Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Januar 2005
Aktenzeichen: 30 W (pat) 197/03
(BPatG: Beschluss v. 10.01.2005, Az.: 30 W (pat) 197/03)
Tenor
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Wortmarke PreConnectua nunmehr noch nach Einschränkung des Warenverzeichnisses für die Waren
"vorkonfektionierte Lichtleiterkabel sowie Kabelstecker, -kupplungen, -steckdosen, -verteilgehäuse, -schutzgehäuse, -spleissmodule, -schächte, -halterungen hierfür".
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung auf der Grundlage des ursprünglichen Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses teilweise wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Bezeichnung "PreConnect" sei wörtlich mit "vorverbinden" zu übersetzen, erhebliche Teile des Verkehrs würden die Marke daher in Verbindung mit den beanspruchten Waren dahingehend verstehen, dass die verschiedenen Kabel- bzw sonstigen Waren vorverbunden seien, dh, beispielsweise mit einem Stecker ausgestattet seien bzw selbst eine solche Verbindung darstellten. Die verwendete Verbform stehe nicht entgegen, da der Verkehr eine grammatikalisch korrekte Übersetzung nicht vornehmen werde, der Begriff "Connect" sei auf dem vorliegenden Warengebiet bereits in den Sprachgebrauch eingegangen wie die Bezeichnungen "Direct Connect Kabel", "Cross Connect-Kabel" zeigten. Einen Mehrdeutigkeit liege nicht vor, da eine Übersetzung als Imperativform oder ein zeitliches oder örtliches Verständnis von "Pre" nicht im Vordergrund stehe.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Der Bestandteil "Connect" sei im Sinne einer Abkürzung von "Connection" zu übersetzen, die Marke vermittle dann den Begriff Vorverbindungskabel bzw Kabel für eine Vorverbindung, nicht aber vorverbundenes Kabel. Diesen Begriffen könne aber keine beschreibende Bedeutung entnommen werden, da nicht klar sei, was mit Kabeln vorverbunden sein könne.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 5. Mai 2003 insoweit aufzuheben, als die Anmeldung teilweise zurückgewiesen wurde.
Ergänzend wird auf das schriftsätzliche Vorbringen, den Inhalt des patentamtlichen Beschlusses und die der Anmelderin übermittelten Ergebnisse einer Internetrecherche Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg.
Die angemeldete Marke ist für die beanspruchten Waren nach den Vorschriften des Markengesetzes von der Eintragung ausgeschlossen, da sie eine beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG ist.
Nach § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können.
Auch Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmißverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt, wobei auch bei der Kombination fremdsprachiger Wörter die Verständnisfähigkeit des inländischen Publikums nicht zu gering veranschlagt werden darf (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 8 Rdn 380).
Insbesondere hat eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, es sei denn, daß ein merklicher Unterschied zwischen dem Wort und der bloßen Summe seiner Bestandteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher beschreibenden Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die ausschließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht (EuGH GRUR Int 2004, 410, 413 - BIOMILD; EuGH GRUR Int 2004, 500, 507 - KPN-Postkantoor). Auf die Frage der Mehrdeutigkeit der Wortzusammensetzung kommt es bei § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG grundsätzlich nicht an. Es ist zudem nicht erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufgeführten oder für Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck "dienen können". Ein Wortzeichen ist demnach von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet. Dabei spielt es keine Rolle, ob es Synonyme oder gebräuchlichere Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung dieser Merkmale gibt, da es nicht erforderlich ist, dass diese Zeichen oder Angaben die ausschließliche Bezeichnungsweise der fraglichen Merkmale sind (vgl EuGH aaO S 410, 412 - BIOMILD; EuGH aaO S 500, 507 - Postkantoor).
Die angemeldete Bezeichnung setzt sich aus den beiden Bestandteilen "Pre" und "Connect" zusammen, die durch die Binnengroßschreibung des Bestandteils "Connect" als solche deutlich erkennbar sind.
Die englische Vorsilbe "Pre" für "vor" besitzt in Zusammensetzungen die Bedeutung von "(zeitlich) vor(her); früher als" und "(räumlich) vor, davor" (vgl Langenscheidt Wörterbuch Englisch).
Im Englischen gibt es im technischen Bereich zahlreiche Zusammensetzungen mit dem Präfix "vor" und einem nachfolgenden Verb, um eine zeitlich vorgeschaltete Tätigkeit zu bezeichnen, wie zB "prefabricate" für "vorfertigen", "preadjust" für "vorausstellen", "preangle" für "vorwinkeln" ebenso wie in Kombination mit einem nachfolgenden Adjektiv wie "preassembled" für "vormontiert", "precut" für "vorgestanzt", "predrilled" für "vorgebohrt", "prefinished" für "einbaufertig", "preworked" für "vorbearbeitet" (vgl LEO Online-Wörterbuch Englisch der TU-München).
Der weitere Bestandteil der angemeldeten Marke - das englische Wort "Connect" - bedeutet als Verb "anschließen, koppeln, schalten, verbinden, verknüpfen, verkoppeln (zuschalten)" und wird in Zusammensetzungen im technischen Bereich in dieser Form auch in der Bedeutung als Substantiv verwendet wie in den Begriffen "cross connect" für "Cross Connector, automatischer Schaltverteiler, Kanalgruppenumsetzer, Rangierverteiler" sowie bei "screw connect" für "Verschraubung" sowie "direct connect to police" für "Polizeinotruf" (vgl Leo Online-Wörterbuch). Vergleichbare Zusammensetzungen mit einer Verbform in der Bedeutung eines Substantives gibt es auch mit dem Präfix "Pre" wie zB in den Kombinationen "pre- press" für "Druckvorstufe" sowie "preselect" für "Vorwahl". In Kenntnis dieser möglichen Kombinationen aus den genannten Bestandteilen wird der Verkehr den Begriff "PreConnect" daher problemlos auch als Substantivform verstehen.
Die angemeldete Bezeichnung bedeutet daher in wörtlicher Übersetzung "Vorverbindung, Voranschluß; vorverbinden, voranschließen; Vorverbinde, Voranschließe".
Die Kombination "PreConnect" ist zwar lexikalisch nicht nachweisbar, angesichts der Fülle möglicher Wortkombinationen mit einem ohne weiteres erkennbaren und sinnvollen Bedeutungsgehalt kommt diesem Umstand für sich allein bezüglich der Schutzfähigkeit jedoch wenig Bedeutung zu. Ebenso wie die oben genannten im technischen Bereich üblichen Zusammensetzungen unter Verwendung des Präfixes "Pre" ist auch die angemeldete Bezeichnung "PreConnect" eine sprachübliche und naheliegende Wortverbindung.
Der Begriff "PreConnect" im Sinne von "Vorverbindung, Voranschluß" wird bereits in unterschiedlichem Zusammenhang benutzt wie die der Anmelderin übermittelten Verwendungsbeispiele zeigen.
Zum einen wird der Begriff im Zusammenhang mit Linux-Anwendungen verwendet. So bietet das Linux-Programm "Fetchmail" eine Option "PreConnect" an, mit der das Programm ein Kommando ausführt, bevor die eigentliche Verbindung zum Server aufgebaut wird, so wird zB bei E-Mail-Abfragen ein externes Programm zum Filtern von Spam-Mails aufgerufen, bevor die E-Mails heruntergeladen werden (vgl Linux User - Das Magazin für die Praxis unter http://www.linuxuser.de/ausgabe/2001/09/087-fetchmail/fetchmail.html).
Zum anderen wird der Begriff verwendet im Zusammenhang mit der Anwendung von Defibrillatoren mit einer sogenannten Preconnect-Funktion, die Arbeitsschritte reduzieren soll, wenn es schnell gehen muß (vgl http://www.zollmedical.de/DesktopDefault.aspx€tabid=3346&ItemId=21). Es soll eine schnelle und fehlerfreie Anwendung sichergestellt werden dadurch, dass nur noch die Verpackung zu öffnen ist, die Elektroden zu entnehmen und zu plazieren sind (vgl http://www.anandic.com/docs/vollbreite.asp€id=28419&sp=E&m1=25162&m2=25195&m3=27827&m4=28419&m5=&domid=1053 ).
Wie aus den übrigen der Anmelderin übersandten Internetverwendungsbeispielen ersichtlich wird der Begriff des weiteren benutzt im Zusammenhang mit der Erstellung von elektronischen Graphiken und dem Entwurf von Schaltkreisen für eine Option "IC Pins vorverbinden" sowie in der Funktion "Vorschalten" im Zusammenhang mit dem Einsatz eines Transmitters in Verbindung mit einem vorgeschalteten Trimmerpotentiometer.
Die angemeldete Bezeichnung ist daher keine ungewöhnliche Neuschöpfung, sondern eine sprachübliche Aneinanderreihung bzw Zusammensetzung der für sich beschreibenden Bestandteile. Beide Bestandteile werden dabei entsprechend ihrem Sinngehalt verwendet und bilden auch in der Gesamtheit keinen neuen über die bloße Kombination hinausgehenden Begriff.
In diesem Sinne einer "Vorverbindung, eines Voranschlusses" wird die Bezeichnung auch von der Anmelderin verwendet für ein von ihr angebotenes werkskonfektioniertes Lichtwellenleiter-Verkabelungssysystem "PreConnect", das aus werkskonfektionierten LWL-Bündeladerkabeln besteht, deren Kabelenden "mit LWL-Steckverbindern auf robusten Ventilköpfen mit gestuften Peitschen konfektioniert und vermessen sind". Dabei sind zB die Peitschen "eindeutig codiert", für die "werkskonfektionierten Verteilköpfe" gibt es die für das System entwickelten PreConnect-Gehäuse mit speziellen Schnittstellen für die werkzeuglose Montage. Da die Fasern der PreConnect-Kabel in den Verteilköpfen mit den LWL-Steckverbindern konfektioniert und werksvermessen sind, müssen die Kabel nur eingezogen werden und die Verteilköpfe und LWL-Steckverbinder in den Gehäusen aufgelegt werden. Als Vorteile dieses PreConnect-Systems gegenüber der herkömmlichen LWL-Spleißverkabelung stellt die Anmelderin die niedrigen Gesamtkosten sowie die minimale Installationszeit heraus, da Spleiß- und Meßarbeiten entfallen (vgl http://www.osifiber.de/Produkte/Vorkonfektionierte_Kabel/vorkonfektionierte_kabel.html).
Gegenüber elektrischen Kabeln kann die Installation von Glasfaserkabeln, die Licht zum Senden eines Übertragungssignals durch haarfeine Fasern aus Glas oder glasähnlichem Kunststoff verwenden, schwierig und damit teuer sein. Da ggf spezielle Verbindungsstücke und Ausrichtungstechniken benötigt werden, bedarf das Verbinden von Glasfasern aufwendiger Spezialtechnik (vgl http://www.maclan.de/system.html sowie http://networkprojects.telekom.de/glossar/glasfaserkabel.htm). So bildet ein großes Problem beim Verlegen der Übergang von einem Leiterstück auf das nächste, das sogenannte Spleißen (Verbinden), da beim Spleißen die Glasfasern genau in der optischen Achse plan miteinander verschweißt werden müssen, um eine hohe Übertragungsgüte gewährleisten zu können. Hierzu sind Fachwissen und spezielles, teures Montagewerkzeug und Meßgerät erforderlich (vgl http://www.elektronikjournal.de/bilder/1204_052053_CH.pdf). Neben dem hohen Schulungsaufwand, insbesondere wegen der Besonderheiten unterschiedlicher Produkte verschiedener Hersteller sorgt auch der Umstand, daß die Komponenten verschiedener Hersteller nicht kompatibel sind und spezielle Sender und Empfänger notwendig werden, für höhere Einstiegskosten bei der Errichtung im Vergleich zu anderen Übertragungstechniken (vgl http://www.nursicherheit.de/themen/cctv.htm).
Daher wird für den Einsatz von Glasfasertechnik die Verwendung von fertigkonfektionierten LWL-Kabeln empfohlen, die der Hauselektriker selbst einziehen kann, das Spleißen (Verbinden) entfällt, da die Stecker direkt auf das Verlegekabel vormontiert sind (vgl http://www.glasfaserinfo.de/glasfaserkabel.html).
Es liegt für den Verkehr deshalb in bezug auf die beanspruchten Waren nahe, die angemeldete Marke als "Vorverbindung, vorverbunden; Voranschluß, voranschließen" zu verstehen.
Wie auch im Warenverzeichnis zum Ausdruck gebracht, das neben vorkonfektionierten Lichtleiterkabeln ua Kabelstecker und Kabelspleißmodule umfaßt, ergibt die Bezeichnung unter Bezugnahme auf die beanspruchten Waren, die zur Beschreibung geeignete Sachaussage, dass es sich nach Art, Beschaffenheit und Bestimmung um Waren handelt, die als Teile einer sogenannten "Vorverbindung, eines Voranschlusses" eingesetzt werden bzw selbst diese Vorverbindung oder diesen Voranschluß darstellen.
Dabei ist dem Fachverkehr und den angesprochenen Abnehmerkreisen gerade im beanspruchten Warenbereich der Lichtwellenleiterkabel, wo die Installation und damit der Anschluß und die Verbindung dieser Kabel sehr aufwendig ist, geläufig, dass diese Kabel als vorkonfektionierte und damit vorgefertigte bzw vorverbundene oder vorangeschlossene Kabel angeboten werden. Wie oben erläutert, entfällt durch diese Vorkonfektionierung gerade das sogenannte Spleißen - also das punktgenaue Positionieren und thermische Verschmelzen mittels Lichtbogen-Spleißgerät der Kabelenden.
Damit umfaßt die sogenannte Vorkonfektionierung der Kabel aber auch gerade einen Teil des Verbindungs- und Anschlußvorganges, so dass vorkonfektionierte Kabel damit auch vorverbundene Kabel sind, da man sie nicht mehr "spleißen" (verbinden) braucht, sondern lediglich noch einziehen muß, um sie fertig anzuschließen.
Einer beschreibenden Funktion der angemeldeten Bezeichnung steht nicht entgegen, dass als Bezeichnung für diese derartig vorbereiteten Kabel vielfach der Begriff "vorkonfektioniert" gewählt wird.
Die Angabe dieses Ausstattungsmerkmales bzw dieser Verwendungsangabe mit "PreConnect" ist eine bedeutsame Sachinformation, die unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und davon, dass andere Angaben zur Bezeichnung dieser Merkmale gebräuchlich sind, den Mitbewerbern zur Beschreibung ihrer Waren zur Verfügung stehen muß (vgl EuGH aaO - Postkantoor; Hacker/Ströbele aaO § 8 Rdn 295).
Wegen des in bezug auf die beanspruchten Waren im Vordergrund stehenden Begriffsgehalts sowohl der Einzelelemente als auch der daraus gebildeten Kombination, die über den Sinngehalt der Einzelelemente nicht hinaus geht, handelt es sich um eine deutlich und unmißverständlich beschreibende Angabe ohne jegliche begriffliche Ungenauigkeit, die zu einer konkreten beschreibenden Bezeichnung dienen kann.
Dr. Buchetmann Richter von Schwichow ist wegen Krankheit an der Unterschriftsleistung verhindert.
Dr. Buchetmann Hartlieb Hu
BPatG:
Beschluss v. 10.01.2005
Az: 30 W (pat) 197/03
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/ebd7778dcf51/BPatG_Beschluss_vom_10-Januar-2005_Az_30-W-pat-197-03