Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. März 2000
Aktenzeichen: 30 W (pat) 234/99
(BPatG: Beschluss v. 27.03.2000, Az.: 30 W (pat) 234/99)
Tenor
Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 vom 25. März 1998 und vom 21. Juni 1999 aufgehoben.
Gründe
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist KP-Kapselnzuletzt für die Waren der Klassen 5 und 30
"diätetische Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke auf Basis von aus Kümmel und Papaya gewonnenen Ölen und Extrakten und frei von Kreatinphosphat;
diätetische Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf Basis von aus Kümmel und Papaya gewonnenen Ölen und Extrakten und frei von Kreatinphosphat".
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patentamts, besetzt mit einem Beamten des gehobenen Dienstes, hat durch Erstbeschluß die Anmeldung zurückgewiesen, weil es sich bei dem Markenbestandteil "KP" um eine Fachabkürzung handele, die auf dem medizinischpharmazeutischen und chemischpharmazeutischen Gebiet für "Kreatinphosphat" stehe. Die angemeldete Marke vermittle die unmittelbare Information, daß es sich bei den Waren um solche in Form von Kapseln mit dem Inhaltsstoff "Kreatinphosphat" handele bzw daß die Kapseln die Bildung des Energiespeichers "Kreatinphosphat" im Muskel beeinflußten. Beide Markenbestandteile seien einzeln geeignet, die beanspruchten Waren zu beschreiben; aber auch in ihrer Zusammenstellung sei die Angabe freihaltebedürftig. Darüber hinaus fehle der Marke auch jegliche Unterscheidungskraft. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Erinnerung der Anmelderin ist erfolglos geblieben.
Die Anmelderin hat Beschwerde erhoben und im Beschwerdeverfahren das Warenverzeichnis beschränkt.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Auf der Grundlage des im Beschwerdeverfahren eingeschränkten Warenverzeichnisses ist die angemeldete Marke "KP-Kapseln" weder nach § 8 Absatz 2 Nr 1 und 2 MarkenG noch nach § 8 Abs 2 Nr 4 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
1. An der angemeldeten, aus Buchstaben und Wort kombinierten Marke "KP-Kapseln" besteht kein Freihaltungsbedürfnis iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG; denn es ist nicht ersichtlich, daß sie in ihrer für die Beurteilung der Schutzfähigkeit allein maßgeblichen Gesamtheit ausschließlich aus beschreibenden Angaben über wesentliche Eigenschaften der unter dieser Marke angebotenen Waren dienen könnte und deswegen für die Mitbewerber der Anmelderin freigehalten werden müßte.
Nach § 3 Abs 1, § 8 Abs 2 MarkenG sind Buchstaben oder Buchstabengruppen grundsätzlich eintragbar, es sei denn, daß sie im Einzelfall aufgrund konkreter Feststellungen freihaltebedürftig sind (oder keine Unterscheidungskraft besitzen). Das Freihaltungsinteresse an Beschaffenheitsangaben erstreckt sich grundsätzlich auch auf Abkürzungen, vorausgesetzt, diese sind gebräuchlich und aus sich heraus verständlich. Erforderlich ist, daß sie von den beteiligten Verkehrskreisen ohne weiteres der betreffenden Beschaffenheitsangabe gleichgesetzt werden (vgl Althammer/Ströbele MarkenG 5. Aufl § 8 Rdn 69). Das ist hier nicht der Fall. Die in der Marke enthaltene Buchstabenkombination "KP" stellt keine unmittelbar beschreibende Angabe dar.
"KP" ist zwar, wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, im "Roche Lexikon Medizin", herausgegeben von der Hoffmann-La Roche AG, als Abkürzung für "Kreatinphosphat" verzeichnet (4. Aufl S 949). Ob allein schon deshalb eine Vermutung für eine beschreibende Verwendbarkeit von "KP" spricht oder ob hier nicht verschiedene Bedeutungen dieser Abkürzung einer solchen Vermutung entgegenstehen, kann an dieser Stelle indessen dahingestellt bleiben. Denn nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses wird die angemeldete Marke nur noch für solche Waren beansprucht, die frei von Kreatinphosphat sind. Für die noch beanspruchten Waren kommt damit "KP" als Angabe über ihre Zusammensetzung nicht - mehr - in Betracht. Daß "KP" etwa für die im Warenverzeichnis genannten Inhaltsstoffe von Ölen und Extrakten aus Kümmel und Papaya eine gebräuchliche, ohne weiteres verständliche Abkürzung ist, kann nicht festgestellt werden.
Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß "KP" für die beanspruchten Waren eine Bestimmungsangabe in dem Sinn darstellt, daß diese zur Bildung von Kreatinphosphat durch die im Warenverzeichnis aufgeführten Öle und Extrakte aus Kümmel und Papaya im Körper wirksam werden können. Soweit ersichtlich kommt durch die Nahrung aufgenommenes Kreatin (von griechisch kreas = Fleisch), das im Körper zu Kreatinphosphat aufgebaut wird, fast ausschließlich in tierischen Lebensmitteln vor, vor allem in rotem Fleisch; in Pflanzen - und damit in den hier maßgebenden Inhaltsstoffen - findet es sich hingegen nur in Spuren (vgl Pschyrembel Klinisches Wörterbuch 258. Aufl S 869; Internetrecherche zu "creatinphosphat" unter Sportmagazin, Aktuelle Themen).
Bei der angemeldeten Marke handelt es sich damit nicht mehr ausschließlich um eine Angabe, die im Hinblick auf die beanspruchten Waren zur unmittelbaren Beschreibung ihrer Beschaffenheit oder Bestimmung dienen kann.
2. Der angemeldeten Marke in ihrer Gesamtheit kann auch nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr 1 MarkenG als die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh, jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (ständige Rechtsprechung zuletzt BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the best). Die Unterscheidungskraft kann zum einen entfallen, wenn die Wortmarke einen für die fraglichen Waren im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt hat. Hiervon ist jedoch nicht auszugehen; daß "KP-Kapseln" keine konkrete Sachangabe enthält, wurde bereits bei der Prüfung des Freihaltungsbedürfnisses festgestellt. Zwar unterliegen die Eintragungshindernisse des Freihaltungsbedürfnisses und der Unterscheidungskraft unterschiedlichen Voraussetzungen; steht aber fest, daß eine in ihrem Aussagegehalt ohne weiteres verständliche Marke für die konkreten Waren als Sachangabe nicht freihaltebedürftig ist, so wird die Unterscheidungskraft, soweit das Vorliegen eines im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalts geprüft wird, regelmäßig zu bejahen sein. Unter diesem Gesichtspunkt kann der Marke daher die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Es sind auch keine anderen Umstände erkennbar, die gegen ihre Eignung zur Ausübung der Herkunftsfunktion sprechen (zum Eintragungshindernis fehlender Unterscheidungskraft vgl zB BGH MarkenR 1999, 349, 351 "YES").
3. Die angemeldete Marke ist auch nicht nach § 8 Absatz 2 Nr 4 in Verbindung mit § 37 Absatz 3 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Denn die Eignung, das Publikum insbesondere über die Art oder die Beschaffenheit der Waren zu täuschen, ist nicht ersichtlich im Sinne von § 37 Absatz 3 MarkenG.
In bezug auf die beanspruchten Waren kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Marke für einen nicht unerheblichen Teil der beteiligten Verkehrskreise, auch wenn diese umsichtige und kritisch prüfende Verbraucher sind, eine unrichtige Aussage darstellt. Es kann nämlich schon nicht festgestellt werden, daß die Abkürzung "KP" und damit auch die Bedeutung von Kreatinphosphat ohne weiteres geläufig ist. Denn in diesem Sinn ist die Abkürzung nicht durchweg vermerkt; so steht "KP" bzw "Kp" oder "kp" in Nachschlagewerken auch nur für "Kochpunkt" (Hunnius Pharmazeutisches Wörterbuch 8. Aufl S 791) oder "Keratic precipitate, Kilopond, Kochpunkt" (Reallexikon der Medizin 1971 4. Band K 222) oder auch "Kaufpreis, Kochpunkt, Kommunistische Partei" (Internetrecherche zu KP) sowie für "Klinikpackung" (Roche Lexikon Medizin aaO S 949). Auch dem Fachverkehr erschließt sich "KP" im Sinne von Kreatinphosphat von daher nicht ohne weiteres; ihm dürfte insoweit ohnehin eher die Abkürzung "CP" geläufig sein; darauf deuten jedenfalls die Angaben in verschiedenen Nachschlagewerken hin, in denen "CP" als Abkürzung dazu angeführt ist (Reallexikon der Medizin aaO K 233; Reallexikon der Medizin 2. Band C 234; Lexikon der Medizin 16. Aufl 1999 S 382; auch Roche Lexikon Medizin aaO S 949 alternativ zu KP).
Die Beschwerde hat somit Erfolg.
Dr. Buchetmann Schramm Winter Fa
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Beschluss v. 27.03.2000
Az: 30 W (pat) 234/99
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