Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 11. August 1995
Aktenzeichen: 6 U 238/94
(OLG Köln: Urteil v. 11.08.1995, Az.: 6 U 238/94)
1. § 105 Abs. 3a S. 2 Nr. 5 AMG gilt ebenso wie § 29 Abs. 3 Nr. 1 AMG auch für Monopräparate 2. Wird ein zugelassenes verschreibungspflichtiges AltFertigarzneimittel (Monopräparat) durch Austausch seines einzigen Wirkstoffs an eine im Bundesanzeiger bekanntgemachte Monographie (hier: Menopausen-Gonadotropin, human (HMG) angepaßt, ist es unter der ursprünglichen Registrierungsnummer auch mit neuer Bezeichnung verkehrsfähig. § 105 Abs. 3a S. 2 Nr. 5 AMG verlangt keine stoffliche Teilidentität zwischen dem ursprünglichen und dem nach Anpassung vertriebenen Präparat.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 06. September 1994 verkündete Urteil der 31. Zi-vilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 218/94 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 55.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten können von beiden Parteien auch durch selbstschuldnerische Bürgschaften einer im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank oder öffentlich- rechtlichen Sparkasse erbracht werden. Die Beschwer der Klägerin wird auf 1.300.000,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber bei der Herstellung und dem
Vertrieb von Arzneimitteln; u.a. vertreiben beide Parteien
hormonhaltige Arzneimittel zur Behandlung von
Fruchtbarkeitsstörungen bei Mann und Frau.
Die Beklagte brachte bis zum Jahre 1993 das
verschreibungspflichtige Arzneimittel C. 1500, das am 24. Dezember
1971 unter der Regristriernummer 49... in das Spezialitätenregister
des Bundesgesundheitsamtes eingetragen worden war, in den Verkehr.
Dieses Medikament enthält als alleinigen arzneilich wirksamen
Bestandteil Choriongonadotropin (HCG). Da es sich zum Zeitpunkt des
Inkrafttretens des neuen AMG am 01.01.1978 im Verkehr befand, nahm
die Beklagte für dieses Medikament eine sogenannte fiktive
Zulassung geMenogon Art. 3 § 7 AMNG in Anspruch.
Mit Schreiben vom 01. Juli 1993 zeigte die Beklagte gegenüber
dem Bundesgesundheitsamt an, daß sie den bisher in dem Arzneimittel
C. 1500 enthaltenen arzneilich wirksamen Bestandteil
Choriongonadotropin gegen den Wirkstoff Menotropin austauschen und
die Bezeichnung des Arzneimittels in M. ändern werde. Mit dem
Austausch des Wirkstoffes sollte eine Anpassung des Medikaments an
die im Bundesanzeiger vom 18. Dezember 1992 veröffentliche
Aufbereitungsmonographie über Menotropin (humanes
Menopausen-Gonadotropin-HMG) vorgenommen werden.
Mit Schreiben vom 19. August 1993 bestätigte das
Bundesgesundheitsamt den Eingang dieser Anzeige der Beklagten.
Die Beklagte bringt seither das Medikament M. mit dem alleinigen
arzneilich wirksamen Bestandteil Menotropin (HMG) unter der
Registriernummer 49... in den Verkehr.
Die Klägerin, die hierin einen Verstoß gegen das AMG und damit
ein wettbewerbswidriges Handeln gem. § 1 UWG sieht, hat vor dem
Landgericht Hamburg den Erlaß einer einstweiligen Verfügung
beantragt, mit dem Ziel, der Beklagten den Vertrieb dieses
Arzneimittels ohne Zulassung durch das Bundesgesundheitsamtes nach
§§ 21 ff. AMG oder ohne eine Nachzulassung des
Bundesgesundheitsamtes nach Art. 3 § 7 AMNG zu untersagen. Das
Landgericht Hamburg hat durch Urteil vom 09. September 1993 den
Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen;
dieses Urteil ist in der Berufungsinstanz vom Hanseatischen
Oberlandesgericht durch Urteil vom 03. März 1994 - 3 U 233/93 -
bestätigt worden (vgl. Anlagen BO 8 und BO 9, Bl. 28 ff. d.A.).
Mit der vorliegenden Hauptsacheklage begehrt die Klägerin
weiterhin, der Beklagten den Vertrieb des Arzneimittels "M. " ohne
Zulassung oder Nachzulassung durch das Bundesgesundheitsamtes zu
untersagen.
Hierzu hat die Klägerin die Ansicht vertreten, der Austausch des
Wirkstoffes HCG gegen den Wirkstoff HMG sei arzneimittelrechtlich
gesehen unzulässig und nicht von der Ànderungsmöglichkeit nach Art.
3 § 7 Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5 AMNG gedeckt. Die in dieser Vorschrift
eingeräumte Anpassungsmöglichkeit könne im Grunde nur gelten, wenn
zwischen dem Altarzneimittel und dem geänderten Medikament
jedenfalls noch eine Teilidentität bestehe. Die von der Beklagten
vorgenommene vollständige Substanzauswechslung und Anpassung an die
HMG-Aufbereitungsmonographie sei nach nationalem deutschen Recht
und nach höherrangigem EG-Recht gesetzlich nicht zugelassen. Dies
ergebe eine Auslegung von Art. 3 § 7 Abs. 3a AMNG nach Wortlaut,
Systematik, Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschriften sowie
einer EG-Rechtkonformen Auslegung des Gesetzes.
Die Verwendung des Plurals in Nr. 5 dieser Vorschrift
"arzneirechtlich wirksamen Bestandteile" zeige, daß nur
Kombinationspräparate hierunter zu fassen seien, bei denen
Teilidentität des Arzneimittels bestehen bliebe, wenn eines der
Bestandteile ausgewechselt werde. Völlig neue Arzneimittel sollten
hierdurch jedoch nicht geschaffen werden können.
Aus dem systematischen Verhältnis von Art. 3 § 7 Abs. 3 a zu
Art. 3 § 7 a AMNG ergebe sich, daß neue Arzneimittel einer
Neuzulassung - wenn auch teilweise im vereinfachten Verfahren -
bedürften.
Es widerspreche auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung
des Art. 3 § 7 Abs. 3 a AMNG, ein fiktiv zugelassenes Alt-Präparat
mit Total-Wirkstoffaustausch lediglich nach dieser Vorschrift
anzupassen. Art. 3 § 7 Abs. 3 a AMNG beruhe auf einer Abwägung des
Bestandsschutzgedankens mit dem Gedanken der
Arzneimittelsicherheit. Ein Bestandsschutz setze voraus, daß nicht
ein völlig neues Arzneimittel geschaffen werde, sondern daß
zumindest eine gewisse stoffliche Teilidentität vorhanden sein
müsse.
Weiterhin spreche eine verfassungskonforme Auslegung der
Anpassungsvorschrift für eine Beschränkung der Anpassungsregel auf
den Bestandsschutzgedanken. Die Schaffung völlig neuer Arzneimittel
im Wege einer Ànderungsanzeige nach einem Totalaustausch aller
Wirkstoffe führe zu einer Ungleichbehandlung im
Zulassungsverfahren.
Schließlich sei auch nach EG-Recht (Richtlinien 65/65/EWG;
75/318/EWG und 75/319/EWG) für die Zulassung neuer Arzneimittel das
allgemeine Zulassungsverfahren mit Prüfung von Wirksamkeit,
Sicherheit und Qualität eines Arzneimittels vor Marktzutritt
erforderlich.
Aufgrund des somit unzulässigen Vertriebs von M. sei die
Beklagte auch zur Auskunft zum Zwecke der Vorbereitung eines
Schadensersatzanspruches verpflichtet; aus den selben Gründen stehe
ihr - der Klägerin - der Festellungsanspruch zu.
Die Klägerin hat beantragt,
I. die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Vermeidung eines vom Gericht
für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes
bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder der
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,
das Arzneimittel M. mit dem Wirkstoff
Menotropin anzubieten, feilzuhalten, zu verkaufen oder sonst in den
Verkehr zu bringen, solange für dieses Fertigarzneimittel keine
Zulassung des Bundesgesundheitsamtes nach §§ 21 ff. AMG oder eine
Nachzulassung (Verlängerung der Zulassung) des
Bundesgesundheitsamtes nach Art. 3 § 7 a AMNG vorliegt;
2. ihr Auskunft darüber zu erteilen, in
welchem Umfang sie Handlungen der unter Ziffer I. 1. bezeichneten
Art vorgenommen hat, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses,
das die Verkaufspreise, Liefermengen, Lieferzeiten und Namen der
Abnehmer enthält.
II. festzustellen, daß die Beklagte
verpflichtet ist, ihr jeden Schaden zu ersetzen, der ihr durch die
unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch
entstehen wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, es bestehe zwischen den Bestandteilen HCG und
HMG eine stoffliche Teilidentität. Beide Wirkstoffe hätten den
gleichen biologischen Effekt, der über einen identischen Rezeptor
vermittelt werde.
Sie hat die Ansicht vertreten, sie dürfe das gem. Art. 3 § 7
Abs. 1 AMNG als fiktiv zugelassene Fertigarzneimittel abweichend
von § 29 Abs. 3 AMG ohne Neuzulassung in den Verkehr bringen, da
die Voraussetzungen des Art. 3 § 7 Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5 AMNG
vorlägen.
Hierzu hat die Beklagte behauptet, M. werde innerhalb des
gleichen Anwendungsbereiches und der gleichen Therapierichtung wie
C. 1500 eingesetzt. Durch die Ànderung sei das Arzneimittel nicht
verschreibungspflichtig geworden, da bereits C. 1500
verschreibungspflichtig gewesen sei. Die Anzahl arzneilich
wirksamer Bestandteile habe sich nicht erhöht. Das Arzneimittel sei
insgesamt an die gem. § 25 Abs. 7 Satz 1 AMG bekanntgemachte
Monographie im Bundesanzeiger vom 18. Dezember 1992 angepaßt
worden.
Sie hat ferner die Auffassung vertreten, einer Teilidentität
zwischen Alt-Arzneimittel und dem angepaßten Medikament bedürfe es
nicht. Dies ergebe sich schon aus dem Gesetzeswortlaut. Im übrigen
rechtfertigten auch Sinn und Zweck der Vorschrift keine abändernde
Einschränkung. Der Gesetzgeber habe durch die Anpassung fiktiv
zugelassener Arzneimittel an bestehende Aufbereitungsmonographien
eine Arbeitsentlastung des zuständigen Bundesgesundheitsamtes sowie
eine verbesserte Nutzung der Aufbereitungsmonographien und eine
Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bezweckt.
Hierin sei auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des
Art. 3 GG zu sehen. Eine Ungleichbehandlung zwischen sogenannten
Zulassungsbewerbern und Inhabern von fiktiv zugelassenen
Arzneimitteln sei bereits dadurch gerechtfertigt, daß der Inhaber
einer fiktiven Zulassung auf diesem Arzneimittelmarkt ohne
Unterbrechung tätig sei und der Bestandsschutz insbesondere aus
Gründen der Arzneimittelsicherheit erhalten werden solle, wenn
dieser Inhaber Bestandteile oder den einzigen Bestandteil des
fiktiv zugelassenen Arzneimittels durch einen geprüften Bestandteil
ersetze, also von ungeprüften Substanzen auf geprüfte Substanzen
übergehe. Schließlich verstoße diese Regelung des AMNG nicht gegen
höherrangiges EG-Recht. Die von der Klägerin zitierten
EG-Richtlinien gäben keine Anhaltspunkte dafür, daß der nationale
Gesetzgeber gehindert wäre, gesetzliche Regelungen dafür
vorzusehen, fiktiv zugelassene Mono- und Kombinationspräparate
Monographien anzupassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen
Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der
wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Durch Urteil vom 06. September 1994 hat die 31. Zivilkammer des
Landgerichts Köln die Klage abgewiesen. Das Urteil ist im
wesentlichen damit begründet, daß ein Verstoß gegen
Arzneimittelrecht und damit gegen § 1 UWG nicht vorläge. Die
Beklagte habe für ihr Medikament "M. " keiner Neuzulassung bedurft,
weil die Voraussetzungen des Art. 3 § 7 Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5 AMNG
vorlägen. Unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des Landgerichts
Hamburg und des Hanseatischen Oberlandesgerichts im einstweiligen
Verfügungsverfahren (Anlagen BO 8 und 9, Bl. 28 ff. d.A.) hat es
sich auf den Standpunkt gestellt, es sei davon auszugehen, daß der
Wortlaut der Norm auch den vorliegenden Fall erfasse. Eine
restriktive Auslegung sei demgegenüber nicht geboten. Daß dieses
Verständnis auch dem Willen des Gesetzgebers entspräche, ergäbe
sich im übrigen aus der jüngsten Novellierung des AMG.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe
des angefochtenen Urteils (Bl. 80 bis 87 d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 26. September 1994 zugestellte Urteil hat
die Klägerin mit einem am 26. Oktober 1994 bei Gericht eingegangen
Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach entsprechender
Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit einem am 22.
Dezember 1994 eingegangen Schriftsatz begründet.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches
Vorbringen. Sie vertritt weiterhin die Ansicht, § 105 Abs. 3 a Satz
2 Nr. 5 AMG schaffe eine Ausnahme für fiktiv zugelassene
Arzneimittel von der Grundvorschrift des § 29 Abs. 3 AMG, die bei
bestimmten Ànderungen jedoch eine Neuzulassung vorschreibe.
In § 29 Abs. 3 Nr. 1 AMG sei ausdrücklich die Rede von "einer
Ànderung der Zusammensetzung der arzneilich wirksamen Bestandteile
nach Art oder Menge". Entsprechend werde auch in § 105 Abs. 3 a
Satz 2 Nr. 5 AMG, in der es lautet "mit geänderter Art oder Menge
der arzneilich wirksamen Bestandteile", der Plural verwendet.
Hieraus sei zu schließen, daß zumindest eine stoffliche
Teilidentität mit dem ursprünglichen Arzneimittel erhalten bleiben
müsse. Da die Beklagte bei ihrem Medikament nicht eine Ànderung
vorgenommen habe, sondern eine "Ersetzung" des alleinigen
arzneilich wirksamen Bestandteils, könne dieses Produkt nicht von §
105 Abs. 3 a AMG erfaßt sein. Wenn die Grundvorschrift des § 29 AMG
schon bei der Ànderung eines von mehreren arzneilich wirksamen
Bestandteilen eine schlichte Anzeige nicht ausreichen ließe,
sondern eine Zulassung nach § 21 AMG fordere, so müsse dies erst
recht gelten, wenn ein völlig neues Arzneimittel geschaffen
werde.
Auch der Sinn und Zweck des AMNG, eine wirksame
Arbeitsentlastung des Bundesgesundheitsamtes zu erreichen,
rechtfertige nicht, bei einem völligen Austausch des Wirkstoffes
eines Präparates auf das Zulassungserfordernis zu verzichten.
Die Beklagte könne sich auch nicht auf einen Bestandsschutz
berufen, weil sie nunmehr ein völlig neues Arzneimittel
vertreibe.
Im übrigen sei zu beachten, daß die nach § 25 Abs. 7 Satz 1 AMG
a.F. vorgesehene Bekanntmachung von Aufbereitungsmonographien durch
das 5. Gesetz zur Ànderung des Arzneimittelgesetzes ersatzlos
weggefallen sei. Dies bedeute, daß eine zulassungsfreie Anpassung,
wie sie von der Beklagten für "M. " in Anspruch genommen werde,
heute nicht mehr erfolgen könnte. Dies spreche ebenfalls für eine
extensive Auslegung des § 105 Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5 AMG.
Rein vorsorglich bestreitet die Klägerin, daß zwischen den
Wirkstoffen der Präparate "C. 1500" und "M. " eine Teilidentität
bestehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der
Klägerin wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 22. Dezember
1994 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
in Abänderung des angefochtenen Urteils
1. die Beklagte zu verurteilen,
a) es bei Vermeidung eines vom Gericht
für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes
bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder der
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,
das Arzneimittel M. mit dem Wirkstoff
Menotropin anzubieten, feilzuhalten, zu verkaufen oder sonst in den
Verkehr zu bringen, solange für dieses Fertigarzneimittel keine
Zulassung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte
nach §§ 21 ff. AMG oder eine Nachzulassung (Verlängerung der
Zulassung) des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte
nach § 5 AMG vorliegt;
b) der Klägerin Auskunft zu erteilen,
in welchem Umfang sie Handlungen der unter Ziffer 1 a) bezeichneten
Art vorgenommen hat, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses,
das die Verkaufspreise, Liefermengen, Lieferzeiten und Namen der
Abnehmer enthält,
2. festzustellen, daß die Beklagte
verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der
dieser durch die unter Ziffer 1 a) bezeichneten Handlungen
entstanden ist oder noch entstehen wird.
3. Ihr - der Klägerin - zu gestatten,
eine Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft
einer deutschen Bank oder Sparkasse zu erbringen.
Die Beklagte beantragt,
1. die Berufung zurückzuweisen;
2. ihr - der Beklagten - nachzulassen,
etwaig erforderliche Sicherheit durch selbstschuldnerische
Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürgen zugelassenen
Kreditinstituts zu leisten.
Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und
verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Darüber hinaus vertritt sie die Auffassung, Art. 3 § 7 Abs. 3 a
Satz 2 Nr. 5 AMNG (=§ 105 Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5 AMG) erfasse nicht
nur Kombinationspräparate, sondern auch Mono - Arzneimittel. Gerade
der Vergleich mit § 29 Abs. 3 Nr. 1 AMG zeige, daß auch bei der
Verwendung des Plurals in dieser Vorschrift Mono - Präparate umfaßt
seien. Anderenfalls wären diese bei Ànderung des einzigen
arzneilich wirksamen Bestandteils grundsätzlich nicht neu
zuzulassen.
Es ergäben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, daß der
Gesetzgeber bei der Einführung des Art. 3 § 7 Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5
AMNG nur Kombinationspräparate im Sinn gehabt habe.
Kombinationspräparate seien - wie auch § 22 Abs. 3 a AMG ausdrücke
- unerwünscht. Hierzu behauptet sie, Aufbereitungsmonographien
seien schließlich für Kombinationspräparate äußerst selten.
Sie vertritt weiterhin die Ansicht, die Forderung nach einer
"Teilidentität" ließe die Óberleitungsregelungen weitestgehend
leerlaufen, da sie dann nur wenige Fälle beträfen. Dies
widerspreche der Intention des Gesetzgebers, eine Arbeitsentlastung
des Bundesgesundheitsamtes zu bewirken.
Vorsorglich behauptet die Beklagte hierzu, daß die arzneilich
wirksamen Bestandteile der Präparate "C. 1500" und "M. "
teilidentisch seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten im
Berufungsrechtszug wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 15.
März 1995 nebst Anlagen sowie auf den nicht nachgelassenen
Schriftsatz vom 19.07.1995 Bezug genommen.
Die Akte 3 U 233/93 Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg
(=312 O 413/93 Landgericht Hamburg) war Gegenstand der mündlichen
Verhandlung.
Gründe
Die Berufung ist zulässig; sie hat jedoch in der Sache keinen
Erfolg.
Soweit die Klägerin in dem Berufungsrechtszug einen neuen
Klageantrag gestellt hat, ist hierdurch weder die Zulässigkeit der
Klage berührt, noch eine inhaltliche Ànderung in der Sache
vorgenommen worden, da die Ànderung des Klageantrags lediglich eine
Anpassung an das 5. Gesetz zur Ànderung des Arzneimittelgesetzes
vom 09. August 1994 darstellt.
Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, daß der Klägerin der
geltend gemachte Unterlassungsanspruch - auch in der neuen Fassung
des Antrags vom 22.12.1994 -, der sich allein aus § 1 UWG in
Verbindung mit §§ 29 Abs. 3, 21 ff AMG ergeben kann, nicht zusteht,
weil die Beklagte gemäß § 105 Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5 AMG (früher:
Artikel 3 § 7 Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5 AMNG) das Medikament "C. 1500"
rechtmäßig an die Menopausen - Gonadotropin - Monographie angepaßt
hat.
Bei dem Medikament "C. 1500" handelt es sich um ein
Fertigarzneimittel, das gemäß Art. 3 § 7 Abs. 1 AMNG als fiktiv
zugelassen gilt, da dieses Fertigarzneimittel sich im Zeitpunkt des
Inkrafttretens des neuen AMG am 01. Januar 1978 im Verkehr befand
und im Spezialitätenregister des Bundesgesundheitsamtes seit
Dezember 1971 unter der Registriernummer 49... eingetragen war.
Die Beklagte hat auch - was zwischen den Parteien unstreitig ist
- fristgerecht den Verlängerungsantrag nach Art. 3 § 7 Abs. 3 Satz
1 AMNG beim Bundesgesundheitsamt gestellt, über den bisher noch
nicht entschieden ist mit der Folge, daß "C. 1500" solange unter
der zugeteilten Registriernummer weiter in den Verkehr gebracht
werden darf, bis abschließend über den Verlängerungsantrag
entschieden ist (Kloesel-Cyran, Arzneimittelrecht, Stand Juni 1994,
Artikel 3 § 7 AMNG Anmerkung 14).
Wird bei einem Arzneimittel eine Ànderung der Zusammensetzung
der arzneilich wirksamen Bestandteile nach Art oder Menge
vorgenommen, ist gemäß § 29 Abs. 3 Ziff. 1 AMG grundsätzlich eine
neue Zulassung zu beantragen. Von dieser Vorschrift ist in § 105
Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5 AMG eine Ausnahme für fiktiv zugelassene
Fertigarzeimittel vorgesehen. Hiernach dürfen fiktiv zugelassene
Arzneimittel - abweichend von § 29 Abs. 3 AMG - ohne Neuzulassung
in den Verkehr gebracht werden:
"mit geänderter Art oder Menge der arzneilich wirksamen
Bestandteile ohne Erhöhung ihrer Anzahl innerhalb des gleichen
Anwendungsbereiches und der gleichen Therapierichtung, wenn das
Arzneimittel insgesamt einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 AMG
bekanntgemachten Ergebnis oder einem vom Bundesinstitut für
Arzneimittel und Medizinprodukte vorgelegten Muster für ein
Arzneimittel angepaßt und das Arzneimittel durch die Anpassung
nicht verschreibungspflichtig wird".
Bei dem von der Beklagten nunmehr vertriebenen Medikament "M. "
ist zwar nicht die Menge, wohl aber die Art der arzneilich
wirksamen Bestandteile gegenüber dem bisherigen Arzneimittel "C.
1500" geändert worden, da das neue Produkt pro Ampulle 1500
Einheiten Menotropin statt bisher 1500 Einheiten
Choriongonadotropin enthält. Da weitere arzneilich wirksamen
Bestandteile weder in dem Produkt C. 1500 noch in dem Produkt M.
enthalten sind, hat auch keine Erhöhung der Anzahl der arzneilich
wirksamen Bestandteile stattgefunden. Unstreitig wird M. innerhalb
des gleichen Anwendungsbereiches und der gleichen Therapierichtung
wie C. 1500 eingesetzt.
Da bereits C. 1500 verschreibungspflichtig war, ist durch die
Ànderung der Art der arzneilich wirksamen Bestandteile das
Arzneimittel auch nicht erst verschreibungspflichtig geworden. Eine
Anpassung ist lediglich ausgeschlossen, wenn das Arzneimittel durch
den Austausch von Stoffen oder deren Mengenänderung
verschreibungspflichtig würde; dagegen ist die Ànderung
verschreibungspflichtiger Arzneimittel möglich (Kloesel/Cyran
a.a.O. Artikel 3 § 7 AMNG Anmerkung 28 a.E.).
Schließlich ist zwischen den Parteien unstreitig, daß das
Medikament insgesamt an die gemäß § 25 Abs. 7 Satz 1 AMG im
Bundesanzeiger vom 18. Dezember 1992 bekanntgemachte "Monographie:
Menopausen - Gonadotropin, human (HMG)" angepaßt wurde. Zwar ist
diese Monographie vom Bundesgesundheitsamt - der Rechtsvorgängerin
des Bundesinstituts für Arzeimittel und Medizinprodukte - bekannt
gemacht worden; dies steht einer Anwendung des § 105 Abs. 3 a Satz
2 Nr. 5 AMG indessen nicht entgegen, da im Zeitpunkt dieser
Bekanntgabe und der Anpassung des von der Beklagten vertriebenen
Präparats an diese Monographie § 105 AMG in dieser Fassung noch
nicht in Kraft war und die inhaltlich identische Regelung in Art. 3
§ 7 Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5 AMNG enthalten war, in der ausdrücklich
auf die Bekanntmachung durch das Bundesgesundheitsamt Bezug
genommen wurde.
Damit sind - übereinstimmend mit der Wertung durch das
Hanseatische Oberlandesgericht im Urteil vom 3. März 1994 - 3 U
233/93 - alle Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 105 Abs. 3
a Satz 2 Nr. 5 AMG erfüllt, so daß das Arzneimittel "M. "
rechtmäßig durch die Beklagte vertrieben werden kann.
Entgegen der Ansicht der Klägerin gilt die Vorschrift des § 105
Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5 AMG nicht lediglich für
Kombinationspräparate, sondern auch für Monopräparate, so daß eine
stoffliche Teilidentität zwischen dem ursprünglichen Arzneimittel
und dem nach der Anpassung vertriebenen Präparats insoweit nicht
vorliegen muß, als andere arzneilich wirksame Bestandteile
identisch bleiben müssen. Schon aus dem Wortlaut der Vorschrift -
sowohl in der Fassung des Art. 3 § 7 AMNG als auch aus der jetzt
gültigen Fassung des § 105 AMG - läßt sich ein derartiges
Erfordernis nicht herleiten.
Soweit die Klägerin die Ansicht vertritt, dieses zusätzliche
Erfordernis ergebe sich bereits aus der Verwendung des Plurals "mit
geänderter Art oder Menge der arzneilich wirksamen Bestandteile" in
§ 105 Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5 AMG, während in Nr. 2 dieser Vorschrift
lediglich der Singular "mit geänderter Menge des arzneilich
wirksamen Bestandteils" verwendet werde, spricht dies nicht dafür,
daß die hier einschlägige Vorschrift (Nr. 5) nur eine Regelung für
Kombinationspräparate trifft. Aus der dargelegten Differenzierung
in der Wortwahl läßt sich lediglich herleiten, daß Nr. 2 der
Vorschrift ausschließlich Monopräparate umfaßt (Kloesel-Cyran
a.a.O. Artikel 3 § 7 AMNG Anmerkung 24), während Nr. 5 dieser
Vorschrift sowohl Mono- als auch Kombinationspräparate betrifft
(Kloesel-Cyran a.a.O. Anmerkung 28, 29).
Auch aus der Tatsache, daß in § 29 Abs. 3 Ziffer 1 AMG ebenfalls
der Plural "der arzneilich wirksamen Bestandteile" gewählt ist,
ergibt sich keine andere Interpretation. Da es sich - wie auch die
Klägerin darlegt - bei § 105 Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5 AMG um eine
Ausnahme für fiktiv zugelassene Arzneimittel von der
Grundvorschrift des § 29 Abs. 3 AMG handelt, mußte notwendigerweise
in § 105 AMG die selbe Formulierung gewählt werden wie in der
Grundvorschrift des § 29 AMG. Für die entgegenstehende Auffassung
der Klägerin wäre aus dieser Óbereinstimmung nur dann etwas
herzuleiten, wenn auch § 29 Abs. 3 Satz 1 AMG lediglich für
Kombinationspräparate, nicht aber für Monopräparate gelten würde.
Dies ist jedoch gerade nicht der Fall, da es anderenfalls für die
Ànderungen von Wirkstoffen bei Monopräparaten keine gesetzliche
Regelung über die Neuzulassung gäbe, so daß derartige Monopräparate
auch bei einer Ànderung der Zusammensetzung der arzneilich
wirksamen Bestandteile keiner Neuzulassung bedürften. Dies ist
ersichtlich vom Gesetzgeber nicht gewollt. Schließlich spricht auch
der Wortlaut des § 29 Abs. 3 Nr. 1 AMG dafür, daß Monopräparate von
dieser Vorschrift umfaßt sind, da schon "eine Ànderung" ausreicht,
eine Neuzulassung beantragen zu müsse (vgl. auch Kloesel/Cyran
a.a.O. § 29 Anmerkung 7).
Gilt somit § 105 Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5 AMG ebenso wie § 29 Abs.
3 Nr. 1 AMG auch für Monopräparate, so kann schon eine
Teilidentität bezüglich weiterer Wirkstoffe nicht Voraussetzung
dieser Vorschriften sein, da Monopräparate lediglich über einen
arzneilich wirksamen Bestandteil verfügen.
Eine Teilidentität könnte deshalb allenfalls zwischen dem
arzneilich wirksamen Bestandteil des bisherigen Präparats und dem
neuen arzneilich wirksamen Bestandteil des nunmehr vertriebenen
Präparates gefordert werden, wie das Oberverwaltungsgericht Berlin
in einem Beschluß vom 14. Februar 1992 (Pharmarecht 1992, 171) bei
einer Anpassung an ein vom Bundesgesundheitsamt vorgelegtes Muster
gefordert hat. Im Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom
03. September 1993 (OVG 5 S 21.93; Bl. 106 ff. d. BA) hat das OVG
jedoch ausdrücklich festgestellt, daß sich diese Ausführungen nicht
ohne weiteres auf eine Anpassung an eine Aufbereitungsmonographie
übertragen lassen.
Weiterhin stützt sich die Klägerin auf eine Entscheidung des OLG
Karlsruhe (Pharmarecht 1993, 209), nach der - unter Berufung auf
die Entscheidung des OVG Berlin vom 14. Februar 1992 - die
Vorschrift des Art. 3 § 7 Abs. 3 a AMNG zwar dem Vertrauensschutz
der pharmazeutischen Unternehmen diene, ohne Teilidentität aber
kein zu gewährleistender Bestand mehr vorliege, der geschützt
werden könne.
Zwar hat die Beklagte eine derartige Teilidentität der
Wirkstoffe HCG und HMG behauptet und unter Beweis gestellt; der
Senat brauchte jedoch diesem Beweisanerbieten nicht nachzukommen,
da es im Rahmen des § 105 Abs. 3 a AMG (früher Artikel 3, § 7 Abs.
3 a AMNG) auf eine derartige Teilidentität ebenfalls nicht ankommt.
Wie schon das OVG Berlin und das OLG Karlsruhe in den zitierten
Entscheidungen einräumen, hat auch das Hanseatische
Oberlandesgericht in seinem Urteil vom 3. März 1994 (Bl. 112 ff d.
BA) ausgeführt, daß sich eine Forderung nach einer derartigen
Teilidentität nicht aus dem Wortlaut der Vorschrift herleiten läßt.
Dieser Wertung schließt sich der Senat an. Insbesondere läßt sich
eine gegenteilige Meinung nicht auf den Sinn des Wortes "anpassen"
stützen. Zwar hatte es bereits eine Monographie für HCG gegeben,
gleichwohl kommt eine Anpassung im Sinne des § 105 Abs. 3 a Satz 2
Nr. 5 AMG an die neue "HMG-Monographie" ohne weiteres in Betracht.
Insoweit liegt eine Anpassung im Sinne dieser Vorschrift vor.
Da somit der Wortlaut des § 105 Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5 AMG
eindeutig ist, hat der Senat gerade im Hinblick auf die Strafnorm
des § 96 Nr. 5 AMG und auf Art. 103 Abs. 2 GG Bedenken, ob für eine
Auslegung der Vorschrift im Sinne der Klage überhaupt Raum ist.
Selbst bei einer derartigen Auslegung der Vorschrift läßt sich
aber - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch aus Sinn und
Zweck des § 105 Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5 AMG nicht das Erfordernis
einer Teilidentität der Wirkstoffe herleiten. Die fiktive Zulassung
nach Art. 3 § 7 Abs. 1 AMNG diente, wie beide Parteien hervorheben,
dem Bestandschutz für Altarzneimittel. Soweit die Klägerin daraus
folgert, daß ein Bestandschutz aber nur dann gerechtfertigt sei,
wenn wenigstens eine Teilidentität bestehen bliebe, während kein
sachlicher Grund ersichtlich sei, weshalb der Bestandschutz einem
Arzneimittel gewährt werden sollte, das keinerlei Identität mit dem
fiktiv zugelassenen Arzneimittel aufweist, so hat schon das
Hanseatische Oberlandesgericht in seinem Urteil vom 03. März 1994
(3 U 233/93) zutreffend darauf hingewiesen, daß ein
pharmazeutisches Unternehmen durchaus Schutz für seine gesamten
Aufwendungen, die es gemacht hat, um mit dem betreffenden
Arzneimittel auf dem Markt gegenwärtig zu sein, verdient. Auch
dieser Wertung schließt sich der Senat an. Hierbei war zunächst zu
berücksichtigten, daß auch das neue Präparat innerhalb des gleichen
Anwendungsbereiches und der gleichen Therapierichtung eingesetzt
wird. Die für diesen Bereich über Jahre hinweg getätigten
Aufwendungen verdienen ebenfalls Bestandschutz, auch wenn der
Wirkstoff einer neueren, vom Bundesgesundheitsamt veröffentlichten
Monographie angepaßt wird. Die Richtigkeit dieser Erwägung wird
nicht zuletzt durch den Umstand bestätigt, daß auch bei
Kombinationspräparaten nicht nur einem bestimmten Wirkstoff
Bestandschutz zugewiesen wird, da dieser gerade ausgewechselt
werden kann, sondern eben die Gesamtaufwendungen in diesem
Therapiebereich. Nichts anderes kann bei Monopräparaten gelten, die
ebenfalls von § 105 Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5 AMG umfaßt werden. Da in
Nr. 5 dieser Vorschrift der Bestandschutz nur innerhalb des
gleichen Anwendungsbereichs und der gleichen Therapierichtung
besteht, ist auch eine Gefahr der Ausuferung des Bestandschutzes
nicht gegeben.
Schließlich ergibt sich aus der amtlichen Begründung zu Art. 3 §
7 Abs. 3 a AMNG, daß es dem Gesetzgeber daran gelegen war, das
Bundesgesundheitsamt von Arbeit zu entlasten und die Nutzung
bestehender Aufbereitungsmonographien zu verbessern.
Aufbereitungsmonographien befassen sich überwiegend mit
Einzelwirkstoffen. Da nach Art. 3 § 7 Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5 AMNG
die Anpassung insgesamt erfolgen muß, bedeutet dies bei
Monopräparaten notwendig, das der einzelne Wirkstoff immer gegen
einen anderen Wirkstoff ausgetauscht werden muß. Würde hierbei eine
stoffliche Teilidentität gefordert, würde der Zweck, das
Bundesgesundheitsamt zu entlasten, nicht erreicht.
Auch unter dem Gesichtspunkt der Arneimittelsicherheit ist das
Erfordernis einer Teilidentiät nicht zu rechtfertigen. Bei einem
Austausch eines von mehreren arzneilich wirksamen Bestandteilen -
bei einem Kombinationspräparat - und dem Austausch des einzigen
Wirkstoffs bei Monopräparaten besteht im hier erörterten
Zusammenhang kein substantieller Unterschied. Auch ein
Kombinationspräparat wird ein neues Medikament, wenn nur einer
seiner Wirkstoffe ausgetauscht wird. Das Landgericht hat hierzu in
der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt, es liege nahe,
daß der Austausch des einzig arzneilich wirksamen Bestandteils
unter dem Blickwinkel der Arzneimittelsicherheit ungefährlicher
sei, als ein Teilaustausch bei Kombinationspräparaten, da im
letzten Fall eventuell ungewollte Wechselwirkungen mit
beibehaltenen Bestandteilen auftreten könnten.
Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 07. Juli
1995 in der Berufungsinstanz - unbestritten - ausgeführt hat, auch
für das Altpräperat C. 1500 läge eine Monographie vor, so steht
dies dem hier erzielten Ergebnis nicht entgegen. Es mag zwar sein,
daß der Gesetzgeber in erster Linie an den Fall gedacht hat, daß
ein Altarzneimittel überhaupt noch nicht Gegenstand einer Prüfung
war, wenn es an eine Monographie angepaßt wird. Trotzdem erhöht es
das Risiko in keiner Weise, wenn es für den ersetzten Wirkstoff
bereits eine Monographie gegeben hat. Eine ältere Monographie kann
durchaus auch einen überholten Stand des Wissens darstellen und
beschreiben. Ob dies für die HCG-Monographie im Verhältnis zur
HNG-Monographie gilt, braucht hierbei allerdings nicht festgestellt
zu werden, da es allein um die Frage geht, ob der Gesetzgeber eine
Anpassung für solche Fälle hat ausschließen wollen, in denen für
einen zu ersetzenden Wirkstoff bereits eine Monographie vorgelegen
hat.
Soweit schließlich die Klägerin erstinstanzlich einen Verstoß
gegen höherrangiges EG-Recht gerügt hat, geben die von ihr
zitierten EG-Richtlinien keine Anhaltspunkte dafür, daß der
nationale Gesetzgeber gehindert war, gesetzliche Regelungen dafür
vorzusehen, fiktiv zugelassenen Mono- und Kombinationspräparate
Monographien anzupassen. Im übrigen hat die Klägerin diesen
Gesichtspunkt im Berufungsrechtszug nicht weiter verfolgt.
Ist nach allem eine Teilidentität der Präparate keine
Voraussetzung des § 105 Abs. 3 a Satz 2 Nr. 5 AMG, hat die Beklagte
- wie oben dargelegt - das Präparat "M. " zulässigerweise in den
Verkehr gebracht, so daß der Klägerin der geltend gemachte
Unterlassungsanspruch und in deren Folge der Auskunfts- und
Schadensersatzfeststellungsanspruch nicht zustehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht
nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die nach § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer für die
Klägerin entspricht dem Wert ihres Unterliegens im
Rechtsstreit.
OLG Köln:
Urteil v. 11.08.1995
Az: 6 U 238/94
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