Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 24. August 2001
Aktenzeichen: 11 W 70/01
(OLG Hamm: Beschluss v. 24.08.2001, Az.: 11 W 70/01)
Tenor
Auf die Beschwerde der Kläger vom 17. September 2001 wird der Ausset-zungsbeschluß des Landgerichts Dortmund vom 24. August 2001 aufge-hoben.
Gründe
Die gemäß § 252 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige Beschwerde der Kläger ist begründet. Der angefochtene Aussetzungsbeschluß, den das Landgericht auf § 148 ZPO gestützt hat, kann nach der dem Senat obliegenden, eingeschränkten Óberprüfung (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 22. Aufl., § 252, 7) keinen Bestand haben, weil der vom Landgericht angenommene Aussetzungsgrund nicht gegeben ist.
Die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits hängt nicht, wie § 148 ZPO voraussetzt, von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet. Bei der Prüfung dieser Frage hat der Senat von der materiellrechtlichen Beurteilung des Sach- und Streitstands durch das Landgericht auszugehen. Deren Óberprüfung ist einem möglichen Berufungsverfahren vorzubehalten (Zöller-Greger, aaO, § 252, 7 m.w.N.).
Zu Unrecht nimmt das Landgericht an, daß der Ausgang des Verfahrens über die Anfechtungsklage gemäß § 246 AktG, die von den Klägern beim Landgericht Hagen (zum Aktenzeichen 9 O 130/00) eingereicht worden ist, vorgreiflich ist für die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit. In dem genannten Anfechtungsverfahren soll nach ihrem Begehren entschieden werden über die Rechtswidrigkeit und den Bestand des Umwandlungsbeschlusses, den die Hauptversammlung der H AG am 24. Februar 2000 gefaßt hat. Die Entscheidung wird, wenn sie in der Sache nach dem Vollzug der Umwandlung durch Eintragung in das Handelsregister überhaupt noch zu ergehen hat, keine Bedeutung für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits haben.
Das Landgericht geht in dem Beschuß über die Nichtabhilfe vom 12. November 2001 davon aus, daß die Klage hinsichtlich aller Anträge zulässig ist und daß für einen Anspruch aus Amtshaftung, § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG, die Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind, soweit es die Verletzung einer gegenüber den Klägern als Dritten obliegenden Amtspflicht durch einen Beamten des beklagten Landes, die Rechtswidrigkeit und das Verschulden angeht. Das Landgericht nimmt weiter an, ein die Haftung ausschließendes Mitverschulden der Kläger komme nicht in Betracht und die Kläger hätten auch nicht die Abwendung des Schadens durch Einlegung von Rechtsmitteln versäumt. Anderweitige Möglichkeiten, Ersatz zu erlangen, seien nicht gegeben. Diese Würdigung, so ist bereits ausgeführt worden, hat der Senat im vorliegenden Verfahrensstadium nicht zu überprüfen.
Es kann dahinstehen, ob dies auch hinsichtlich der Annahme des Landgerichts gilt, daß die von den Klägern geltend gemachten Vermögenseinbußen, die deshalb entstanden seien, weil der Rechtspfleger gemessen an § 16 Abs. 2 und 3 UmwG verfrüht eingetragen habe, nicht vom Schutzzweck umfaßt und deshalb nicht ersatzfähig seien. Die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits hängt insoweit keinesfalls vom Ausgang des Anfechtungsverfahrens ab. Wenn dem Landgericht zu folgen ist, scheidet ein Ersatzanspruch für diese Schäden unabhängig vom Schicksal des Umwandlungsbeschlusses ohnehin aus, denn nicht vom Schutzzweck umfaßte Einbußen sind keinesfalls zu ersetzen. Aber auch wenn die Frage anders zu beurteilen ist, hängt die Ersatzpflicht des beklagten Landes nicht davon ab, wie die Klärung der Rechtswidrigkeit und des Bestands des Umwandlungsbeschlusses im Anfechtungsrechtsstreit endet, denn eine rechtswidrige und vorwerfbar verfrüht erfolgte Eintragung würde, falls alle übrigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, selbst dann zur Ersatzpflicht führen, wenn bei pflichtgemäßem und rechtmäßigem Vorgehen die Eintragung ebenfalls - jedoch zu späterer - Zeit erfolgt wäre.
Obwohl hinsichtlich der übrigen Schäden, die nicht allein durch die verfrühte Eintragung verursacht sind, mit den oben (zu1.) genannten Tatbestandsmerkmalen die für eine Feststellung der Schadensersatzpflicht des beklagten Landes erforderlichen Voraussetzungen vom Landgericht bejaht worden sind, ohne daß eine Abhängigkeit von der Rechtswidrigkeit und dem Bestand des Umwandlungsbeschlusses zu erkennen ist, gelangt das Landgericht zur Vorgreiflichkeit des Rechtsstreits über die Beschlußanfechtung. Es nimmt an, ein "erstattungsfähiger Schaden" könne nur bei einem Erfolg der Anfechtungsklage gegeben sein. Hinter dieser Erwägung scheinen Zweifel hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität der Amtspflichtverletzung des Beamten zu stehen.
Dabei übersieht das Landgericht, daß die Frage der Entstehung des Schadens und seiner Verursachung nicht geklärt werden muß, um über die Feststellungsklage zu entscheiden. Die Entstehung eines zu ersetzenden Schadens braucht der Kläger einer positiven Feststellungsklage, wenn er sich auf einen Anspruch aus einer das Vermögen schützenden Norm stützt (wie die Kläger vorliegend auf § 839 BGB), substantiiert lediglich als wahrscheinlich darzustellen. Davon hängt die Zulässigkeit der Klage ab (BGH NJW 1996, 1062,1063; BGH NJW 1993, 648, 654; BGH NJW 1993, 2181, 2183; Zöller-Greger, aaO, § 256, 8a). Hinsichtlich der Zulässigkeit hat das Landgericht im vorliegenden Fall ausgeführt, ein Schadenseintritt sei "zwar wahrscheinlich, aber das Schadensbild noch nicht hinreichend konkretisierbar". Das reicht auch für die Bejahung der Begründetheit einer Feststellungsklage. Für die Begründetheit der positiven Feststellungsklage kommt es nicht darauf an, welches Schadensbild letztlich sich konkretisieren wird. Die Fragen der haftungsausfüllenden Kausalität brauchen vor Bescheidung einer positive Feststellungsklage über einen Amtshaftungsanspruch nicht geklärt zu werden. Sie sind der Entscheidung über einen Leistungsantrag zu überlassen.
OLG Hamm:
Beschluss v. 24.08.2001
Az: 11 W 70/01
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