Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. November 2000
Aktenzeichen: 33 W (pat) 69/99
(BPatG: Beschluss v. 07.11.2000, Az.: 33 W (pat) 69/99)
Tenor
I. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 18 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Februar 1999 wird aufgehoben.
II. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 18 des Patentamts vom 2. Oktober 1997 bleibt aufrechterhalten.
Gründe:
I Gegen die Eintragung der am 13. Juni 1996 für die Waren "Hundegeschirre, insbesondere aus Kunstfaser" angemeldeten und am 9. November 1996 veröffentlichten Marke 396 26 180 K2 hat die Widersprechende am Montag, dem 10. Februar 1997, aus ihrer prioritätsälteren, für
"Armbanduhren, Gepäckbehältnisse, Taschen und Beutel, Taschen und Beutel zum Aufbewahren und Transportieren von Skiern und Skistöcken, Rucksäcke und Packsäcke, Bekleidungsstücke, nämlich Mäntel, Jacken, Hosen, Shorts, Hemden, Sweatshirts, Trainingshosen, T-Shirts, Skijacken, Skihosen, Parkas, Skioveralls, Mützen, Hüte, Stirnbänder, Handschuhe, Schals, Skier, Skistöcke und Snowboards; Uhren; Freizeitbekleidung, Sportbekleidung, Unterbekleidung, Sport- und Wanderschuhe; Skischuhe, Apres-Skischuhe; Sportgeräte, insbesondere Ski-, Tennis- und Golfsportgeräte; Skibindungen; Rennräder, Mountain-Bikes"
eingetragenen Marke 2 034 434 siehe Abb. 1 am Ende Widerspruch eingelegt.
Die Markenstelle für Klasse 18 hat im Beschluss vom 2. Oktober 1997 zunächst Warenähnlichkeit und klangliche Identität der beiden Marken angenommen. Auf die Erinnerung des Inhabers der angegriffenen Marke hat sie diesen Beschluß mit dem vom 17. Februar 1999 aufgehoben und den Widerspruch zurückgewiesen. Dazu hat sie ausgeführt, die Widerspruchsmarke sei noch unter dem Warenzeichengesetz eingetragen worden. Danach hätten reine Zahlen- und Buchstabenkombinationen keinen Schutz erhalten können. Die Inhaberin der Widerspruchsmarke könne daher im Widerspruchsverfahren nur aus der konkreten Gestaltung Rechte geltend machen. Dieser Beschluss wurde der Widersprechenden laut Empfangsbekenntnis am 15. März 1999 zugestellt.
Sie hat am 15. April 1999 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, die angegriffene Marke sei nach Inkrafttreten des Markengesetzes angemeldet worden, daher müßten ausschließlich dessen allgemeine Grundsätze angewendet werden. Es sei eine klangliche und wortbildliche Verwechslungsgefahr gegeben, da der Betrachter auch in der Widerspruchsmarke die Kombination des Buchstabens K mit der Zahl 2 erkenne. Zur Warenähnlichkeit führe es, dass zB Rucksäcke und Taschen in aller Regel in den gleichen Vertriebsstätten wie die Waren der angegriffenen Marke angeboten würden.
Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält dem Vorbringen der Widersprechenden entgegen, dass nach heutigen Verhältnissen keine Warenähnlichkeit gegeben sei. § 153 Abs 1 MarkenG regle den Schutzumfang von Wort-Bild-Marken, die vor 1995 eingetragen worden seien. Eine Schutzerweiterung alter Markenrechte sei ausgeschlossen. Dies habe zur Folge, dass eine Ähnlichkeit der beiden Zeichen zu verneinen sei.
II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, weil die Marken klanglich identisch und die Waren zum Teil ähnlich sind.
Die Hundegeschirre der angegriffenen Marke sind jedenfalls zu folgenden Waren ähnlich, für die das Widerspruchszeichen geschützt ist: Sportgeräte (insbesondere Ski, Skibindungen und -stöcke), Gepäckbehältnisse, Taschen und Beutel (insbesondere solche zum Aufbewahren und Transportieren von Skiern und Skistöcken), Rucksäcke sowie Packsäcke. Von diesen Waren ist jedenfalls auszugehen, nachdem der Inhaber der angegriffenen Marke keinen Benutzungseinwand erhoben hat.
Unter den Oberbegriff Hundegeschirre fallen auch solche für den sportlichen Gebrauch im Zusammenhang mit dem Fahren von Hundeschlitten. Insoweit bestehen Überschneidungen hinsichtlich des Materials zu Sportgeräten, die beim Reiten oder anderen Sportarten mit Tieren zum Einsatz kommen oder beim Bergsteigen, Drachenfliegen etc. (zB Riemen, Rucksäcke). Ferner bestehen Zusammenhänge im Einsatzbereich zwischen Hundegeschirren einerseits und andererseits Gepäckbehältnissen, Ruck- und Packsäcken, Sportgeräten, wie Skier und Skistöcke, Sport- und Wanderschuhen, Sportbekleidung sowie Skischuhen. All diese Waren der Widerspruchsmarke verwendet, wer Hundeschlitten fährt.
Die genannten Waren haben Sportgeschäfte oder Versandhäuser für Sportbedarf in ihrem Sortiment. Dabei kann es je nach Einteilung in den verschiedenen Häusern oder Katalogen in unterschiedlichen Bereichen zu einem räumlichen Nebeneinander kommen.
Es ist nicht ersichtlich, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen gemindert ist.
Die Bezeichnung K2 ist ein Gesamtbegriff mit eigener Bedeutung, nämlich der Name eines Berges. Die Frage nach dem heutigen Schutzumfang einer vor dem 1. Januar 1995 eingetragenen Buchstaben-Zahlen-Kombination kann daher dahingestellt bleiben.
K2 kommt auch nicht als geographische Ortsangabe für die Herstellung der Waren in Betracht. Im Hochgebirge, der K2 ist 8611 m hoch, sind keine Herstellungsbetriebe zu erwarten, und die Waren der Widerspruchsmarke sind nicht nur zum Einsatz bei Besteigungen des K2 bestimmt; dafür wäre der Markt zu klein.
K2 ist kein Buchstaben- und Zahlenzeichen im engeren Sinn, weil es als Name eines Berges im Karakorum in Pakistan bekannt ist. Dieser Name hat die lexikalisch nachweisbaren Bezeichnungen Chogori und Mt. Gowin Austen allgemein verdrängt. Der K2 bildet das Herzstück des Karakorum und ist dessen höchster Gipfel. Er gilt selbst auf den einfachsten Routen als der schwierigste Berg der Welt. Dies macht den K2 in Deutschland ebenso bekannt, wie die von Fritz Wiessner geführte Expedition 1939, bei der vier Bergsteiger starben, und die Besteigung durch Reinhold Messner 1979 mit nur leichtem Gepäck ohne Sauerstoff (vgl Diemberger, Kurt, K2 - Traum und Schicksal, Bruckmann, 1989). Durch Berichte in Buchform und durch Filme ist der K2 einem breiten Publikum bekannt. Jedenfalls den Verbrauchern, die mit Hundegeschirren im Zusammenhang mit Hundeschlitten-Sport und mit den damit ähnlichen Waren, die aus dem Bereich Wintersport, Tourengehen, Trekking oder Bergsteigen kommen, zu tun haben, ist die Bezeichnung K2 als Name eines Berges regelmäßig bekannt. Bereits unter Geltung des Warenzeichengesetzes war K2 damit kein schutzunfähiges Zeichen. Buchstaben-Zeichen wurden nämlich schon unter dem Warenzeichengesetz im Hinblick auf geläufige Begriffsvorstellungen eingetragen (zB ABC, SOS, KO; vgl DPA Mitt 1956, 11; Althammer, WZG, 4. Aufl, § 4 Rdn 25c; BPatGE 18, 82 - VAUEFGE). Bei solchen Marken kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit vor Inkrafttreten des Markengesetzes angemeldete Buchstabenzeichen nunmehr eine Schutzerweiterung erfahren (für Schutzerweiterungen im Sinne des "Big Bang": Eisenführ, Anmerkung zu "P3-plastoclin", GRUR 1995, 810, 811; ders. in DPA 100 Jahre Marken¨-Amt, Festschrift 1994, Schutzfähigkeit und Schutzumfang nach dem neuen Markenrecht, S 69, 80; vgl auch Albert, Übergangsprobleme im Markenrecht, GRUR 1996, 174).
Der angegriffenen Marke K2 ist damit die Widerspruchsmarke für die Beurteilung der klanglichen Verwechslungsgefahr mit den zu erwartenden Ausspracheformen gegenüberzustellen. Diese sind für beide Marken - auch wenn man [ka'tswei] und [kei'tu:] als möglich annähme - jeweils identisch, so dass - selbst wenn man zu Gunsten der Inhaberin der angegriffenen Marke Warenferne und eine gewisse Minderung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke unterstellen würde - eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr besteht.
Auf die Beschwerde ist daher der Erinnerungsbeschluss der Markenstelle aufzuheben, so dass es beim Beschluß des Erstprüfers verbleibt.
Gründe: dafür, einem der Beteiligten Kosten nach § 71 MarkenG aufzuerlegen, liegen nicht vor.
Winklerv. Zglinitzki Dr. Albrecht Cl Abb. 1 Grafik der Marke 2034434
BPatG:
Beschluss v. 07.11.2000
Az: 33 W (pat) 69/99
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