Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Mai 2006
Aktenzeichen: 8 W (pat) 39/03

(BPatG: Beschluss v. 02.05.2006, Az.: 8 W (pat) 39/03)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 29 B des Patentamts vom 26. März 2003 aufgehoben und das Patent 199 12 298 wie folgt erteilt:

Bezeichnung: Verfahren und Vorrichtung zur Aufbereitung eines körnigen Füllstoffes Anmeldetag: 19. März 1999 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zu Grunde:

Patentansprüche 1 bis 6, Beschreibung Seiten 1 bis 7, eine Figur, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung.

2. Von der freien Akteneinsicht sind folgende Teile auszunehmen:

Amtsakte Blatt 45 bis 51 und Gerichtsakte Blatt 15 bis 19 sowie 22 bis 32.

Gründe

I.

Die Patentanmeldung P 199 12 298.9-16 mit der Bezeichnung "Verfahren und Vorrichtung zur Aufbereitung eines körnigen Füllstoffes" ist am 19. März 1999 beim Patentamt angemeldet worden. Nach einem negativ gehaltenen Erstbescheid vom 16. Dezember 1999, einem weiteren Bescheid vom 31. Januar 2002 und einer Anhörung vor der Prüfungsstelle am 25. März 2002 hat die Prüfungsstelle für Klasse B 29 B die Anmeldung am 26. März 2003 zurückgewiesen. In den Bescheiden und der Anhörung hat die Prüfungsstelle ausgeführt, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik nach der 1. DE 196 43 895 A1, 2. DE 20 64 598 A, 3. DE 25 39 678 A1, 4. "Glasfaserverstärkte Kunststoffe", H. Hagen, Springer-Verlag, 1961, Seiten 169 bis 174, 5. DE 37 17 474 A1, 6. DE 36 37 775 C2, 7. Hobas GRP Pipelines Textbook, 2nd Edition, November 1997 8. EP 0 360 758 A2 und der 9. EP 0 563 375 B1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Die Entgegenhaltungen 7 bis 9 sind mit Eingabe vom 22. Januar 2002 von einem Dritten genannt worden.

Gegen den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 29 B hat die Anmelderin mit der am 14. Mai 2003 eingegangenen Eingabe Beschwerde eingelegt.

In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin neugefasste Patentansprüche 1 bis 6 eingereicht. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 lautet demnach:

Verfahren zur Aufbereitung eines körnigen Füllstoffes auf Basis Calciumcarbonat und/oder Dolomit zur anschließenden Herstellung von glasfaserverstärkten Kunststoffrohren im Schleudergussverfahren, bei dem der Füllstoff und ein flüssiges Harz in einen Dispergiermischer geführt, dort bis zu einer weitgehenden oberflächlichen Benetzung der Füllstoffkörner mit dem Harz und gleichzeitig bis zu einer Reduzierung der Viskosität auf < 2000 mPas vermischt, die Mischung aus Füllstoff und Harz anschließend einer Evakuierungsbehandlung unter weiterer Viskositätsreduzierung unterworfen und anschließend über eine Förderleitung einem Beschickungsarm zugeführt wird, der mindestens eine weitere Förderleitung zur Förderung weiterer Ausgangsmaterialien zu einem Austragsende des Beschickungsarms aufweist.

Nach dem zum Patentanspruch 1 nebengeordneten Patentanspruch 6 betrifft der Anmeldungsgegenstand eine Vorrichtung zur Aufbereitung eines körnigen Füllstoffes zur anschließenden Herstellung von glasfaserverstärkten Kunststoffrohren im Schleudergussverfahren mit folgenden Merkmalen:

6.1 einem Silo (10) zur Aufnahme des Füllstoffes, 6.2 einem Silo (12) zur Aufnahme eines flüssigen Harzes, 6.3 Einrichtungen (16, 18, 20) zur Beschickung eines den Silos (10, 12) nachgeschalteten Dispergiermischers (14) mit dem Füllstoff und dem Harz, 6.4 einer Transportleitung (22) zur Überführung der dispergierten Füllstoff-Harz-Mischung in eine nachgeschaltete Evakuierungsanlage (24), 6.5 einer Druckförderleitung (30) zum Transport der Füllstoff-Harz-Mischung von einem Auslass (26) der Evakuierungsanlage (24) in einen Beschickungsarm (32), entlang dem sich 6.6 mindestens eine weitere Förderleitung (34) zur Förderung weiterer Ausgangsmaterialien zu einem Austragsende des Beschickungsarms (32) zum Abschleudern in eine rotierende Matrize zur Rohrherstellung erstreckt.

Wegen des Wortlauts der in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche 2 bis 5 wird auf die Akten Bezug genommen.

Dem Anmeldungsgegenstand liegt gemäß Seite 3, erster Absatz der in der mündlichen Verhandlung überreichten Beschreibung die Aufgabe zugrunde, eine Möglichkeit aufzuzeigen, die Aufbereitung und Förderung eines körnigen Füllstoffes zur Herstellung von GFK-Rohren zu optimieren, insbesondere im Sinne einer Reduzierung der Viskosität des Förderstromes und einer optimierten Vermischung mit den weiteren Ausgangsmaterialien.

Die Anmelderin trägt vor, dass die von einem Dritten genannte Druckschrift "Hobas GRP Pipelines Textbook, Seiten 1 - 4 bis 1 - 6, 2. Auflage, 1997" keine Publikation im Sinne des § 3 PatG darstelle, da dieses Textbook Informationen aus der Entwicklungsabteilung enthalte und nur an einen überschaubaren Personenkreis, z. B. an Lizenznehmer mit einer Geheimhaltungsvereinbarung ausgegeben worden sei. Hinsichtlich des weiteren druckschriftlichen Standes der Technik vor allem nach der EP 0 360 758 A2 und der EP 0 563 375 B1 ist sie der Ansicht, dass in diesen Druckschriften weder das Harz und der Füllstoff mittels eines Dispergiermischers gemischt werde, noch eine anschließende Evakuierungsbehandlung beschrieben sei. Vor allem seien keine Hinweise auf die Vorteile einer Viskositätsreduzierung enthalten. Die Anmelderin vertritt daher die Ansicht, dass der Anmeldungsgegenstand gegenüber dem von der Prüfungsstelle genannten Stand der Technik neu und auch nicht nahe gelegt sei.

Die Anmelderin stellt den Antrag, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 29 B des Patentamts vom 26. März 2003 aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 6, Beschreibung und Figur, wie überreicht in der mündlichen Verhandlung. Sie beantragt ferner, das HOBAS Textbook von der freien Akteneinsicht auszunehmen.

II.

1. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und in der Sache auch begründet.

Der Anmeldungsgegenstand stellt eine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG § 1 bis § 5 dar.

2. Der Gegenstand der in der mündlichen Verhandlung vom 2. Mai 2006 überreichten Patentansprüche ist in den ursprünglichen Unterlagen als zum Anmeldungsgegenstand gehörend offenbart. Der geltende Patentanspruch 1 entspricht dem am Anmeldetag eingereichten Patentanspruch 1 unter Hinzunahme folgender Merkmale:

- auf Basis Calciumcarbonat und/oder Dolomit (ursprünglicher Patentanspruch 4),

- im Schleudergussverfahren (offenbart auf Seite 1, letzte Zeile der ursprünglich eingereichten Beschreibung),

- bis zu einer weitgehenden oberflächlichen Benetzung der Füllstoffkörner mit dem Harz und gleichzeitig bis zu einer Reduzierung der Viskosität auf < 2000 mPas (Seite 3, vierter Absatz, Seite 4, fünfter Absatz),

- die Mischung aus Füllstoff und Harz anschließend einer Evakuierungsbehandlung unter weiterer Viskositätsreduzierung (ursprünglicher Patentanspruch 5, Seite 4, sechster Absatz) unterworfen und - anschließend über eine Förderleitung einem Beschickungsarm zugeführt wird, der mindestens eine weitere Förderleitung zur ... des Beschickungsarms aufweist (Seite 7, dritter Absatz).

Die Patentansprüche 2 bis 5 entsprechen den ursprünglich eingereichten Patentansprüchen 3, 5 bis 7 unter entsprechender Umnummerierung.

Der geltende Patentanspruch 6 entspricht dem am Anmeldetag eingereichten Patentanspruch 9 unter Hinzunahme des Merkmals 6.6, das auf Seite 7, letzter Absatz der ursprünglichen Unterlagen offenbart ist.

3. Das Hobas GRP Pipelines Textbook, 2nd Edition, November 1997 stellt keine Veröffentlichung im Sinne des PatG § 3 dar.

In seiner Eingabe vom 20. November 2003 weist der Dritte auf die Seite 77 des "Journal of Indian Water Association, Vol. XXXII, January-March 2000, No. 1" hin. An dieser Stelle wird auf das Hobas GRP Pipelines Textbook hingewiesen und dieses in kurzer Form besprochen. Das "Journal of Indian Water Association" ist gemäß dem Aufdruck frühestens im Januar 2000 erschienen und somit gegenüber dem maßgeblichen Tag der Anmeldung um mindestens neun Monate nachveröffentlicht. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung verstreicht zwischen dem Datum des Eingangs und der Veröffentlichung eines aktuellen Manuskriptes in einer Zeitschrift höchstens ein halbes Jahr. Zwischen dem Anmeldetag der vorliegenden Patentanmeldung (März 1999) und dem Tag der Einreichung der Veröffentlichung im "Journal of Indian Water Association", unter Berücksichtigung der oben erwähnten sechs Monate, verbleiben somit ungefähr drei Monate, in denen das Hobas GRP Pipelines Textbook offensichtlich nicht der Öffentlichkeit zugänglich war. Der Senat ist daher der Ansicht, dass durch die Buchbesprechung im "Journal of Indian Water Association" nicht nachgewiesen ist, dass das Hobas GRP Pipelines Textbook eine Druckschrift im Sinne des PatG § 3, darstellt.

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1, dessen gewerbliche Anwendbarkeit aufgrund seiner Zweckbestimmung außer Zweifel steht, ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen druckschriftlichen Stand der Technik neu, denn keine der Druckschriften beschreibt dessen Merkmale in seiner Gesamtheit.

So werden bei den Verfahren nach der EP 0 563 375 B1, EP 0 360 758 A2, DE 36 37 775 C2 und DE 25 39 678 A das Harz und die Füllstoffe nicht mittels eines Dispergiermischers miteinander vermischt. Beim Verfahren nach der DE 196 43 895 A1 werden keine Rohre durch das Schleudergussverfahren hergestellt. Die DE 33 17 474 A1 und die DE 20 64 598 A betreffen keine Verfahren, bei denen die Harz-Füllstoffmischung nach dem Mischen evakuiert wird.

5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Beim Anmeldungsgegenstand soll ein körniger Füllstoff auf der Basis Calciumcarbonat und/oder Dolomit mit einem flüssigen Harz in einem Dispergiermischer vermischt und die Mischung anschließend einer Evakuierungsbehandlung unterworfen und dann dem Beschickungsarm zugeführt werden. Durch den Dispergiermischer soll eine weitgehend oberflächliche Benetzung der Füllstoffkörner mit dem Harz und gleichzeitig eine Reduzierung der Viskosität eintreten. Die Evakuierungsbehandlung dient der weiteren Reduzierung der Viskosität.

Für diese Maßnahmen vermittelt der aufgezeigte Stand der Technik dem Durchschnittsfachmann, einem Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Kunststoff-Technologie mit Kenntnissen auf dem Gebiet der Herstellung von Kunststoffrohren, keine Anregungen.

In der EP 0 563 375 B1 ist ein Verfahren zur Herstellung von Rohren im Schleudergussverfahren beschrieben, bei dem ein flüssiges Harz einem Tank (26) zugeführt und dann in einer Mischstation (29) mit einem Zusatzstoff, etwa Calciumcarbonat, vermischt wird (Spalte 6, Zeilen 30 bis 37). Anschließend wird dieses Harz-Füllstoffgemisch über eine Schlauchleitung (28) dem Beschickungsarm (11) zugeführt, der wiederum mindestens eine weitere Förderleitung (19) zur Förderung anderer Ausgangsmaterialien (Spalte 6, Zeilen 51 bis 53) zu einem Austragsende des Beschickungsarms aufweist. Gemäß der Figur 3 ist davon auszugehen, dass die Mischstation (29) aus einem Schneckenmischer besteht und nicht als Dispergiermischer ausgeführt ist. Auch findet nach dem Mischen keine Entgasung des Harz-Füllstoffgemisches statt. Es tritt somit weder eine Reduzierung der Viskosität im Mischer ein, da in Schneckenmischern lediglich eine Benetzung der Oberfläche der Füllstoffkörner mit dem Harz stattfindet und nur beim Dispergieren ein Zerteilen und damit eine Änderung der Viskosität erfolgt, noch eine weitere Reduzierung der Viskosität in der Entgasungsstation. Diese Druckschrift kann somit keinen Hinweis auf die anmeldungsgemäße Lösung geben, da die wesentlichen Verfahrensschritte zum Aufbereiten des körnigen Füllstoffes, nämlich das Dispergieren und Evakuieren und die damit verbundenen Viskositätsreduzierung, fehlen.

Die EP 0 360 758 A2 befasst sich wohl mit dem Mischen von Harz und körnigem Füllstoff, wobei als Füllstoff Calciumcarbonat und/oder Dolomit (Patentanspruch 12) dem Harz (Polyesterharz, Patentanspruch 13) zugemischt wird. Jedoch ist in dieser Druckschrift weder die Rede von einem Dispergieren noch einem Evakuieren der Harz-Füllstoffmischung. Die Lehre dieser Druckschrift richtet sich auf eine vorbestimmte Entmischung des Harzes in der rotierenden Matrize, wodurch eine harzreichere Schicht entsteht, in die dann die Glasfasern besser eindringen können (Spalte 1, Zeilen 33 bis 47). Eine Reduzierung der Viskosität ist hier nicht angesprochen und auch nicht erforderlich, da bei diesem Verfahren das Mischen nicht vor der Förderung zum Beschickungsarm, sondern am Austragsende des Beschickungsarms erfolgt. Somit kann auch diese Druckschrift, da ihre Lehre in eine andere Richtung zielt, keine Hinweise auf die beanspruchte Lösung geben.

In der DE 36 37 775 C2 wird das kontinuierliche Entgasen eines Gemisches aus polymeren Bindemitteln und Füllstoffen beschrieben, bei dem ein Gemisch einer Mischmaschine entnommen und einer unter atmosphärischem Druck stehenden Dosiereinheit zugeführt wird. Über Ventile gelangt dann das Gemisch in eine unter der Dosiereinheit angeordneten Vakuumkammer. Das Gemisch wird dabei aus der Dosiereinheit in die Vakuumkammer "gerissen" (Spalte 2, Zeilen 64 bis 68); also zu einem Zeitpunkt, an dem das Gemisch eine große Oberfläche aufweist, so dass Gas, insbesondere Lufteinschlüsse, durch das Vakuum entzogen wird. Nach der Lehre der DE 36 37 775 C2 wird in der Mischmaschine, die nicht näher spezifiziert ist, nur das polymere Bindemittel mit den Füllstoffen bzw. Fasern vermischt. Eine Reduzierung der Viskosität über das Dispergieren von Harz und Füllstoff ist nicht angesprochen. Auch ist die Vakuumkammer ausschließlich für das Entfernen von Luft aus dem Gemisch vorgesehen. Eine weitere Reduzierung der Viskosität erfolgt beim Evakuieren des Gemisches nicht. So kann auch diese Druckschrift keinen Hinweis auf die anmeldungsgemäße Lehre geben.

Nach alledem ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 patentfähig, da sein Gegenstand neu ist und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Mit diesen zusammen sind auch die auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 5 gewährbar, da sie auf vorteilhafte Ausgestaltungen eines Verfahrens zur Aufbereitung eines körnigen Füllstoffes nach Patentanspruch 1 gerichtet sind.

Die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften sind in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufgegriffen worden. Sie liegen auch weiter ab, so dass sie keine Hinweise auf das beanspruchte Verfahren geben können, wie der Senat überprüft hat.

6. Der Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 6 ist neu.

Dies ergibt sich bereits daraus, dass keine der sich im Verfahren befindlichen Druckschriften eine Vorrichtung zum Aufbereiten eines körnigen Füllstoffes zur anschließenden Herstellung von glasfaserverstärkten Rohren betrifft, die einen Dispergiermischer und eine ihm nachgeschaltete Evakuierungsanlage aufweist.

7. Der Gegenstand des Patentanspruchs 6 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Wie bereits bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit hinsichtlich des Verfahrens nach dem geltenden Patentanspruch 1 ausgeführt ist, sind im Stand der Technik keine Vorkehrungen beschrieben oder nahe gelegt, die die Voraussetzung dafür schaffen, dass eine Reduzierung der Viskosität auf < 2000 mPas erfolgt. Da der Vorrichtungsanspruch eine Kombination von Merkmalen zum Inhalt hat, die in Anpassung an den Charakter eines Vorrichtungsanspruchs im Wesentlichen mit den Merkmalen des Verfahrensanspruchs 1 übereinstimmen, ist das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit übereinstimmend zu beurteilen. Auf die vorstehenden Ausführungen wird verwiesen.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 6 ist daher patentfähig, da sein Gegenstand neu ist und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

8. Dem Antrag der Anmelderin und Beschwerdeführerin, das von einem Dritten eingeführte HOBAS Textbook von der freien Akteneinsicht auszunehmen, war im Umfang der Ziffer 2 des Tenors stattzugeben.

Die Ausnahme bestimmter Aktenteile von der freien Akteneinsicht, die sich grundsätzlich auf den gesamten Inhalt der Akten einer Anmeldung bezieht, bedarf besonderer Gründe. Sie ist nur gerechtfertigt, wenn wichtige, übergeordnete Grundsätze einer Einsicht entgegenstehen, die von der Anmelderin vorzutragen und zu begründen sind. Hierzu gehören z. B. die Wahrung des Persönlichkeitsschutzes durch Ausnahme von ärztlichen Attesten oder psychiatrischen Gutachten, der Schutz betriebsinterner Vorgänge sowie wenn schutzwürdige persönliche oder wirtschaftliche Interessen von natürlichen oder juristischen Personen beeinträchtigt würden (vgl. Schulte, PatG, 7. Auflage, § 31 Rdn. 10 m. w. N. und Busse, Patentgesetz, 6. Auflage, 2003 § 31 Rn. 57 - 59). Die Anmelderin hat zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass es im Zuge des Ausscheidens maßgeblicher Mitarbeiter der Anmelderin über den Umfang der Herausgabe und die Geheimhaltungsverpflichtung bezüglich des betriebseigenen HOBAS Textbooks Streitigkeiten und zahlreiche gerichtliche Auseinandersetzungen mit zum Teil tätlichen Angriffen, Durchsuchungen und Übergriffen gegeben hat und diese noch andauern bzw. weiter zu befürchten sind. Hinzu kommt, dass das HOBAS Textbook wegen des späten Zeitpunkts der Buchbesprechung ohnehin nicht als Stand der Technik zu berücksichtigen ist, unabhängig von der Frage, ob es dem Rezensenten des indischen "Journal of Indian Water Works Association" in zulässiger Weise oder unter Bruch von Geheimhaltungspflichten zur Verfügung gestellt worden ist. Aus diesen Gründen überwiegen nach Auffassung des Senats die schutzwürdigen Interessen der Anmelderin an der Ausnahme ihres betrieblichen Textbooks von der freien Akteneinsicht gegenüber der Berechtigung der Öffentlichkeit, alle Unterlagen zu kennen, die für die Entscheidung über die Patentfähigkeit der Anmeldung bedeutsam sein können. Statt der freien Akteneinsicht gelten für die genannten Aktenteile nunmehr die Grundsätze des § 31 Absatz 1 Satz 1 PatG, soweit ein Dritter Einsicht auch in diese Aktenteile begehrt.






BPatG:
Beschluss v. 02.05.2006
Az: 8 W (pat) 39/03


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