Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 27. November 2008
Aktenzeichen: 1 K 1823/99

(VG Köln: Urteil v. 27.11.2008, Az.: 1 K 1823/99)

Tenor

Die Bescheide der Regulierungsbehörde vom 08. und 10. Februar 1999werden insoweit aufgehoben, als sie monatliche Entgelte betreffen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Beteiligten je zu einem Drittel.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein überregionaler Betreiber von Telekommunikationsnetzen, über die unmittelbar angeschlossene Endkunden mit Telekommunikationsdienstleistungen versorgt werden. Am 30. September 1998 schloss sie mit der Beigeladenen einen Vertrag über den Zugang zu deren Teilnehmeranschlussleitung (TAL).

Nachdem die Beigeladene auch ihren dritten Antrag vom 21. September 1998 auf Genehmigung von Entgelten für mehrere Varianten des Zugangs zur TAL zurückgenommen hatte, verpflichtete das erkennende Gericht die Beklagte durch rechtskräftig gewordenen Beschluss vom 20. Januar 1999 -1 L 3890/98-, durch die zuständige Beschlusskammer der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (Regulierungsbehörde) innerhalb von 14 Tagen über die Genehmigung der TAL-Entgelte abschließend auf der Grundlage der zu jenem Zeitpunkt vorliegenden Ergebnisse der Überprüfung der von der Beigeladenen vorgelegten Genehmigungsunterlagen zu entscheiden.

Mit Bescheid vom 8. Februar 1999 ( ) genehmigte die Regulierungsbehörde die Entgelte der Beigeladenen für den Zugang zur TAL nur teilweise, und zwar -jeweils in unterschiedlicher Höhe- die monatlichen Überlassungsentgelte für die drei Zugangsvarianten CuDA 2Dr, CuDA 2Dr mit hochbitratiger Nutzung und CCA-A (Ziffer 1 a) sowie die einmaligen Bereitstellungsentgelte und die Kündigungsentgelte für 22 Zugangsvarianten (Ziffer 1 b). Mit Bescheid vom 10. Februar 1999 ( ) genehmigte die Regulierungsbehörde die monatlichen Überlassungsentgelte für 17 weitere Zugangsvarianten ebenfalls nur teilweise. Beide Genehmigungen sind auf § 39 1. Alternative i.V.m. §§ 24, 25 Abs. 1 und 27 Telekommunikationsgesetz (TKG) gestützt, beschränken sich auf die damals der Regulierungsbehörde vorliegenden Verträge über den TAL-Zugang und sind bis zum 31. März 2001 befristet.

Mit Verfügung 22/1999 (Amtsblatt Regulierungsbehörde 1999, S. 511) stellte die Regulierungsbehörde fest, die mit den vorgenannten Bescheiden genehmigten TAL- Entgelte stellten ein Grundangebot im Sinne des § 6 Abs. 5 Netzzugangsverordnung (NZV) dar und seien daher gemäß § 6 Abs. 5 S. 2 NZV von einem Betreiber nach § 35 Abs. 1 TKG in seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzunehmen. Die Klägerin hat am 8. März 1999 Klage erhoben. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend:

Die Entgelte entsprächen nicht dem Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (KeL) nach § 24 Abs. 1 Satz 1 TKG i.V.m. § 3 Telekommunikations-Entgeltregulierungsverordnung (TEntgV). Bei der Ermittlung der Kapitalkosten habe die Regulierungsbehörde nicht die tatsächlichen Netzkosten zugrunde gelegt, sondern fehlerhaft allein auf diejenigen Kosten abgestellt, welche bei der Errichtung eines neuen Netzes entstünden. Es habe berücksichtigt werden müssen, dass das vorhandene Netz der Beigeladenen zu einem erheblichen Teil bereits abgeschrieben sei. Ferner hätten längere Abschreibungszeiträume für Kupferkabel und für Kabelkanalanlagen angesetzt werden müssen. Selbst wenn man jedoch das alleinige Abstellen auf die Kosten eines neuen Netzes für grundsätzlich zulässig hielte, habe die Regulierungsbehörde bei der Methodenauswahl zur Berechnung der Kapitalkosten den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum nicht erkannt, die maßgeblichen Gesichtspunkte fehlerhaft gewichtet und die konkurrierenden Belange der Förderung des Dienstewettbewerbs und der Förderung des Infrastrukturwettbewerbs nicht entsprechend ihrer Bedeutung sachgerecht gegeneinander abgewogen. Rechtswidrig sei auch die Ermittlung des kalkulatorischen Zinssatzes. Die darin enthaltene Risikoprämie des Eigenkapitals sei anhand des weit verbreiteten Capital Asset Pricing Model (CAPM) unternehmensspezifisch zu ermitteln. Der Gesamtkapitalzinssatz (real) sei mit dem von der Regulierungsbehörde angenommenen Wert von 8,75 % zu hoch angesetzt. Auch der Investitionswert sei mit 1.729,- DM zu hoch bemessen. Dabeisei die kostengünstige, in dünnbesiedelten Gebieten übliche Verlegeart des Einpflügens der Erdkabel unberücksichtigt geblieben. Die Verwendung eines Sicherheitszuschlags gehe einseitig zu Lasten der Wettbewerber der Beigeladenen. Die angesetzten Spleißkosten überstiegen in erheblichem Umfang das marktübliche Preisniveau.

Dies lasse sich auch nicht mit der Regelung des § 3 Abs. 4 TEntgV rechtfertigen. Die von der Regulierungsbehörde verwandte Annuitätenmethode führe zu einer ungerechtfertigten Berücksichtigung von Zinseszinsen. Dies widerspreche der regulatorischen Zielsetzung des Entgeltgenehmigungsverfahrens, einen chancengleichen Wettbewerb auf dem Endkundenmarkt zu ermöglichen. Soweit die Regulierungsbehörde Miet- und Betriebskosten, weitere Gemeinkosten sowie Produkt- und Angebotskosten anerkannt habe, lege die Bescheidbegründung nahe, dass eine Überprüfung dieser Kostenbestandteile anhand des KeL-Maßstabs gänzlich unterblieben sei. Was die einmaligen Bereitstellungs- und Kündigungsentgelte angehe, lasse weder die Bescheidbegründung noch der behördeninterne Prüfbericht erkennen, dass die berücksichtigten Stundensätze und Prozesszeiten auf einer ausreichenden Prüfung beruhten. Für eine rechtswidrige Überhöhung der Einmalentgelte spreche das in den Folgejahren stark zurückgegangene Genehmigungsniveau. Außerdem habe für die Kündigung im Falle der gleichzeitigen Umschaltung des Endkunden auf einen anderen Wettbewerber nur ein niedrigeres Entgelt genehmigt werden dürfen, da bei dieser Variante eine Schaltung am Hauptverteiler (Hvt) entfalle. Schließlich liege eine mit den §§ 24 Abs. 2 Nr. 3 und 27 Abs. 3 TKG unvereinbare Preis-Kosten-Schere zwischen den von den Wettbewerbern der Beigeladenen zu entrichtenden Vorleistungsentgelten für TAL-Zugangsleistungen und den entsprechenden Endkundenentgelten vor.

Die Klägerin beantragt,

1. die Bescheide der Regulierungsbehörde vom 8. und 10. Februar 1999 aufzuheben,

2. die Verfügung 22/1999 der Regulierungsbehörde (Amtsblatt Regulierungsbehörde 1999, S. 511) aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt im Wesentlichen vor:

Die Klägerin verkenne den Beurteilungsspielraum der Regulierungsbehörde und dessen rechtliche Grenzen. Bei der Bestimmung der KeL erstrecke sich dieser Spielraum auf die Methode der Kostenermittlung, die Bestimmung des Effizienzmaßstabes sowie auf die Festlegung, welche Kosten effizient seien, und zwar sowohl bei der Ermittlung des Investitionswerts und der kalkulatorischen Kosten als auch bei der Ermittlung der einzelnen Prozesskosten. Dies wirke sich bei der gerichtlichen Überprüfung der Sachverhaltsermittlung, des Entscheidungsprozesses, der inhaltlichen Maßstäbe und der formalen Entscheidungsanforderungen aus. Bei der Sachverhaltsermittlung habe die Regulierungsbehörde ihren Beurteilungsspielraum erst dann überschritten, wenn sie willkürlich einen Sachverhalt ignoriere oder wissentlich einen falschen Sachverhalt zugrunde lege. Wenn sie jedoch mit plausiblen und nachvollziehbaren Gründen zur Erkenntnis gelange, dass von der Beigeladenen innerhalb der Genehmigungsfrist keine relevanten Sachverhaltsinformationen mehr zu erwarten seien oder dass Informationen, die erst kurz vor Ende des Verfahrens vorgelegt würden, nicht mehr rechtzeitig geprüft und eingearbeitet werden könnten, dürfe sie ihre Entscheidung auch vollständig auf der Basis theoretischer Annahmen treffen. Hinsichtlich des Entscheidungsprozesses sei das Gericht auf die Prüfung beschränkt, ob allgemeingültige, d.h. in der Praxis generell beachtete Bewertungsgrundsätze und - maßstäbe verletzt seien. Existierten solche nicht, habe die Regulierungsbehörde die ihr insbesondere auch durch das europäische Telekommunikationsrecht eingeräumte Wahl zwischen mehreren rationalen Methoden. Soweit keine zwingenden normativen Entgeltanforderungen bestünden, sei vom Gericht inhaltlich nur zu prüfen, ob die Regulierungsbehörde sachfremde Ziele verfolge oder die widerstreitenden Interessen entgegen ihrer objektiven Bedeutung krass fehlgewichtet habe, wobei es maßgebend auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung ankomme. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe sei die umstrittene Entgeltgenehmigung nicht zu beanstanden.

Da die von der Beigeladenen vorgelegten Kostenunterlagen zur Ermittlung des Investitionswerts nicht ausgereicht hätten, habe sich die Regulierungsbehörde zu Recht auf die Studie des Wissenschaftlichen Instituts für Kommunikationsdienste GmbH "Kosten der Teilnehmeranschlussleitung" (WIK-Modell) gestützt. Dieses analytische Kostenmodell stelle eine geeignete und wissenschaftlich vertretbare Methode dar, die von der Beigeladenen geltend gemachten Kosten auf ihre KeL- Orientierung hin zu überprüfen. Die im Rahmen des Investitionswerts berücksichtigten Spleiß- und sonstigen Materialkosten seien nicht überhöht. In Bezug auf die Ermittlung der Kapitalkosten sei nicht zu beanstanden, dass die Regulierungsbehörde die Durchschnittswertmethode statt der Restwertmethode herangezogen habe. Letztere sei auch deshalb nicht mit dem KeL-Maßstab vereinbar, weil sie nicht zukunftsgerichtet sei, sondern historische Überlegungen einbeziehe. Demgegenüber sei die Durchschnittswertmethode für den Regulierungsbereich geeigneter, da mit ihr Wettbewerbspreise besser simuliert werden könnten. Auch bleibe im Rahmen des WIK-Modells die Alterung des Netzes nicht unberücksichtigt. Vielmehr gehe dieses Modell davon aus, dass innerhalb des Teilnehmeranschlussnetzes jedes Jahr eine Anlage wegfalle und dafür eine neue Anlage hinzukomme. Daraus ergebe sich eine durchschnittliche mittlere Altersstruktur des Netzes, so dass der hälftige Wiederbeschaffungszeitwert der relevanten Netzelemente die Basis der kalkulatorischen Verzinsung bilde. Soweit die Durchschnittswertberechnung zu einer kalkulatorischen Abschreibung "unter Null" führe, werde dies im wissenschaftlichen Schrifttum für zulässig gehalten und könne daher nicht als Überschreitung des Beurteilungsspielraums angesehen werden. Mit der Zugrundelegung von Wiederbeschaffungswerten im Rahmen der Durchschnittswertmethode würden gerade diejenigen Abschreibungskosten ermittelt, mit denen auch ein fiktiver neuer Konkurrent zu rechnen habe. Dieser Ansatz entspreche den Zielen der Regulierung sogar in besonderem Maße. Auch sei die mit der Verwendung der Annuitätenmethode verbundene Berücksichtigung von Zinseszinsen rechtlich nicht zu beanstanden. Es gebe eine Vielzahl verschiedener Abschreibungsmethoden, von denen sich keine als allgemeingültig durchgesetzt habe. Betriebswirtschaftlich sei ferner danach zu differenzieren, welcher Kapitaldienst bei steigenden Wiederbeschaffungspreisen angemessen sei und wie mit dem Fall sinkender Preise für ein Anlagegut umgegangen werden müsse. Bei Preissteigerungen seien zwei Ansätze zur Bestimmung des Kapitaldienstes zielführend, die beide gleichwertig seien. Dass sich die Regulierungsbehörde für einen dieser Ansätze entschieden habe und als Annualisierungsfaktoren Wiederbeschaffungspreise in Verbindung mit einem kalkulatorischen Realzinssatz berücksichtigt habe, sei sachgerecht. Eine methodisch fehlerfreie Vorgehensweise verlange, dass es bei der Berechnung der Kapitalkosten zu einem Zinseszinseffekt komme. Dieser sei im Hinblick auf das Ziel der Verstetigung der Regulierungsbedingungen und damit der Schaffung stabiler Rahmenbedingungen für den Wettbewerb hinzunehmen. Es sei auch nicht Aufgabe der Bescheidbegründung, die Methodendiskussion der Wirtschaftswissenschaften wiederzugeben. Was die Ermittlung des kalkulatorischen Zinssatzes angehe, so liege es innerhalb des Beur- teilungsspielraums der Regulierungsbehörde, dass sie die unternehmensspezifische Risikoprämie nicht mittels des CAPM, sondern anhand der Bilanzwertmethode festgestellt habe. Keine dieser beiden Methoden habe sich in der Praxis eindeutig durchgesetzt. CAPM weise gegenüber der Bilanzwertmethode die im angegriffenen Bescheid genannten Mängel auf, welche bei der Beurteilung eines regulierten Unternehmens nicht hinnehmbar seien. Ferner habe die Regulierungsbehörde die von der Beigeladenen geltend gemachte Eigenkapitalrendite nicht ohne weiteres übernommen, sondern u.a. anhand eingeholter wissenschaftlicher Gutachten überprüft. Es gebe keine allgemeingültigen Bewertungsmaßstäbe dazu, ob und in welchem Umfang bei der Ermittlung der angemessenen Kapitalverzinsung die steuerlichen Auswirkungen zu berücksichtigen seien. Die dazu vertretenen wissenschaftlichen Meinungen wichen weit voneinander ab. Abgesehen davon seien in den Szenarien, die von der Regulierungsbehörde intern entwickelt worden und die im Ergebnis Grundlage der Ermittlung der Kapitalverzinsung gewesen seien, steuerliche Auswirkungen berücksichtigt worden. Soweit der Real-Kapitalzinssatz in den eingeholten Gutachten und Stellungnahmen sowie in der Praxis anderer Regulierungsbehörden stark schwanke, habe sich die Regulierungsbehörde für einen Wert im mittleren Bereich entschieden, um das konkrete Risiko der relevanten Sachinvestitionen in ein Telekommunikationsnetz abzubilden. Soweit die Klägerin die Ansätze für Miet- und Betriebskosten, Gemeinkosten sowie Produkt- und Angebotskosten beanstande, verkenne sie, dass der Regulierungsbehörde auch insoweit ein weiter Beurteilungsspielraum zustehe. Abgesehen seien auch die diesbezüglichen Angaben der Beigeladenen nicht einfach übernommen, sondern geprüft und teils erheblich reduziert worden. Die Genehmigung der Bereitstellungs- und Kündigungsentgelte könne nicht mit Erwägungen aus späteren Zeiträumen angegriffen werden, da es für die gerichtliche Überprüfung allein auf den Genehmigungszeitpunkt ankomme. Eine Entgeltdifferenzierung zwischen Kündigungen mit und ohne Umschaltung sei der Regulierungsbehörde innerhalb des zur Verfügung stehenden Entscheidungszeitraums mangels entsprechender Aufteilung der Kosten in den Antragsunterlagen der Beigeladenen nicht möglich gewesen. Abgesehen davon habe die Behörde den Schwerpunkt auf die Genehmigung der Bereitstellungsentgelte gelegt, da es sich um die erste Entgeltgenehmigungsperiode gehandelt habe und daher nur mit wenigen Kündigungen zu rechnen gewesen sei. Im Übrigen habe die Regulierungsbehörde auch bei den Bereitstellungs- und Kündigungsentgelten die Angaben der Beigeladenen nicht ungeprüft übernommen. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne aus den in den Folgejahren stattgefundenen erheblichen Entgeltreduzierungen nicht geschlossen werden, dass im hier maßgeblichen Genehmigungszeitpunkt Effizienzsteigerungspotentiale bestanden hätten. Die bei den einmaligen Entgelten maßgeblichen Kosten würden im Wesentlichen durch Prozesszeiten und Stundensätze bestimmt. Insoweit seien spätere erhebliche Effizienzsteigerungen nicht außergewöhnlich. Ob eine unzulässige Preis-Kosten-Schere vorliege, könne offen bleiben. Denn wenn ein Endkundenentgelt gegen dieses Verbot verstoße, beeinträchtige dies nicht die Rechtmäßigkeit der Genehmigung des entsprechenden Vorleistungsentgelts.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die Klage für unzulässig, da die Klägerin innerhalb der Klagefrist lediglich die teilweise Aufhebung der angegriffenen Bescheide beantragt habe. Im Übrigen verteidigt sie die angefochtenen Bescheide und begründet umfänglich ihre Auffassung, dass die Regulierungsbehörde den ihr zustehenden weiten Beurteilungsspielraum nicht rechtswidrig überschritten habe.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der nach Maßgabe des Kammerbeschlusses vom 2. Juni 2008 beigezogenen Verwaltungsvorgänge und "In-Camera"-Sonderbände verwiesen.

Gründe

Die Klage hat nur im tenorierten Umfang Erfolg.

1. Der Klageantrag zu 1 ist zulässig.

Soweit dieser erstmals mit Schriftsatz vom 30. Juli 2007 angekündigte Antrag von der Fassung der Anträge (1 bis 5) aus der Klageschrift abweicht, liegt keine wegen Versäumung der Klagefrist unzulässige Klageerweiterung vor. Denn in dem hilfsweise gestellten ursprünglichen Antrag zu 5 war das auf Vollaufhebung der Bescheide vom 8. und 10. Februar 1999 gerichtete Klagebegehren bereits enthalten.

Die Klägerin ist gemäß § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auch klagebefugt, da sie geltend machen kann, durch die angefochtenen Bescheide in ihren Rechten verletzt zu sein. Die Entgeltgenehmigung gestaltet gemäß §§ 39 und 29 Abs. 2 Telekommunikationsgesetz vom 25. Juli 1996, BGBl. I S. 1120, (TKG 1996) unmittelbar die zwischen der Klägerin und der Beigeladenen bestehende privatrechtliche Vereinbarung über die Gewährung des TAL-Zugangs, so dass das vom Grundgesetz gewährleistete Recht verletzt sein kann, den Inhalt von vertraglichen Vereinbarungen mit der Gegenseite frei von staatlicher Bindung auszuhandeln,

so zur vergleichbaren Situation bei Zusammenschaltungsentgelten: BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 2006 -6 C 23.05-, Buchholz 442.066 § 24 TKG Nr. 2, Randnummer (Rn.) 15.

Unter diesen Umständen kann auf sich beruhen, ob sich die Klagebefugnis bei gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung des § 42 Abs. 2 VwGO sogar auf solche potenziell Betroffenen erstrecken muss, die noch keine Vertragsbeziehungen über den TAL-Zugang eingegangen sind,

so: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), Urteil vom 24. April 2008, C-55/06 , Rn.177 (http://curia.europa.eu/jurisp/).

2. Der Klageantrag zu 1 ist teilweise begründet. Die angefochtenen Bescheide vom 8. und 10. Februar 1999 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit sie monatliche Überlassungsentgelte betreffen. Im Übrigen sind sie rechtmäßig.

Nach § 39 1. Alternative i.V.m. § 27 Abs. 3 TKG 1996 ist die Genehmigung der Entgelte für die Gewährung eines Netzzugangs nach § 35 zu versagen, wenn die Entgelte den Anforderungen des § 24 Abs. 2 Nr. 1 nach Maßgabe des Absatzes 2 oder offenkundig den Anforderungen des § 24 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 nicht entsprechen oder wenn sie mit diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften nicht in Einklang stehen.

2.1 Allerdings verstoßen die genehmigten monatlichen Überlassungsentgelte entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gegen Art. 82 EG-Vertrag (EG).

Nach dieser i.S.d. § 27 Abs. 3 TKG 1996 "anderen" Rechtsvorschrift ist die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen verboten, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen (Satz 1). Ein solcher Missbrauch kann insbesondere in der unmittelbaren oder mittelbaren Erzwingung von unangemessenen Einkaufs- oder Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen bestehen (Satz 2 lit. a).

Diese Voraussetzungen sind im Falle einer missbräuchlichen Preis-Kosten- Schere erfüllt. Eine derartige Konstellation liegt vor, wenn die Differenz zwischen den Endkundenentgelten eines marktbeherrschenden Unternehmens und dem Vorleistungsentgelt für vergleichbare Leistungen an seine Wettbewerber entweder negativ ist oder nicht ausreicht, um die produktspezifischen Kosten des marktbeherrschenden Unternehmens für die Erbringung seiner eigenen Endkundendienste im nachgeordneten Markt zu decken. Zwar hat die EU- Kommission festgestellt,

vgl. Entscheidung vom 21. Mai 2003 (2003/707/EG), ABl. EG Nr. L 263/9,

dass der Beigeladenen u.a. im hier maßgeblichen Zeitraum zwischen dem 8. Februar 1999 und 31. März 2001 eine solche missbräuchliche Preis-Kosten-Schere in der Form einer - sogar - negativen Differenz

vgl. Entscheidung vom 21. Mai 2003, a.a.O., Rn. 153

anzulasten ist. Auch hat das Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (EuG) die dagegen erhobene Klage der Beigeladenen abgewiesen,

vgl. nicht rechtskräftiges Urteil vom 10. April 2008, T-271/03, Rn. 68-245 (http://curia.europa.eu/jurisp/).

Doch hat der angenommene Verstoß gegen Art. 82 EG keine Auswirkungen auf die im vorliegenden Falle umstrittenen Vorleistungsentgelte. Das ergibt sich aus Folgendem:

Art. 82 EG ist nicht anwendbar, wenn Unternehmen ein wettbewerbswidriges Verhalten durch innerstaatliche Rechtsvorschriften vorgeschrieben wird oder wenn diese einen rechtlichen Rahmen bilden, der selbst jede Möglichkeit für ein Wettbewerbsverhalten ihrerseits ausschließt,

EuGH, Urteil vom 11. November 1997, Slg. 1997, I-6265, Rn. 33.

Dass der für einen Verstoß gegen Art. 82 EG somit erforderliche ausreichende Handlungsspielraum für die Beigeladene gegeben war, hat das EuG nicht für die Vorleistungspreise, sondern nur im Hinblick auf die Endkundenentgelte der Beigeladenen bejaht, da insoweit die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit der Erhöhung bestanden habe,

vgl. EuG, Urteil vom 10. April 2008, a.a.O., Rn. 105, 109, 122, 125, 131 und 199.

Außerdem war für dieses Urteil nicht maßgeblich, ob die Endkundenpreise für sich genommen missbräuchlich waren; vielmehr bezieht sich der Missbrauchsvorwurf auf die Unangemessenheit der Spanne zwischen Vorleistungs- und Endkundenpreisen,

vgl. EuG, Urteil vom 10. April 2008, a.a.O., Rn. 167.

Auch in der einschlägigen Literatur

zum TKG 1996: Schuster/Stürmer, Beck`scher TKG Kommentar, 2. Aufl., Rn 26-26 c zu § 24; Klotz, MMR 2008, 650; Ruhle/Schuster, MMR 2003, 648; zum TKG 2004: Schuster/Ruhle, Beck`scher TKG-Kommentar, 3. Aufl. Rn. 84-90 zu § 28; BerlKommTKG/Groebel, Rn. 55-75 zu § 28; Gerpott, K&R 2005, 108 (110); Mayen, in Scheurle/Mayen, Telekommunikationsgesetz, Kommentar, 2. Aufl., Rn. 42-59 zu § 28

wird an keiner Stelle die Auffassung vertreten, dass von einer missbräuchlichen Preis-Kosten-Schere notwendigerweise beide Seiten der Spanne in dem Sinne betroffen seien, dass bis zur Schließung der Schere weder die Vorleistungs- noch die Endkundenentgelte genehmigt werden dürften.

Die Vorleistungsentgelte in der Form monatlicher Überlassungsentgelte können als solche aber auch deshalb nicht gegen Art. 82 EG verstoßen, weil für die Beigeladene insoweit, anders als für die im sog. Price-Cap-Verfahren nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 TKG 1996 regulierten Endkundenentgelte,

vgl. Entscheidung der EU-Kommission vom 21. Mai 2003, a.a.O., Rn. 34 - 36,

kein ausreichender Handlungsspielraum zur Beseitigung der Preis-Kosten- Schere bestand. Die Beigeladene konnte diese Entgelte nicht unter Kostenniveau senken, sondern war gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996 verpflichtet, sie an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung zu orientieren. Zudem war sie gemäß § 29 Abs. 1 TKG 1996 an den Inhalt der Genehmigungsentscheidung der Regulierungsbehörde gebunden. Soweit die EU-Kommission

vgl. Entscheidung vom 21. Mai 2003, a.a.O., Rn. 17, 163 und 206

die Möglichkeit der Herabsetzung genehmigter Vorleistungsentgelte nicht ausschließt, werden der zwingende Charakter des § 29 Abs. 1 TKG 1996 und die Bindungswirkung der Entgeltgenehmigung nicht hinreichend berücksichtigt.

2.2 Ebenso wenig ergäbe sich aus einer Preis-Kosten-Schere ein offenkundiger Verstoß gegen § 24 Abs. 2 Nr. 3 TKG 1996. Nach dieser Vorschrift dürfen Entgelte einzelnen Nachfragern keine Vorteile gegenüber anderen Nachfragern gleichartiger oder ähnlicher Telekommunikationsdienstleistungen auf dem jeweiligen Markt der Telekommunikation einräumen, es sei denn, dass hierfür ein sachlich gerechtfertigter Grund nachgewiesen wird. Dieser Wortlaut zeigt unmissverständlich, dass sich die Vorschrift gegen unterschiedliche Entgelte für verschiedene Nachfrager, mithin gegen eine ungleiche externe Behandlung richtet. Die auf der Grundlage des genannten EuG-Urteils angenommene Preis-Kosten-Schere bedeutet aber nicht, dass verschiedene Nachfrager für dieselbe Leistung unterschiedliche Entgelte leisten müssen, sondern allenfalls, dass die marktbeherrschende Beigeladene intern, d.h. für die Nutzung der TAL durch ihren Endkundenvertrieb von Teilnehmeranschlüssen, niedrigere Entgelte berechnet als sie von ihren Wettbewerbern verlangt. Diese Art der Ungleichbehandlung betrifft nicht einzelne Nachfrager, denn dabei kann es sich nur um Personen handeln, die mit dem Marktbeherrscher weder identisch noch verbunden sind,

vgl. Schuster/Stürmer, a.a.O., Rn. 51 zu § 24.

2.3 Die umstrittenen Entgelte verstoßen aber teilweise gegen § 24 Abs. 2 Nr. 1 TKG 1996.

Nach dieser Vorschrift dürfen Entgelte keine Aufschläge enthalten, die nur auf Grund der marktbeherrschenden Stellung nach § 19 GWB eines Anbieters auf dem jeweiligen Markt der Telekommunikation durchsetzbar sind. Ob Aufschläge vorliegen, beurteilt sich aus gesetzessystematischen Gründen nach § 24 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996,

vgl. zur vergleichbaren Problematik im Rahmen des § 30 Abs. 4 TKG 1996: BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2002 -6 C 8.01-, Buchholz 442.066 § 30 TKG Nr. 1 (S. 15).

Aufschläge sind somit anzunehmen, wenn die Entgelte so hoch sind, dass sie sich nicht mehr an den KeL orientieren. Dieser Maßstab wird in § 3 Abs. 2 Telekommunikations-Entgeltregulierungsverordnung vom 1. Oktober 1996, BGBl. I S. 1492, (TEntgV) abschließend dahingehend bestimmt, dass sich die KeL aus den langfristigen zusätzlichen Kosten der Leistungsbereitstellung und einem angemessenen Zuschlag für leistungsmengenneutrale Gemeinkosten, jeweils einschließlich einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals ergeben, soweit diese Kosten jeweils für die Leistungsbereitstellung notwendig sind. Ob und inwieweit sich die Entgelte an den KeL orientieren, hat die Regulierungsbehörde gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 und 2 TEntgV anhand der vom beantragenden Unternehmen vorzulegenden Kostennachweise zu prüfen. Im Rahmen dieser Prüfung soll sie zusätzlich insbesondere Preise und Kosten solcher Unternehmen als Vergleich heranziehen, die entsprechende Leistungen auf vergleichbaren Märkten im Wettbewerb anbieten, § 3 Abs. 3 Satz 1 TEntgV.

2.3.1 Die angefochtene Genehmigung der monatlichen Überlassungsentgelte verstößt nicht etwa deshalb gegen diese Vorgaben, weil die Regulierungsbehörde nicht von den vorgelegten Kostenunterlagen der Beigeladenen ausgegangen ist, sondern wegen fehlender Nachweiskraft dieser Unterlagen im Wesentlichen ein Kostenmodell seiner KeL-Prüfung zugrunde gelegt hat. Dieses methodische Vorgehen ist grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden.

Allerdings vertritt das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) die Auffassung, eine beantragte Genehmigung könne nicht erteilt werden, wenn die vorgelegten Unterlagen die Erteilung nicht rechtfertigten,

so: BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 2005 - 6 B 70.05-, amtl. Abdruck Rn. 10.

Daraus ergäbe sich eigentlich, dass eine KeL-Prüfung auf ausschließlich anderer methodischer Grundlage - hier derjenigen eines analytischen Kostenmodells - unzulässig wäre

so: VG Köln, Urteil vom 9. November 2000 -1 K 10406/98-; a.A.: OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Januar 2003 -13 A 362 und 363/01- und vom 28. November 2005 -13 A 3233/03-.

und dass die Regulierungsbehörde statt dessen den Genehmigungsantrag in sachgerechter Ausübung des ihr durch § 2 Abs. 3 TEntgV eingeräumten Ermessens ablehnen müsste.

Dafür spräche auch, dass nach § 3 Abs. 3 Satz 1 TEntgV andere Methoden als die Prüfung anhand der eingereichten Kostenunterlagen - nur - "zusätzlich" möglich sind,

vgl. auch: BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 -1 BvR 2087/03 und 1 BvR 2111/03-, MMR 2006, 375, Rn. 111,

was eine die konkrete Kostenprüfung anhand von Kostenunterlagen des Unternehmens gleichsam ersetzende Anwendung anderer Beurteilungsmethoden an und für sich ausschließt.

Die genannten Vorschriften sind jedoch im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH

Urteil vom 24. April 2008, C-55/06, (http://curia.europa.eu/jurisp/) Rn. 116, 124, 127, 132 und 134

gemeinschaftsrechtskonform dahin auszulegen, dass es im Ermessen der Regulierungsbehörde steht, die ihr im Einzelfall am besten geeignet erscheinende Kostenrechnungsmethode zu verwenden, falls die vom Betreiber vorgelegten Unterlagen nicht vollständig und nachvollziehbar sind.

Dieses EuGH-Urteil ist zwar zu der erst am 2. Januar 2001 in Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss, ABl. EG Nr. L 336 S.4, (Verordnung 2887/2000) ergangen. Sie ist jedoch auch zur Beurteilung von solchen TAL-Entgeltfällen heranzuziehen, die sich - wie der vorliegende - vor Inkrafttreten dieser Verordnung ereignet haben. Denn die Begründung des Urteils

vgl. Rn. 8-25, 88, 94, 109-115, 117, 131, 181

stützt sich maßgeblich auf den bereits vorher geltenden - sogenannten alten - europäischen Rechtsrahmen des Telekommunikationssektors, d.h. auf die Richtlinien 90/387/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs (Open Network Provision -ONP), ABL. EG Nr. L 192 S. 1, in der Fassung der Richtlinie 97/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997, ABl. EG Nr. L 295 S. 23 -Richtlinie 90/387-, die Richtlinie 97/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 über die Zusammenschaltung in der Telekommunikation im Hinblick auf die Sicherstellung eines Universaldienstes und der Interoperabilität durch Anwendung der Grundsätze für einen offenen Netzzugang (ONP), ABl. EG Nr. L 199 S. 32, -Richtlinie 97/33-, insbesondere den dort in Art. 7 Abs. 2 Satz 1 zwingend vorgegebenen Grundsatz der Kostenorientierung, und die Richtlinie 98/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs (ONP) beim Sprachtelefondienst und den Universaldienst im Telekommunikationsbereich in einem wettbewerbsorientierten Umfeld, ABl. EG Nr. L 101 S. 24 -Richtlinie 98/10-.

Diese Richtlinien sind ihrerseits für die Auslegung der innerstaatlichen Vorschriften über die Entgeltregulierung erheblich. Denn der innerstaatliche Gesetzgeber wollte mit dem TKG 1996 und der TEntgV seiner gemeinschaftsrechtlichen Umsetzungsverpflichtung aus Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Richtlinie 90/387, Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Richtlinie 97/33 und Art. 32 Abs. 1 Satz 1 Richtlinie 98/10 nachkommen. Es spricht nichts dafür, dass er in Deutschland davon abweichende -schärfere oder schwächere - Verpflichtungen für marktbeherrschende Telekommunikationsunternehmen begründen wollte,

vgl. die Begründung des TKG-Entwurfs: BT-Drs. 13/3609, S. 34; Scherer, NJW 1996, 2953, 2954; Scheurle-Mayen, Telekommunikationsgesetz, Kommentar, 2002, Einführung Rn.5; Schuster und Schuster-Stürmer, in Beck`scher TKG-Kommentar, 2. Aufl., Rn. 13, 14 zu § 1 und Rn. 8, 8a zu § 24.

Abgesehen davon folgte dies auch aus dem Erfordernis gemeinschaftsrechtskonformer Anwendung innerstaatlichen Rechts, was im Konfliktfall sogar zur richterlichen Verwerfung eindeutig anderslautenden innerstaatlichen Rechts führen müsste,

vgl.: EuGH, Urteil vom 17. Juli 2008, C-152/07 bis C-154/07, (http://curia.europa.eu/jurisp/) Rn. 16 bis 44.

Selbst wenn man also aus dem Umstand, dass die Beschreibung des Prüfungsmaßstabs im innerstaatlichen Recht außer der Kostenorientierung zusätzlich das Tatbestandsmerkmal "effizient" aufweist, den gesetzgeberischen Willen zur inhaltlichen Abweichung von den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben entnähme, wären letztlich doch die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen maßgeblich. Dementsprechend hat der EuGH

Urteil vom 24. April 2008, C-55/06, a.a.O., Rn. 139 bis 141

für den unmittelbaren Anwendungsbereich der Verordnung 2887/2000 entschieden, dass selbst die in Art. 1 Abs. 4 dieser Verordnung normierte Ermächtigung der Mitgliedstaaten zum Erlass "eingehenderer" Bestimmungen nicht dazu berechtigt, vom Grundsatz der Kostenorientierung nach Art. 3 Abs. 3 abzuweichen. Für den hier einschlägigen vorhergehenden Zeitraum kann nichts anderes gelten, zumal der alte europäische Rechtsrahmen nicht einmal eine dem Art. 1 Abs. 4 der Verordnung 2887/2000 vergleichbare Öffnungsklausel enthält.

Die nach dem o.g. Urteil des EuGH vom 24. April 2008 erforderliche Voraussetzung für eine nicht auf Kostenunterlagen des antragstellenden Unternehmens basierende Kostenprüfung sind erfüllt. Die von der Beigeladenen vorgelegten Kostenunterlagen sind nämlich unvollständig.

Wie im angefochtenen Bescheid vom 8. Februar 1999 zutreffend dargelegt wird, beruhen diese Kostenunterlagen auf EDC-Kostenkalkulationen. Diese ergaben sich für das Jahr 1998 aber nicht unmittelbar aus dem Kostenerfassungssystem DELKOS der Beigeladenen, sondern wurden aus den in der INTRA-Kostenstudie ausgewiesenen langfristigen Zusatzkosten und den diesbezüglichen Gemeinkosten hergeleitet. Entsprechend erfolgte die Ableitung der Plankosten für die Folgejahre 1999 bis 2002 aus der Mittelfristplanung PKT 98, (Beiakte III 765). Hinsichtlich der Bestimmung der EDC-Faktoren führt die Beigeladene in ihren Antragsunterlagen aus (BA III 775):

"Für den bundesweiten Gesamtbestand eines Anlagentyps kann die Bewertung mit denselben Wiederbeschaffungspreisen, die auch in die Bellcore-Modellierung eingegangen sind, ein Wiederbeschaffungswert (WBW) ermittelt werden. Annualisiert man diesen Wert, erhält man jährliche Kapitalkosten analog der Berechnung der langfristigen Zusatzkosten. Demgegenüber werden in den Kostenstellen (DELKOS) Kapitalkosten ausgewiesen, die die vergangenen Investitionen bzw. die geplanten Investitionen von 1998 und die bisherige Abschreibungspraxis reflektieren. Der EDC- Faktor ist das Verhältnis der DELKOS-Kapitalkosten und der durch Annualisierung ermittelten Kapitalkosten aus den WBW. ... Zur Berechnung der EDC-Faktoren der Jahre 1998 bis 2002 für die verschiedenen Anlagetypen wurden demgemäß die Kapitalkosten aus den Kostenstellenplänen bzw. aus PKT 98 abgegriffen und auf der Basis der Wiederbeschaffungswerte EDC- Faktoren ermittelt. ... Die Wiederbeschaffungswerte der Anlagentypen wurden grundsätzlich auf Basis der technischen Mengensysteme der Deutschen Telekom ermittelt und mit Wiederbeschaffungsneupreisen bewertet."

Daran zeigt sich deutlich, dass die vorgelegten Kostenunterlagen auf Modellrechnungen basierende Wiederbeschaffungswerte ausweisen. Kostennachweise i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 TEntgV müssen demgegenüber die tatsächlichen Kosten, d.h. die buchhalterischen Ist-Kosten, belegen,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. August 2003 -13 A 2773/01-; VG Köln, Urteil vom 18. November 2004 -1 K 639/00-.

Denn nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 TEntgV hat das regulierte Unternehmen Angaben über die Entwicklung der Deckungsbeiträge zu machen und entsprechende Nachweise vorzulegen. Der Begriff des Deckungsbeitrags bezieht sich auf ein bestimmtes Objekt bzw. eine bestimmte Leistung. Er stellt die Differenz zwischen den Erlösen und den Kosten dar, die ausschließlich durch das Objekt selbst - hier die Bereitstellung der TAL - verursacht werden,

vgl. Busse v Colbe/Pellens, Lexikon des Rechnungswesens, 4. Aufl. 1998, S. 175, 176.

Zur Ermittlung des Deckungsbeitrags ist deshalb der Nachweis der durch die in Rede stehende Leistung verursachten Kosten erforderlich. Abgesehen davon verlangt § 2 Abs. 1 Nr. 4 TEntgV, dass sich die vorzulegenden Kostenunterlagen auch auf einen vor dem Antragsjahr liegenden Nachweiszeitraum beziehen. Dies macht deutlich, dass der vergangenheitsbezogene Teil des Kostennachweises nicht aufgrund von Modellrechnungen oder von auf wertender Einschätzung beruhenden Hochrechnungen erbracht werden kann, sondern sich unmittelbar aus dem auf realen Verhältnissen basierenden Kostenrechnungssystem der Beigeladenen ergeben muss.

Sind somit die von der Beigeladenen vorgelegten Unterlagen schon wegen fehlender Wiedergabe der tatsächlichen, buchhalterischen Kosten nicht verwertbar, kann dahingestellt bleiben, ob sie auch aus den im Bescheid vom 8. Februar 1999 genannten weiteren Gründen unvollständig und/oder nicht aussagekräftig sind.

Die Regulierungsbehörde hat das ihr durch § 2 Abs. 3 TEntgV eingeräumte Ermessen, den Entgeltgenehmigungsantrag für die monatlichen Überlassungsentgelte trotz Unvollständigkeit der Kostenunterlagen nicht abzulehnen, fehlerfrei ausgeübt. Zwar fehlt es an einer Begründung dieser Entscheidung, doch ist dies gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG nicht erheblich. Denn für die von der Entgeltgenehmigung betroffene Klägerin sind die Gründe ohne weiteres erkennbar. Das erkennende Gericht hatte die Beklagte durch rechtskräftig gewordenen Beschluss vom 20. Januar 1999 -1 L 3890/98- im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, innerhalb von 14 Tagen über die Genehmigung der TAL-Entgelte abschließend zu entscheiden, und dies u.a. mit dem vorrangigen Interesse an ausreichender Planungssicherheit der Wettbewerber der Beigeladenen begründet. Unter diesen Umständen ist die Ermessensentscheidung der Regulierungsbehörde auch in der Sache (§ 114 Satz 1 VwGO) nicht zu beanstanden.

Ferner ist es im Hinblick auf die genannte EuGH-Rechtsprechung grundsätzlich nicht als ermessensfehlerhaft zu beanstanden, dass die Regulierungsbehörde unter den in Betracht kommenden alternativen Kostenrechnungsmethoden das WIK- Modell als das ihr am besten geeignete ausgewählt hat. Denn das Gemeinschaftsrecht, das auch in diesem Zusammenhang als Richtschnur für die Auslegung des innerstaatlichen Rechts (§ 3 TEntgV) dient, schließt im Falle der Unvollständigkeit der Kostenunterlagen die Verwendung derartiger analytischer Kostenmodelle nicht aus,

so: EuGH, Urteil vom 24. April 2008, C-55/06, a.a.O., Rn. 128 bis 134.

2.3.2 Als rechtswidrig zu beanstanden ist jedoch, dass die Regulierungsbehörde unter Heranziehung des WIK-Modells zur Bestimmung der den größten Teil der monatlichen Überlassungsentgelte verursachenden Kapitalkosten (Zinsen und Abschreibungen) von einem Investitionswert in Höhe von 1.729,- DM ausgegangen ist.

Zwar gehören Zinsen für das eingesetzte Kapital und die Abschreibung der Anlagegüter, die zur TAL-Herstellung verwendet wurden, zu den berücksichtigungsfähigen Kosten. Das ergibt sich hinsichtlich der Zinsen unmittelbar aus § 3 Abs. 2 TEntgV und bezüglich der Abschreibungen daraus, dass diese aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu den Betriebskosten gehören,

so: EuGH, Urteil vom 24. April 2008, C-55/06, a.a.O., Rn. 70-84.

Obwohl - wie im Zusammenhang mit den einmaligen Entgelten näher darzulegen sein wird - der Regulierungsbehörde bei der Beurteilung der Kostenorientierung nach Art. 3 Abs. 3 Verordnung 2887/2000 sowie des daran inhaltlich anknüpfenden KeL- Maßstabs nach § 24 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996 i.V.m. § 3 Abs. 2 TEntgV

vgl. EuGH, Urteil vom 24. April 2008, C-55/06, a.a.O., Rn. 141, 147- 150

grundsätzlich ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Spielraum zusteht, gilt etwas anderes für die Prüfung des Investitionswerts als Berechnungsgrundlage der Kosten. Insoweit ist zum einen eine Kostenberechnungsmethode unzulässig, die ausschließlich auf denjenigen Kosten beruht, die einem anderen Betreiber für die Errichtung einer vollständig neuen Ortsinfrastruktur zur Erbringung gleichwertiger Telekommunikationsdienste (aktuelle Kosten) entstehen. Zum anderen dürfen auch nicht ausschließlich die dem TAL-Betreiber tatsächlich entstandenen Kosten unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Abschreibungen (historische Kosten) angesetzt werden. Vielmehr muss die Regulierungsbehörde die tatsächlichen Kosten berücksichtigen. Diese setzen sich zusammen aus seinen historischen Kosten, was die Berücksichtigung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten als Bezugsgrundlage voraussetzt, sowie den voraussichtlichen Kosten, welche gegebenenfalls aufgrund des Wiederbeschaffungswerts des Netzes oder bestimmter Teile davon zu kalkulieren sind,

so: EuGH, Urteil vom 24. April 2008, C-55/06, a.a.O., Rn. 86, 99, 109, 115, 117, 119, 154.

An diese Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch den EuGH ist das erkennende Gericht faktisch gebunden,

vgl.: v. d. Groeben/Schwarze, Kommentar zum Vertrag über die EU und zur Gründung der EG, 6. Aufl., Rn. 92, 93 zu Art. 234 EG; Lenz/Borchardt, EU- und EG-Vertrag, Kommentar, 4. Aufl., Rn. 61 zu Art. 234 EG; Schwarze, EU-Kommentar, 2. Aufl., Rn 66 zu Art. 234 EG; Streinz/Ehricke, EUV/EGV, Kommentar, Rn. 67 zu Art. 234 EG.

Soweit die Beklagte demgegenüber die Auffassung vertritt, der EuGH habe den nationalen Regulierungsbehörden freigestellt, bei der Ermittlung des Investitionswerts ausschließlich auf Wiederbeschaffungswerte abzustellen, verkennt sie den Inhalt dieses Urteils, insbesondere die dortigen Ausführungen unter Rn. 115, 119 und 154. Blieben die historischen Kosten außer Betracht, würde der Zweck der Kostenorientierung verfehlt. Die marktmächtigen Betreiber sollen damit nämlich verpflichtet werden, ihre Preise an den "bei der Herstellung" der Teilnehmeranschlüsse "entstandenen" Kosten zu orientieren, wobei sie mit diesen Preisen einen angemessenen Gewinn erzielen müssen, um die langfristige Weiterentwicklung und Verbesserung der vorhandenen Telekommu- nikationsinfrastrukturen zu ermöglichen,

so: EuGH, Urteil vom 24. April 2008, C-55/06, a.a.O., Rn. 69.

Die Vorgehensweise der Regulierungsbehörde entspricht aber nicht diesen Vorgaben, da deren Berechnung des Investitionswerts ausschließlich vom Wiederbeschaffungswert, also von den - im Zeitpunkt der Genehmigung - aktuellen Kosten ausgeht. Ausweislich der Begründung des angefochtenen Bescheids vom 8. Februar 1999 (S. 25, 33) errechnet sie den Investitionswert von 1.729,- DM für die Haupt-Zugangsvariante CuDA 2Dr sowie die nicht bezifferten Investitionswerte der anderen Zugangsvarianten (S. 25) aufgrund des WIK-Modells. Wie das WIK in seinem Referenzdokument vom 2. November 1998 (BA IX 4097 Rückseite und 4103 ) ausführt, bewertet es die Investitionsgüter mit aktuellen Wiederbeschaffungspreisen. Zwar errechnet dieses Institut den Investitionswert mit 1.161,50 DM (BA IX 4113 und 4117 ) und in seinem Nachtrag vom 20. November 1998 mit einem wiederum anderen Wert (BA X 4760). Doch ändert dies nichts an dem grundsätzlichen Ansatz der Kalkulation ausschließlich auf Wiederbeschaffungsbasis. Das zeigt sich auch daran, dass in den "incamera" vorgelegten Erläuterungen der Beklagten (Sonderband 1 für In-Camera-Verfahren, S. 21 ff) nichts dafür ersichtlich ist, dass die Regulierungsbehörde die Investitionen etwa für damals schon vorhandene Kabelkanäle, Kabel, Schächte und bereits durchgeführte Tiefbauarbeiten abweichend vom WIK-Ansatz auf "historischer" Preisgrundlage ermittelt und auf dieser Basis den höheren Wert von 1.729,- DM errechnet hätte.

Soweit die Beklagte sinngemäß einwenden lässt, dass die Ermittlung historischer Herstellungs- und Anschaffungskosten eines ehemals staatsmonopolistischen Betriebes wie der Beigeladenen nicht, jedenfalls nicht innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit, möglich gewesen sei, verkennt sie, dass die rechtlichen Erfordernisse der Kostenorientierung nicht zur Disposition der Regulierungsbehörde stehen. Abgesehen davon hätten nicht mehr konkret ermittelbare historische Anschaffungs- und Herstellungskosten notfalls durch sachverständige Schätzungen ermittelt und dem WIK-Gutachten zugrunde gelegt werden können. Dass dies nicht unmöglich war, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass anlässlich der Privatisierung der Beigeladenen eine den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Eröffnungsbilanz ( § 5 Postumwandlungsgesetz ) erstellt werden konnte.

Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, im Rahmen des vorliegenden Anfechtungsrechtsstreits gegen die Genehmigung der monatlichen Überlassungsentgelte einen den oben genannten Vorgaben entsprechenden Investitionswert zu ermitteln oder ermitteln zu lassen. Denn dies liefe nicht nur darauf hinaus, in unzulässiger Weise die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996 erforderliche Begründung der angefochtenen Bescheide in einem wesentlichen Punkt von Amts wegen auszutauschen. Es wäre auch nicht mit dem Grundsatz vereinbar, dass im Anfechtungsrechtsstreit von der im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung bestehenden Sachlage auszugehen ist, wofür hier zudem spricht, dass die telekommunikationsrechtliche Entgeltgenehmigung auf einem gemäß §§ 73 bis 75 TKG 1996 formalisierten Beschlusskammerverfahren beruht.

Sind somit die Kapitalkosten allein wegen Zugrundelegung eines zu hoch bemessenen Investitionswerts zu Lasten der Klägerin rechtswidrig, kann - und muss aus prozessökonomischen Gründen - dahingestellt bleiben, ob der Ansatz der Kapitalkosten auch an weiteren von der Klägerin gerügten Rechtsmängeln (Zinssatz und Abschreibungszeiträume) leidet. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass in der bisherigen Rechtsprechung der Zinssatz von real 8,75 % im Ergebnis nicht beanstandet wurde,

vgl.: VG Köln, Urteile vom 24. Juni 2004 -1 K 7903/01-, vom 17. Februar 2005 -1 K 8312/01-, vom 7. Juli 2005 -1 K 10240/02-; OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2005 -13 A 1937/04- .

Die Rechtswidrigkeit des Kapitalkostenansatzes beeinträchtigt die in Rede stehende Entgeltgenehmigung insgesamt, da Überlassungsentgelte, welche auf nicht zutreffend ermittelten Kapitalkosten beruhen, sich nicht an den KeL orientieren. Unter diesen Umständen ist es ferner nicht entscheidungserheblich und bleibt daher ebenfalls offen, ob und inwieweit außer den Kapitalkosten auch die weiteren von der Klägerin angegriffenen Entgeltanteile, mit denen Betriebs- und Mietkosten, Produkt- und Angebotskosten, annualisierte Produktlebenszykluskosten und Gemeinkosten erfasst werden sollen, zu beanstanden sind.

Die Klägerin wird durch die Rechtswidrigkeit der Entgeltgenehmigung schließlich auch in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn wenn - wie oben ausgeführt - in Bezug auf die Anschaffung und Herstellung der TAL die historischen Kosten maßgeblich sind, dann sind darin die seitdem bereits erfolgten Abschreibungen nach der Definition des EuGH

vgl. Urteil vom 24. April 2008, C-55/06, a.a.O., Rn. 86

berücksichtigt. Demzufolge muss ein richtig ermittelter Investitionswert niedriger ausfallen als bei Berücksichtigung ausschließlich aktueller Kosten. Das bedingt geringere Kapitalkosten und somit auch niedrigere Überlassungsentgelte als die hier genehmigten.

2.3.3 Die Genehmigung einmaliger Entgelte für die Bereitstellung und Kündigung der TAL ist einer eigenständigen rechtlichen Überprüfung zugänglich. Sie steht nicht in untrennbarem Zusammenhang mit der Genehmigung der Überlassungsentgelte, sondern kann auch nach deren Aufhebung in sinnvoller und rechtmäßiger Weise bestehen bleiben,

vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 2008 -6 C 2.07-, juris, Rn. 36; Beschluss vom 2. Mai 2005 -6 B 6.05- juris, Rn. 8.

Beide Entgeltarten knüpfen an unterschiedliche Sachverhalte an und könnten daher Gegenstand verschiedener Verwaltungsakte sein.

Die Genehmigung der einmaligen Entgelte verstößt nicht gegen die oben dargelegten Maßstäbe des § 24 Abs. 2 Nr. 1 TKG 1996 i.V.m. § 3 TEntgV.

Der Regulierungsbehörde steht hinsichtlich der Prüfung, ob die Entgelte Aufschläge enthalten, d.h. ob sie den durch die KeL-Orientierung markierten Preiskorridor überschreiten, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Das ergibt sich aus der - auch insoweit faktisch bindenden - Rechtsprechung des EuGH,

vgl.: Urteil vom 24. April 2008, C-55/06, a.a.O., Rn. 155-159,

wonach der Regulierungsbehörde bei der Ermittlung der dem TAL-Betreiber entstandenen und zu berücksichtigenden Kosten "weit reichende Befugnisse" zustehen. Der Sinnzusammenhang, in dem die darauf bezogenen Urteilsausführungen und die entsprechenden Vorlagefragen des erkennenden Gerichts stehen, macht deutlich, dass mit der Formulierung "weit reichende Befugnisse" das gemeint ist, was im innerstaatlichen Recht unter dem Begriff Beurteilungsspielraum verstanden wird. Dieses Verständnis wird dadurch bestätigt, dass im vorgenannten EuGH-Urteil an anderer Stelle

a.a.O., Rn. 44 und 116

ohne weiteres vom "Ermessen" bei der regulierungsbehördlichen Festlegung der Berechnungsgrundlagen von Kostenbestandteilen die Rede ist. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH

vgl.: Urteile vom 11. Juli 1985, 42/845, Slg. 1985, 2545, Rn. 34, vom 17. November 1987, 142/84, Slg. 1987, 4487, Rn. 62, vom 2. Oktober 2003, C-194/99 P, (http://curia.europa.eu/jurisp/) Rn. 78

hat behördliches Ermessen bei komplexen wirtschaftlichen Gegebenheiten zur Folge, dass das Gericht die Überprüfung - vergleichbar dem Prüfungsprogramm bei behördlichen Beurteilungsspielräumen nach rein innerstaatlichem Recht - darauf zu beschränken hat, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten worden sind, ob die Begründung ausreichend ist, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt worden ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen.

Die Ermittlung der Kosten, die im Rahmen des Großunternehmens der Beigeladenen auf einzelne Leistungen wie das Zurverfügungstellen der TAL entfallen, sowie deren Beurteilung anhand des KeL-Maßstabs erfordern komplexe betriebswirtschaftliche Überlegungen,

vgl. z.B. Gerpott/Winzer, K&R 2000, 521; Vogelsang, MMR 1998, 594

Die Beurteilungskriterien sind nämlich in § 3 Abs. 2 und 4 TEntgV allenfalls grob umrissen und nach den Erfahrungen der Kammer

vgl. u.a. das im Verfahren 1 K 8003/98 eingeholte Sachverständigengutachten

auch betriebswirtschaftlich nicht so klar, dass sich die anstehenden Fragen durch Sachverständigenbeweis eindeutig und zweifelsfrei beantworten ließen. Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob sich ein eingeschränktes gerichtliches Prüfungsprogramm nach Maßgabe der o.g. EuGH-Rechtsprechung dem innerstaatlichen Telekommunikationsrecht auch ohne entsprechende ausdrückliche Normierung entnehmen ließe,

generell bejahend für den Bereich der telekommunikationsrechtlichen Entgeltprüfung: Koenig/Braun, MMR 2001, 563 (566-568); Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, Kommentar, Bd. 1, Rn. 8 zu § 24 und Rn. 30 zu § 27; Spoerr, in Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, Kommentar, 1. Aufl., Rn. 54-61 zu § 24; Trute, in: Festgabe 50 Jahre Bundesverwaltungsgericht, S. 857 (860-863); verneinend: OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2005 -13 A 1521/03-; v. Danwitz, DVBl 2003, 1405; bejahend für Regulierungsverfügungen nach § 13 Abs. 1 TKG 2004: BVerwG, Urteil vom 28. November 2007 -6 C 42.06-, juris, Rn. 28, 31.

Die Entgeltgenehmigung weist keine prüfungsrelevanten Beurteilungsfehler auf.

(1) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

(2) Die Begründung auf Seite 38 bis 40 des Bescheids vom 8. Februar 1999 enthält zwar keine Angaben zum Rechenweg und zu den Einsatzgrößen z.B. für Stundensätze und für die verschiedenen Prozesszeiten. Doch ist dies unschädlich.

Zwar ist nach § 79 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996 i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG grundsätzlich zu fordern, dass in der Begründung die wesentlichen tatsächlichen Gründe mitgeteilt werden. Doch gilt eine Ausnahme dann, wenn und soweit es sich dabei um schützenswerte Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse (§ 30 VwVfG) handelt,

vgl. Henneke, in Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl., Rn 18 zu § 39; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 10. Aufl., § 39 Rn. 51; U.Stelkens, in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 7. Aufl., § 39 Rn. 103.

In solchen Fällen reicht nämlich aus, dass die Gründe für die Geheimhaltungsbedürftigkeit der maßgeblichen Umstände zumindest für das Gericht erkennbar werden,

vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1982 -2 C 91.81-, BVerwGE 66, 39 (44); Urteil vom 21. März 1986 -7 C 71.83-, BVerwGE 74, 115 (120); Urteil vom 20. Februar 1990 -1 C 42.83-, BVerwGE 84, 375 (388, 389).

Dass es sich bei den hier fehlenden tatsächlichen Begründungselementen um schützenswerte Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen handelt, hat das erkennende Gericht auf der Grundlage der - nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerwG -

vgl. Beschluss vom 9. Januar 2007 -20 F 1.06-, BVerwGE 127, 282

"in camera" beigezogenen und verwerteten schriftlichen Erläuterungen der Regulierungsbehörde vom 31. Juli 2007 überprüft und hinreichend bestätigt gefunden,

vgl. VG Köln, Beschluss vom 2. Juni 2008 -1 K 1823/99-, amtl. Abdruck S. 23.

(3) Aus der Bescheidbegründung in Verbindung mit den vorerwähnten Erläuterungen ergibt sich ferner nichts dafür, dass der für die Genehmigung der einmaligen Entgelte erhebliche Sachverhalt unzutreffend festgestellt worden wäre.

Was die Prozesszeiten angeht, hat bereits die Regulierungsbehörde entsprechend den im Zeitpunkt des Bescheiderlasses allein vorliegenden ersten Untersuchungsergebnissen des sog. IMST-Gutachtens vom 2. Februar 1999 (BA XII 5030-5039) erhebliche Abzüge von den Ansätzen der Beigeladenen vorgenommen, insbesondere im Bereich des Auftragsmanagements. Dass darüber hinaus noch weitere Abstriche geboten gewesen wären, lässt sich mit den vorliegenden umfangreichen Unterlagen nicht hinreichend belegen. Auch bei den Stundensätzen sind falsche Sachverhaltsannahmen weder hinreichend deutlich dargelegt noch sonst feststellbar.

(4) Im maßgeblichen Zeitpunkt (8. Februar 1999) lag weder eine "offensichtlich fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts" noch "Ermessensmissbrauch" vor.

Diese Kriterien beschreiben den materiellen Bereich richterlicher Zurückhaltung im Rahmen der Überprüfung "komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten". Sie stimmen inhaltlich mit dem überein, was nach dem innerstaatlichen Rechtsverständnis in Fällen mit Beurteilungsspielraum der nur eingeschränkten gerichtlichen Prüfung zugänglich ist: Ob sich die Behörde bei der Beurteilung nicht an allgemeingültige Wertungsmaßstäbe gehalten und ob sie das Willkürverbot verletzt hat,

vgl. zuletzt: BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2007 -3 C 8.06-, BVerwGE 129, 27 Rn.38 m.w.N. .

Ausweislich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Erläuterungen hat die Regulierungsbehörde die jeweiligen Kosten (Einzel- und Gemeinkosten) für die verschiedenen Prozesse der Neuschaltung und Übernahme in den beteiligten Ressorts der Beigeladenen ( Auftragsmanagement, BereitstellungsService, Bereitstellung TN und Bereitstellung TN ) ermittelt. Die Einzelheiten der Begründung und Berechnung ( BA X 4312; XII 4933-4969, 4965, 4976, 4989, 5035, 5045; Sonderband 1 für In-Camera-Verfahren, S. 27, 37, 39 ) stellen - wie im Beschluss der Kammer vom 2. Juni 2008 -1 K 1823/99- ausgeführt - schützenswerte Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen dar und dürfen daher auch nicht in der Urteilsbegründung offenbart werden. Dass die von der Regulierungsbehörde berücksichtigten Prozesszeiten trotz der vorgenommenen erheblichen Abzüge von den Antragsangaben der Beigeladenen immer noch jenseits dessen liegen, was damals gemäß § 3 Abs. 2 TEntgV für die Leistungsbereitstellung notwendig war, lässt sich - jedenfalls - nicht mit offensichtlicher Gewissheit annehmen. Ebenso wenig kann von einer missbräuchlichen Beurteilung, einer Verletzung allgemein gültiger Wertungsmaßstäbe oder einer Verletzung des Willkürverbots die Rede sein.

Dem steht nicht entgegen, dass in späteren Perioden erheblich niedrigere einmalige Entgelte genehmigt wurden. Zum einen kommt es nur auf den Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung an; zum anderen sind im Hinblick auf den von der Beigeladenen zunehmend stärker erfahrenen Regulierungsdruck erhebliche Effizienzsteigerungen bei den hier einschlägigen Übernahme-, Neuschaltungs- und Kündigungsverarbeitungsprozessen durchaus denkbar (BA X 4501).

Soweit ferner über dem eigentlichen Marktniveau liegende Stundensätze in die Berechnung eingeflossen sind, ist dagegen gemäß § 3 Abs. 4 Satz 2 TEntgV nichts einzuwenden, da diese Mehrkosten der Beigeladenen auf rechtlicher Verpflichtung beruhten. Die Beamtengehälter gehen auf zwingendes Besoldungsrecht zurück, die Angestelltengehälter und Arbeitslöhne auf im Ergebnis ebenfalls verbindliche Tarifverträge.

Der Einwand, für die Variante der Übernahme der TAL durch einen anderen alternativen Netzbetreiber dürfe wegen geringerer Kosten nur ein niedrigeres Kündigungsentgelt genehmigt werden, greift ebenfalls nicht durch. Die Beigeladene hat auf Nachfrage des Gerichts nachvollziehbar dargelegt, dass im Genehmigungszeitpunkt die TAL und die Telefonanschlüsse in unterschiedlichen Bestandsführungssystemen geführt worden seien und eine Zusammenfassung technisch aufwendig und daher kurzfristig nicht möglich gewesen sei; die Umstellung habe erst etwa im Jahre 2003 erfolgen können. Der Wechsel eines TAL-Kunden von einem zum anderen Wettbewerber erfordere sowohl eine Aufhebung der bisherigen Schaltung als auch eine Neuschaltung am Hauptverteiler. Im Jahre 1999 seien diese Schaltvorgänge noch getrennt zugeordnet worden, d.h. die Aufhebung dem abgebenden und die Neuschaltung dem aufnehmenden Wettbewerber. Unter diesen Umständen ist es nicht offensichtlich, dass die auf die Aufhebung der Schaltung entfallenden Kosten bereits damals im Übernahmeentgelt des neuen alternativen Netzbetreibers zu berücksichtigen waren.

3. Der Klageantrag zu 2) ist unzulässig.

Zwar ist er statthaft, da es sich bei der Erklärung zum Grundangebot um einen Verwaltungsakt handelt. Doch fehlt der Klägerin die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO), da sie von diesem Verwaltungsakt nicht betroffen ist. Die Erklärung zum Grundangebot bezieht sich nur auf künftige Zusammenschaltungsverhältnisse,

so: BVerwG, Teilurteil vom 13. Dezember 2006 -6 C 23.05-, Buchholz 442.066 § 24 TKG Nr. 3.

Darunter fällt die Klägerin nicht, da sie im maßgeblichen Zeitpunkt mit der Beigeladenen bereits einen TAL-Zugangsvertrag geschlossen hatte.

Soweit die Klägerin geltend macht, das Grundangebot beziehe sich auch auf diejenigen Teile der genehmigten Entgelte, die über die vereinbarte Höhe hinausgingen, verkennt sie den Regelungsgehalt des § 29 Abs. 2 Satz 1 TKG 1996. Abgesehen davon kommt es nach der zitierten Rechtsprechung auf die Unterscheidung zwischen bestehenden und künftigen Zusammenschaltungsverhältnissen an, was nichts mit der Reichweite der Entgeltvereinbarung zu tun hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens bemisst sich nach den auf die Klageanträge entfallenden unterschiedlichen Streitwerten. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, weil diese einen Antrag gestellt und sich daher einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache ausgelaufenes Recht betrifft und daher keine grundsätzliche Bedeutung hat und das Urteil nicht von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht, § 135 S. 2 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO.






VG Köln:
Urteil v. 27.11.2008
Az: 1 K 1823/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/ea318814186d/VG-Koeln_Urteil_vom_27-November-2008_Az_1-K-1823-99




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