Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 20. Oktober 2000
Aktenzeichen: 6 U 101/00

(OLG Köln: Urteil v. 20.10.2000, Az.: 6 U 101/00)

Tenor

1.) Die Berufung der Beklagten gegen das am 23.3.2000 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn - 14 O 4/00 - wird zurückgewiesen.2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.4.) Die Beschwer der Beklagten wird auf 50.000 DM festgesetzt.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin ist zunächst trotz der Änderung des § 13 Abs.2 Ziff.3 UWG, die auf Grund des "Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro" vom 27.6.2000 (BGBl.I 897) mit Wirkung zum 30.6.2000 in Kraft getreten ist, prozessführungsbefugt. Das gilt ungeachtet der Frage, ob die Klägerin auch die Voraussetzungen der Neufassung der Vorschrift erfüllt und insbesondere bereits in das dort näher bezeichnete Verzeichnis oder in die Liste gem. § 22 a AGBG n.F. eingetragen ist. Denn selbst wenn das noch nicht der Fall sein sollte, besteht ihre Prozessführungsbefugnis gem. § 28 Abs.5 S.1 AGBG n.F. fort. Nach dieser Vorschrift steht die Prozessführungsbefugnis nämlich auch solchen Verbraucherverbänden zu, die zwar noch nicht in die erwähnte Liste gem. § 22 a AGBG n.F. eingetragen sind, deren Eintragungsantrag aber zu entsprechen wäre. Das ist indes bei der Klägerin der Fall, weil gem. § 22 a Abs.2 S.2 AGBG n.F. unwiderleglich vermutet wird, dass u.a. Verbraucherzentralen die Eintragungsvoraussetzungen erfüllen.

Die Klage ist - aus § 1 UWG - auch begründet, weil die beanstandete "100 %-Geldzurück-Garantie" den Anforderungen des § 7 Abs.2 VerbrKrG an die Widerrufsbelehrung nicht genügt und geeignet ist, den Verbraucher von der Wahrnehmung seiner Rechte abzuhalten.

Die Rechtslage ist nach dem Verbraucherkreditgesetz alter Fassung zu beurteilen. Das Verbraucherkreditgesetz ist zwar ebenfalls durch das oben erwähnte Gesetz vom 27.7.2000 geändert worden, diese Änderung ist aber gem. dessen Art.12 erst am 1. 10.2000 und damit nach Schluss der mündlichen Verhandlung in Kraft getreten. Im übrigen wäre das Verbot aber auch aufrechtzuerhalten, wenn bereits die Neufassung des Gesetzes zur Anwendung käme.

Das aufgrund des angegriffenen Formulars zustande kommende Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihren Mitgliedern unterfällt den in dessen § 2 S.1 Ziff.2 aufgeführten Bestimmungen des VerbrKrG a.F., weil der Vertrag die regelmäßige Belieferung der Kunden mit gleichartigen Sachen, nämlich den beworbenen Club-Mitteilungen bzw. "Communiqués", zum Gegenstand hat. Die Kunden der Beklagten haben ein gem. § 18 S.1 VerbrKrG nicht zu ihren Lasten abdingbares Recht, ihre auf den Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung zu widerrufen.

Auf dieses Widerrufsrecht hat die Beklagte auf Grund der Vorschrift des § 7 Abs.2 S.2 VerbrKrG ihre zukünftigen Vertragspartner hinzuweisen. Ob das durch die Formulierung

"Wenn sie nicht vollständig mit den Communiqués und den vielen Sonderleistungen zufrieden sind, können Sie jederzeit kündigen und erhalten ihr Geld zurück - 100 % innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt ihres ersten regulären Communiqués, eine anteilige Rückerstattung zu jedem Zeitpunkt danach."

in hinreichender Weise geschieht, ist aus den nachfolgenden Gründen zweifelhaft, kann aber letztlich offen bleiben. Der dem VerbrKrG unterfallende Vertrag ist zunächst nicht vollwirksam und wird dies erst dann, wenn die Widerrufsfrist abgelaufen ist, ohne dass der Kunde sein Widerrufsrecht ausgeübt hat (vgl. zur Dogmatik Bülow, Verbraucherkreditgesetz, § 7 RZ 14 ff). Demgegenüber liegt dem Vertragsformular zugrunde, dass der Vertrag sofort wirksam werde und der Kunde ihn lediglich für die Zukunft jederzeit beenden könne. Darin liegt ein rechtlicher Unterschied, dessen auch praktische Konsequenz sich daran offenbart, dass die Beklagte - wie aus der Rückzahlungszusage deutlich wird - sich folgerichtig für berechtigt ansieht, schon vor Ablauf der Frist das Geld von dem Konto des Kunden abzubuchen.

Der Senat kann dahinstehen lassen, ob das ausgelobte Kündigungsrecht mit der Zusage, in der Frist von 30 Tagen 100 % des gezahlten Geldes zurückzuerhalten, trotz der vorstehend dargestellten Unterschiede als einem Widerrufsrecht gleichwertig anzusehen sein könnte. Denn die Belehrung ist unabhängig davon schon deswegen unzureichend, weil es an einer vom Gesetz im § 7 Abs.2 S.2 a.E. VerbrKrG ausdrücklich vorgesehenen Angabe auch des Namens und der Anschrift des Widerrufsempfängers, hier also der Beklagten, fehlt.

Überdies fehlt auch die Belehrung darüber, dass - wie dies § 7 Abs.2 S.1 VerbrKrG vorsieht und worüber gem. § 7 Abs.2 S.2 VerbrKrG ebenfalls belehrt werden muss - die rechtzeitige Absendung des Widerrufs zur Rechtswahrung genügt. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann der Umstand, dass die von ihr eingeräumte Frist nicht nur eine Woche, sondern (zum Erhalt des Anspruches auf volle Erstattung aller gezahlten Beträge) 30 Tage beträgt, diese Belehrung nicht ersetzen. Denn der Verbraucher wird annehmen, dass der Zugang maßgeblich sei, und befürchten, das - tatsächlich nicht bestehende - Risiko einer Annahmeverweigerung durch die Beklagte eingehen zu müssen, und dieses scheinbare Risiko besteht innerhalb von 30 Tagen nicht nennenswert weniger als innerhalb einer Woche.

Es werden auch, wie dies § 13 Abs.2 Ziff.3 UWG alter und neuer Fassung für Fälle wie den vorliegenden, in denen eine Verletzung des § 1 UWG in Rede steht, voraussetzt, wesentliche Belange der Verbraucher berührt. Dies ergibt sich ohne weiteres aus dem Umstand, dass ein zentrales Anliegen des Verbraucherschutzes, nämlich die Vermeidung der Ausnutzung der rechtlichen Unerfahrenheit von Verbrauchern, in einem Fall von nicht geringer Bedeutung tangiert ist.

Der Gesetzesverstoß ist auch nicht etwa mit Blick auf die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung unmittelbar bevorstehende Änderung des Verbraucherkreditgesetzes im Sinne des § 13 Abs.2 Ziff.3 UWG als nicht wesentlich anzusehen. Denn das beanstandete Antwortformular steht auch mit dem neuen Recht nicht in Einklang. Auch § 7 Abs.1 S.1 VerbrKrG n.F. i.V.m. § 361 a Abs.1 BGB verlangt nämlich die Angabe des Namens und der Anschrift des Widerrufsempfängers in der Belehrung sowie den Hinweis, dass die bloße Absendung des Widerrufes innerhalb der Frist genüge.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 713 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festgesetzte Beschwer der Beklagten entspricht dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 50.000 DM.






OLG Köln:
Urteil v. 20.10.2000
Az: 6 U 101/00


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