Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Juli 2006
Aktenzeichen: 33 W (pat) 136/04
(BPatG: Beschluss v. 20.07.2006, Az.: 33 W (pat) 136/04)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. März 2004 aufgehoben.
Gründe
I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 2. Mai 2001 die WortmarkecapitalWORLD für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
Klasse 16:
Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften, Kataloge, Prospekte, Plakate und Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);
Klasse 35:
Organisation und Veranstaltung von Messen und Ausstellungen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Beratung bei der Durchführung und Veranstaltung von Messen und Ausstellungen, Organisation von Messeteilnahmen; Präsentation von Unternehmen und deren Produkte und Dienstleistungen sowie Verkaufsförderung und Vermittlung von Wirtschaftskontakten, auch im Internet; Zur-Verfügung-Stellung und Vermietung von Standflächen und Messeständen einschließlich der dazugehörigen Ausrüstungsgegenstände; Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); Werbung, Vermietung von Werbeflächen, Marketing, Marktforschung und Marktanalyse;
Klasse 41:
Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Sonderschauen, Kongressen, Symposien, Produktpräsentationen und Wettbewerben, insbesondere auf den Gebieten der Raumordnung und Raumgestaltung; Veröffentlichung und Herausgabe von Zeitschriften, Katalogen und Prospekten; Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Workshops und Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke.
Die von der Markenstelle für Klasse 35 als erforderlich angesehene Klärung des Verzeichnisses wurde wegen der Bedenken hinsichtlich der Schutzfähigkeit zurückgestellt. Durch Beschluss vom 18. März 2004 hat sie die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen Fehlens der Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich die Anmeldemarke aus den für die angesprochenen Verkehrskreise unmittelbar verständlichen englischen Worten "capital" und "WORLD" zusammensetze, die in ihrer Gesamtheit im Sinne von "Kapital-Welt" oder "Welt des Kapitals" verstanden würden. Aufgrund der sprachüblichen Kombination der beiden Bestandteile erschließe sich für den Verkehr der Sinngehalt der Marke. Sie bringe lediglich zum Ausdruck, dass die angemeldeten Waren und Dienstleistungen mit dem Kapitalbereich im Zusammenhang stünden. Auch beschreibe sie deren Themengebiet.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 15. April 2004. Sie beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Zur Begründung der Beschwerde wird vorgetragen, dass die Anmeldemarke keinen eindeutig im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt vermittele. Die beiden Bestandteile könnten jeweils unterschiedlich und insgesamt beispielsweise im Sinne von "Kapitalwelt", "Kapitalerde", "Vermögenswelt" oder "Vermögenserde" übersetzt werden. Des Weiteren habe eine Benutzung der Bezeichnung "capitalWORLD" durch Dritte nicht nachgewiesen werden können, so dass es sich nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handele. Zudem beschreibe auch bei Zugrundelegung der Bedeutung "Kapitalwelt" die Anmeldemarke nicht unmittelbar die beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Diese ließen sich gerade nicht den üblichen Kapitaldienstleistungen zuordnen und würden dementsprechend nicht die Annahme begründen, dass die Anmelderin als Messeveranstalterin auf dem Gebiet "Kapitalwelt" selbst tätig sei. Ihre Funktion beschränke sich vielmehr auf die Veranstaltung von Messen, Ausstellungen und Kongressen und den Vertrieb entsprechender Produkte. Folglich beziehe sich der Bedeutungsgehalt der Anmeldemarke nur auf das Betätigungsfeld der Aussteller, nicht jedoch auf das der Anmelderin. Schließlich sei es heutzutage üblich, dass der Gegenstand einer Messe bereits in ihrem Namen zum Ausdruck gebracht werde. Dies könne den Markenschutz, auf den die Messeveranstalter angewiesen seien, aber nicht ausschließen. Ergänzend nimmt die Beschwerdeführerin Bezug auf verschiedene Voreintragungen mit dem Bestandteil "Capital". bzw. "CAPITAL".
Nach Hinweis des beschließenden Senats hat die Anmelderin mit Schreiben vom 17. Juli 2006 das Waren-/Dienstleistungsverzeichnis beschränkt auf:
Klasse 41:
Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Workshops und Ausstellungen für kulturelle Zwecke.
Des Weiteren hat sie erklärt, das Beschwerdeverfahren nur noch im Hinblick auf diese Dienstleistungen fortsetzen zu wollen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die Beschwerde ist nach Beschränkung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses begründet. Der Senat hält die Anmeldemarke insoweit für unterscheidungskräftig, nicht freihaltungsbedürftig sowie nicht ersichtlich täuschend. Insofern stehen ihr die Eintragungshindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 4 MarkenG nicht entgegen.
1. Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Bestimmung ist die einer Marke, gleich welcher Kategorie, innewohnende (konkrete) Eignung, die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 - Henkel; GRUR 2004, 1027 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Insbesondere fehlt einer Marke, die Merkmale von Waren oder Dienstleistungen beschreibt, zwangsläufig die Unterscheidungskraft in Bezug auf diese Waren oder Dienstleistungen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor). Dies ist nach der Beschränkung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses jedoch nicht mehr der Fall.
Der aus dem Englischen stammende Markenbestandteil "capital" entspricht bis auf den Anfangsbuchstaben dem deutschen Wort "Kapital". Insofern ist davon auszugehen, dass er im Inland ohne weiteres mit diesem gleichgesetzt und im Sinne von "Bargeld", "Geld" oder "Vermögen" interpretiert wird. "capital" kann zwar im Deutschen auch mit "kapital" im Sinne von "groß" oder "gewaltig" übersetzt werden (vgl. Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 21. Auflage, Seite 395), doch wird bei weitem die Bedeutung "Kapital" überwiegen. Bei dem weiteren Element "world" handelt es sich um die häufig auch im Inland verwendete englische Bezeichnung für "Welt" (vgl. Pons, Großwörterbuch, Englisch - Deutsch, 1. Auflage, Seite 1053). Sie ist insbesondere aufgrund der weiten Verbreitung des Internets ("world wide web") sowie aufgrund verschiedener Sportereignisse (z. B. "Football World Cup") einem Großteil der inländischen Verkehrskreise geläufig.
Der Verkehr wird der Anmeldemarke damit regelmäßig die Bedeutung "Kapitalwelt" oder "Welt des Kapitals" beimessen. Hierbei spielt es keine Rolle, dass sich im Englischen die Zusammensetzung "capitalworld" oder "capital world" nicht nachweisen lässt, da die korrekte Bezeichnung "world of capital" lauten müsste. Maßgeblich kommt es auf die Sichtweise des deutschen Publikums an (vgl. u. a. BGH GRUR 1989, 666 - Sleepover). Dieses wird aufgrund der im Deutschen sprachüblichen Verbindung zweier Substantive der Regelwidrigkeit keine besondere Beachtung schenken und somit in der Bezeichnung "capitalWORLD" keine außergewöhnliche Wortkombination sehen.
An dieser Einschätzung ändert auch die besondere Schreibweise der Anmeldemarke nichts. Gerade durch die Kleinschreibung des Bestandteils "capital" und die Großschreibung des Bestanteils "WORLD" wird die Verknüpfung und damit die Gesamtbedeutung "Welt des Kapitals" deutlich. Auch ist die Aneinanderreihung von Klein- und Großschreibung heutzutage nicht außergewöhnlich. Der Verkehr ist durch die häufige Verwendung von englischen Wörtern im Inland an die Kleinschreibung von Anfangsbuchstaben in Substantiven gewöhnt und misst demzufolge Klein- und Großbuchstaben keine besondere Bedeutung zu. Außerdem sind die beiden Markenelemente durchgängig jeweils klein bzw. groß geschrieben, so dass von einer eigenartigen Mischung nicht gesprochen werden kann.
Im Hinblick auf die zurückgenommenen Waren und Dienstleistungen beschreibt die Bezeichnung "capitalWORLD" deren Themengebiet und Gegenstand (Finanz- bzw. Geldwesen). Insbesondere in Zusammenhang mit der Organisation und Veranstaltung von Messen und Ausstellungen macht die Anmeldemarke den Zweck und die Ausrichtung dieser Tätigkeiten deutlich (vgl. u. a. juris: Beschluss des 29. Senats vom 27. November 2002, BPatG 29 W (pat) 392/00 - HOMETECH; PAVIS: Beschluss des 32. Senats vom 18. Oktober 2000, BPatG 32 W (pat) 224/99 - World of Events, und Entscheidung des HABM vom 18. September 2001, R0686/00-4 - wellness world). Schließlich stellt sie in Verbindung mit der Zur-Verfügung-Stellung und Vermietung von Standflächen und Messeständen einschließlich der dazugehörigen Ausrüstungsgegenstände eine Orts- und Bestimmungsangabe dar. Auch die von der Beschwerdeführerin genannten Voreintragungen führen mangels Vergleichbarkeit und Bindungswirkung zu keinem anderen Ergebnis (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 8, Rdnr. 25 ff.).
Nach Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses gemäß § 39 Abs. 1 MarkenG, die auch noch im Rechtsmittelverfahren erfolgen kann (vgl. BGH GRUR 2002, 884 - B-2 alloy), ist der Anmeldemarke jedoch kein beschreibender Sinngehalt mehr zu entnehmen. Die Seminare, Workshops und Ausstellungen für kulturelle Zwecke können Bestandteile eines Rahmenprogramms darstellen, das ähnlich wie die Stiftung der HypoVereinsbank der Imageförderung dienen soll. Zudem kann es sich um Veranstaltungen zur Förderung karitativer Zwecke handeln. Die Bezeichnung "capitalWORLD" mag allenfalls die mehr oder weniger undeutliche Vorstellung hervorrufen, dass die Seminare, Workshops und Ausstellungen in der Finanzwelt stattfinden, von ihr organisiert oder bezahlt werden. Inhaltlich weist sie jedoch keinen unmittelbaren sachlichen Bezug zu den Veranstaltungen auf. Vorrangig wird Kultur trotz Begriffen wie "Aktienkultur" (vgl. http://wortschatz.unileipzig.de/cgibin/wort_www€site=1&Wort=Kultur&sprache=de...) mit Ästhetik, Bildung oder Lebensstil und nicht mit der Kapitalwelt in Verbindung gebracht. Eine eindeutig beschreibende Aussage kann der Anmeldemarke somit nicht entnommen werden. Dieses erhöhte Interpretationsbedürfnis lässt ihr den erforderlichen Grad an Unterscheidungskraft noch zukommen (vgl. auch BGH GRUR 2005, 257 - Bürogebäude).
2. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen dienen können (vgl. BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt). Hiermit wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass solche Zeichen von jedermann frei verwendet werden können (vgl. EuGH GRUR 2004, 146 - DOUBLEMINT). Ein solches Freihaltungsbedürfnis zugunsten der Mitbewerber der A... AG ist jedoch im Hinblick auf die verbliebenen Dienstleistungen nicht erkennbar. Zum einen lässt sich - wie oben bereits ausgeführt - ein eindeutiger Sachbezug zu kulturellen Zwecken nicht herstellen. Zum anderen ist im Internet die markenmäßige Verwendung der Bezeichnung "capitalWORLD" (unabhängig von der Schreibweise) nur in Zusammenhang mit der Anmelderin nachweisbar. Hinreichende Anhaltspunkte, dass in Zukunft eine Verwendung als Sachangabe erfolgen wird, liegen ebenfalls nicht vor.
3. Des Weiteren ist eine ersichtliche Eignung zur Täuschung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 37 Abs. 3 MarkenG nicht gegeben. Es ist davon auszugehen, dass die Anmeldemarke nur in geringem Umfang die unter 1.) dargestellten (ungenauen) sachlichen Assoziationen in Bezug auf die verbliebenen Dienstleistungen hervorrufen wird. Auch wenn dies der Fall sein sollte, so würden die Vorstellungen den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Insofern besteht die Möglichkeit einer nicht irreführenden Markenbenutzung (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 8, Rdnr. 378).
BPatG:
Beschluss v. 20.07.2006
Az: 33 W (pat) 136/04
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