Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. November 2004
Aktenzeichen: 25 W (pat) 87/03

(BPatG: Beschluss v. 04.11.2004, Az.: 25 W (pat) 87/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Marke AUCOSOFT ist am 25. Juni 2001 unter der Nummer 300 85 967 für die Waren und Dienstleistungen

"Entwicklung und Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung im Steuerungsbereich (SPS) für Industrieanlagen (einschließlich Visualisierung der Anlage mit ihren Bedienelementen), Entwicklung von Computerprogrammen unter WIN 95/98/ME/NT/2000 für Betriebsdatenerfassung, Datenbanksysteme und kundenspezifische Softwareanwendungen; Entwicklung und Einstellung von Webseiten ins Internet, Design und Aktualisierung von Internetseiten bzw. Homepages, Bereitstellung einer E-Commerce-Plattform im Internet für kleine bis mittelständische Unternehmen; Computerhard- und -software"

in das Markenregister eingetragen worden. Dagegen hat die Inhaberin der für die Waren und Dienstleistungen

"Computer, auf maschinenlesbaren Datenträgern aufgezeichnete Computerprogramme (Software); Erstellung von Computerprogrammen, Wartung von Computerprogrammen"

und seit dem 16. März 1992 eingetragenen Marke AUCOTEC Widerspruch erhoben, deren rechtserhaltende Benutzung seitens des Inhabers der angegriffenen Marke bestritten ist.

Durch Beschluss der Markenstelle vom 10. März 2003 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Frage der Benutzung der Widerspruchsmarke könne dahingestellt bleiben, da auch nach der Registerlage und einer danach beachtlichen Nähe der Waren/Dienstleistungen bzw einer teilweise möglichen Identität mangels hinreichender Gemeinsamkeiten der Zeichen keine Verwechslungsgefahr bestehe. Bei der Beurteilung des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke sei von der Gesamtgestaltung auszugehen, da vorliegend einzelnen Bestandteilen keine selbstständig kollisionsbegründende Bedeutung zukomme. In ihrer Gesamtheit seien die Marken jedoch sowohl in bildlicher als auch in klanglicher Hinsicht wegen der abweichenden Endungen "SOFT" und "TEC" ausreichend verschieden, auch wenn sie in dem Anfangsbestandteil "AUCO" übereinstimmten. Denn es müsse berücksichtigt werden, dass dieser als Abkürzung für "Automatisierung" und "Computer" stehe und somit kennzeichnungsschwach sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der Widerspruchsmarke vom 17. März 2003 mit dem Antrag, den Beschluss der Markenstelle vom 10. Februar 2003 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke für alle Waren und Dienstleistungen anzuordnen.

Sie macht wie bereits im Verfahren vor der Markenstelle geltend, dass die Widerspruchsmarke über eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit verfüge. Die jährlichen Werbeaufwendungen würden ca. ... EUR betragen. Es würden ferner entsprechende Werbeanzeigen geschaltet. Unzutreffend sei auch die Annahme der Markenstelle, dass "AUCO" eine Abkürzung und kennzeichnungsschwach sei. Es sei vielmehr aufgrund der seit 1985 erfolgten intensiven Markennutzung von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft auszugehen. Demgegenüber seien die weiteren Bestandteile glatt beschreibend iSv "Software" und "Technik" und wiesen - wenn überhaupt - eine wesentlich geringere Kennzeichnungskraft als der Bestandteil "AUCO" auf. Es bestehe deshalb sowohl optische als auch klangliche Verwechslungsgefahr.

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Zutreffend habe die Markenstelle eine Verwechslungsgefahr verneint und nicht ausschließlich auf die Wortbestandteile "AUCO", sondern auf die Zeichen in ihrer Gesamtheit abgestellt. Bestritten werde eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke. Die vorgelegten Unterlagen seien nicht geeignet, eine gesteigerte Kennzeichnungskraft bzw Verkehrsbekanntheit zu begründen, da es sich um völlig gängige Werbeprospekte und Produktbeschreibungen handele. Er hat zudem erneut die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten, weil diese nur firmenmäßig, nicht aber markenmäßig verwendet werde.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Zwischen der angegriffenen Marke "AUCOSOFT" und der Widerspruchsmarke "AUCOTEC" besteht nicht die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, so dass die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen war.

Der Senat geht dabei mangels anderer Anhaltspunkte wie bereits die Markenstelle von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus. Eine von der Widersprechenden geltend gemachte erhöhte Kennzeichnungskraft kann der Widerspruchsmarke nicht zuerkannt werden. Allein die nicht gerade hohen Umsätze der Jahre 1999/2000 und 2000/2100 von ... € bzw. ... € (eidesstattliche Versicherung vom 15.08.2002) sowie jährliche Werbeaufwendungen von jährlich ... EUR erlauben keine Feststellungen zur Marktpositionierung der Widerspruchsmarke im Vergleich zu Konkurrenzprodukten und damit zum Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke. Die - ohnehin nur in Kopie vorliegende - eidesstattliche Versicherung vom 04. August 2003 sowie die beigefügten Anlagen enthalten ebenfalls keine Tatsachen, die Rückschlüsse auf eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke erlauben.

Die aufgeworfenen Benutzungsfragen können dahinstehen. Denn auch wenn man zugunsten der Widersprechenden von der Registerlage ausgeht, wonach sich die Zeichen teilweise auf identischen und ansonsten sehr ähnlichen Waren und Dienstleistungen begegnen können, so dass strenge Anforderungen an den Markenabstand zu stellen sind, genügt die angegriffene Marke diesen sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht.

Beim Vergleich der Marken ist maßgeblich auf den Gesamteindruck der Zeichen abzustellen. Eine zergliedernde Betrachtungsweise einzelner Markenteile ist dabei zu vermeiden; vielmehr ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 152). Entgegen der Auffassung der Widersprechenden kann daher bei einem Einwortzeichen wie "AUCOTEC" im Gegensatz zu mehrteiligen Kombinationsmarken nicht ohne weiteres auf "Bestandteile" abgestellt werden, welche den "Gesamteindruck" des einheitlichen Worts prägen und insoweit für sich gesehen eine unmittelbare Verwechslungsgefahr mit anderen Marken begründen könnten (vgl. BPatG, GRUR 2002, 438, 440 - WISCHMAX/Max). Für den Verkehr besteht bei einem einheitlichen Gesamtbegriff in der Regel kein Anlass, sich an einem einzelnen Markenbestandteil zu orientieren (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 403).

Danach scheidet eine unmittelbare klangliche Verwechslungsgefahr beider Markenwörter aus, weil trotz des übereinstimmenden Wortanfangs AUCO- der Endbestandteil "-SOFT" der angegriffenen Marke gegenüber dem Endbestandteil "-TEC" der Widerspruchsmarke ein derart auffallendes unterschiedliches Gesamtklangbild vermittelt, dass ein Auseinanderhalten der Wörter im jeweiligen Gesamteindruck jederzeit gewährleistet ist.

Der gemeinsame Wortanfang "AUCO" wirkt auch nicht deshalb kollisionsbegründend, weil die jeweiligen beschreibenden Endbestandteile "-TEC" bzw. "-SOFT" so kennzeichnungsschwach sind, so dass sie im Rahmen des Gesamteindrucks (ausnahmsweise) vernachlässigt (vgl. BPatG, GRUR 2002, 438, 440 - WISCHMAX/Max) bzw. von dem Wortanfang "abgespalten" werden könnten (vgl. dazu Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 449). So ergab eine Internetrecherche, dass "AUCO" von einer AUCOTEAM GmbH als Bestandteil der Firmenbezeichnung und als Bestandteil einer entsprechenden Marke genutzt wird. Für dieses Unternehmen sind auch eine Reihe weiterer "AUCO-"Marken eingetragen wie z.B. AUCOGRAF, AUCOMOD, AUCOVISU; AUCOCONTROL. Überhaupt dient der Begriff "AUCO" Unternehmen aus verschiedenen Branchen als Firmen- bzw. Unternehmenskennzeichen (z.B. "auco autocomfort GmbH", AUCO GmbH Berufskleidung). Aufgrund dieser vielfältigen und in verschiedenen Branchen verbreiteten Nutzung des Begriffs "AUCO" entweder in Alleinstellung oder in Wortkombinationen und seiner - wenn auch nicht unbedingt auf den ersten Blick erkennbaren - beschreibenden Anlehnung an "Automatisierung" und "Computer" ist dieser Begriff dann aber nicht so originell und einprägsam, dass er geeignet wäre, die zwar beschreibenden, aber dennoch kurz und schlagwortartig angefügten Bestandteile "-TEC" und "-SOFT" im Rahmen des Gesamteindrucks kennzeichenmäßig in den Hintergrund zu drängen. Für den Verkehr besteht auch keine Veranlassung, in den klanglich gut erfassbaren und leicht aussprechbaren Markenwörtern "AUCOTEC" bzw. "AUCOSOFT" aus Gründen der Bequemlichkeit oder Vereinfachung nach einem den Gesamteindruck prägenden Einzelelement zu suchen. Vielmehr verbinden sich die jeweiligen Wortbestandteile zu einem einheitlichen betrieblichen Herkunftshinweis (vgl. BGH, MarkenR 2004, 356, 358 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 409).

Im schriftbildlichen Gesamteindruck halten die Marken in allen üblichen Wiedergabeformen aufgrund der auffallenden Unterschiede zwischen "TEC" und "SOFT" ebenfalls einen ausreichenden Abstand ein. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass das Schriftbild der Marken erfahrungsgemäß sehr viel besser eine ruhige oder auch wiederholte Wahrnehmung einer Bezeichnung gestattet als das gesprochene Wort.

Der Senat sieht auch keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine assoziative Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 letzter Halbsatz MarkenG unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens, weil der Verkehr den Bestandteil "AUCO" in Markenwortbildungen als Hinweis auf die Widersprechende auffassen könnte.

Dass die Widersprechende den Markenbestandteil "AUCO" für ihre Produkte als Serienzeichen etabliert hätte, hat die Widersprechende nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass für die Widersprechende mehrere Marken mit dem gemeinsamen Bestandteil "AUCO" eingetragen sind, besagt ohne Vortrag zu Inhalt und Umfang einer Benutzung dieser Marken nichts über die Verwendung dieses Bestandteils als Serienzeichen. Den eingereichten Unterlagen lässt sich lediglich eine Nutzung der Produktmarke "AUCOPLAN" entnehmen; eine Recherche im Internet deutet zudem auf eine mögliche Verwendung der weiteren Marke "AUCOPROVIS" hin. Für die Feststellung einer Gewöhnung des Verkehrs an einen entsprechenden Stammbestandteil "AUCO" im Rahmen einer Serienmarkenbildung der Widersprechenden reicht dies aber nicht aus.

Zudem ist der Markenbestandteil "AUCO" ohnehin kaum geeignet, vom Verkehr als Stammbestandteil einer Zeichenserie aufgefasst zu werden und eine entsprechende Hinweisfunktion auf den Betrieb der Widersprechenden auszuüben. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn es sich bei "AUCO" um einen besonders hervorstechenden oder in Alleinstellung als Firmenkennzeichnung verwendeten Bestandteil handeln würde oder wenn sonstige Umstände diesen Schluss aufdrängen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 476). Davon kann bei dem Markenbestandteil "AUCO" nicht ausgegangen werden, selbst wenn man berücksichtigt, dass die jeweiligen Endbestandteile "-TEC" bei der Widerspruchsmarke bzw. "-SOFT" bei der angegriffenen Marke beschreibend und daher für sich gesehen kennzeichnungsschwach sind. Zwar können solche abweichenden und kennzeichnungsschwachen Elemente geeignet sein, die Aufmerksamkeit des Verkehrs auf den gemeinsamen Markenteil lenken und diesen als das eigentliche Betriebskennzeichen erscheinen lassen (vgl. BPatG, GRUR 2002, 438 WISCHMAX/Max). Der Annahme einer solchen Verkehrsauffassung stehen hier überwiegende Gesichtspunkte entgegen. Zunächst fehlt dem Wortbestandteil "AUCO" mit seiner beschreibenden Anlehnung an die Begriffe "Automatisierung" und "Computer" schon die Originalität, die die angesprochenen Verkehrskreise veranlassen könnte, in ihm einen Hinweis auf den Betrieb der Widersprechenden zu sehen. Die Verwendung des Begriffs "aucomatisch" durch die Widersprechende im Rahmen ihrer Werbung bzw. Präsentation der (Software-) Produkte (Bl. 31 GA) verdeutlicht zudem, dass eine beschreibende Annäherung von "AUCO" an die Begriffe "Automatisierung"" und "Computer" durchaus gewollt ist. Vor allem jedoch wegen seiner zuvor erörterten vielfältigen und in verschiedenen Branchen verbreiteten Nutzung entweder in Alleinstellung oder in Wortkombinationen fehlt diesem Begriff die Eignung, im Verkehr den Eindruck entstehen zu lassen, die damit gekennzeichneten Waren/Dienstleistungen seien demselben Betrieb zuzuordnen bzw. stammen aus diesem.

Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Kliems Bayer Merzbach Na






BPatG:
Beschluss v. 04.11.2004
Az: 25 W (pat) 87/03


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