Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 15. Januar 2002
Aktenzeichen: 4 O 31/01
(LG Düsseldorf: Urteil v. 15.01.2002, Az.: 4 O 31/01)
Tenor
I.
Die Beklagten werden verurteilt,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,
Prüfgeräte zur Anzeige des Vorhandenseins der elektrischen Nennspannungen in Hoch- oder Mittelspannungsschaltanlagen oder -geräten mit einer kapazitiv an ein zu überwachendes spannungsaktives elektrisches Bauteil angekoppelten Elektrode eines Koppelteils, an das eine Anzeigeeinrichtung angeschlossen ist, die bei Ein-speisung eines vorbestimmten Wertes eines Betriebsstroms ein Betriebsstrom-Anzeigesignal erzeugt,
herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu gebrauchen,
bei denen die Anzeigeeinrichtung einen zusätzlichen Messpfad aufweist, der bei einem Wert eines vom funktionstüchtigen Koppelteil zu liefernden Mindestprüfstroms ein zusätzliches Steuersignal generiert, das ein eigenes Mindestprüfstrom-Anzeigesignal erzeugt, wobei der vorgenannte Wert um einen
vorbestimmten Differenzwert über dem vorbestimmten Wert des Betriebsstroms liegt;
2.
der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 4. Februar 1995 begangen haben, und zwar unter Angabe
a)
der Menge der hergestellten Erzeugnisse,
b)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss der Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c)
der einzelnen Angeboten, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e)
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei
vom Beklagten zu 3) sämtliche Angaben und von allen Beklagten die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 3.4.1999 zu machen sind.
Den Beklagten bleibt vorbehalten, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
II.
Es wird festgestellt,
1.
dass die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) verpflichtet sind, der Klägerin für die zu I. 1. bezeichneten und in der Zeit vom 4.2.1995 bis zum 2.4.1999 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
2.
dass die Beklagten gesamtverbindlich verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten und seit dem 3.4.1999 begange-nen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.
III.
Die Kosten des Rechtsstreites werden den Beklagten als Gesamtschuldner auferlegt.
IV.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 125.000,-- € vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, Sicherheit auch durch die unbedingte und selbst-schuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen
Tatbestand
Die Klägerin ist die ehemalige xxx xx GmbH, die auf Grund Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 22. Juni 1998 ohne Wechsel der Rechtspersönlichkeit in "xxx xx GmbH" umfirmiert hat. Der Beklagte zu 3) ist der Geschäftsführer der Beklagten zu 2), die wiederum Komplementärin der Beklagten zu 1), mit dem Beklagten zu 3) als einzigem Kommanditisten, ist.
Die Klägerin ist eingetragene, alleinige und ausschließlich verfügungsberechtigte Inhaberin des europäischen Patents xxxxxxx betreffend ein Prüfgerät (im folgenden Klagepatent). Die Patentanmeldung stammt vom 29.4.1994 und wurde am 4. Januar 1995 veröffentlicht. Die Erteilung des Patentes wurde am 3.3.1999 im Patentblatt bekannt gemacht. Der deutsche Teile des Klagepatentes steht in Kraft.
Patentanspruch 1 des Klagepatentes hat folgenden Wortlaut:
Prüfgerät zur Anzeige des Vorhandenseins der elektrischen Nennspannung in Hoch- oder Mittelspannungsschaltanlagen oder -geräten mit einer kapazitiv an ein zu überwachendes spannungsaktives elektrisches Bauteil (1) angekoppelten Elektrode (2) eines Koppelteils (11), an das eine Anzeigeeinrichtung (7) angeschlossen ist, die bei Einspeisung eines vorbestimmten Wertes eines Betriebsstroms ein Betriebsstromanzeigesignal erzeugt, dadurch gekennzeichnet, dass die Anzeigeeinrichtung (7) einen zusätzlichen Messpfad (22, 25) aufweist, der bei einem um einen vorbestimmten Differenzwert über dem vorbestimmten Wert des Betriebsstroms liegenden Wert eines vom funktionstüchtigen Koppelteil (11) zu liefernden Mindestprüfstroms ein zusätzliches Steuersignal generiert, das ein eigenes Mindestprüfstromanzeigesignal erzeugt.
Die nachfolgend wiedergegebenen Zeichnungen stammen aus der Klagepatentschrift. Figur 1 zeigt ein mit einer integrierten Anzeigeeinrichtung ergänztes Prüfgerät mit vorschriftsmäßigem Koppelteil. Figur 2 ein Balkendiagramm über Stromwerte des Koppelteils und des Anzeigeelementes, Figur 3 eine Prinzipschaltung einer Anzeigeeinrichtung und Figur 4 ein abgewandeltes kombiniertes Anzeigeelement.
Am 11.7.2001 haben die Beklagten beim Bundespatentgericht gegen das Klagepatent Nichtigkeitsklage erhoben.
Die Beklagten zu 1) und 2) stellen her und vertreiben unter der Bezeichnung Spannungsprüfsystem xxx ein Prüfgerät, dessen Schaltanordnung aus dem nachfolgend wiedergegebenen, als Anlage L 13 eingereichten Schaltbild hervorgeht.
Eine weitere Beschreibung der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aus den als Anlagen L 7 und L 8 überreichten Gebrauchsanleitungen/Beschreibungen. Die Klägerin sieht in Herstellung und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform eine Verletzung der in Anspruch 1 unter Schutz gestellten technischen Lehre des Klagepatents.
Sie beantragt,
zu erkennen wie geschehen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise
die Verhandlung bis zur rechtskräftigen Erledigung des gegen das Klagepatent eingeleiteten Nichtigkeitsverfahrens auszusetzen.
Die Beklagten stellen eine Verletzung des Klagepatentes in Abrede. Bei der angegriffenen Ausführungsform werde kein vorbestimmter Betriebsstrom im Sinne des Klagepatentes eingespeist. Die beanstandete Vorrichtung sei weder konzeptionell noch konstruktiv auf Einspeisung und Erkennung des vorbestimmten Betriebsstromwertes ausgelegt und könne auch kein von einer solchen Erkennung abhängiges Betriebsstromanzeigesignal erzeugen. Nicht der Strom, sondern die Spannung, die am Koppelteil anliege, werde mittels zweier paralleler Spannungsschwellwertdiskriminatoren überwacht. Daher gebe es weder einen vorbestimmten noch einen linearen Zusammenhang zwischen einfließendem Strom und anstehender Spannung. Bei der angegriffenen Ausführungsform werde nicht der Strom aus dem Koppelteil gemessen, sondern es erfolge eine Messung der Spannung am Koppelteil. Auch generiere das angegriffene Prüfgerät entgegen der Anweisung des Klagepatentes nicht dann ein Steuersignal, wenn ein funktionstüchtiges Koppelteil einen bestimmten Mindestprüfstrom liefere, sondern dann, wenn die an der Anzeigeeinrichtung anstehende Spannung einen vorbestimmten Spannungsschwellwert überschreite. Auch insofern bestehe kein vorbestimmter, linearer oder proportionaler Zusammenhang zwischen Spannung und Stromstärke. Infolge dessen erzeuge die beanstandete Vorrichtung auch kein Mindestprüfstromanzeigesignal, wenn der Wert des zu liefernden Mindestprüfstroms um einen vorbestimmten Differenzwert über dem vorbestimmten Wert des Betriebsstroms liege. Eine Vorbestimmung im Sinne des Klagepatentes setze eine Strommessung voraus, einen definierten, vorzugsweisen linearen Zusammenhang zwischen Strom und abfallender Spannung, der bei der angegriffenen Ausführungsform nicht vorhanden sei.
Darüber hinaus sind die Beklagten der Auffassung, ihnen stehe ein Vorbenutzungsrecht bezüglich des Stromschwellwertprinzips nach dem Klagepatent zu, und behaupten, bereits seit 1990 ein unter der Bezeichnung xx xx auf den Markt gebrachtes Erdschlusserfassungsgerät verwendet zu haben, mit dem das Prinzip der Spannungsdiskriminierung mittels zweier Spannungsschwellwertediskriminatoren realisiert worden sei. Auch das Stromschwellmessprinzip nach dem Klagepatent sei von der Beklagten zu 1) bereits vor dem 2.6.1993 in sogenannten xxxx-Prüfgeräten verwirklicht und auf den Markt gebracht worden. Geräte der in einer Bedienungsanleitung mit Stand 4/1993 angegebenen Datums seien von der Beklagten für die Fa. xxx xx GmbH entwickelt, hergestellt und vor dem Prioritätsdatum des Klagepatentes an diese zum Weitervertrieb an deren eigenen Kunden und direkt an Kunden geliefert worden.
Zur Begründung des Aussetzungsantrages nehmen die Beklagten auf die als Anlage B 7 vorgelegte Nichtigkeitsklage nebst Anlagen Bezug.
Die Klägerin ist dem Vorbringen der Beklagten zur Begründung des Aussetzungsantrages entgegen getreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
I.
Das Klagepatent bezieht sich auf ein Prüfgerät zur Anzeige des Vorhandenseins der elektrischen Nennspannung in Hoch- und Mittelspannungsschaltanlagen oder -geräten. Ein derartiges Prüfgerät ist aus dem als Anlage L x/B 2 überreichten Entwurf zur DIN VDE xxx Teil 7 Seite xx bekannt. Mit Hilfe eines Koppelteils ist aus dem zu überwachenden Bauteil ein kapazitiver Strom auskoppelbar. Denn das Koppelteil befindet sich in der Nähe des spannungsaktiven Bauteils, welches auf Grund der Wechselspannung von einem elektrischen Feld umgeben ist. Hierdurch entsteht in dem Koppelteil ein elektrischer Strom, der aus dem Koppelteil auskoppelbar ist. An dieses Koppelteil angeschlossen ist eine Anzeigeeinrichtung, die das Vorhandensein und Fehlen der elektrischen Hochspannung signalisiert. Bei dem bekannten Prüfgerät erzeugt die Anzeigeeinrichtung ein Betriebsstromsignal auf optischer Basis, wenn bei vorhandener Hochspannung ein bestimmter Betriebsstromwert über das Koppelteil eingespeist wird. Dabei bestimmt das Koppelteil, das heißt die Auslegung der Schaltungen auf dem Koppelteil, die in das Anzeigegerät eingespeiste Stromstärke. Denn die Anordnung ist bei dem bekannten Prüfgerät so getroffen, dass bei funktionsgerechtem Aufbau des Koppelteils die Anzeigeeinrichtung ein Betriebsstromanzeigesignal auf optischer Basis erzeugt, wenn bei am hochspannungsaktiven Teil anliegender Hochspannung und einer bestimmter Eingangsimpedanz der Anzeigeeinrichtung von zum Beispiel 2 Megaohm das Koppelteil einen vorbestimmten Betriebsstromwert, vorliegend 2,5 Mikroampere, durch die Eingangsimpedanz der Anzeigeeinrichtung fließen lässt. Dabei ist bei anliegender Nennspannung am hochspannungsführenden Bauteil vorgesehen, dass aus Sicherheitsgründen der Schaltungsaufbau des Koppelteils so bemessen ist, dass bei vorgeschriebener Funktion ein um einen bestimmten Mindestdifferenzwert, vorliegend 1,1 Mikroampere, erhöhter Strom durch die Eingangsimpedanz der Anzeigeeinrichtung fließt, also der Koppelteil wenigstens 3,6 Mikroampere als Prüfstromwert liefert (Spalte 1, Zeilen 23 bis 39). Auf diese Weise wird bei Alterung und betriebsbedingten Veränderungen der Bauteile im Koppelteil sichergestellt, dass bei anliegender Hochspannung am hochspannungsführenden Bauteil tatsächlich eine Anzeige des Betriebszustandes erfolgt (Spalte 1, Zeilen 40 bis 44). In der Klagepatentschrift wird an diesem Stand der Technik kritisiert, dass beim Anschalten der Anzeigeeinrichtung nicht geprüft wird, ob der Koppelteil seine geforderte Funktion auch mit der erforderlichen Zuverlässigkeit erfüllt. Als nachteilig wird bezeichnet, dass eine Überprüfung nur mit Hilfe eines zusätzlichen Testgerätes möglich ist.
Bei der als weiterer Stand der Technik aufgeführten xx xxxxx (vgl. Anlage L 3) weist die Anzeigeeinrichtung zwei Koppelkondensatoren auf, die Steuersignale an unterschiedliche Eingänge einer Signalverarbeitungsstation abgeben. Diese enthält eine Schaltlogik, die bei annähernd gleich hohen Signalen an den Eingängen ein Anzeigeelement zur Anzeige von Hochspannung aktiviert und bei deren Fehlen ein anderes Anzeigeelement aktiviert. Dies führt zwar zu einer Eigenkontrolle hinsichtlich des Ausfalls einer der beiden Koppelelektroden, ein altersbedingter Verschleiß beider Koppelelektroden und deren dadurch bedingte Fehlfunktion wird jedoch nicht erkannt.
Der Erfindung nach dem Klagepatent liegt daher die Aufgabe zugrunde, bei einem Prüfgerät der bekannten Art Maßnahmen zu treffen, durch welche bei der Messung des vorbestimmten Betriebsstromwertes eine Überprüfung des Koppelteils auf ordnungsgemäße Funktion erreicht wird.
Zur Lösung des Problems wird in Anspruch 1 des Klagepatentes folgende technische Lehre vorgeschlagen:
a)
Prüfgerät zur Anzeige des Vorhandenseins der elektrischen Nennspannung in Hoch- oder Mittelspannungsschaltanlagen oder -geräten;
b)
mit einer kapazitiv an ein zu überwachendes spannungsaktives elektrisches Bauteil angekoppelten Elektrode eines Koppelteils;
c)
das an eine Anzeigeeinrichtung angeschlossen ist;
d)
die bei Einspeisung eines vorbestimmten Wertes eines Betriebsstroms ein Betriebsstromanzeigesignal erzeugt;
dadurch gekennzeichnet, dass
e)
die Anzeigeeinrichtung (7) einen zusätzlichen Messpfad (22, 25) aufweist,
f)
der bei einem Wert eines vom funktionstüchtigen Koppelteil (11) zu liefernden Mindestprüfstroms ein zusätzliches Steuersignal generiert,
g)
das ein eigenes Mindestprüfstromanzeigesignal erzeugt,
h)
wobei der vorgenannte Wert um einen vorbestimmten Differenzwert über dem vorbestimmten Wert des Betriebsstroms liegt.
Zu den Vorteilen des Aufbaus eines erfindungsgemäßen Prüfgerätes wird in der Klagepatentschrift ausgeführt, dass neben dem Betriebsstromanzeigesignal gleichzeitig auch ein Mindestprüfstromwert überwacht werde, der um einen vorbestimmten Differenzwert über dem vorbestimmten Betriebsstromwert liegt. Zu diesem Zweck wird an die Eingangsimpedanz der Anzeigeeinrichtung ein zusätzlicher Messpfad angeschaltet, der ein eigenes Prüfsstromanzeigesignal erzeugt, das ebenfalls in ein optisches oder akustisches Signal umgewandelt werden kann. Hierdurch ist sichergestellt, dass bei einer Veränderung der elektrischen Impedanzen des Koppelteils ein Warnsignal generiert werden kann, wenn zwar das Betriebsstromanzeigesignal, aber nicht mehr das Prüfstromanzeigesignal erzeugt wird. Sind beide Anzeigesignale vorhanden, ist sowohl die Nennspannung am hochspannungsaktiven Teil vorhanden als auch das Koppelteil funktionstüchtig. Fehlt nur das Betriebsstromanzeigesignal, kann auf einen Fehler in der Anzeigeeinrichtung geschlossen werden, während beim Fehlen nur des Prüfstromanzeigesignals ein Defekt im Koppelteil gegeben ist. Durch diese zweistufige Anzeige ist sichergestellt, dass Fehler in der Messbeschaltung ermittelt werden. Die Klagepatentschrift hebt hervor, dass die Messbeschaltung als Dauermesseinrichtung in eine Schaltfeldfront integriert werden kann und das als Dauerspannungsanzeigesystem bezeichnete erfindungsgemäße Prüfsystem auch in dreifasigen Netzen angewendet werden kann (Spalte 2, Zeilen 44 bis 51). Als eine besonders einfache und ohne Fremdenergie arbeitende Anzeigeeinrichtung hebt die Klagepatentschrift eine solche hervor, die sich dadurch erstellen lässt, dass ein Teil der über die Koppelelektrode gewonnenen elektrischen Energie zunächst gleichgerichtet und dann einer Zehnerdiode zugeführt wird, die dann als Stromquelle für nachgestaltete Steuerelemente dient, wie dies aus dem in der Figur 3 abgebildeten Ausführungsbeispiel hervorgeht. Bei diesen nachgeschalteten Steuerelementen des Ausführungsbeispieles handelt es sich um die nach Art von Schwellwertschaltern wirkenden Spannungspegel-Erkennungsschaltungen 20,x mit den nachgeschalteten Anzeigeelement-Ansteuerungen 24, 25 und den Anzeigeelementen 26.
II.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Das Spannungsprüfsystem xxxx dient der Prüfung auf Spannungsfreiheit in Mittelspannungsschaltanlagen, bei der eine Dauerspannungsanzeige über ein dreiphasiges LC-Display erfolgt ( Merkmale a und c). Es handelt sich um ein kapazitives System mit drei Kondensatoren ( vgl. S.2 der Anlage L 7), die als Koppelelektroden wirken ( Merkmal b). Dies ist zwischen den Parteien hinsichtlich der Merkmale a) bis c) unstreitig, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.
Verwirklicht sind darüber hinaus aber auch die Merkmale d) bis h).
Die Beklagten stellen dies hinsichtlich der Untermerkmale der Einspeisung eines vorbestimmten Betriebsstromwertes, der ein Betriebsstromanzeigesignal erzeugt, eines zu liefernden Mindestprüfstroms, der ein zusätzliches Steuersignal generiert, eines Mindesprüfstromanzeigesignales und hinsichtlich des Vorhandenseins eines vorbestimmten Differenzwertes in Abrede. Sie vertreten die Ansicht, ein Betriebsstrom nach dem Klagepatent sei der parallel zum Koppelteil in die Anzeigeeinrichtung fließende Strom, der nur deshalb vorbestimmt sei, weil er durch definierte Messwiderstände fließe und damit durch eine vorbestimmte Messimpedanz. Mangels einer vorbestimmten Eingangsimpedanz in der beanstandeten Messvorrichtung fließe weder ein vorbestimmter Betriebsstrom noch ein vorbestimmter Mindest- oder Differenzstrom in der Messvorrichtung xxx der Beklagten.
Die bei der angegriffenen Ausführungsform vorgenommene Spannungsmessung unterfalle nicht der Lehre nach dem Klagepatent. Unabhängig von einem vorbestimmten Betriebsstromwert werde in der beanstandeten Anzeigeeinrichtung die am Koppelteil anliegende Spannung mittels zweier paralleler Spannungsschwellwertdiskriminatoren überwacht, es finde lediglich eine Überprüfung statt, ob die an der Anzeigeeinrichtung anstehende Spannung einen vorbestimmten Spannungsschwellwert überschreite. Das System spreche allein auf das Überschreiten vorbestimmter Spannungsschwellwerte an, die durch die Wahl der z-Dioden festgelegt werde. Unterhalb der Schwelle der Diodenschaltung fließe dagegen kein Strom, sondern stehe lediglich Spannung an.
Ein linearer oder proportionaler Zusammenhang zwischen Spannung und Stromstärke liege nicht vor.
Den Beklagten kann in ihrer Beurteilung nicht gefolgt werden.
Auch bei der angegriffenen Ausführungsform fließt unstreitig ein über das Koppelteil abgekoppelter und damit in die Anzeigeeinrichtung eingespeister Betriebsstrom. Dieser muss fließen, damit überhaupt ein Spannungsabfall am Kondensator " C fest" stattfinden kann. Dieser ist letztlich auch vorbestimmt im Sinne der technischen Lehre des Klagepatentes. Denn bei dem angegriffenen Prüfgerät bewirkt der über die auf unterschiedliche Sperrspannungen ausgelegten Diodenschaltungen D1 und D2 fließende Strom die verschiedenen erfindungsgemäß vorgesehenen Anzeigesignale, anhand derer abgelesen werden kann, ob das Gerät ordnungsgemäß funktioniert. Immer dann, wenn die in der Anlage L 13 mit U cfest bezeichnete Spannung aufgrund der Erhöhung der Stromzufuhr so weit ansteigt, dass die Sperrspannungen der Zener-Dioden der ersten und/oder der zweiten Diodenschaltung D 1 bzw. D2 überschritten werden, erfolgt eine Anzeige. Insoweit ist die Überwachung auf die Überschreitung von bestimmten Spannungsschwellwerten auch Überwachung des Stromflusses. Dass eine solche Zuordnung auch bei dem angegriffenen System erfolgt, ergibt sich auch daraus, dass nach der Gebrauchsanleitung gemäß Anlage L 7 hinsichtlich der Kenndaten des Gerätes ausgeführt wird, dass eine Anzeige " Spannung vorhanden" spätestens bei Strömen ³ 2, 5 µA erfolgt, eine Angabe, die nicht möglich wäre, ließen sich Spannung und Strom nicht einander zuordnen. Die Überprüfung der Spannung stellt damit für den Fachmann erkennbar ein Mittel der Strommessung dar. Auch im Ausführungsbeispiel des Klagepatentes erfolgt das Messverfahren über Spannungspegel-Erkennungsschaltungen mit unterschiedlichen Ansprechschwellen. Unterschiede zum Ausführungsbeispiel, welches mit Gleichstrom arbeitet, erklären sich dadurch, dass in der angegriffenen Ausführung Wechselstrom fließt und es sich infolgedessen bei der am Kondesator "Cfest" anstehenden Spannung auch um Wechselspannung handelt. In beiden Fällen fällt aufgrund des Stromflusses eine Spannung ab, bei dem Ausführungsbeispiel an den Widerständen 17,18 bei der angegriffenen Messvorrichtung an dem Kondensator " Cfest", die mit vorbestimmten Spannungsschwellen verglichen wird, um sodann entsprechende Anzeigen zu erzeugen.
Dabei weist auch das angegriffene Messverfahren einen zweiten Messpfad auf, der neben der Anzeige "Spannung vorhanden" auch "interner Selbsttest o.k." ermöglicht ( Merkmal e). Wie sich aus der Prinzipdarstellung des xxx ergibt, sind zwei Messpfade vorhanden, die unterschiedlichen Schwellen zugeordnet sind. Der zusätzliche Messpfad generiert bei einem Wert des vom Koppelteil zu liefernden Mindestprüfstroms, der ebenso wie der Betriebsstrom nach dem eben erläuterten Verständnis eines technischen Fachmanns als vorbestimmt im Sinne des Klagepatentes anzusehen ist, auch ein zusätzliches eigenes Signal ( Merkmal g). Wie bereits ausgeführt, wird der durch die angegriffene Ausführung fließende Strom im Hinblick auf das Erreichen bestimmter Schwellen überprüft, wobei die erste Schwelle in einem durch die Auswahl der Diodenschaltungen vorbestimmten Verhältnis zur zweiten Schwelle liegt. Nach den Ausführungen zum Verhältnis von Strom und Spannung zueinander liegt auch der Wert des Mindestprüfstroms um einen bestimmten Differenzwert über dem des Betriebsstromes, wenn diese unterschiedlichen Spannungsgrenzen erreicht werden.
III.
Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten auf ein Vorbenutzungsrecht nach § 12 Patentgesetz. Zum einen gibt § 12 PatG nicht das Recht, eine Ausführungsform zu benutzen, die gerade der Erfinder des Klagepatentes aufgezeigt hat, unabhängig davon, ob diese gegenüber dem Gegenstand der Vorbenutzung erfinderisch ist. Jedenfalls aber können sich die Beklagten nicht auf die Benutzung des Erdschlusserfassungsgerätes xxx 02 berufen, da mit diesem Gerät nicht die Funktionstüchtigkeit eines Koppelteiles überprüft wird und damit die Merkmale s) und g) des Anspruchs 1 des Klagepatentes nicht verwirklicht werden. Auf die Benutzung der NO/HO-Tester können die Beklagten ein Vorbenutzungsrecht schon deshalb nicht stützen, weil diese den Stand der Technik vor der Erfindung nach dem Klagepatent repräsentieren. Bei dem NO/xx-Tester gemäß der Anlage B 4 ist es nicht möglich, ein Betriebsstromanzeigesignal und damit das Vorhandensein einer Hochspannung gemäß den Merkmalen a) und d) des Klagepatentes anzuzeigen, während der NO/xx-Tester gemäß Anlage B 5 es lediglich ermöglicht, das Koppelteil auf seine Funktionsfähigkeit zu überprüfen. Gleiches gilt für den Tester nach Anlage B 6. Letztlich ist auch nicht hinreichend substantiiert dargetan, dass der Gegenstand der Anlagen B 5 und B 6 überhaupt vor dem Prioritätstat des Klagepatentes, dem 2.6.1993, in hinreichender Weise benutzt worden ist.
4.)
Zu einer nach § 148 ZPO möglichen Aussetzung der Verhandlung besteht keine hinreichende Veranlassung. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitteilungen 1988, xx - Nickel-Chrom-Legierung, BLPMZ 1995, 121 - Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (1979, 188 - Flachdachabläufe; Mitteilungen 1997, xx, 258 - Steinknacker) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1986, 284 - Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen einen Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist, § 58 Abs. 1 PatG. Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Die Aussetzung kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatentes zu erwarten ist. Dies wiederum kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen. Nach diesen Grundsätzen ist hier eine Aussetzung der Verhandlung nicht veranlasst.
Der von der Beklagten entgegengehaltene Entwurf der DIN xx 0681 Teil x ist in der Klagepatentschrift als nächstliegender Stand der Technik bezeichnet und im Prüfungsverfahren vor dem Europäischen Patentamt bereits berücksichtigt worden. Diese Druckschrift nimmt den Gegenstand des Klagepatentes nicht neuheitsschädlich vorweg. Denn das Anzeigegerät 3 weist bereits keinerlei weiteren oder zusätzlichen Messpfad im Sinne des Merkmals e) auf, wie sich aus Bild 1 des auf Seite 35 des Entwurfes abgebildeten Anzeigesystems ergibt. Der Spannungszustand am Meßpunkt 7 wird von dem Anzeigegerät 3 erfasst und angezeigt. Dies erfolgt mit Hilfe eines einzigen Meßpfades in dem Anzeigegerät 3, wie dies dem den Oberbegriff bildenden Merkmal d entspricht. Die drei Möglichkeiten unterschiedlicher Anzeigegeräte, wie sie in Bild 1 verdeutlicht werden, können dagegen nur alternativ an das Koppelteil 2 angeschlossen werden und stellen daher keine zusätzlichen Messpfade dar. Eine erfindungsgemäß vorgesehene gleichzeitige Überwachung von Betriebsstrom-Anzeigesignal und Mindestprüfstromwert ist zudem nicht möglich. Die im Entwurf vorgesehene Wiederholungsprüfung über einen Blindwiderstand und einen Strommesser erfolgt nicht andauernd, sondern nur in längeren Abständen, weshalb diese Bauteile nicht im Anzeigesystem integriert sind. Während der Wiederholungsprüfung muss das Anzeigegerät 3 vom Messpunkt 7 getrennt werden, um die externe Testschaltung verbinden zu können, so dass keine gleichzeitige Anzeige der Hochspannung mehr erfolgen kann.
Eine offenkundige Vorbenutzung des kapazitiv gekoppelten Spannungsanzeige- und Meldesystems xxx- 3P und xxx 3P/x vor dem Prioritätszeitpunkt des Klagepatentes ist bereits nicht hinreichend dargetan. Zudem zeigt das System zwar die Spannung an, ist zu einer Eigenprüfung jedoch nicht in der Lage. Insbesondere ist auch kein zusätzlicher Messpfad zur Erzeugung eines Mindestprüfstrom- Anzeigesignals im Sinne der Merkmale e), f) und g) des Anspruchs 1 zu erkennen.
Unabhängig von der Frage, ob der NO/xx- Tester Typ xx 3.2 bzw 3.3(x) überhaupt offenkundig vorbenutzt wurde, offenbart dieser jedenfalls nicht die gleichzeitige Anzeige eines Betriebsstromanzeigesignals und eines Mindestprüfstromanzeigesignals über einen zusätzlichen Messpfad einer Anzeigeeinrichtung. Ebenso wie der Entwurf der DIN xxx 0681 Teil x ist die Funktionsprüfung nur dann möglich, wenn der Dauerspannungsanzeiger vom Koppelteil abgetrennt wird, wie sich aus der als Anlage D3 zu Anlage B 7 überreichten Beschreibung ergibt. Auch sind keine Messpfade mit unterschiedlichen Schwellwerten offenbart.
Die xxxxxxxxxxx ist als Stand der Technik in der Klagepatentschrift gewürdigt und bereits im Prüfungsverfahren berücksichtigt. Anhaltspunkte dafür, dass es überwiegend wahrscheinlich ist, dass das Bundespatentgericht zu einer hiervon abweichenden Beurteilung kommen wird, geben die Ausführungen der Beklagten nicht.
Die xxxxxxxx betrifft zwar einen kapazitiven Spannungsteiler, der mit Anzeigeelementen gekoppelt ist. Dass dieser die Merkmale a), d) und f) des Klagepatentes offenbart, ist von der Beklagten jedoch nicht dargetan.
Das Erdschlusserfassungssystem xxxx dient - ungeachtet der Frage der Offenkundigkeit seiner Vorbenutzung - nicht der Überprüfung der Funktionstüchtigkeit des Koppelteils, sondern der Erkennung eines Erdschlusses.
Angesichts des Umstandes, dass der als Stand der Technik behandelte und überprüfte Entwurf der DIN xxxx Teil x bereits Gegenstand des Prüfungsverfahrens war, ist auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass sich die in Anspruch 1 des Klagepatentes unter Schutz gestellte technische Lehre als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend erweisen wird, weil, wie die Beklagte geltend macht, es für den Fachmann eine triviale Maßnahme darstelle, die Integration zweier ankoppelbarer Anzeigeeinrichtungen in ein gemeinsames Gehäuse vorzunehmen, zumal der Weg zu einer solchen Integration dieser Druckschrift nicht entnommen werden kann.
V.
1.)
Da die Beklagten den Gegenstand des Klagepatents rechtswidrig benutzt haben, sind sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, § 139 Abs. 1 PatG.
2.)
Die Beklagten haben der Klägerin außerdem Schadenersatz, zu leisten, die Beklagten zu 1) und 2) ferner eine angemessene Entschädigung § 139 Abs. 2 PatG, Art.II S 1 Int PatÜG. Denn als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB.
Da es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO. Gleiches gilt für den Entschädigungsanspruch.
3.)
Außerdem sind die Beklagten zur Rechnungslegung verpflichtet, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, die ihr zustehende Entschädigung und den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch zubeziffern , § 242 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet, zumal ihnen ein Wirtschaftsprüfervorbehalt eingeräumt wurde.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 709, 108 ZPO.
Der Streitwert beträgt 125.000,-- €.
LG Düsseldorf:
Urteil v. 15.01.2002
Az: 4 O 31/01
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