Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 13. April 2011
Aktenzeichen: 21 K 3062/07
(VG Köln: Urteil v. 13.04.2011, Az.: 21 K 3062/07)
Tenor
Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin und die Telekom Deutschland GmbH als Gesamtrechtsnachfolgerin seit dem 30. März 2010 für das vormals von der Deutschen Telekom AG (DTAG) betriebene bundesweite öffentliche Telekommunikationsnetz (im Folgenden: Betroffene) bieten Telekommunikationsdienstleistungen für Endkunden und andere Telekommunikationsunternehmen an. Die Klägerin ist als Teilnehmernetzbetreiberin darauf angewiesen, dass sie die jeweilige Teilnehmeranschlussleitung (TAL) von der Betroffenen anmietet, um sodann mit eigener Beschaltungstechnik den Teilnehmeranschluss den eigenen Kunden zur Verfügung stellen zu können.
Mit Beschluss vom 20. April 2005 (BK 4-04-075R) erließ die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post - RegTP - (jetzt: Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen - BNetzA -) eine Regulierungsverfügung, mit der der (damaligen) DTAG u.a. folgende Verpflichtungen auferlegt wurden: "anderen Unternehmen vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss in Form der Kupferdoppelader am Hauptverteiler oder einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt (Kabel- bzw. Endverzweiger - APL) sowie des gemeinsamen Zuganges zu diesen Teilnehmeranschlüssen durch Aufteilung des nutzbaren Frequenzspektrums" zu gewähren, ferner "im erforderlichen Umfang gebündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss in Form der Kupferdoppelader einschließlich der Varianten OPAL/ ISIS am Hauptverteiler" zu gewähren sowie zum Zwecke des vorgenannten Zuganges "Kollokation sowie im Rahmen dessen Nachfragern bzw. deren Beauftragten jederzeit Zutritt zu diesen Einrichtungen" zu gewähren. Dieser Regulierungsverfügung lag die Festlegung der Präsidentenkammer der RegTP vom 20. April 2005 (BK 1-04/001) zugrunde, in der die DTAG als das den bundesweiten Markt für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung beherrschende Unternehmen festgestellt wurde, soweit die Teilnehmeranschlussleitung nicht als reine Glasfaserleitung ausgeführt ist.
Hinsichtlich dieser Regulierungsverfügung führte die Klägerin bereits ein verwaltungsgerichtliches Verfahren vor dem VG Köln - 1 K 2976/05 -, mit der sie die Auferlegung zusätzlicher Verpflichtungen begehrte. Ihre Klage wurde mit Urteil vom 28. September 2006 abgewiesen. Die Revision blieb erfolglos, vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. November 2007 - BVerwG 6 C 46.06 -.
Als Ergebnis eines im Jahre 2006 eingeleiteten Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens stellte die Präsidentenkammer der BNetzA in ihrer Festlegung vom 27. Juni 2007 fest, dass die DTAG über beträchtliche Marktmacht auf dem bundesweiten Markt für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung verfüge. Dieser Markt umfasse entbündelten/gebündelten Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung in Form der Kupferdoppelader am Hauptverteiler oder einem anderen näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt, den gemeinsamen Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (Line Sharing) sowie entbündelten/gebündelten Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung auf Basis von OPAL/ISIS am Hauptverteiler oder einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt. Durch ebenfalls unter dem 27. Juni 2007 ergangenen Beschluss, in dem die DTAG als Betroffene bezeichnet ist, erließ die BNetzA unter Ziffer I. folgende Regulierungsverfügung:
Die der Betroffenen mit der Regulierungsverfügung BK 4a-04-075/R vom 20.04.2005 auferlegten Verpflichtungen,
anderen Unternehmen
vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss in Form der Kupferdoppelader am Hauptverteiler oder einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt (Kabel- bzw. Endverzweiger - APL) sowie des gemeinsamen Zuganges zu diesen Teilnehmeranschlüssen durch Aufteilung des nutzbaren Frequenzspektrums,
im erforderlichen Umfang gebündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss in Form der Kupferdoppelader einschließlich der Varianten OPAL/ISIS am Hauptverteiler,
zum Zwecke des Zugangs gemäß Ziffern 1.1.1 und 1.1.2 Kollokation sowie im Rahmen dessen Nachfragern bzw. deren Beauftragten jederzeit Zutritt zu diesen Einrichtungen
zu gewähren sowie
im Rahmen der Erfüllung der Verpflichtung zur Kollokationsgewährung nach Ziffer 1.1.3 Kooperationsmöglichkeiten zwischen den zum Zugang berechtigten Unternehmen in der Weise zuzulassen, dass solche Unternehmen ihre jeweils am gleichen Standort eines Hauptverteilers bei der Betroffenen angemieteten Kollokationsflächen miteinander verbinden können, indem ein Unternehmen einem oder mehreren anderen Unternehmen den Zugang zu seinen selber bereitgestellten oder angemieteten Übertragungswegen gewähren kann,
dass Vereinbarungen über Zugänge nach Ziffer 1.1 auf objektiven Maßstäben beruhen, nachvollziehbar sind, einen gleichwertigen Zugang gewähren und den Geboten der Chancengleichheit und Billigkeit genügen,
dass die Entgelte für die Gewährung des Zugangs und der Kollokation gemäß Ziffer 1.1 der Genehmigung nach Maßgabe des § 31 TKG unterliegen,
werden beibehalten.
Die Betroffene wird darüber hinaus dazu verpflichtet,
zum Zwecke des Zugangs zum Teilnehmeranschluss am Kabelverzweiger den Zugang zu ihren Kabelkanälen zwischen dem Kabelverzweiger und dem Hauptverteiler zu gewähren, soweit hierfür die erforderlichen Leerkapazitäten vorhanden sind,
für den Fall, dass aus technischen Gründen oder aus Kapazitätsgründen die Gewährung des Zuganges zu Kabelkanälen nicht möglich ist, den Zugang zu unbeschalteter Glasfaser zu gewähren,
Nachfragern im Rahmen der Verpflichtung zur Zugangsgewährung zum Teilnehmeranschluss am Kabelverzweiger zum Zwecke der dafür erforderlichen Kabelverzweigerkollokation auf konkrete Anfrage über die Möglichkeit des Zugangs zum Kabelkanal bzw. zu zwei unbeschalteten Glasfasern zwischen dem Hauptverteiler und dem Kabelverzweiger zu informieren und offen zu legen, zu welchem Zeitpunkt sie den Kabelverzweiger zur Aufnahme von eigenen DSLAM ausbauen wird,
dass Vereinbarungen über Zugänge nach Ziffer 2.1 und 2.2 auf objektiven Maßstäben beruhen, nachvollziehbar sind, einen gleichwertigen Zugang gewähren und den Geboten der Chancengleichheit und Billigkeit genügen,
dass die Entgelte für die Gewährung des Zugangs zu Kabelkanälen und unbeschalteter Glasfaser gemäß Ziffern 2.1 und 2.2 sowie Informationen nach Ziffer 2.3 der Genehmigung nach Maßgabe des § 31 TKG unterliegen.
( ...)
Nachdem die DTAG gegen diese Regulierungsverfügung Klage erhoben hatte, wurde diese Regulierungsverfügung mit Urteil vom 23. April 2008 - 21 K 2701/07 - hinsichtlich Ziffer I.2.3 des Tenors aufgehoben, soweit die DTAG darin verpflichtet wird, offen zu legen, zu welchem Zeitpunkt sie den Kabelverzweiger zur Aufnahme von eigenen DSLAM ausbauen wird. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Im Revisionsverfahren wurde mit Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Januar 2010 - 6 C 22.08 - die Regulierungsverfügung auch hinsichtlich der in Ziffer I.2.2 auferlegten Verpflichtung zur Gewährung des Zugangs zu unbeschalteter Glasfaser sowie hinsichtlich der darauf bezogenen in Ziffern I. 2.3, I.2.4 und I.2.5 ausgesprochenen Verpflichtungen aufgehoben.
Die Klägerin begehrt hinsichtlich der Regulierungsverfügung vom 27. Juni 2007 - BK 4a-07-002/R - die Auferlegung weiterer Verpflichtungen der Betroffenen. Insoweit hatte die Klägerin im Verwaltungsverfahren im Rahmen ihrer Stellungnahme zum Entwurf der Regulierungsverfügung BK 4 a-007-022/R (Mitteilung der BNetzA Nr. 366/2007, ABl. BNetzA 10/2007, S. 2182 ff. /S. 2224) entsprechende Anträge gestellt, die in der Regulierungsverfügung abgelehnt wurden (Ziffer 3 der Regulierungsverfügung vom 27. Juni 2007).
Die Klägerin hat am 30. Juli 2007 Klage erhoben.
Zur Begründung trägt sie vor, dass die Klage zulässig sei. Insbesondere sei sie - die Klägerin - klagebefugt, da den Vorschriften des TKG über Regulierungsmaßnahmen Drittschutz zukomme.
Der Klageantrag zu 1), mit dem sie uneingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten von Zugangsleistungen und Kooperationsmöglichkeiten zwischen den zugangsberechtigten Unternehmen begehrt, sei auch begründet, da sie einen Anspruch auf Zulassung uneingeschränkter Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten habe. Soweit der Antrag auch auf die Zulassung von Nutzungsmöglichkeiten von Zugangsleistungen gerichtet sei, fehle es nicht an einer Ermächtigungsgrundlage. Für eine Differenzierung zwischen Zugangsleistungen und Kollokation finde sich weder im Gesetzestext noch in der Gesetzessystematik ein Anhaltspunkt.
Ferner leide die Ablehnung der begehrten Verpflichtung an Ermessensfehlern. Zur Begründung der lediglich eingeschränkt tenorierten Verpflichtung stelle die Beklagte sachfremde Erwägungen an, weil der Gesetzgeber selbst eine Einschränkung der Berechtigung einer Zugangsnachfrage durch § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG vorgenommen und eine Beweislastverteilung vorgesehen habe. Angesichts dieser klaren gesetzlichen Beschreibung möglicher Einschränkungen verbleibe kein Raum mehr für die Beklagte, weitere Einschränkungen der Zugangsvoraussetzungen selbst vorzunehmen. Sie würde damit sowohl die Wertung des Gesetzgebers bezüglich der im Einzelfall nachzuweisenden Gründe unterlaufen als auch die Anforderungen, die Begründung einer Ausnahme auf technische Gründe stützen zu müssen. Vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Regelung beschränke sich das (Entschließungs-) Ermessen der Beklagten lediglich darauf, die Zugangsverpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG aufzuerlegen oder nicht. Diese Auslegung werde zudem durch die Gesetzesbegründung bestätigt.
Auch der Antrag zu 2), mit dem die die Auferlegung einer Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung begehrt, sei begründet. Dies scheitere zunächst nicht daran, dass sie - die Klägerin - die Auferlegung einer getrennten Rechnungsführung im Sinne des § 24 TKG nicht für "bestimmte Tätigkeiten" beantragt habe. Es reiche insofern aus, dass sich die begehrte Verpflichtung zur Auferlegung der getrennten Rechnungsführung auf Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bereitstellung des Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung beziehe und damit nicht auf anderweitige Zugangsleitungen der Betroffenen.
Entgegen der Ausführungen der Beklagten in der streitgegenständlichen Regulierungsverfügung sei die Auferlegung der Verpflichtung zur getrennten Buchführung erforderlich. Insofern habe die Beklagte die ermessenslenkende Regelung des § 24 Abs. 1 Satz 2 TKG missachtet, wonach sie insbesondere von einem vertikal integrierten Unternehmen - wie hier der Betroffenen - zu verlangen habe, die Vorleistungspreise und die internen Verrechnungspreise transparent zu gestalten. Darüber hinaus litten die Überlegungen der Beklagten zur Ablehnung der begehrten Verpflichtung an logischen Fehlern. Zunächst könne die Beklagte in Fällen der Vergleichsmarktbetrachtung oder Modellrechnung mangels jeglicher Kostennachweise kaum Kalkulationen anstellen, die Quersubventionierungen auch nur annähernd so sicher ausschließen könnten wie eine getrennte Rechnungsführung. Dabei sei es in der bisherigen Regulierungspraxis aufgrund mangelhafter Kostennachweise zumeist erforderlich gewesen, dass die Beklagte ihre Entscheidungen auf Vergleichsmarktbetrachtungen und Modellrechnungen stütze. Aber selbst auf der Grundlage von Kostennachweisen könne im Rahmen der Entgeltgenehmigung nach §§ 30 ff. TKG keineswegs kontrolliert werden, welche internen Verrechnungspreise die vertikal integrierte Betroffene verbuche. Selbst wenn genehmigte Vorleistungspreise nicht über den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung liegen sollten, bestehe für die Betroffene eine Möglichkeit zur Quersubventionierung durch die Berechnung noch niedrigerer konzerninterner Preise. Die Diskriminierungs- und Quersubventionierungsproblematik könne auch nicht allein durch die Vorlage einer jährlichen Gesamtkostenübersicht verhindert werden.
Schließlich sei auch der Antrag zu 3), mit dem sie einen Bestandsschutz für bestehende TAL-Zugänge begehrt, beurteilungsfehlerhaft abgelehnt worden. Der Anspruch auf den mit diesem Antrag begehrten Bestandsschutz ergebe sich zumindest aus einer entsprechenden Anwendung des § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG. Zwar handele es sich vorliegend nicht um eine freiwillige Zugangsgewährung, wie dies § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG nach der Gesetzesbegründung voraussetze. Jedoch sei die Interessenlage der Wettbewerber, insbesondere vor dem Hintergrund des von der Betroffenen geplanten Hauptverteilerabbaus, vergleichbar, zumal von Wettbewerberseite aus bereits konkrete Infrastrukturinvestitionen getroffen worden seien. Demgegenüber seien die Interessen des Zugangsverpflichteten regelmäßig vergleichsweise gering. Der von der Betroffenen geplante Abbau der Hauptverteiler sei, wenn überhaupt, dann nur mit sehr geringem Gewicht in die Entscheidung der Beklagten eingeflossen. Aber selbst wenn man unterstelle, die Beklagte habe diese Abwägung unter Ermittlung und Einstellung der betroffenen Wettbewerberbelange überhaupt durchgeführt, so würde der Verweis auf lediglich einen Migrationspfad im Falle eines Hauptverteilerabbaus auf einer Verkennung von Bedeutung und Gewicht der betroffenen Wettbewerberbelange (Abwägungsfehleinschätzung) beruhen oder außer Verhältnis zur objektiven Gewichtigkeit dieser Belange stehen (Abwägungsdisproportionalität).
Nachdem die Klägerin zunächst beantragt hatte,
der dortigen Betroffenen der "TAL-Regulierungsverfügung" der Beklagten vom 27. Juni 2007 (Az.: BK 4a-07-002/R) die Verpflichtung aufzuerlegen, den vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss nach Ziff. 1.1.1 und 1.1.2 des Tenors auch dann anzubieten, wenn dafür ein Kapazitätsausbau erforderlich sein sollte und das zum Zugang berechtigte Unternehmen sich auf ein Angebot der dortigen Betroffenen verpflichtet, die Investitionsrisiken für den nachfragegerechten Kapazitätsausbau zu übernehmen,
unter Abänderung von Ziff. 1.1.4 (des Tenors) der dortigen Betroffenen die Verpflichtung aufzuerlegen, gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG im Rahmen der Erfüllung der Verpflichtung zur Kollokationsgewährung nach Ziffer 1.1.3 (des Tenors) Nutzungsmöglichkeiten von Zugangsleistungen sowie Kooperationsmöglichkeiten zwischen den zum Zugang berechtigten Unternehmen uneingeschränkt zuzulassen,
der dortigen Betroffenen die Transparenz-Verpflichtung aufzuerlegen, für die zum Zugang berechtigten Unternehmen alle für die Inanspruchnahme der entsprechenden Zugangsleistungen benötigten Informationen zu veröffentlichen, insbesondere Informationen zur Buchführung, zu technischen Spezifikationen, Netzmerkmalen, Bereitstellungs- und Nutzungsbedingungen sowie über die zu zahlenden Entgelte,
der dortigen Betroffenen die Verpflichtung aufzuerlegen, für ihre Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bereitstellung des Zugangs zur TAL eine getrennte Rechnungsführung gemäß § 24 Abs. 1 TKG durchzuführen,
unter Abänderung von Ziffer 1.1.1 (des Tenors) der dortigen Betroffenen die Verpflichtung aufzuerlegen, den vollständig entbündelten Zugang zur TAL auch in Form der reinen Glasfaserleitung am Hauptverteiler oder einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt zu gewähren, wobei die Entgelte für die Gewährung dieses Zugangs der Genehmigung nach Maßgabe des § 31 TKG unterliegen,
der dortigen Betroffenen die Verpflichtung aufzuerlegen, bereits gewährten Zugang zum entbündelten Zugang zur TAL einschließlich der Kollokationsgewährung nicht nachträglich deshalb zu verweigern, weil entweder betroffene Hauptverteiler-Standorte von der dortigen Betroffenen zurückgebaut oder Kupferkabelverbindungen im Hauptkabelbereich zwischen Hauptverteiler und Kabelverzweiger durch Glasfaserverbindungen ersetzt werden sollen,
Punkt 1.1.3 der Regulierungsverfügung wie folgt zu fassen: "Zum Zwecke des Zugangs gem. Ziffern 1.1.1 und 1.1.2 Kollokation sowohl im als auch am Hauptverteiler und im als auch am Kabelverzweiger sowie im Rahmen dessen Nachfragern bzw. deren Beauftragten jederzeit Zutritt zu diesen Einrichtungen zu gewähren",
der dortigen Betroffenen die Verpflichtung aufzuerlegen (unter Erweiterung der Ziff. 1.1.2 des Tenors) den gebündelten Zugang zur TAL einschließlich der Variante "hybrider breitbandiger Teilnehmeranschluss" am Hauptverteiler zu gewähren,
der dortigen Betroffenen die Verpflichtung aufzuerlegen, ein einheitliches Standardangebot für den Zugang zur unbeschalteten Glasfaser sowie Kabelkanälen zwischen dem Kabelverzweiger und dem Hauptverteiler, zu deren Angebot sie durch die in dieser Entscheidung ergangenen Regulierungsverfügung verpflichtet worden ist und für die eine allgemeine Nachfrage besteht, innerhalb von drei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu veröffentlichen,
nahm sie mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2008, bei Gericht eingegangen am 18. Oktober 2008, die Anträge zu 1), 3), 5), 7), 8) und 9) zurück.
Sie beantragt nunmehr,
unter Abänderung von Ziff. 1.1.4 (des Tenors) der dortigen Betroffenen die Verpflichtung aufzuerlegen, gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG im Rahmen der Erfüllung der Verpflichtung zur Kollokationsgewährung nach Ziffer 1.1.3 (des Tenors) Nutzungsmöglichkeiten von Zugangsleistungen sowie Kooperationsmöglichkeiten zwischen den zum Zugang berechtigten Unternehmen uneingeschränkt zuzulassen,
der dortigen Betroffenen die Verpflichtung aufzuerlegen, für ihre Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bereitstellung des Zugangs zur TAL eine getrennte Rechnungsführung gemäß § 24 Abs. 1 TKG durchzuführen,
der dortigen Betroffenen die Verpflichtung aufzuerlegen, bereits gewährten Zugang zur entbündelten TAL einschließlich der Kollokationsgewährung nicht nachträglich deshalb zu verweigern, weil entweder betroffene Hauptverteiler-Standorte von der dortigen Betroffenen zurückgebaut oder Kupferkabelverbindungen im Hauptkabelbereich zwischen Hauptverteiler und Kabelverzweiger durch Glasfaserverbindungen ersetzt werden sollen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt sie hinsichtlich der von der Klägerin beantragten Zulassung uneingeschränkter Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten vor, dass zunächst festzustellen sei, dass die Klägerin allenfalls Anspruch auf eine rechtsfehlerfreie Ausübung des Regulierungsermessens habe und insoweit lediglich ein Bescheidungsurteil im Sinne des § 113 Abs. 5 VwGO begehren könnte. Bei der Auferlegung von Regulierungsverpflichtungen stehe ihr - der Beklagten - ein Regulierungsermessen zu. Es sei nicht ersichtlich, dass dieses Ermessen vorliegend auf Null reduziert sei.
Es sei auch nicht ersichtlich, dass sie - die Beklagte - das ihr eingeräumte Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt habe. Hinsichtlich des Antrages zu 1) verdeutlichten die Ausführungen auf Seite 29f. der streitgegenständlichen Regulierungsverfügung, dass sie sich mit dem Begehren der Klägerin inhaltlich auseinandergesetzt und alle wesentlichen Gesichtspunkte im Rahmen der Abwägung berücksichtigt habe. Hiergegen könne die Klägerin auch nicht erfolgreich einwenden, dass § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG ihr lediglich ein Entschließungsermessen einräume, nicht aber die Möglichkeit eröffne, im Rahmen eines Auswahlermessens bestimmte Nutzungsmöglichkeiten von Zugangsleistungen bzw. Kooperationsmöglichkeiten auszunehmen. Dieser Auffassung der Klägerin stehe schon der eindeutige Wortlaut der Vorschrift des § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG entgegen. Es stehe ihr - der Beklagten - ein echtes Auswahlermessen zu. Folglich könne sie in pflichtgemäßer Ermessensausübung bestimmte Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten zulassen und andere ablehnen. Dies folge insbesondere auch aus der ihr auferlegten Pflicht, die Kriterien des § 21 Abs. 1 TKG zu beachten. Gegen eine fehlerfreie Ermessensausübung durch sie spreche auch nicht die von der Klägerin in Bezug genommene "es sei denn"-Einschränkung in § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG.
Hinsichtlich der von der Klägerin beantragten Verpflichtung zur Auferlegung von getrennter Rechnungsführung sei zunächst festzustellen, dass der von der Klägerin geltend gemachte Antrag schon deshalb unbegründet sei, weil darin - entgegen dem Wortlaut des § 24 TKG - die Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung im Zusammenhang mit Zugangsleistungen nicht auf "bestimmte Tätigkeiten" beschränkt werde.
Daneben habe sie - die Beklagte - ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Die Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung solle gemäß § 24 Abs. 1 Satz 3 TKG insbesondere Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot und unzulässige Quersubventionen verhindern. Im Zusammenhang mit dem vorliegend relevanten Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung einschließlich der Kollokation sei die Auferlegung einer getrennten Rechnungsführung nicht erforderlich, weil die hierfür zu entrichtenden Entgelte einer Genehmigungspflicht nach §§ 30 Abs. 1 Satz 1, 31 TKG unterliegen. Sie seien folglich nur dann genehmigungsfähig, wenn sie den Maßstab der Kosten effizienter Leistungsbereitstellung nicht überschritten. Dadurch werde die Möglichkeit von Quersubventionierungen weitgehend ausgeschlossen. Dies gelte auch in den Fällen, in denen gemäß § 35 TKG im Genehmigungsverfahren eine Vergleichsmarktbetrachtung oder eine Modellrechnung durchgeführt werde.
Soweit die Betroffene eine Preis-Kosten- oder Kosten-Kosten-Schere praktiziere, also in diskriminierender Weise ihre Endkundenprodukte oder Vorleistungsprodukte so bepreise, dass der Abstand zwischen diesen Entgelten und den regulierten TAL-Entgelten nicht ausreiche, um einem effizienten Wettbewerber die Erzielung einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals zu ermöglichen, sei eine Genehmigung für die TAL-Entgelte gemäß §§ 35 Abs. 3 Satz 2, 28 TKG zu versagen. Dadurch sei mithin der Zweck des § 24 TKG, Diskriminierung der Wettbewerber zu vermeiden, erfüllt.
Hinsichtlich des von der Klägerin mit dem Antrag zu 3) begehrten Bestandsschutzes stelle die Vorschrift des § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG keine geeignete Rechtsgrundlage dar, weil sie sich nur auf den Fall der Einstellung freiwillig erbrachter Zugangsleistungen beziehe, wie sich insbesondere aus der Gesetzesbegründung ergebe.
Im Übrigen habe sie auf Seite 41 der streitgegenständlichen Regulierungsverfügung darauf hingewiesen, dass für eine Regelung zu den Auswirkungen einer möglichen Umgestaltung des Netzes der Betroffenen derzeit keine ausreichende Entscheidungsgrundlage bestehe, zumal die Betroffene im Zeitpunkt der Entscheidung noch kein Konzept hinsichtlich einer möglichen Aufgabe von Hauptverteilern besessen habe. Deshalb sei es mit Blick auf die Vorschrift des § 14 Abs. 2 TKG, gemäß der er die Ergebnisse des Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens alle zwei Jahre zu überprüfen seien und infolge dessen auch erneut über die Auferlegung, Änderung, Beibehaltung oder den Widerruf der in § 13 Abs. 1, Satz 1 TKG aufgeführten Verpflichtungen im Rahmen einer Regulierungsverfügung zu entscheiden sei, nicht erforderlich gewesen, weitere Regelungen hierzu aufzunehmen. Ferner sei die Klägerin derzeit auch dadurch hinreichend geschützt, dass das gegenwärtige Standardangebot der Betroffenen den ersatzlosen Abbau von Hauptverteilern nicht vorsehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
Gründe
Soweit die Klägerin ihre Klage hinsichtlich der zunächst mit Schriftsatz vom 26. Juli 2007 gestellten Anträge zu 1), 3), 5), 7), 8) und 9) am 18. Oktober 2008 zurückgenommen hat, ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - einzustellen.
Im Übrigen ist die Klage zwar zulässig, aber unbegründet.
Die Klägerin ist hinsichtlich der nunmehr gestellten Klageanträge zu 1) bis 3) klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO.
Nach dieser Vorschrift muss die Klägerin geltend machen, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in ihren Rechten verletzt zu sein. Das erfordert, dass die Verletzung eigener Rechte auf der Grundlage des Klagevorbringens als möglich erscheint. Dies ist nur dann auszuschließen, wenn sich die Klägerin für ihr Begehren offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise auf eine öffentlichrechtliche Norm stützen kann, die nach dem in ihr enthaltenen Entscheidungsprogramm auch dem Schutze der Klägerin als Wettbewerberin dient. Insoweit ist entscheidend, dass sich aus individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich hinreichend von der Allgemeinheit unterscheidet,
vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 2007 - 6 C 42.06 -, BVerwGE 130, 39 ff.; Juris Rdnr. 11 mit zahlreichen Nachweisen.
Nach diesen Grundsätzen ist für die hier erhobenen Klageanträge zu 1) und 3) die Klagebefugnis im Hinblick darauf gegeben, dass die von der Klägerin beantragten zusätzlichen Verpflichtungen insgesamt die Auferlegung weiterer Zugangsverpflichtungen im Rahmen des § 21 TKG betreffen. § 21 TKG ist zu Gunsten der Klägerin als Wettbewerberin drittschützend, und es ist nach ihrem Vorbringen nicht von vornherein ausgeschlossen, dass diese Norm verletzt sein könnte.
Dass § 21 TKG drittschützend ist, lässt sich schon aus seinem Wortlaut entnehmen, denn indem § 21 Abs. 1 Satz 1 TKG ausdrücklich "andere Unternehmen" als Zugangsbegünstigte anspricht, bezieht er diese erkennbar in seinen Schutzzweck ein. In Anbetracht der zusätzlichen Eingrenzung auf Unternehmen, die Telekommunikationsdienste erbringen, wird ein Personenkreis konkretisiert, der sich hinreichend deutlich von der Allgemeinheit unterscheidet. Ferner bestätigen sowohl die Gesetzessystematik als auch die Entstehungsgeschichte dieses Auslegungsergebnis,
vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 2007 - 6 C 42.06 -, a.a.O., Rdnr. 13 - 16 mit zahlreichen Nachweisen.
Hinsichtlich des Klageantrages zu 2) - die Klägerin begehrt hier die Auferlegung einer doppelten Rechnungsführung gemäß § 24 TKG - könnte es zwar zweifelhaft sein, ob diese Vorschrift drittschützend ist, da über § 24 Abs. 1 Satz 3 TKG nur mittelbar über den dort genannten Zweck - Verhinderung von Verstößen gegen das Diskriminierungsverbot - die Wettbewerber als individualisierbarer Personenkreis angesprochen sind (vgl. § 19 TKG),
im Ergebnis Drittschutz bejaht von BVerwG, Urteil vom 28. November 2007 - 6 C 42.06 -, a.a.O., Rdnr. 17.
Dies braucht jedoch nicht vertieft zu werden, da diese Prüfung die Beantwortung komplexer Rechtsfragen erfordern würde, und allein deshalb die Möglichkeit der Rechtsverletzung nicht verneint werden kann,
vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2002 - 6 C 8.01 -, NVwZ 2003, 605 (606).
Es bestehen auch keine weiteren Zulässigkeitsbedenken. Die Klägerin hat bereits mit ihrer Stellungnahme im Rahmen des Verwaltungsverfahrens bei der Beklagten ausdrücklich die im gerichtlichen Verfahren weiter verfolgten Anträge gestellt, was ebenfalls Zulässigkeitsvoraussetzung für das vorliegende Verfahren ist. Für die Verpflichtungsklage ist anerkannt, dass ihre Zulässigkeit grundsätzlich von einem zuvor im Verwaltungsverfahren erfolglos gestellten Antrag auf Vornahme des eingeklagtem Verwaltungsakts abhängt. Diese Zulässigkeitsvoraussetzung folgt aus § 68 Abs. 2, § 75 Satz 1 VwGO ("Antrag auf Vornahme") und zusätzlich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, nach dem es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden. Dieses Erfordernis gilt insbesondere auch im Rahmen der hier begehrten weiteren Regulierungsmaßnahmen,
vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 2007 - 6 C 42.06 -, a.a.O., Rdnr. 23 ff..
Ferner hat die Klägerin auch weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis für das vorliegende Verfahren, obwohl mit Datum vom 21. März 2011 für den hier gegenständlichen Markt 11 eine neue Regulierungsverfügung erlassen worden ist - BK 3g-09/085 -. Hierdurch ist jedoch schon deswegen keine Erledigung eingetreten, da diese neue Regulierungsverfügung zum Zeitpunkt der Entscheidung des vorliegenden Verfahrens noch nicht bestandskräftig ist.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erlass der von ihr begehrten weiteren Regulierungsverpflichtungen zu Lasten der Betroffenen, vgl. § 113 Abs. 5 VwGO.
Bei der Entscheidung über die Auferlegung von Regulierungsverpflichtungen steht der Beklagten ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum - das Bundesverwaltungsgericht spricht in diesem Zusammenhang auch in Anlehnung an das Planungsermessen von Regulierungsermessen - zu. Denn die Auferlegung von Regulierungsverpflichtungen ist das Ergebnis einer umfassenden und komplexen Abwägung, bei der gegenläufige öffentliche und private Belange einzustellen, zu gewichten und auszugleichen sind,
BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2010 - 6 C 22.08 -, Buchholz 442.066 § 21 TKG Nr. 1, amtlicher Abdruck Rdnr. 16; BVerwG, Urteil vom 28. November 2007, a.a.O., Rdnr. 28 ff.; in diesem Sinne bereits Urteil vom 31. März 2004 - BVerwG 6 C 11.03 -, BVerwGE 120, 263 (271).
Die Bundesnetzagentur hat zwar kein Entschließungsermessen in Bezug auf ihr regulatorisches Tätigwerden auf einem gemäß §§ 10, 11 TKG als regulierungsbedürftig festgestellten Markt, denn in § 9 Abs. 2 TKG ist im Einklang mit Art. 16 Abs. 4 der Zugangsrichtlinie - ZRL - (Richtlinie 2202/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung - Zugangsrichtlinie - vom 07. März 2002, ABl. EU L 108 S. 7) das Gebot angelegt, einem marktmächtigen Unternehmen Maßnahmen nach Teil 2 des Gesetzes aufzuerlegen. Ihr steht aber bei der Frage, welche der in § 13 Abs. 1 und 3 TKG vorgesehenen Maßnahmen sie ergreift und gegebenenfalls kombiniert, ein umfassender Auswahl- und Ausgestaltungsspielraum zu, bei dessen Ausübung sie sich an den in § 2 Abs. 2 TKG vorgegebenen Regulierungszielen auszurichten hat. Die Kriterien sind dabei im Bereich der Zugangsverpflichtungen noch weiter ausdifferenziert. Denn nach § 21 Abs. 1 Satz 2 TKG hat sie bei der Prüfung, ob eine Zugangsverpflichtung gerechtfertigt ist und in einem angemessenen Verhältnis zu den Regulierungszielen nach § 2 Abs. 2 TKG steht, einen sieben Punkten umfassenden Katalog mit weiteren Abwägungsgesichtspunkten zu berücksichtigen.
Das Verwaltungsgericht ist damit in einem auf die Auferlegung von (zusätzlichen) Regulierungsverpflichtungen gerichteten Verwaltungsprozess auf die Überprüfung von Abwägungsfehlern beschränkt. Fehlerhaft wird das Regulierungsermessen ausgeübt, wenn die Interessen der Beteiligten nicht ausreichend bzw. nicht alle erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse ermittelt worden sind, eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat - Abwägungsausfall -, in die Abwägung nicht an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste - Abwägungs-
defizit -, die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt worden ist - Abwägungsfehleinschätzung - oder der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht - Abwägungsdisproportionalität -,
vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 2007 - 6 C 42.06 -, a.a.O., Rdnr. 31 und Urteil vom 27. Januar 2010 - 6 C 22.08 -, a.a.O., Rdnr. 16.
Gemessen an diesen Voraussetzungen bleiben die von der Klägerin gestellten Anträge zu 1) bis 3) ohne Erfolg.
Der Klageantrag zu 1), unter Abänderung von Ziff. 1.1.4 (des Tenors) der Betroffenen die Verpflichtung aufzuerlegen, gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG im Rahmen der Erfüllung der Verpflichtung zur Kollokationsgewährung nach Ziffer 1.1.3 (des Tenors) Nutzungsmöglichkeiten von Zugangsleistungen sowie Kooperationsmöglichkeiten zwischen den zum Zugang berechtigten Unternehmen uneingeschränkt zuzulassen, hat keinen Erfolg, weil die Klägerin nicht die Auferlegung konkreter Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten beantragt hat, was im Hinblick auf die Regelung in § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG erforderlich ist.
Nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG kann die Regulierungsbehörde Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze, die über beträchtliche Marktmacht verfügen, unter Beachtung von Absatz 1 unter anderem verpflichten, im Rahmen der Erfüllung der Zugangsverpflichtungen nach diesem Absatz oder Absatz 3 Nutzungsmöglichkeiten von Zugangsleistungen sowie Kooperationsmöglichkeiten zwischen den zum Zugang berechtigten Unternehmen zuzulassen, es sei denn, ein Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht weist im Einzelfall nach, dass eine Nutzungsmöglichkeit oder eine Kooperation aus technischen Gründen nicht oder nur eingeschränkt möglich ist.
Ob die Vorschrift schon allein deshalb als Ermächtigungsgrundlage ausscheidet, soweit der Klageantrag zu 1) auch auf die Zulassung von "Nutzungsmöglichkeiten von Zugangsleistungen" gerichtet ist und diese Variante zwar vom Text des § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG umfasst sein könnte, sie aber regelungswidrig sein könnte, wenn es -wie hier- um Kollokation nach § 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG geht,
so im Ergebnis VG Köln, Urteil vom 28. September 2006 - 1 K 2979/05 -, amtlicher Abdruck, S. 21 f. unter Ziffer 2.2,
braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, da das Begehren der Klägerin jedenfalls aus anderen Gründen erfolglos ist.
Denn aus dem Wortlaut und der Gesetzessystematik ergibt sich, dass die Beklagte zunächst "unter Beachtung von Absatz 1" im Wege der Ermessenausübung eine Entscheidung zu treffen hat, ob sie von der Auferlegung von weiteren, in § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG genannten Möglichkeiten Gebrauch machen will. Entscheidet sie sich hierfür, so ist sie nicht, wie die Klägerin meint, "verpflichtet", der Betroffenen generell Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten im Sinne einer "vollen Handlungsfreiheit der Wettbewerber" aufzuerlegen, "es sei denn, ein Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht weist im Einzelfall nach, dass eine Nutzungsmöglichkeit oder eine Kooperation aus technischen Gründen nicht oder nur eingeschränkt möglich ist". Vielmehr bedarf es hier einer konkretisierenden Regelung der Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten durch die Beklagte,
vgl. Piepenbrock/Attendorn in: Beck'scher Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, 3. Auflage, § 21 Rndr. 189 und 191.
Entsprechend ist eine solche konkretisierende Regelung auch von dem Wettbewerber im Verwaltungsverfahren zu beantragen.
Soweit die Klägerin hier meint, aus der Gesetzesformulierung und -systematik ableiten zu können, die gesetzliche Regelung beschränke das (Entschließungs-) Ermessen der Beklagten lediglich darauf, die Zugangsverpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG aufzuerlegen oder nicht und eröffne nicht die Möglichkeit, im Rahmen eines Auswahlermessens bestimmte Nutzungsmöglichkeiten von Zugangsleistungen bzw. Kooperationsmöglichkeiten auszunehmen bzw. aufzuerlegen, verkennt sie, dass dies gerade nicht mit dem Wortlaut und der Gesetzessystematik zu vereinbaren wäre. So ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG, das die Beklagte Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten zulassen "kann". Dass die Beklagte entweder alle oder aber gar keine Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten zulassen darf, ergibt sich aus der Vorschrift hingegen nicht. Folglich kann die Beklagte in pflichtgemäßer Ermessensausübung bestimmte Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten zulassen und andere ablehnen. Ob die Auferlegung von Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten im Sinne des § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG in einem angemessenen Verhältnis zu den Regulierungszielen nach § 2 Abs. 2 TKG steht, so wie es die Vorschrift des § 21 Abs. 1 TKG verlangt, lässt sich auch nicht für alle denkbaren Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten einheitlich beantworten. Vielmehr ist in Anbetracht der Fülle denkbarer Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten diesbezüglich zu fordern, dass konkrete Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten vom Wettbewerber beantragt werden, um deren Vereinbarkeit mit den Zielen des in § 21 Abs. 1 TKG prüfen zu können und u.a. auch der Betroffenen die Möglichkeit zu geben, Einwände gegen die konkret beantragten Nutzungs- oder Kooperationsmöglichkeit erheben zu können.
Soweit sich die Klägerin für ihre Ansicht auf die Gesetzesbegründung beruft, nach der die "Wettbewerber, die die Kosten der Kollokation zu tragen haben, bei der Nutzung volle Handlungsfreiheit haben müssen, etwa hinsichtlich des Aufstellens von Vermittlungstechnik",
BT-Drs. 15/2316, S. 65 (zu § 19 TKG-E 2004),
steht dies der hier getroffenen Auslegung nicht entgegen. Denn nach § 3 NZV 1996 war die (damalige) DTAG lediglich zur Gewährung der Aufstellung von Übertragungstechnik verpflichtet. Ausweislich der Begründung sollte gewährleistet sein, dass die Wettbewerber, die die Kosten für die Kollokation zu tragen haben, auch Handlungsfreiheit hinsichtlich der Nutzung des Zugangs haben müssen. Beispielsweise sollte ihnen gerade auch die Aufstellung von Vermittlungstechnik uneingeschränkt möglich sein,
in diesem Sinne wohl Thomaschki in: Säcker (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, 2006, § 21 Rdnr. 110; vgl. Piepenbrock/Attendorn in: Beck'scher Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, 3. Auflage, § 21 Rndr. 194.
In Anbetracht der intensiven Streitigkeiten, die sich gerade um Größe, Ausstattung und sonstige Details der Kollokationsräume und -flächen rankten, stellt dies eine in der Praxis hilfreiche Klarstellung dar,
so insbesondere Piepenbrock/Attendorn in: Beck'scher Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, 3. Auflage, § 21 Rndr. 194.
Darüber hinaus haben die Wettbewerber auch grundsätzlich die Möglichkeit, alle denkbaren Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten zu beantragen. Welche konkreten Möglichkeiten hingegen der Betroffenen auferlegt werden, entscheidet die Beklagte nach Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens unter Würdigung aller zu berücksichtigenden Belange. Die "es sei denn"-Einschränkung in § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG kann dann in den Fällen von Bedeutung sein, in denen die Beklagte konkrete Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG zulässt, die Betroffene aber im Einzelfall nachweist, dass eine Nutzungsmöglichkeit oder eine Kooperation aus technischen Gründen nicht oder nur eingeschränkt möglich ist,
vgl. Thomaschki: in Säcker (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, 2006, § 21 Rdnr. 110.
Der Antrag zu 2), der Betroffenen die Verpflichtung aufzuerlegen, für ihre Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bereitstellung des Zugangs zur TAL eine getrennte Rechnungsführung gemäß § 24 Abs. 1 TKG durchzuführen, ist ebenfalls unbegründet.
Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 TKG kann die Regulierungsbehörde einem Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, für bestimmte Tätigkeiten im Zusammenhang mit Zugangsleistungen eine getrennte Rechnungsführung vorschreiben. Ob der Klageantrag schon deshalb unbegründet ist, weil die Auferlegung von getrennter Rechnungsführung nur für "bestimmte" Tätigkeiten im Zusammenhang mit Zugangsleistungen beschränkt ist und dies vorliegend nicht beantragt wurde,
so VG Köln, Urteil vom 28. September 2006 - 1 K 2979/05 -, amtlicher Abdruck S. 25 f. unter Ziffer 2.4,
braucht vorliegend nicht entschieden zu werden.
Gleichfalls kann offen bleiben, ob, worauf bereits bei der Prüfung der Klagebefugnis hingewiesen worden ist, selbst bei beurteilungsfehlerhafter Anwendung des § 24 TKG die Klägerin in eigenen Rechten verletzt sein könnte, da Zweifel daran bestehen, ob diese Vorschrift zu Gunsten der Klägerin "Drittschutz" vermitteln kann,
so aber BVerwG, Urteil vom 28. November 2007 - 6 C 42.06 -, a.a.O.,Rdnr. 17.
Denn es kann vorliegend nicht festgestellt werden, dass die Beklagte die beantragte Auferlegung einer getrennten Rechnungsführung im Sinne des § 24 TKG beurteilungsfehlerhaft abgelehnt hätte.
Wie sich aus § 24 Abs. 1 Satz 3 TKG ergibt, soll die Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung insbesondere Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot und unzulässige Quersubventionen verhindern. Hiervon geht auch die Beklagte in der Beschlussbegründung aus (streitgegenständliche Regulierungsverfügung, S. 44 unter Ziffer 3.11: Getrennte Rechnungsführung, § 24 TKG). Sie sieht aber im Zusammenhang mit dem vorliegend relevanten Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung einschließlich der Kollokation die Auferlegung einer getrennten Rechnungsführung als nicht erforderlich an, weil die hierfür zu entrichtenden Entgelte einer Genehmigungspflicht nach §§ 30 Abs. 1 Satz 1, 31 TKG unterliegen. Sie seien folglich nur dann genehmigungsfähig, wenn sie die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (KeL) nicht überschritten. Bei dieser Prüfung sei die Gefahr von unzulässigen Quersubventionierungen ausgeschlossen. Im Rahmen ihrer pflichtgemäßen Ermessensausübung sei die Beschlusskammer daher zu dem Ergebnis gekommen, dass die Auferlegung einer solchen Verpflichtung im Zusammenhang mit den durch diese Entscheidung auferlegten Verpflichtungen zur Erreichung dieser Zielsetzung nicht erforderlich sei und daher unverhältnismäßig wäre.
Diese Überlegungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand. Denn gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 TKG ist eine Genehmigung - bei der hier durch Ziffer 2.5 des streitgegenständlichen Beschlusses auferlegten "Vorab-Entgeltgenehmigungspflicht" gemäß § 31 TKG - nur dann ganz oder teilweise zu erteilen, soweit die Entgelte den Anforderungen der §§ 28 (Missbräuchliches Verhalten eines Unternehmens mit beträchtlicher Marktmacht) und 31 (Entgeltgenehmigung nur nach dem Maßstab KeL) nach Maßgabe des § 35 Abs. 2 TKG entsprechen und keine Versagungsgründe nach Satz 2 und 3 vorliegen. Die Genehmigung der Entgelte ist zu versagen, soweit die Entgelte mit diesem Gesetz, insbesondere mit § 28, oder anderen Rechtsvorschriften nicht in Einklang stehen (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 2 TKG). Durch die Bezugnahme dieser Vorschrift auf den Maßstab KeL bei der Entgeltgenehmigung kann zum einen eine Quersubventionierung hinreichend sicher ausgeschlossen werden. Dies ergibt sich u.a. aus den Anforderungen, die § 33 TKG an die Aufbereitung und Vorlage der Kostenunterlagen stellt. Hiernach sind die beantragten Entgelte ihrer Höhe nach im Einzelnen aufzuschlüsseln, zuzuordnen und nachzuweisen, insbesondere sind die der Kostenrechnung zugrunde liegenden Einsatzmengen und die dazu gehörenden Preise im Einzelnen aufzuschlüsseln, so dass eine fehlerhafte, bestimmte Unternehmensbereiche subventionierende Kostenzurechnung im Genehmigungsverfahren aufgedeckt würde. Soweit die Klägerin hiergegen einwendet, selbst auf der Grundlage von Kostennachweisen könne im Rahmen der Entgeltgenehmigung nach §§ 30 ff. TKG keineswegs kontrolliert werden, welche internen Verrechnungspreise sich die vertikal integrierte Betroffene verbuche, und selbst wenn genehmigte Vorleistungspreise nicht über den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung liegen sollten, für die Betroffene eine Möglichkeit zur Quersubventionierung durch die Berechnung noch niedrigerer konzerninterner Preise bestehe, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Denn der Gefahr einer unzulässigen Quersubventionierung kann auch in diesem Falle weitgehend dadurch begegnet werden, dass das die Entgelte beantragende Unternehmen gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 TKG verpflichtet ist, regelmäßig zu Beginn eines jeden Geschäftsjahres die Gesamtkosten des Unternehmens sowie deren Aufteilung auf die Kostenstellen und auf die einzelnen Leistungen (Kostenträger) nach Einzel- und Gemeinkosten vorzulegen (sog. Gesamtkostenabgleich). Vor diesem Hintergrund kann auch das weitere Argument der Klägerin nicht überzeugen, dass eine Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung nach § 24 TKG deshalb erforderlich sei, weil § 33 Abs. 3 Satz 2 TKG die Möglichkeit vorsehe, dass im Rahmen der Pflicht zur jährlichen Vorlage der Gesamtkostenübersicht die Angaben für nicht regulierte Dienstleistungen zusammengefasst werden. Sollte es nämlich tatsächlich zu Diskriminierungen oder unzulässigen Quersubventionierungen aus nicht regulierten Bereichen kommen, kann dem allein mit einer Verpflichtung nach § 24 TKG, die nur für bestimmte Tätigkeiten im Zusammenhang mit den (regulierten) Zugangsleistungen auferlegt werden kann, nicht wirksam begegnet werden.
Eine unzulässige Quersubventionierung ist praktisch auch in den Fällen ausgeschlossen, in denen im Genehmigungsverfahren eine Vergleichsmarktbetrachtung oder eine Modellrechnung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 und 2 TKG durchgeführt wird, wobei insbesondere zu beachten ist, dass nach dem Gesetzeswortlaut diese Möglichkeiten der Entgeltgenehmigung nach § 35 Abs. 1 TKG nur "zusätzlich" neben der Vorlage der Kostennachweise besteht. Aber selbst wenn diese Art der Entgeltgenehmigung seitens der Beklagten gewählt wird, orientieren sich diese Betrachtungen ebenfalls am Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung, so dass auch hier eine unzulässige Quersubventionierung weitgehend ausgeschlossen ist.
Durch die mehrfache Bezugnahme in § 35 Abs. 3 TKG auf die Prüfung der Missbrauchstatbestände des § 28 TKG ist auch der weitere in § 24 Abs. 1 Satz 3 genannte Zweck, Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot zu verhindern, weitgehend gesichert. Soweit die Betroffene somit eine Preis-Kosten- oder Kosten-Kosten-Schere praktiziert, also in diskriminierender Weise ihre nachgelagerten Endkundenprodukte oder Vorleistungsprodukte so bepreist, dass der Abstand zwischen diesen Entgelten und den regulierten Teilnehmeranschluss-Entgelten nicht ausreicht, um einem effizienten Wettbewerber die Erzielung einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals zu ermöglichen, ist die Genehmigung für die TAL-Entgelte gemäß §§ 35 Abs. 3 Satz 2, 28 TKG zu versagen. Um solche Diskriminierungen zu identifizieren, bedarf es daher auf dem hier streitgegenständlichen Markt keiner Auferlegung einer getrennten Rechnungsführung im Sinne des § 24 TKG.
Dadurch, dass die Beklagte in dem vorliegenden Fall neben der Auferlegung einer Vorab-Entgeltgenehmigungspflicht nach § 31 TKG von der zusätzlichen Auferlegung einer getrennten Rechnungsführung im Sinne des § 24 TKG abgesehen hat, hat sie insbesondere der Regelung in § 21 Abs. 1 Nr. 7 TKG Rechnung getragen. Nach dieser Vorschrift ist im Rahmen des Entschließungsermessens nämlich insbesondere auch zu beachten, ob bereits auferlegte Verpflichtungen zur Sicherstellung der in § 2 Abs. 2 TKG genannten Regulierungsziele ausreichen.
Der Antrag zu 3), der Betroffenen die Verpflichtung aufzuerlegen, bereits gewährten Zugang zur entbündelten Teilnehmeranschlussleitung einschließlich der Kollokationsgewährung nicht nachträglich deshalb zu verweigern, weil entweder betroffene Hauptverteiler-Standorte von der dortigen Betroffenen zurückgebaut oder Kupferkabelverbindungen im Hauptkabelbereich zwischen Hauptverteiler und Kabelverzweiger durch Glasfaserverbindungen ersetzt werden sollen, hat ebenfalls keinen Erfolg.
Insoweit ist schon keine Ermächtigungsgrundlage für die begehrte Auferlegung eines Bestandsschutzes erkennbar. Denn der nach seinem Wortlaut in Betracht zu ziehende § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG, wonach die Regulierungsbehörde die Betroffene verpflichten könnte, bereits gewährten Zugang zu Einrichtungen nicht nachträglich zu verweigern, umfasst nur freiwillig erbrachte Zugangsleistungen,
vgl. Thomaschki, in: Säcker (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, 2006, § 21 Rdnr. 92; so auch ausdrücklich die Begründung BT-Drs. 15/2316, S. 65 (zu § 19).
Soweit die Klägerin meint, aus der Regelung des § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG und dem zugrunde liegenden Art. 12 Abs. 1 Buchstabe c) der Zugangsrichtlinie lasse sich die Grundwertung entnehmen, "dass die Verweigerung des Zugangs oder unangemessene Bedingungen mit ähnlicher Wirkung die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes auf Endverbraucherebene behindern oder den Interessen der Endnutzer zuwiderlaufen" könnten, und deshalb eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift im vorliegenden Fall erforderlich sei, weil bei nachträglichen Verweigerung von bereits gewährtem Zugang eine typischerweise noch gesteigerte Betroffenheit von Interessen des Zugangsnachfragers zu berücksichtigen sei, der hier bereits konkrete Infrastrukturinvestitionen getroffen habe, welche durch die nachträgliche Verweigerung unwiederbringlich entwertet werden könnten, führt auch dies nicht zum Erfolg.
Einer entsprechenden Anwendung von § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG steht entgegen, dass der von der Klägerin begehrte zusätzliche Bestandsschutz den Regelungen des Telekommunikationsgesetzes im Rahmen von Regulierungsverfügungen widersprechen würde. Denn die Klägerin fordert hier eine Sicherung, die über den üblichen Geltungszeitraum einer Regulierungsverfügung hinausgeht. Gemäß § 14 Abs. 2 TKG sind Ergebnisse des Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens nämlich grundsätzlich alle zwei Jahre zu überprüfen, sofern nicht bereits vorher die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 TKG gegeben sind. Ein mehrjähriger Bestandsschutz würde dieser gesetzlichen Grundentscheidung widersprechen. Für den Zeitraum der Geltung der Regulierungsverfügung ist die Klägerin im Übrigen durch die angeordneten Zugangsansprüche vor einem Entzug der ihr hierdurch vermittelten Rechtsposition ausreichend geschützt.
Unabhängig hiervon sind die Erwägungen der Beklagten, den begehrten Bestandsschutz nicht zu Lasten der Betroffenen zu gewähren, aber auch beurteilungsfehlerfrei. Die Beklagte hat nämlich eine Erweiterung des Schutzgedankens aus § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG auch auf Fälle der vorliegenden Art als nicht erforderlich abgelehnt, da die Wettbewerber "durch die geltenden Regelungen gegenwärtig vor einem Rückbau der Hauptverteiler ausreichend geschützt (seien), siehe die Ausführungen zu 3.8.2.",
vgl. Beschlussbegründung S. 45 Ziffer 3.12 "Keine nachträgliche Verweigerung des Zugangs",
wobei es sich bei der Bezugnahme auf die Ausführungen zu 3.8.2. um einen Schreibfehler handelt, denn es sind offensichtlich die Ausführungen unter Ziffer 3.9.2. (dort Seite 42 Mitte) gemeint.
Die Beklagte hat im Rahmen ihrer Ausführungen unter Ziffer 3.9.2 die Auferlegung weiterer Transparenzpflichten als nicht erforderlich im Wesentlichen mit der Erwägung abgelehnt, dass das gegenwärtige Standardangebot der Betroffenen zu Kollokation und Teilnehmeranschlussleitung den ersatzlosen Abbau von Hauptverteiler nicht vorsehe. Die Nachfrager seien hierdurch ausreichend geschützt, da erst in einem neuen Standardangebotsverfahren zu klären wäre, in welcher Weise ein Migrationspfad für die Wettbewerber auszugestalten sei. Mit Blick auf die Diskussion über die Umgestaltung der Anschlussnetze und der im Zuge dessen möglichen Aufgabe von Hauptverteilern durch die Betroffene werde die Beschlusskammer die Laufzeit des Standardangebots für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung einschließlich des gemeinsamen Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung und der Kollokation begrenzen. Damit bestehe dann für die Betroffene in absehbare Zeit die Möglichkeit, Regeln zum Abbau ihrer Hauptverteiler vorzuschlagen, wenn sie den Abbau für erforderlich halte, und für die Beschlusskammer die Möglichkeit, solche Regeln zu prüfen bzw. in das Standardangebot aufzunehmen. Für eine Regelung zu den Auswirkungen der Umgestaltung des Netzes der Betroffenen im Zuge der Migration zu einem New Generation Network (NGN) bestehe gegenwärtig auch noch keine ausreichende Entscheidungsgrundlage. Angesichts der Tatsache, dass die Betroffene selbst noch kein ausreichend konkretes Umstellungskonzept besitze, sehe sich die Beschlusskammer nicht in der Lage, jetzt schon Vorgaben für einen Migrationspfad zu machen, um nicht die technischen und betriebswirtschaftlichen Entscheidungen der Betroffenen unangemessen zu behindern. Eine solche Anordnung könnte etwa verlängerte Kündigungsfristen oder eine Transparenzverpflichtung hinsichtlich des Auflösungszeitplans der einzelnen Hauptverteiler beinhalten.
Diesen Gedanken des derzeit ausreichenden Schutzes der Wettbewerber vor einem Abbau der Hauptverteiler durch die Betroffene bezieht die Beschlusskammer durch die Bezugnahme auf diese Ausführungen auch auf den von der Klägerin geforderten "Bestandsschutz". Dies ist rechtlich nicht als beurteilungsfehlerhaft zu beanstanden. Denn die Beklagte hat erwogen, ob der Betroffenen vor dem Hintergrund eines möglichen Abbaus von Hauptverteilern weitere Verpflichtungen aufzuerlegen sind, um die Wettbewerber und deren Investitionen zu schützen. Dies hat sie jedoch zum einen deshalb abgelehnt, da sich ein Abbau von Hauptverteilern zum Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Regulierungsverfügung - Juni 2007 - noch nicht abzeichnete. Zum anderen ist sie der Ansicht, dass die Wettbewerber durch die Regelungen über das Standardangebotsverfahren (§ 23 TKG) selbst im Falle, dass tatsächlich Hauptverteiler abgebaut werden sollen, ausreichend geschützt sind. Dass die Beklagte hier von falschen Tatsachen ausgegangen ist bzw. solche nicht ausreichend ermittelt hat, wie die Klägerin einwendet, ist nicht erkennbar. Denn zum einen war ein relevanter Abbau von Hauptverteilern im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Regulierungsverfügung nicht konkret absehbar und hat im Übrigen bis heute nicht stattgefunden. Selbst die neue Regulierungsverfügung für den hier maßgeblichen Markt 11 vom 21. März 2011 - BK 3g-09/085 - geht nach wie vor davon aus, dass sich diese Problematik auch noch nicht in dem von ihr erfassten Zeitraum stellen wird. Auch den Stellungnahmen der Wettbewerber zum Entwurf der hier streitgegenständlichen Regulierungsverfügung vom 27. Juni 2007 waren keine greifbaren Tatsachen dafür zu entnehmen, dass der von der Klägerin behauptete Hauptverteilerabbau durch die Betroffene unmittelbar bzw. während der voraussichtlichen Geltungsdauer der Regulierungsverfügung - diese ist grundsätzlich gemäß § 14 Abs. 2 TKG im Abstand von zwei Jahren zu überprüfen - bevorstehen könnte. Wenn sich in den Stellungnahmen überhaupt Ausführungen zu dieser Problematik befanden, so blieben diese vage und beruhten nicht auf nachprüfbaren Tatsachen,
vgl. Mitteilung der BNetzA Nr. 364/2007 - BK 1-06/003, ABl. BNetzA 10/2007, S. 2092 ff. und Mitteilung Nr. 366/2007 - BK 4a-07/002/R, ABl. BNetzA 10/2007, S. 2182 ff..
Zwar behauptet die Klägerin unter Hinweis auf die Rede des Herrn S. P. anlässlich der Hauptversammlung Deutsche Telekom AG am 03. Mai 2007 in Köln (Sprechzettel als Anlage K 9 zur Klagebegründung vom 26. Juli 2007), dass ein weitgehender Abbau von Hauptverteilern schon zum Zeitpunkt des Erlasses der Regulierungsverfügung im Raum gestanden habe. Dies lässt sich dem Redetext in ausreichend konkreter Form aber nicht entnehmen und hat sich - wie ausgeführt - bis heute nicht bestätigt.
Darüber hinaus sind auch die Ausführungen der Beklagten zum Schutz der Wettbewerber durch das derzeit geltende Standardangebot und die Möglichkeit einer Abänderung nur durch ihre, der Beklagten, Mitwirkung ermessensfehlerfrei und interessengerecht. Es ist nicht fehlerhaft anzunehmen, dass die Klägerin derzeit dadurch hinreichend geschützt ist, dass das gegenwärtige Standardangebot der Betroffenen den ersatzlosen Abbau von Hauptverteilern nicht vorsieht. Erst wenn die Betroffene Regelungen hierzu im Standardangebot aufnehmen möchte, wäre im Rahmen eines Standardangebotsverfahrens eine entsprechende Prüfung erforderlich. Die Klägerin verkennt bei ihren Ausführungen in ihrer Klagebegründung, dass die von der Beklagten hierzu angestellten Erwägungen dem Schutz der Wettbewerber dienen und gerade nicht die Feststellung enthalten, dass im Falle, dass sich die Betroffene tatsächlich für den Abbau eines Hauptverteilers entschließt, dies von der Beklagten bedingungslos hingenommen und nur noch über einen möglichen Migrationspfad diskutiert werde. Außerdem waren, worauf die Beklagte hinweist, nicht nur die Belange der Wettbewerber zu berücksichtigen, sondern auch der Umstand, dass bei der Auferlegung von Bestandsschutzgarantien die Gefahr bestanden hätte, die technischen und betriebswirtschaftlichen Entscheidungen der Betroffenen unangemessen zu behindern.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 2, 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen, § 135 VwGO i.V.m. § 137 Abs. 3 Satz 1 TKG.
VG Köln:
Urteil v. 13.04.2011
Az: 21 K 3062/07
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