Landgericht Essen:
Urteil vom 4. Juni 2014
Aktenzeichen: 42 O 21/14
(LG Essen: Urteil v. 04.06.2014, Az.: 42 O 21/14)
Tenor
Die einstweilige Verfügung vom 21.3.2014 bleibt hinsichtlich des Ausspruchs zu Ziffer 4 aufrechterhalten.
Ziffer 5 der einstweiligen Verfügung vom 21.3.2014 wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Verfügungsbeklagten wird aufgegeben es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Kopfhörer an Verbraucher anzubieten, wie bei den Kopfhörern "B" geschehen, und dabei eine CE-Kennzeichnung zu verwenden, ohne dass die Kopfhörer mit dem Namen und der Kontaktanschrift des Herstellers oder sofern dieser nicht im Europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist, mit dem Namen und der Kontaktanschrift des Bevollmächtigten oder des Einführers auf dem Verbraucherprodukt oder dessen Verpackung gekennzeichnet ist.
Im Übrigen wird die einstweilige Verfügung vom 21.3.2014 aufgehoben und der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen zu 30 % die Verfügungsbeklagte, zu 70 % der Verfügungskläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Verfügungskläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Verfügungsbeklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Verfügungskläger ist Inhaber der Marke "Y" und vertreibt die von ihm selbst hergestellten Kopfhörer u.a. über die Handelsplattform F und über seinen Onlineshop.
Die Verfügungsbeklagte vertreibt Kopfhörer wie aus der Anlage FN 2 ersichtlich.
Der Verfügungskläger hat nach einem Testkauf am 1. März 2014 gegen die Verfügungsbeklagte am 21.3.2014 eine einstweilige Verfügung erwirkt, durch die der Verfügungsbeklagten aufgegeben wurde es zu unterlassen,
Kopfhörer an Verbraucher anzubieten, wie bei den Kopfhörern "B" (Anlage FN 2 und FN 3) geschehen,
1.
ohne hierfür zuvor bei der nach ElektroG zuständigen Stelle für die dem jeweils angebotenen Gerät zugehörige Marke sowie der zugehörigen Geräteart registriert worden zu sein, sofern die Kopfhörer nicht von einem bereits hierfür mit der entsprechenden Marke und Geräteart registrierten Dritten bezogen werden;
2.
ohne dass diese eine dauerhafte Kennzeichnung nach § 7 S. 1 ElektroG haben, die den Hersteller oder den Importeur eindeutig identifiziert;
3.
ohne dass die Kopfhörer selbst eine dauerhafte Kennzeichnung oder wenn es auf Grund der Größe und Funktion des Produktes erforderlich ist, deren Verpackung, Gebrauchsanweisung oder Garantieschein eine Kennzeichnung gemäß § 7 S. 2 ElektroG haben;
4.
ohne dass diese mit dem Namen und der Kontaktanschrift des Herstellers oder sofern dieser nicht im Europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist, mit dem Namen und der Kontaktanschrift des Bevollmächtigten oder des Einführers auf dem Verbrauchsprodukt oder dessen Verpackung gekennzeichnet sind;
5.
und dabei ein CE- Kennzeichen zu verwenden, wenn dieses nicht geführt werden darf.
Dagegen hat die Verfügungsbeklagte Widerspruch eingelegt.
Der Verfügungskläger trägt vor:
Die Verfügungsbeklagte habe mit dem Vertrieb dieser Kopfhörer gegen die §§ 3 Abs. 11 Nr. 3, Abs. 12, 6 Abs. 2 ElektroG verstoßen, weil es an einer Registrierung für die Marke "B1" fehle. Damit liege auch für die Kopfhörer des Weiteren auch keine ausreichende Kennzeichnung im Sinne des § 7 S. 1 ElektroG vor, der zwingend voraussetze, dass die Kennzeichnung im Elektroaltgeräteregister erfasst sei. Das auf den Kopfhörern angebrachte Fähnchen mit dem Aufdruck "Q" genüge den gesetzlichen Anforderungen nicht. Auch verfügten die Kopfhörer nicht über die durch § 6 I S.1 Ziffer 1 ProdSG erforderliche Herstellerkennzeichnung. Im Übrigen sei das Abfalltonnensymbol auf der Verpackung eindeutig zu klein ausgefallen und erfülle nicht die Vorgaben in Ziffer 4.2. der DIN - EN 50419. Die Kennzeichnung mit dem CE€Zeichen sei jedenfalls deshalb nicht zulässig, weil Kopfhörer nur für Spannungen von unter 5 V gedacht seien. Im Übrigen dürfe die CE- Kennzeichnung auch deshalb nicht geführt werden, weil das hier in Frage stehende Produkt in seiner Kennzeichnung gegen die RoHS-Richtlinie 2011/65, umgesetzt durch die ElektrostoffV verstoße.
Der Verfügungskläger beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 21.3.2014 aufrechtzuerhalten.
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
unter Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 21.3.2014 den Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 19.3.2014 zurückzuweisen.
Die Verfügungsbeklagte trägt vor:
B1 sei eine eingetragene Produkt-Marke der Q1-Gruppe; sie werde von der Q2 gehalten. Daneben verfüge die Q1-gruppe aber auch noch über die ihren Handelsnamen wiederholende Produkt-Marke "Q". Die Verfügungsbeklagte sei mit der Marke "Q" für die hier streitstgegenständliche Geräteart bei der F1 registriert. Die Kennzeichnung mit dem CE-Kennzeichen sei sogar Pflicht nach § 3 Abs. 2 Ziffer 4 ElektrostroffVO; dies sei unabhängig von den Spannungsgrenzen, wie § 2 Ziffer 1 ElektroStoffVO zeige. Die DIN-EN 50419 löse keinen Unterlassungsanspruch aus, weil ihr kein Gesetzesrang zukomme. Hierbei handele es sich auch nicht um eine Marktverhaltensregelung. Name und Kontaktanschrift des Herstellers habe es nach § 6 I 3 ProdSG nicht bedurft; hierbei handele es sich zudem nicht um eine Marktverhaltensregelung.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Der gemäß den §§ 924 I, 926 ZPO statthafte und insgesamt zulässige Widerspruch hat teilweise Erfolg.
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
Bezüglich des Antrags zu Ziffer 1 fehlt es an einem Verfügungsanspruch gemäß den §§ 8 I, III Ziffer 1 i.V.m. 4 Ziffer 11 UWG, 3 XI Ziffer 3, 6 Abs. 2 ElektroG. Die Verfügungsbeklagte hat durch Vorlage eines Auszugs aus dem DPMARegister und eines Registerbescheids der Stiftung F1 glaubhaft gemacht, dass die Q2 Markenrechtsinhaber der Marke B1 ist, aber auch die Marke Q insbesondere für Kopfhörer für sich hat eintragen lassen, wobei unter letzterer Marke die Anmeldung bei der Stiftung F1 erfolgt ist, hier in der Kategorie "Geräte der Unterhaltungselektronik" und "Haushaltskleingeräte". Damit stellt sich die Sachlage so dar, dass die Verfügungsbeklagte die hier im Streit stehenden Kopfhörer unter zwei Markennamen vertreibt, wobei nur eine Marke bei der Stiftung F1 angemeldet ist. Nach Auffassung der Kammer hat die Verfügungsbeklagte damit ihrer Registrierungspflicht nach dem ElektroG genüge getan. Nach dem Wortlaut von § 6 II 2 ElektroG muss der Registrierungsantrag u.a. "die Marke" enthalten. Die Fallgestaltung, dass ein Produkt unter zwei Markennamen vertrieben wird, ist von dem Wortlaut der Vorschrift nach nicht eindeutig erfasst. Eine Auslegung nach dem Sinn und Zweck der normierten Registrierungspflicht ergibt indes, dass die Registrierung einer Marke ausreichen dürfte. Die Registrierungspflicht soll verhindern, dass Hersteller wettbewerbswidrig Geräte in Verkehr bringen, ohne ihren Rücknahme- und Entsorgungspflichten nachzukommen; sie ist zentrale Pflicht der Hersteller. An die Registrierung knüpfen alle weiteren Herstellerpflichten und Möglichkeit ihrer Kontrolle für die Stiftung F1 und die Wettbewerber an. Vor allem der Kontroll- und Überwachungszweck der Registrierung des Marktes erfordert es, dass die Stiftung F1 und die Wettbewerber Informationen über die auf dem Markt befindlichen Elektrogeräte erhalten, die eine effektive und einfache Marktbeobachtung ermöglichen und so dazu beitragen, dass das Inverkehrbringen von Geräten, die keinem Hersteller zugeordnet werden können, verhindert wird. Die Marke ist dabei ein gewichtiges Identifizierungsmerkmal für die Zuordnung eines Elektro- und Elektronikgerätes zu einem Unternehmen (vgl. zu allem: BVerwG NVwZ-RR 2010, 673). Dieser Zuordnungs- und Identifizierungsfunktion ist allerdings bereits dadurch ausreichend Rechnung getragen, wenn nur ein Produkt mit nur einer von zwei gleichzeitig verwandten Marken registriert wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn hier die angemeldete Marke identisch ist mit der Firma der Herstellerin und somit eine eindeutige Zuordnung von Gerät zu Hersteller gesichert ist.
Auch besteht für die im Antrag unter Ziffer 2 geltend gemachte Unterlassungsverpflichtung kein Verfügungsanspruch. Mit dem an den Kabeln befestigten Fähnchen hat die Verfügungsbeklagte hinreichend ihrer Pflicht nach § 7 S. 1 ElektroG genüge getan, den Hersteller durch eine dauerhafte Kennzeichnung des Gerätes auszuweisen. Mit "Q" hat die Verfügungsbeklagte hinreichend klar auf ihre Herstellereigenschaft im Sinne von § 3 Absatz 11 Ziffer 3 ElektroG hingewiesen. Bei dem Fähnchen handelt es sich auch um eine dauerhafte Kennzeichnung im Sinne von § 7 S. 1 ElektroG. Die erforderliche Dauerhaftigkeit einer Kennzeichnung ist nur dann gegeben, wenn die Kennzeichnung ein Mindestmaß an Unzerstörbarkeit besitzt, was insbesondere dann verneint wird, wenn sich die Kennzeichnung ohne nennenswerte Schwierigkeiten von dem Produkt lösen lässt (vgl. hierzu etwa OLG Celle , Urt. V. 21.11.2013 - 13 U 84/13-). Letztere Voraussetzungen liegen hier zur Überzeugung der Kammer nicht vor. Das an den Kopfhörern befestigte Fähnchen besteht zunächst aus einem dehnbaren und haltbaren Kunststoffmaterial, so dass es nur mittels eines spitzen Werkzeuges wie Schere oder Messer entfernt werden kann. Hierbei würde aber die Beschädigung der sehr dünnen Kabeln drohen, die aus ähnlich flexiblem, gummiummanteltem Material bestehen; es steht hier zur Überzeugung der Kammer daher nicht zu erwarten, dass dieses verschiebbare Fähnchen, die die Funktion der Kopfhörer und ihres Handlings nicht beeinträchtigen, in einer erheblichen Zahl der Fälle entfernt werden.
Ebenso wenig geht die Kammer von einem Verfügungsanspruch bezüglich der unter Ziffer 3 verfolgten Unterlassungsverpflichtung aus. Sowohl auf dem Fähnchen, wie auch auf der Verpackung hat die Verfügungsbeklagte das Symbol der durchgestrichenen Abfalltonne mit Balken aufgedruckt. Sie ist damit ihrer Kennzeichnungspflicht gemäß § 7 S. 2 ElektroG in Verbindung mit Anhang II hinreichend nachgekommen. Soweit der Verfügungsbeklagte beanstandet, dass das Symbol nicht die Größe von 7 mm hat, wie es Ziffer 4.2. der DIN-EN 50419 vorgebe, ist hierzu anzumerken, dass das Elektrogesetz auf diese Normvorschrift nicht verweist, in dieser im Übrigen nur festgelegt ist, dass die Symbole vorzugsweise dieses Aussehen haben sollen. Entscheidend dürfte sein, ob dieses Symbol auf der Verpackung hinreichend gut erkennbar ist. Davon geht die Kammer aus. Die Höhe des Balkens entspricht der in der DIN-Vorschrift vorgesehen Höhe von 1 mm, die Tonne ist zwar etwas kleiner als in der DIN-Norm beschrieben, allerdings durchaus gut sichtbar; eingereiht in die Kette anderer Aufdrucke steht es an erster Stelle und ist auch bei flüchtiger Betrachtung ohne Weiteres zu erkennen.
Begründet allerdings ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, soweit sich der Verfügungskläger unter Ziffer 4 des Antrags dagegen wendet, dass weder auf dem Produkt noch auf der Verpackung der Name und die Kontaktanschrift des Herstellers vermerkt ist. Ein diesbezüglicher Unterlassungsanspruch folgt hier aus § 6 I Ziffer 2 ProduktSG in Verbindung mit den §§ 8 I, III Ziffer 1, 4 Ziffer 11 UWG. Soweit die Verfügungsbeklagte auf die Aufschrift auf dem Fähnchen sowie auf der Verpackung "Q" hinweist, legt sie offensichtlich selbst die Herstellereigenschaft der Verfügungsbeklagten zugrunde. Die Angabe der Kontaktanschrift ist auch nicht nach § 6 Absatz 1 S. 3 ProduktSG entbehrlich, weil sie dem Verwender bereits bekannt sei; soweit die Verfügungsbeklagte anführt, Q könne über jeden Q3-Markt erreicht werden, ist dies keinesfalls selbstverständlich. Denn als verpflichtetes Rechtssubjekt kommt allein die juristische Person in Betracht, nicht aber eine Filiale, die womöglich auch noch von anderen Rechtssubjekten als die als Hersteller anzusehende Gesellschaft geführt wird. Im Übrigen kann auch nicht ohne weiteres angenommen werden, dass die Verbraucher und Behörden die Anschriften der Filialen kennen; einer Nachforschungsnotwendigkeit will das Gesetz gerade vorbeugen. Bei § 6 I Ziffer 2 ProduktSG handelt es sich auch um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Ziffer 11 UWG, da die Vorschrift auch dem Schutze der Verbraucher dient, sich etwa im Falle der Realisierung einer von dem Produkt ausgehenden Gefahr ohne weiteres an den Verantwortlichen halten zu können. Produktkennzeichnungspflichten dienen durchweg dem Schutz der Verbraucher und stellen somit Marktverhaltensregelungen im Interesse der Verbraucher i.S.d. § 4 Ziffer 11 UWG dar (vgl. Köhler /Bornkamm, § 4 UWG Rdnr. 11.118 m.w.N.).
Teilweise begründet ist der unter Ziffer 5 verfolgte Unterlassungsantrag auf Führung des CE-Kennzeichens. Insoweit ergibt sich ein Verfügungsanspruch aus den §§ 8 III Ziffer 1, 4 Ziffer 11 UWG i.V.m. § 7 I ProdSG i.V.m. Art. 30 III und IV VOP (EG) Nr. 765/2008. Da das CE-Kennzeichen die einzige Kennzeichnung ist, die die Konformität des Produktes mit den geltenden Anforderungen der einschlägigen Harmonisierungsrechtsvorschriften der Gemeinschaft, die ihre Anbringung vorschreiben, bescheinigt, darf das CE - Kennzeichen nicht geführt werden, wenn gegen derartige Vorschriften offensichtlich verstoßen wird. Das ist vorliegend insoweit der Fall, als die ElektroStoffV, aus der die Verfügungsbeklagte ihr Recht auf Führung des CE-Kennzeichens herleitet, in § 5 II die Angabe der Kontaktanschrift auf dem Gerät oder ggf. auf der Verpackung vorschreibt. Dieser Verpflichtung ist die Verfügungsbeklagte eben nicht nachgekommen. Nur insoweit ist dem Antrag stattzugeben. Da keine weiteren Gründe glaubhaft gemacht worden sind, weshalb das CE-Kennzeichen seitens der Verfügungsbeklagten nicht geführt werden darf, kann dies nur zu der eingeschränkten Stattgabe des Antrags führen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91. 92 I, II, 708 Ziffer 6, 711 ZPO.
LG Essen:
Urteil v. 04.06.2014
Az: 42 O 21/14
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