Landgericht Dortmund:
Urteil vom 27. April 2010
Aktenzeichen: 19 O 6/10
(LG Dortmund: Urteil v. 27.04.2010, Az.: 19 O 6/10)
Tenor
Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 03.02.2010 wird hinsichtlich der Ziffern 1.) und 2.) bestätigt.
Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens trägt die Verfügungsklägerin zu 1/3, die Verfügungsbeklagte zu 2/3.
Tatbestand
Bei dem Verfügungskläger handelt es sich um einen eingetragenen Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, unter anderem die Überwachung, dass die Regel des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden, gehört. Der Verfügungskläger nimmt insoweit Bezug auf die von ihm überreichte Mitgliederliste und die sich darauf beziehende eidesstattliche Versicherung seiner Geschäftsführerin, Frau M. Insoweit wird auf den Inhalt der Anlagen A 18 und A 19 zum Schriftsatz des Verfügungsklägervertreters vom 19. April 2010 verwiesen.
Der Verfügungskläger behauptet, von dem vorliegend gerügten Wettbewerbsverstoß der Verfügungsbeklagten erstmals am 08.01.2010 durch Aufrufen der Internetseite der Verfügungsbeklagten und entsprechenden Ausdruck erfahren zu haben.
Der Verfügungskläger rügt die Werbung der Verfügungsbeklagten auf deren Internetseite betreffend das von der Verfügungsbeklagten eingesetzte Gerät "C". Der Verfügungskläger ist der Ansicht, dass die sich auf der Internetseite der Verfügungsbeklagten befindlichen Werbeaussagen betreffend eine Fettreduktion und Fettentfernung mit diesem Gerät durch Einsatz von Ultraschall und "stabiler Kavitation" einschließlich der in diesem Zusammenhang aufgeführten "vorher/nachher" Bilder irreführend im Sinne des Wettbewerbsrechts sind. Er macht deshalb insoweit einen Anspruch auf Unterlassen dieser Werbeaussagen geltend.
Mit Beschlussverfügung der Kammer vom 03.02.2010 sind der Verfügungsbeklagten die gerügten Werbeaussagen unter Androhung eines Ordnungsgeldes bzw. Ordnungshaft antragsgemäß insoweit untersagt worden, als sie es zu unterlassen hat,
wie folgt zu werben:
"Anders als andere Geräte aus der Kosmetik oder Ultraschallgeräte verwendet das Fett-Weg-Gerät C zur Fettreduktion und Fettentfernung die neuartige TFR-Methode (Technische Fettreduktion), der sowohl Ultraschall als auch stabile Kavitation zu Grunde liegen. Ziel dieser Methode sind besonders hartnäckige Fettdepots und diätresistente Fettspeicher, die weder durch Sport noch durch Diät abgebaut werden."
Mit den Abbildungen: "vorher/nachher", wie in ihrer Internetwerbung geschehen, zu werben.
Ferner war der Verfügungsbeklagten mit der Beschlussverfügung unter Ziff 3) noch untersagt worden, die Formulierung "Fettreduktion durch Ultraschall" zu verwenden.
Wegen der Einzelheiten der Beschlussverfügung wird auf den Inhalt des Beschlusses vom 03.02.2010, Blatt 16 ff. der Akten, verwiesen. Gegen diesen Beschluss hat die Verfügungsbeklagte unter dem 26.02.2010 Widerspruch eingelegt.
Der Verfügungskläger beantragt nunmehr, nachdem er hinsichtlich des Punktes 3. der Beschlussverfügung ("Fettreduktion durch Ultraschall") seinen Antrag im Kammertermin zurückgenommen hat,
die einstweilige Verfügung vom 03.02.2010 hinsichtlich der Punkte 1. und 2. zu bestätigen.
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 03.02.2010 aufzuheben und den Verfügungsantrag zurückzuweisen.
Die Verfügungsbeklagte rügt die Klagebefugnis des Verfügungsklägers und ist der Ansicht, ihm gehörte keine erhebliche Anzahl von Unternehmen an, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertrieben.
Ferner meint die Verfügungsbeklagte, die besondere Dringlichkeit sei vorliegend nicht gegeben, da ihre Werbung bereits seit dem 01. April 2009 auf ihrer Homepage online verfügbar sei. Sie meint, da nach ihrer Kenntnis der Verfügungskläger auch schon andere Marktteilnehmer, die mit dem Gerät C geworben hätten, entsprechend wettbewerbsrechtlich verfolgt habe, dies bereits auch schon im Jahr 2009, müsse er von ihrer Werbung auf ihrer Homepage bereits seit längerer Zeit, jedenfalls außerhalb der für die Beantragung einer einstweiligen Verfügung geltenden Monatsfrist, Kenntnis gehabt haben.
Darüber hinaus ist die Verfügungsbeklagte der Ansicht, dass ihre Werbung nicht irreführend sei. Sie beruft sich auf verschiedene "Stellungnahmen" zur Wirkungsweise des von ihr beworbenen Geräts und auf ein Gutachten des U vom 26.05.2004, das dieser für das Institut für experimentelle Dermatologie, derma U im Auftrag der Firma N in X, der Herstellerin des Gerätes C, erstellt hat. Wegen des Inhaltes der überreichten Stellungnahmen sowie des Inhaltes des Gutachtens U wird auf die Anlagen B 1, B 2 und B 3 zur Widerspruchsbegründung der Verfügungsbeklagtenvertreterin vom 15.03.2010 verwiesen.
Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, dass die Wirkungsweise des Gerätes C somit hinreichend wissenschaftlich abgesichert sei, so dass sie entsprechend habe werben dürfen.
Der Klägervertreter beruft sich hinsichtlich der von ihm behaupteten fehlenden wissenschaftlichen Absicherung der Wirksamkeit des von der Verfügungsbeklagten beworbenen Gerätes in der von ihr vorgegebenen Art und Weise auf ein Gutachten der Universität P, des Direktors der Hautklinik L vom 25.03.2004, welches diese im Auftrag des Landgerichts Limburg an der Lahn im Zuge eines Zivilrechtsstreits erstattet hatte. Wegen des Inhalts dieses Gutachtens wird auf die Anlage A 12 zum Schriftsatz des Verfügungsklägervertreters vom 02.02.2010 verwiesen. Dieses Gutachten verhält sich unter anderem über die Wirkung von Ultraschall auf die Reduktion von Fettpolstern.
Gründe
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet.
Ein Verfügungsgrund ergibt sich aus §12 Abs. 2 UWG, wonach die besondere Eilbedürftigkeit von Unterlassungsansprüchen in Wettbewerbssachen vermutet wird. Diese Vermutung hat die Verfügungsbeklagte nicht zerstört. Der Verfügungskläger hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung am 02.02.2010 beim Landgericht Dortmund gestellt, womit der am 03.02.2010 eingegangene Antrag innerhalb der im OLG-Bezirk Hamm im Rahmen der Dringlichkeit einzuhaltenden Monatsfrist nach Kenntnisnahme vom gerügten Verstoß eingehalten ist. Der Verfügungskläger hat unwiderlegt dargelegt, dass Kenntnis bei ihm am 08.01.2010 vorlag, was durch die überreichten Ausdrucke der Homepage der Verfügungsbeklagten vom 08.01.2010 bestätigt wird.
Der Verfügungskläger ist auch klagebefugt im Sinne von § 8 Abs. 3 Ziffer 2 UWG. Nach der von ihm überreichten und glaubhaft gemachten Mitgliederliste gehören ihm zahlreiche Mitglieder aus dem medizinischen und kosmetischen Bereich in der gesamten Bundesrepublik an. Danach kann ausgeschlossen werden, dass der Verfügungskläger vorliegend missbräuchlich gegen die Verfügungsbeklagte vorgeht. Nach der dargelegten Struktur seiner Mitglieder ist davon auszugehen, dass es dem Kläger ernsthaft um die kollektive Wahrnehmung der Mitgliederinteressen bei der vorliegenden Rechtsverfolgung geht, vergleiche zur Klagebefugnis eines Verbandes: BGH, GRUR 2009, 692 f..
Die gerügte Werbung der Verfügungsbeklagten verstößt auch gegen das in § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr.1 UWG normierte Irreführungsverbot.
Die Verfügungsbeklagte wirbt auf ihrer Homepage mit der kosmetischen bzw. medizinischen Wirkung des Geräts C in Form der Fettreduktion bzw. Fettentfernung durch Ultraschall und "stabile Kavitation". Bei dieser Werbung handelt es sich um eine Werbung mit gesundheitsfördernder Wirkung, da die Reduktion von Körperfett immer auch gesundheitliche Aspekte beinhaltet. Bei einer solchen Werbung ist für die Frage der Irreführung darauf abzustellen, ob der Werbende die wissenschaftliche Absicherung seiner Aussage dartun kann. Irreführend ist in diesem Fall nicht die Unrichtigkeit der Werbeaussage, sondern der Umstand, dass sie jeder Grundlage entbehrt.
Vorliegend hat die Verfügungsbeklagte die wissenschaftliche Absicherung der Wirkung des von ihr beworbenen C-Gerätes nicht hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht.
Aus dem von ihr überreichten Gutachten des U ergibt sich eine solche wissenschaftliche Absicherung nicht hinreichend. Zum einen beziehen sich die von U nach seinem Gutachten vorgenommenen Messungen schon nicht auf eine stattgefundene Fettreduktion bei den 12 untersuchten Probandinnen. Eine solche fettreduzierende Wirkung ergibt sich allenfalls aus den subjektiven Bekundungen der untersuchten Frauen. Zum anderen liegt den gefundenen Ergebnissen des Gutachtens lediglich die Untersuchung von 12 Testpersonen nach 12 Anwendungen mit dem in Rede stehenden Gerät zugrunde, was schon Zweifel an einer hinreichenden wissenschaftlichen Absicherung aufkommen lässt. Des Weiteren basieren die gefundenen Ergebnisse des Gutachtens betreffend Elastizität der Haut, Hautdichte und Flächen und Umfänge an Oberschenkeln und Brust offensichtlich lediglich auf Messungen, die vor dem Einsetzen des Geräts und nach durch die Testpersonen selbst - jedenfalls nicht durch das untersuchende Institut bzw. U - über einen Zeitraum von 6 Wochen vorgenommenen 12 Anwendungen mit dem Gerät C durchgeführt worden waren. Aus der Untersuchung ergibt sich auch nicht, unter welchen Umständen die Testpersonen im Übrigen innerhalb der Testphase gelebt haben, insbesondere wie sie sich ernährt haben und ob sie andere Maßnahmen, wie z.B. sportliche Betätigung, vorgenommen haben, die Einwirkung auf die Ergebnisse haben konnten. Mit anderen Worten ist aufgrund des Gutachtens nicht erkennbar, dass die gefundenen Ergebnisse überhaupt (ausschließlich) auf die Anwendung des C-Gerätes zurückzuführen sind.
Diesem Gutachten gegenüber steht das durch den Verfügungskläger überreichte Gutachten der Universität P, aus dem sich ergibt, dass es eine wissenschaftliche Absicherung der fettreduzierenden Wirkung von Ultraschall nicht gibt, sondern dass vielmehr eine solche fettreduzierende Wirkung nicht bekannt ist.
Da auch die lediglich als unverbindliche Stellungnahme anzusehenden Veröffentlichungen eines Hautarztes aus X und eines M (Anlage B 1 und B 2) nicht eine etwaige wissenschaftliche Absicherung der fettreduzierenden Wirkung des beworbenen Geräts belegen können, hat die Verfügungsbeklagte ihre Werbeaussage nicht hinreichend wissenschaftlich abgesichert, so dass ihre Werbung als irreführend im Sinne des Wettbewerbsgesetzes zu untersagen war.
Auch der aufgeklärte Verbraucher muss die gerügte Werbung der Verfügungsbeklagten so verstehen, dass mit dem Einsatz des Gerätes C eine Körperfettreduktion zu bewirken ist verbunden mit einer entsprechenden Gewichtsreduktion. Das ergibt sich schon aus der Bezeichnung "Fett-Weg-Gerät" sowie der Formulierung "Ziel dieser Methode sind besonders hartnäckige Fettdepots und diätresistente Fettspeicher, die weder durch Sport noch durch Diät abgebaut werden".
Die in dem Zusammenhang mit dieser Werbung gezeigten vorher/nachher Bilder unterstützen diese Werbeaussage und unterfallen demgemäß ebenfalls dem Irreführungsverbot des § 5 UWG.
Nach alledem war die Beschlussverfügung der Kammer zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 92, 269 Abs. 3 ZPO.
LG Dortmund:
Urteil v. 27.04.2010
Az: 19 O 6/10
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