeführten Tätigkeiten an jeden einzelnen OKK verpflichtet sein sollte. Dass dies nicht der Zweck der Stellenbeschreibung sein sollte, wird besonders aus dem Tätigkeitsmerkmal "innerbetrieblicher Transport (ggf. mit Lkw)" deutlich. Ist im Betrieb nur ein Lkw zur Durchführung der innerbetrieblichen Transports vorhanden, können 26 OKK nicht regelmäßig mit dieser Funktion beschäftigt werden. Die Möglichkeit der Schwerpunktbildung innerhalb der verschiedenen Tätigkeitsmerkmale der Tätigkeitsbeschreibung ist dieser daher immanent.
Frau A war in der Zeit vom 12. Juli 2006 bis zum 03. August 2007 im Wesentlichen mit den Funktionen "Kommission FPU/FPK-OPL", "Ein-/Auslagern", "VPE-Packen", "Papiere bearbeiten" und "Nachschub Regale" beschäftigt. Diese Tätigkeiten lassen sich unproblematisch der OKK-Stellenbeschreibung zuordnen. Sie entsprechen dagegen nicht den K-Stellenbeschreibungen, insbesondere nicht der vom Betriebsrat für maßgeblich betrachteten aus dem Jahr 1999. In dieser ist die von Frau A wesentlich ausgeübte Kommissionierungstätigkeit überhaupt nicht vorgesehen. Es kann daher nicht davon die Rede sein, dass ihr die Stelle einer K zugewiesen wurde.
Ähnliches gilt für Herrn B. Dieser wurde ebenfalls keineswegs ausschließlich mit "Ein-/Auslagern" und "Be-/Entladung" beschäftigt; diese Tätigkeiten unterfallen zudem ebenfalls der OKK-Stellenbeschreibung, nämlich deren Ziffern 8.2.4. und 8.2.5. Daneben wurde er beschäftigt mit "Wickeln", "Kommission FPU/FPK-OPL", "Kommission FPO" und "VE Packen". Dies sind Funktionen, die den Abschnitten 8.1. bzw. 8.3. der OKK-Stellenbeschreibung unterfallen, nicht aber der SF-Stellenbeschreibung. Herr B wurde daher tatsächlich multifunktional im Rahmen der OKK-Stellenbeschreibung beschäftigt und nicht in den Arbeitsbereich eines SF versetzt.
3. Ein Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde im Sinne der §§ 72 Abs. 2, 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG besteht nicht.
Hessisches LAG:
Beschluss v. 25.09.2007
Az: 4 TaBV 95/07
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