Landgericht München I:
Urteil vom 23. November 2011
Aktenzeichen: 21 O 25511/10
(LG München I: Urteil v. 23.11.2011, Az.: 21 O 25511/10)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf € 3.330.407,40 (Hauptanträge € 3.324.407,40; Hilfsantrag 1: € 1.000,00; Hilfsantrag 2: € 5.000,00) festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Nachvergütungsansprüche für Aufnahmen des Künstlers Elvis Presley. Weiter streiten sie um die Beteiligung an Sendevergütungen für solche Aufnahmen.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft nach dem Recht des US-Bundesstaates Delaware, die zur Verwertung sämtlicher Rechte, Forderungen und sonstiger Vermögensgegenstände, die auf den Musiker Elvis Presley und seine Tätigkeit als ausübender Künstler zurückgehen, gegründet wurde.
Elvis Presley, der am 16.08.1977 verstarb, setzte durch sein Testament vom 03.03.1977 (Anlage K1) seine Großmutter, seinen Vater und seine einzige Tochter, Lisa-Marie Presley, als Erben ein. Das Testament bestimmt seinen Vater, Vernon Presley, als Testamentsvollstrecker und ordnete an, dass Lisa-Marie Presleys Erbschaft in Testamentsvollstreckung bzw. Treuhandschaft bis zu ihrem 25. Geburtstag am 01.02.1993 verbleiben sollte. Elvis Presleys Vater verstarb im Jahr 1979, seine Großmutter im Jahr 1980. Elvis€ Tochter, Lisa-Marie Presley, verblieb als einzige Erbin.
Mit Auslaufen der Testamentsvollstreckung und Treuhandschaft am 01.02.1993 übertrug Lisa-Marie Presley sämtliche Rechte, Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände aus dem Nachlass von Elvis Presley auf den von ihr gegründeten "The Promenade Trust". Der Nachlass von Elvis Presley war damit auseinandergesetzt und hörte auf, als solcher zu existieren. Allein "The Promenade Trust" als Trust nach den Gesetzen des Staates Tennessee bestand fort (Anlagen K2, K3a und b, K4a und b, K5a und b). "The Promenade Trust" gründete später auch die Klägerin, von der er 85 % der Anteile an eine Firma CKx Inc. verkaufte und der er mit Vertrag vom 07.02.2005 sämtliche Rechte, Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände übertrug, die auf Elvis Presleys Tätigkeit als ausübender Künstler zurückgehen (Anlage K6a).
Die Beklagte, eine Gesellschaft nach dem Recht des US-Bundesstaats New York, ist die Nachfolgerin der RCA Records. Die RCA Records, eine Division der RCA Corporation, verwertete seit 1955 Tonträgeraufnahmen mit den Musikwerken von Elvis Presley, die ihr vertraglich eingeräumt worden waren, nachdem Elvis die Geschäftsbeziehung zu seiner früheren Plattenfirma Sun Records beendet hatte (Anlage K20).
Zwischen 1955 und seinem Tod im Jahr 1977 nahm Elvis tausende Gesangsdarbietungen auf, wobei bei den einzelnen Aufnahmeterminen häufig mehrere Versionen eines Liedes aufgenommen wurden, von denen dann eine zur Veröffentlichung ausgewählt wurde. Im genannten Zeitraum erschienen über 1.200 Aufnahmen mit Musikstücken von Elvis Presley auf einer Vielzahl verschiedener Tonträger der Beklagten (vgl. die Aufstellung gemäß Anlage K8). Als Beispiel legt die Klägerin insgesamt zehn bei der Beklagten erschienene CDs (Anlage K10 bis K19) vor.
Die vertraglichen Beziehungen zwischen Elvis Presley, seinem Manager Colonel Parker und der Rechtsvorgängerin der Beklagten in den Jahren 1955 bis 1972 beruhten auf einer Vielzahl von Einzelvereinbarungen, die die Klägerin als Anlagen K21 bis K28 vorlegt. Im Wesentlichen sahen diese Verträge Verpflichtungen zur Aufnahme einer bestimmten Anzahl von Musikwerken pro Jahr und die Veröffentlichung entsprechender Schallplatten, eine jeweils weltweit exklusive Rechtsposition der Beklagten sowie prozentuale Beteiligungen von anfangs 5 % gerechnet auf den Ladenpreis als Honorar für Elvis Presley vor, wobei in den verschiedenen einzelnen Verträgen teilweise zusätzliche Beteiligungen von 2 % und 1 % für die Zurverfügungstellung von Bildmaterial und andere Leistungen, für Sonderprojekte auch Fixbeträge pro verkaufter Schallplatte und schließlich in diversen Zusatzvereinbarungen auch an Elvis Presley zu leistende Garantiezahlungen vereinbart wurden. Den Großteil seiner Honorare hatte Elvis Presley mit seinem Manager Colonel Parker zu 50 % zu teilen, wobei dieser Beteiligungsanspruch des Colonel manchmal gegenüber Elvis Presley bestand, manchmal auch direkt gegenüber der Beklagten.
Zum 01.03.1973 ordneten Elvis Presley, Colonel Parker und RCA ihre vertraglichen Beziehungen vollkommen neu und schlossen dabei unter anderem das sogenannte Buyout Agreement vom 01.03.1973 (Anlagen K29a, K29b) sowie das sogenannte Recording Agreement (Anlagen K30a, K30b) ab. Das Buyout Agreement (Anlage K29) betraf sämtliche Aufnahmen von Elvis, die bis einschließlich 28.02.1973 von RCA eingespielt worden waren und hatte im Wesentlichen folgenden Inhalt:
RCA sollte die Elvis Presley und Colonel Parker zustehenden Vergütungen letztmalig per 28.02.1973 abrechnen. Insgesamt sollte RCA einen Betrag von 5,4 Mio. US-$ bezahlen, wobei aus einer Summe von 5 Mio. US-$ jeweils 50 % an Elvis Presley und 50 % an Colonel Parker, aus einem Betrag von 400.000,-- US-$ 75 % an Elvis und 25 % an den Colonel gehen sollten. Weitere maßgebliche Regelungen des Buyout Agreements vom 01.03.1973 (Anlage K29a) lauteten wie folgt:
"4. Effective on the date hereof, except as provided in paragraph 5 hereof, the Agreements are cancelled and terminated, and no party thereto shall have any obligation to any other party thereunder, including without limitation any obligation to pay royalties or other moneys. Without limiting the generality of the preceding sentence, Elvis Presley, Col. Thomas A. Parker, and All Star Shows, jointly and severally, for themselves, their heirs, executors, administrators, successors, and assigns, hereby release and discharge RCA Records, and its successors and assigns from all claims whatsoever arising from or relating to the Agreements or the Masters, including without limitation all claims for past or future royalties or other moneys."
"6. The Masters and all records made therefrom (and the copyright therein and in such records, together with all renewals and extensions of such copyright), and the performances embodied therein, shall continue to be the property of RCA Records, exclusively and perpetually, free of any claim for royalties or otherwise by any other party hereto and/or any person deriving any rights from any such party. RCA Records and its subsidiaries, affiliates, and licensees shall continue indefinitely to have the unlimited right to make records from the Masters by any method now or hereafter known, to publicly perform such records, and to sell, lease, license, transfer or otherwise deal in and dispose of any or all of the Masters and any or all records made therefrom throughout the world under any trademarks, trade names or labels designated by RCA. Without limiting the generality of the foregoing, RCA Records and its subsidiaries, affiliates, and licensees shall continue indefinitely to have the right to sell such records through all merchandising channels now known or hereafter developed."
Die Regelungen lauten in deutscher Übersetzung (Anlage K29b):
"4. Mit Wirkung zu dem Tage hiernach, mit der Ausnahme in Paragraph 5, werden die Vereinbarungen aufgehoben und beendet; kein Beteiligter wird gegenüber einem anderen Beteiligten Verpflichtungen haben, eingeschlossen sämtlicher Verpflichtungen zur Zahlung von Honoraren oder anderen Geldern. Unbeschadet des vorausgegangenen Satzes stellen Elvis Presley, Col. Thomas A. Parker und All Star Shows als Gesamtheit und einzeln, sowie ihre Erben, Testamentsvollstrecker, Nachlaßverwalter, Rechtsnachfolger und Bevollmächtigte hiermit die RCA Records sowie ihre Rechtsnachfolger von sämtlichen Ansprüchen aus den Vereinbarungen und in Bezug auf die Masters, einschließlich und unbeschränkt sämtlicher bestehender und künftiger Honorar- und Geldansprüche, frei."
"6. Die Masters und sämtliche von ihnen hergestellten Tonträger (und die in dieser Hinsicht und an den Tonträgern bestehenden Urheberrechte, einschließlich aller Erneuerungen und Verlängerungen der Urheberrechte) und die darauf befindlichen Darbietungen bleiben weiterhin Eigentum der RCA Records, exklusiv und unbefristet sowie frei von Honoraransprüchen der anderen Beteiligten und Personen, die von den Beteiligten Rechte ableiten. RCA Records, seine Rechtsnachfolger und Lizenznehmer haben auf unbestimmte Zeit das uneingeschränkte Recht, nach allen bekannten und später bekannt werdenden Methoden Tonträger von den Masters anzufertigen, die Tonträger öffentlich wiederzugeben, zu verkaufen, zu vermieten, zu lizensieren, zu übertragen oder anderweitig über sie zu verfügen, und die Masters sowie sämtliche von ihnen hergestellten Tonträger unter jeder von RCA bestimmten Marke, jedem Namen oder jeder Bezeichnung zu veräußern. Ohne das Vorstehende einzuschränken, sind die RCA Records sowie ihre Rechtsnachfolger auf unbestimmte Zeit berechtigt, derartige Tonträger in jeder bekannten und künftig bekannt werdenden Art zu vermarkten."
Das gleichzeitig hiermit geschlossene Recording Agreement vom 01.03.1973 (Anlage K30) betraf die ab diesem Datum einzuspielenden künftigen Aufnahmen von Elvis. Das Agreement hatte eine Vertragslaufzeit von sieben Jahren und enthielt eine Exklusivitätsvereinbarung zwischen RCA und Elvis als ausübendem Künstler. Pro Jahr sollten zwei Alben bestehend aus einer Langspielplatte sowie weitere vier Singles eingespielt werden. Als Vergütungssatz wurde vereinbart, dass auf der Basis von 100 % verkaufter Langspielplatten und Singles RCA an Elvis für die Verkäufe in den USA 10 US-Cent pro verkaufter Single, 50 US-Cent pro verkaufter Langspielplatte und 1,00 US-$ pro verkauftem Doppelalbum bezahlen sollte, wobei geringere Sätze für Budget-Label-Langspielplatten von 0,20 US-$ und für Doppelalben von 0,40 US-$ vereinbart wurden. Für Verkäufe im Ausland sollte eine Beteiligung von 9 % des Ladenpreises, für das Budget-Label von 10 US-Cent pro Langspielplatte und von 20 US-Cent für Musikkassetten sowie von 40 US-Cent für Doppelalben gelten.
RCA garantierte Elvis eine Mindestvergütung von 500.000,-- US-$ pro Vertragsjahr, die mit den vereinbarten Vergütungssätzen verrechenbar waren. Das Recording Agreement enthielt weiter die Anweisung von Elvis Presley an RCA, 50 % der vereinbarten Beträge an ihn und die übrigen 50 % an Colonel Parker auszuzahlen.
Nachdem Elvis im Jahr 1977 verstorben war, kam es zwischen den Parteien und Colonel Parker zu einem Streit über die Angemessenheit der Vergütungssätze im Recording Agreement sowie über die Beteiligung des Colonel. Zur Belegung dieses Streits schlossen die Parteien am 16.06.1983 ein sogenanntes Amendment-Agreement (Anlagen K32a und b). Im Amendment-Agreement wurde unter anderem vereinbart, dass Colonel Parker aus der vertraglichen Beziehung der Parteien ausschied und damit auch nicht länger beteiligt wurde. Weiter erfolgte eine Anhebung der Vergütungssätze sowohl für Verkäufe in den USA als auch im Ausland. Der Vergütungssatz für Verkäufe im Ausland wurde auf 12 % am empfohlenen Ladenpreis für Langspielplatten und 10% am empfohlenen Ladenpreis für Singles angehoben. Für Verkäufe über Buchclubs und Vergleichbares sollte jeweils der halbe Satz gelten. Des Weiteren sollte RCA 50 % alle Beträge, die RCA in den Vereinigten Staaten für die Sendung von Tonträgeraufnahmen von Elvis außerhalb der Vereinigten Staaten erhalten würde, an die Klägerin bezahlen. Das Buyout Agreement wurde ausdrücklich aufrecht erhalten und die das Ausland betreffenden neuen Vergütungssätze sollten ab 01.10.1982 gelten. Die maßgeblichen Passagen des Amendment-Agreements lauten wie folgt (Anlage K32a):
"5. (j) (ii) RCA shall accrue to Estate€s account hereunder, as an additional royalty, sums equal to fifty percent (50%) of all amounts received by RCA in the United States which are attributable to the public performance outside the United States of records embodying master recordings subject to the 1973 Recording Agreement."
In deutscher Übersetzung:
"5. (j) (ii) RCA schreibt der Estate als zusätzliches Honorar Fünfzig Prozent (50%) sämtlicher Beträge gut, die RCA in den Vereinigten Staaten erhalten hat und den Tonträgern, die außerhalb der Vereinigten Staaten öffentlich wiedergegeben wurden und Master Records im Sinne des Record Agreement 1973 beinhalten, zuzuordnen sind."
Ziffer 19 und Anlage C des Amendment-Agreements enthalten weiter folgende Regelung:
"We, (€), do hereby for ourselves, our predecessors, successors, successors and assigns, and for the said Lisa Marie Presley, jointly and severally, fully and forever compromise, release, remise, and discharge the Releasees (meaning: RCA Corporation, a Delaware corporation, and all of its predecessors, successors, assigns, and all affiliated, parent and subsidiary corporations (€)) of and from any and all actions, causes of action, suits, claims, demands, controversies, damages, debts, dues, accounts, bonds, covenants, and judgments whatsoever, in law, in equity or otherwise, whether known or unknown, suspected or unsuspected, anticipated or unanticipated, which against the said Releasees or any of them exist, have existed, or may have existed, or hereafter can, shall, or may exist, for or by reason of any cause, matter, or thing whatsoever, from the beginning of the world to the date of these presents; (€)"
In deutscher Übersetzung:
"Wir gleichen hiermit befreiend aus und stellen frei für uns selbst, unsere Rechtsvorgänger, unsere Rechtsnachfolger und Zessionare, und für besagte Lisa Marie Presley, gemeinsam und jeweils einzeln, vollständig und für immer und befreien die Vertragspartner (das heißt: RCA Corporation, eine Delaware corporation, und alle ihrer Rechtsvorgänger, Rechtsnachfolger, Zessionare, und alle verbundenen Mutter- und Tochterunternehmen (€)) von allen Prozessen, Klagegründen, Klagen, Ansprüchen, Forderungen, Streitigkeiten, Schäden, Schulden, Fälligkeiten, Abrechnungen, Anleihen, Rechnungen, Versprechen und Urteilen wie auch immer, nach Recht oder Billigkeit oder aus sonstigen Gründen, gleich ob bekannt oder unbekannt, vermutet oder nicht vermutet, erwartet oder unerwartet, die gegen die genannten oder sonstigen Verzichtsempfänger bestehen, bestanden haben oder zukünftig bestehen können, sollen oder mögen, wegen jedweder Gründe, Gegenstände oder welcher Dinge auch immer seit Beginn der Weltgeschichte bis zum Datum dieser Urkunden, (€)"
Da die Vertragsbeziehung zwischen den Parteien auch in der Folgezeit nicht spannungsfrei blieb und es zu Uneinigkeiten hinsichtlich mehrerer Buchprüfungen kam, schlossen die Parteien am 01.04.2002 ein weiteres sogenanntes Audit Settlement Agreement (Anlage K33a und K33b). Das Audit Settlement Agreement betraf Buchprüfungen, die die Klägerin bei der Beklagten wegen der Abrechnungen auf der Basis des Amendment Agreements zu erstellen hatte. Im Audit Settlement Agreement hoben die Parteien die Vergütungssätze für Verkäufe von Tonträgern im Ausland, die unter das Recording Agreement von 1973 fielen und bereits durch das Amendment Agreement auf 12 % des empfohlenen Ladenpreises verändert worden waren, nochmals auf 13 % an.
Im Audit Settlement Agreement (Anlage 33a) findet sich in Anlage A folgende Regelung:
"The undersigned, The Estate of Elvis Presley, as RELEASOR, in consideration of the sum of Three Hundred Forty-One Thousand Dollars ($ 341,000) in hand and other good and valuable consideration paid to you by The RCA Records Label, A Unit of BMG, as RELEASEE (€) releases and discharges the RELEASEE and its successors (€) from all actions, causes of action, suits, debts, dues, sums of money, accounts, reckonings, bonds, bills, specialities, covenants, contracts, controversies, agreements, promises, variances, trespasses, damages, judgments, extents, executions, claims and demands whatsoever, which against RELEASEE, the undersigned or its heirs, executors, administrators, successors or assigns ever had, now have or hereafter can, shall or may have arising out of payments, royalties or royalty accountings from the beginning of the world up to and through the statement rendered for the accounting period ended February 28, 1997 (€)€.
Deutsche Übersetzung:
"Der Unterzeichner, The Estate of Elvis Presley, als Quittungsgeber, gibt frei und entlässt den Quittungsempfänger und seine Rechtsnachfolger als Gegenleistung für die Barsumme von US-$ 341.000,- und andere gute und werthaltige Gegenleistungen, die Ihnen von The RCA Records Label, einem Teil von BMG, als Quittungsempfänger (€) gezahlt wurde, deren Empfang und Hinlänglichkeit hiermit bestätigt wird, (€) aus allen Prozessen, Klagegründen, Klagen, Schulden, Fälligkeiten, Geldsummen, Abrechnungen, Rechnungen, Anleihen, Wechseln, Spezialwerten, Versprechen, Schäden, Urteilen, Ausdehnungen, Vollstreckungen, Ansprüchen und Forderungen wie auch immer, die der Unterzeichner oder seine Erben, Testamentsvollstrecker, Verwalter, Rechtsnachfolger und Zessionare gegen den Quittungsempfänger haben können, sollen oder mögen wegen Zahlungen, Vergütungen oder Vergütungsabrechnungen seit Beginn der Weltgeschichte bis zur Abrechnung, die für den am 28.2.1997 endenden Abrechnungszeitraum erstellt wurde (€)".
In Ziffer 6 (f) bestätigt der Estate Folgendes:
"In connection with the Release, the Estate acknowledges that the Estate is aware that it may hereafter discover claims or facts in addition to or different from those which the Estate now knows or believes to be true with respect to the matters related herein and the Estate expressly accepts and assumes the risk of such possible additions to or differences from those claims or facts now known or believed to be true, but that it is the Estate`s intention hereby to fully, finally and forever settle and release all such matters, and all claims relative thereto, which do now exist, may exist, or heretofore have existed between the Estate, on the one hand, and RCA, on the other hand. In furtherance of such intention, the releases herein given shall be and remain in effect as full and complete releases of all such matters notwithstanding the discovery or existence of any such additional claims and facts.€
Deutsche Übersetzung:
"Im Zusammenhang mit der Geltendmachung bestätigt der Estate, dass dem Estate bewusst ist, dass er hiernach Ansprüche oder Tatsachen entdecken könnte, die über das hinausgehen oder sich von dem unterscheiden, was der Estate bisher kannte oder für wahr gehalten hat in Bezug auf die Angelegenheiten, um die es hierin geht, und der Estate akzeptiert und übernimmt ausdrücklich das Risiko solcher möglichen Erweiterungen und Abweichungen gegenüber der Anspruchs- und Tatsachenlage, wie sie jetzt bekannt ist oder für wahr gehalten wird, weil es die Absicht des Estates ist, hiermit vollständig und ein für allemal alle derartigen Angelegenheiten und alle damit zusammenhängenden Ansprüche, wie sie zwischen dem Estate einerseits und RCA andererseits gegenwärtig bestehen, bestehen könnten oder vordem bestanden haben, zu vergleichen und freizugeben. In Verfolgung dieser Absicht sollen die hierin erteilten Freigaben vollkommene und vollständige Freigaben aller solcher Angelegenheiten sein und als solche vollständig wirksam bleiben unbeschadet des Bestehens oder der Entdeckung irgendwelcher derartigen zusätzlichen Ansprüche oder Tatsachen."
Ziffer 10 enthält folgende Bestimmung (in deutscher Übersetzung):
"(€) Die Gültigkeit, Auslegung und Wirkung dieser Vereinbarung und jeglicher Erweiterungen und/oder Änderungen derselben sind dem Recht des Staates New York unterworfen. Die Gerichte von New York (einzel- und bundesstaatliche) sind ausschließlich zuständig für jegliche diese Vereinbarung betreffenden Streitigkeiten; jede Klage oder jede andere Verfahrensart, die eine solche Streitigkeit einschließen, sind vor diesen Gerichten im New York County und nirgendwo sonst anhängig zu machen."
In der Zeit zwischen dem 28.03.2002 und dem 31.03.2008 wurden aus den in der folgenden Tabelle ersichtlichen Umsatzerlösen von der Beklagten oder konzernverbundenen Unternehmen an die Klägerin die aus der rechten Spalte ersichtlichen Erlöse ausgekehrt. Diese Zahlen beruhen auf von der Beklagten im Vorverfahren vor dem Landgericht München I (7 O 235/05, Urteil gemäß Anlage K50) und dem OLG München (Az. 6 U 3556/08, Urteil gemäß Anlage K51) erteilten Auskünften.
ZeitraumUmsatzerlöse in EURvon Tochtergesellschaften der Beklagten oder anderen konzernangehörigen Unternehmen an die Klägerin ausgekehrten Erlöse "net to owner" in US-$28.03.2002 € 31.12.2004EUR 3.935.646,24US-$ 966.587,6401.01.2005 € 31.12.2005EUR 2.254.260,30US-$ 556.589,3201.01.2006 € 31.12.2006EUR 2.279.408,43US-$ 523.442,0401.01.2007 € 31.12.2007EUR 1.933.004,62US-$ 568.846,4101.01.2008 € 31.03.2008EUR 259.109,76US-$ 80.441,32Neben den Einnahmen über den Tonträgervertrieb erzielten mit der Beklagten konzernmäßig verbundene Gesellschaften für die Sendung von Tonträgeraufnahmen von der GVL, der Gesellschaft für die Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH, in Deutschland auch Sendevergütungen (Anlagen K44, K45).
Die Klägerin behauptet, die Initiative das Buyout Agreement zu schließen, sei von der Beklagten ausgegangen. Sämtliche Vertragsentwürfe und die letztlich auch abgeschlossenen Vertragstexte hätten aus der Feder der Beklagten gestammt. Sie seien von RCA vorformuliert gewesen, was man nicht nur daran erkennen könne, dass sie auf deren Briefpapier verfasst worden seien, sondern auch daran, dass sie bestimmte Standardklauseln enthielten.
Die Klägerin behauptet weiter, Sendevergütungen der GVL seien auch von der Klägerin selbst vereinnahmt worden.
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stünden Nachvergütungsansprüche für die von der Beklagten verwerteten verwandten Schutzrechte von Elvis als ausübendem Künstler sowohl unter dem Gesichtspunkt der deutschen urheberrechtlichen Fairnessregelung als auch unter dem Gesichtspunkt der Verlängerung der Schutzdauer des verwandten Schutzrechts von ausübenden Künstlern im Jahr 1990 von 25 auf 50 Jahre zu. Weiter könne sie unter den Regelungen des Amendment Agreements die Auszahlung von 50 % der von der GVL vereinnahmten Sendevergütungen verlangen.
Im Hinblick auf die Fairnessregelung sei zu berücksichtigen, dass die im Buyout Agreement vereinbarte Pauschalzahlung von US-$ 5,4 Mio., von der Elvis lediglich US-$ 2,8 Mio. erhalten habe, weder fair noch angemessen gewesen sei. Elvis sei von RCA und Colonel Parker in kollusivem Zusammenwirken über den Tisch gezogen worden. Man müsse wissen, dass Elvis in geschäftlichen Dingen relativ naiv und unerfahren gewesen sei. Auch unter der Berücksichtigung, dass ein Betrag US-$ 2,8 Mio. nach Umrechnung in heutige Werte relativ hoch sei, müsse man ihn ins Verhältnis zu dem setzen, was RCA dafür erhalten habe, nämlich die dauerhaften ausschließlichen Rechte an praktisch allen Nummer-Eins-Hits im Rahmen des gesamten Altrepertoires, das unter das Buyout Agreement gefallen sei, mindestens also 1.080 Songs, die RCA fortan ohne jegliche Vergütung habe auswerten können. Im Hinblick hierauf sei die Vergütung als lächerlich gering angesehen. Dass RCA Elvis Anfang 1973 sein gesamtes Repertoire zu einem Spottpreis habe abkaufen können, habe auch daran gelegen, dass Elvis aufgrund seines schwierigen gesundheitlichen Zustands und der Scheidung von seiner Frau Priscilla zu diesem Zeitpunkt in einer schwierigen persönlichen Situation gewesen sei.
Wenngleich für einen so erfolgreichen Künstler wie Elvis eine deutlich höhere Beteiligung von 22 bis 26 % bezogen auf den Ladenpreis eigentlich üblich sei, ergebe sich die Unangemessenheit der gezahlten Vergütung bereits dann, wenn man für die Betrachtung den Satz von 13 % berechnet auf den empfohlenen Ladenpreis auf der Basis der zwischen den Parteien im Amendment Agreement in der Fassung des Audit Settlement Agreements getroffenen Vereinbarung zugrunde lege. Für den im Zeitraum vom 28.03.2002, also dem Inkrafttreten der Fairnessregelung des § 32 a UrhG, bis zum 31.12.2007 von der Beklagten erzielten Umsatzerlös ergebe bei Zugrundelegen dieses Vergütungssatzes von 13 % ein Nachvergütungsanspruch von € 1.352.301,30. Hinsichtlich der Berechnung wird auf die Tabelle auf Seite 33 der Klageschrift (Bl. 33 d.A.) Bezug genommen.
Für den Zeitraum ab 01.04.2008 habe die Beklagte aufgrund des Vorverfahrens bislang nur unzureichende Auskünfte erteilt, so dass eine Bezifferung des Nachvergütungsanspruchs für das Jahr 2008 noch nicht möglich sei und für den Zeitraum ab 01.04.2008 weiter Auskunft begehrt werden könne. Entsprechend sei für den noch nicht geltend gemachten Zeitraum ab 01.01.2008 für die unter das Buyout Agreement fallenden Aufnahmen eine weitere angemessene Vergütung zu zahlen.
Ein auffälliges Missverhältnis im Sinne der Fairnessregelung ergebe sich auch aus der Überlegung, dass Elvis im Jahr 1973 US-$ 2,8 Mio. für etwa 1.080 Gesangsdarbietungen (Anlage K8) erhalten habe, so dass die Beklagte pro Gesangsdarbietung etwa US-$ 2.593,00 für die weltweiten Rechte bis zum Ende der Schutzfrist bezahlt habe. Lege man die im Vorprozess unstreitige Überlegung zugrunde, dass etwa 10 % der Verwertung der Aufnahmen von Elvis auf Deutschland entfallen sei, habe er pro Gesangsdarbietung insgesamt also etwa US-$ 259,30 für Deutschland erhalten. Da die Restschutzdauer für die bereits erschienenen Aufnahmen im Jahre 1973 zwischen 17 und 25 Jahre betragen habe, habe das Buyout Agreement somit für Deutschland einen jährlichen Vergütungssatz von US-$ 10,37 bis US-$ 15,25 ausgemacht, was als lächerlich gering bezeichnet müsse. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die von Elvis erhaltene Vergütung in Höhe von US-$ 2,8 Mio. auf die gesamte Restschutzdauer einschließlich der im Jahr 1990 erfolgten Schutzfristverlängerung umzulegen sei und die Beträge auf einen Dollarwert von 4,05 im Jahr 2002 hochrechne, bleibe das auffällige Missverhältnis weiterhin evident, da eine angemessene Vergütung auf der Basis des Satzes von 13 % für die Jahre 2002 bis 2007 zwischen 837 % und 1474 % über dem liege, was Elvis tatsächlich durch die Pauschalzahlung erhalten habe. Gleiches gelte, wenn man den Gesamtbetrag von US-$ 5,4 Mio. zugrunde lege, ohne den Colonel Parker zustehenden Anteil abzuziehen, da sich dann immer noch eine Differenz zwischen 434 % und 758 % ergebe. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Seiten 48 bis 51 der Klageschrift vom 29.12.2010 (Bl. 48/51 d.A.) Bezug genommen.
Der Klägerin stehe ein Nachvergütungsanspruch auch unter dem Gesichtspunkt der Schutzfristverlängerung von 25 auf 50 Jahre durch das Gesetz zur Bekämpfung der Produktpiraterie im Jahr 1990 entsprechend der ins Urheberrecht aufgenommenen Vorschrift der §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG zu. Es sei anzunehmen, dass Elvis Presley in Deutschland für die Verwertung der dem Buyout Agreement unterfallenden Aufnahmen für das 26. bis 50. Jahr ihres Schutzes eine höhere Gegenleistung erzielt haben würde, wenn im Jahr 1973 bei Abschluss des Buyout Agreements die verlängerte Schutzdauer bereits bestimmt gewesen wäre.
Insoweit sei eine objektive Betrachtungsweise anzulegen, bei der berücksichtigt werden müsse, dass die verwandten Schutzrechte von Elvis an seinen Gesangsaufnahmen für Deutschland eine ganz entscheidende Bedeutung gehabt hätten. Elvis habe zu Lebzeiten in Deutschland einen riesigen Erfolg gehabt und habe bereits bis zum Jahr 1958 50 Millionen Schallplatten dort umgesetzt, was in etwa einer gesamten Jahresproduktion in der Bundesrepublik entsprochen habe. Insoweit hätte ein vernünftiger ausübender Künstler mit einem vernünftigen Tonträgerhersteller im Jahr 1973 eine höhere Gegenleistung vereinbart, wenn bereits festgestanden hätte, dass sich die Schutzdauer auf 50 Jahre erhöhen würde. Der auf Deutschland fiktiv entfallende Anteil von 10 % auf der Basis der Annahme der Beklagten von US-$ 540.000,-- habe sich nämlich auf die Wertbasis von 25 Jahren bezogen. Wäre damals bekannt gewesen, dass die Schutzdauer tatsächlich doppelt so lang sein würde, nämlich 50 Jahre, hätte ein vernünftiger ausübender Künstler mit einem vernünftigen Tonträgerhersteller eine doppelt so hohe Vergütung für den fiktiven auf Deutschland entfallenden Anteil also einen Betrag von weiteren US-$ 540.000,-- vereinbart. Es sei kein Grund ersichtlich, warum ein Künstler von Rang und Namen wie Elvis seinem Tonträgerhersteller eine weitere 25-jährige Schutzdauer seiner verwandten Schutzrechte in Deutschland quasi hätte schenken sollen.
Auch eine subjektive Betrachtungsweise der Verhandlungspositionen im Jahr 1973 führe zu keinem anderen Ergebnis. Der verhandlungsführende Manager von Elvis Presley, Colonel Parker, sei ein äußert versierter Branchenkenner und ausgebuffter Geschäftsmann gewesen. Schließlich sei Elvis wegen der Scheidung von seiner Frau Priscilla Presley zu diesem Zeitpunkt auch daran gelegen gewesen, einen möglichst hohen Geldbetrag zu generieren. Dies belege, dass Colonel Parker und Elvis jede Gelegenheit und jedes Argument genutzt hätten, mit der Beklagten eine höhere Gegenleistung auszuhandeln. Gerade wegen des großen Erfolgs von Elvis in Deutschland und der Bedeutung seiner verwandten Schutzrechte für die Auswertung der Songs in Deutschland hätten sie eine Verdopplung der vereinbarten Pauschalsumme, soweit sie auf Deutschland entfällt, gefordert. Hierauf wäre die Beklagte sicherlich auch eingegangen, da der Deal für sie ohnehin günstig gewesen sei.
Im Hinblick auf die von der Beklagten und ihren tochter- bzw. konzernangehörigen Gesellschaften von der GVL vereinnahmten Sendevergütungen stehe der Klägerin ebenfalls ein Anspruch sowohl nach der Fairnessregelung des § 32 a UrhG und der Regelung zur Schutzfristverlängerung nach §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG, als auch ein vertraglicher Anspruch gemäß dem Amendment Agreement zu. Da die Klägerin mangels Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder einem Mitgliedstaat der EU nicht direkt von den Ausschüttungen der GVL profitieren könne, sei sie auf die Beteiligung der Beklagten angewiesen, die ihrerseits einen 50 % Anteil von der GVL vereinnahme. Hiervon stehe der Klägerin wiederum ein Anteil von 50 % der von der Beklagten und ihren tochter- bzw. konzernverbundenen Gesellschaften für die Sendung der Aufnahmen mit Elvis erhaltenen Ausschüttungen zu. Der Anspruch ergebe sich für alle Gesangsdarbietungen, die unter das Buyout Agreement fallen, aus den gesetzlichen Regelungen der § 32 a UrhG und §§ 137 c Abs. 3, §137 Abs. 3 UrhG. Im Hinblick auf die Aufnahmen, die unter das Recording Agreement fallen, greife bereits der zwischen den Parteien im Amendment Agreement vereinbarte vertragliche Anspruch direkt. Da die Beklagte nie etwas an die Klägerin ausbezahlt habe, obwohl sie kontinuierlich Einnahmen aus Sendevergütungen von der GVL in Deutschland erhalten habe, könne dieser vertragliche Anspruch zusätzlich geltend gemacht werden. Die Klägerin sei bei Abschluss des Amendment Agreements (Anlage K32) davon ausgegangen, dass die Beklagte sämtliche von ihren ausländischen Niederlassungen oder Tochtergesellschaften vereinnahmten Sendevergütungen entweder in die USA weiterleiten oder als in den USA vereinnahmt abrechnen würde. Die entsprechende vertragliche Verpflichtung ergebe sich aus Ziffer 5 (j) (ii) des Amendment Agreements (Anlage K33). Insoweit komme es nicht darauf an, wo die Beklagte die aus den Umsätzen erzielten Beträge vereinnahmt habe, da die mit dem Amendment Agreement zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung eine Beteiligung der Klägerin an den jeweiligen Verkäufen der Tonträgeraufnahmen in der ganzen Welt vorsehe. Es widerspräche Sinn und Zweck der Vereinbarung, Ziffer 5 (j) (ii) so auszulegen, als müssten die Sendevergütungen tatsächlich in den USA vereinnahmt werden, da es dann für die Beklagte ein Leichtes wäre, den zusätzlichen vertraglichen Vergütungsanspruch auf null zu reduzieren. Dies widerspreche auch dem Grundgedanken des deutschen Urheberrechts, wonach die Vergütungsansprüche grundsätzlich dem ausübenden Künstler zustünden und der Tonträgerhersteller gemäß § 86 UrhG lediglich an dessen Vergütungsanspruch beteiligt werde. Der noch weitergehende Schutz vor einer Rechtseinräumung an den Tonträgerhersteller habe durch das Vorausverzichtsverbot und den Ausschluss einer Vorausabtretung an eine Verwertungsgesellschaft nunmehr auch in § 78 Abs. 3 UrhG seinen Niederschlag gefunden.
Die geltend gemachten Ansprüche seien im Übrigen auch nicht abdingbar und insbesondere durch die vertraglichen Regelungen zwischen den Parteien auch nicht abbedungen worden. Es sei zu berücksichtigen, dass der Anspruch auf Fairnessausgleich gemäß § 32 a UrhG schon nach § 32 b UrhG zwingend Anwendung finde. Auch die übrigen Ansprüche seien von den Parteien nicht, insbesondere nicht in den Ziffern 4 und 6 des Buyout Agreements vertraglich abbedungen worden. Insoweit sei weder nach dem möglicherweise aufgrund der Rechtswahlklausel in den Verträgen anwendbaren Recht des Staates New York, noch nach deutschem AGB-Recht ein wirksamer Ausschluss dieser Ansprüche vereinbart worden.
Schon eine Auslegung von Ziffer 4 des Buyout Agreements führe nicht zu der Annahme, dass Elvis etwa keine höhere Gegenleistung erzielt haben würde, wenn die verlängerte Schutzfrist in Deutschland im Jahr 1973 bereits bestimmt gewesen wäre. Ziffer 4 könne nur solche Ansprüche auf Zahlung von Vergütungen ausgeschlossen haben, die ihre Grundlage in den vor dem Buyout Agreement geschlossenen Verträgen haben. Diese Ansprüche habe RCA Elvis mit dem Buyout Agreement gerade abgekauft, nicht jedoch solche Ansprüche, die erst später aufgrund gesetzlicher Regelung in Deutschland im Gegenzug für eine Schutzfristverlängerung entstehen würden. Die insoweit maßgeblichen Ziffer 4 des Buyout Agreements enthalte auch keine Bezugnahme auf "renewals und extensions", da sie sich lediglich auf die bisherigen Verträge zwischen RCA und Elvis bezogen habe.
Ziffer 6 des Buyout Agreements nehme zwar auf "renewals und extensions" Bezug, beziehe sich aber lediglich auf die Masterbänder und stelle nur klar, das RCA weiterhin Alleineigentümer dieser Masterbänder bleibe. Ferner werde in Ziffer 6 des Buyout Agreements auch zwischen dem Urheberrecht ("copyright") und den Gesangsdarbietungen ("performances") unterschieden. Nur im Hinblick auf das Urheberrecht erhalte die Klausel auch eine Bezugnahme auf Erneuerungen und Verlängerungen. Für die Gesangsdarbietungen fehle eine solche Bezugnahme. Deshalb folge aus Ziffer 6 auch lediglich das was auch schon in Ziffer 4 geregelt worden sei, nämlich dass Elvis in der Zukunft keine Honoraransprüche auf der Basis der alten Verträge mehr haben sollte. Hiermit sei natürlich nicht geregelt worden, dass ein 17 Jahre später in Deutschland entstehender gesetzlicher Anspruch auf Bezahlung einer angemessenen Vergütung für eine Schutzfristverlängerung erledigt sein sollte. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Seiten 61 bis 64 der Klageschrift (Bl. 61/64 d.A.) Bezug genommen.
Hinsichtlich der Ausführungen zu einer fehlenden Abdingbarkeit nach US-Vertragsrecht des Staates New York wird weiter auf die Seite 65 bis 72 der Klageschrift (Bl. 65/72 d.A.) Bezug genommen.
Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, Ziffer 4 und 6 des Buyout Agreements verstießen gegen die zwingend anwendbaren deutschen AGB-Grundsätze. Auch wenn es im Jahr 1973 noch kein AGB-Gesetz gegeben habe, seien dessen wesentliche Grundsätze bereits richterrechtlich bestimmt gewesen, wozu insbesondere auch das Verbot überraschender Klauseln gezählt habe. Da die Ziffern 4 und 6 des Buyout Agreements in einem normalen Katalog von Klauseln enthalten gewesen seien, obwohl sie eine sehr weitgehende Rechtsfolge geregelt hätten, seien sie als überraschend anzusehen, zumal sie auch wesentlich von dem Prinzip angemessenen Vergütung im Urheberrecht abwichen.
Schließlich spreche auch die gesetzliche Systematik der §§ 137 Abs. 3, 137 c Abs. 3 UrhG gegen eine Abdingbarkeit der Vergütungsansprüche nach der Verlängerung der Schutzdauer. Es werde dort ausdrücklich darauf Bezug genommen, dass die Zahlung davon abhängig sei, dass anzunehmen ist, dass der ausübende Künstler für die Übertragung oder die Erlaubnis eine höhere Gegenleistung erzielt haben würde, wenn bereits damals die verlängerte Schutzdauer bestimmt gewesen wäre. Wenn aber der tatsächliche Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung für den Verlängerungszeitraum nur bestehe, sofern die Auslegung dies ergebe, werde deutlich, dass der Gesetzgeber nicht davon ausgegangen sei, dass die Parteien schon die Anwendung dieser Auslegungsregel von vornherein ausschalten könnten. Gegen eine Abdingbarkeit spreche auch, dass der Gesetzgeber eine Abwendungsbefugnis durch ein Zurverfügungstellen der Rechte (§§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 4 UrhG) vorgesehen habe. Wäre die Vorschrift abdingbar, bestünde für eine solche Abwendungsbefugnis keine Notwendigkeit.
In rechtlicher Hinsicht könne auch nicht angenommen werden, dass die §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG lex specialis zu § 32 a UrhG seien. Zu diesem Ergebnis komme auch der von der Klägerin beauftragte Professor Dr. Jens Petersen, der als eine der führenden Methodenlehrerechtler das aus Anlage K48 vorgelegte Rechtsgutachten gefertigt habe. Hinsichtlich der Einzelheiten der klägerischen Argumentation wird insoweit auf die Seiten 52 bis 54 der Klageschrift (Bl. 52/54 d.A.) sowie auf die Seiten 2 bis 10 des klägerischen Schriftsatzes vom 30.09.2011 (Bl. 257/265 d.A.) und die Anlage K58 Bezug genommen.
Die Klägerin ist weiter der Auffassung, sie könne von der Beklagten auch Auskunft für diejenigen dargebotenen Musikwerke aus der Zeit bis zum 28.02.1973 begehren, die sich ab dem 28.02.2002, also dem Inkrafttreten des § 32 a UrhG, noch im ursprünglichen Schutzzeitraum von 25 Jahren erfunden haben, weil die §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG für diese Aufnahmen schon mangels Schutzfristverlängerung gegenüber § 32 a UrhG keinesfalls leges speciales sein könnten. Da Elvis von manchen Liedern häufig mehrere Versionen eingesungen habe, während andere Versionen des gleichen Liedes in den Archiven der Beklagten verblieben seien, könne sie sich insoweit auf die Aufstellungen in Anlagenkonvolut K59 beziehen, sei aber im Einzelnen auf die Auskünfte der Beklagten angewiesen, ob die dort enthaltene Zusammenstellung vollständig sei und in welchem Umfang die dort genannten Aufnahmen von der Beklagten seit dem 28.03.2002 verwertet wurden. Insoweit stelle sie die Hilfsanträge 1 und 2 (Bl. 266/267 d.A.).
Mit Schriftsatz vom 16.08.2011 (Bl. 208/209 d.A.) hat die Klägerin klargestellt, dass sie die geltend gemachten Zahlungs- und Auskunftsansprüche zunächst auf § 32 a UrhG, hilfsweise auf §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG stützt. Diese Reihenfolge soll auch für die geltend gemachte Sendevergütung gelten, soweit sie auf die vorgenannten Anspruchsgrundlagen gestützt wird. In den vertraglichen Ansprüchen für die unter das Amendment Agreement fallende Sendevergütung sieht die Klägerin einen eigenen Streitgegenstand.
Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.352.301,30 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang von Elvis Presley dargebotene Musikwerke, die bis einschließlich zum 28. Februar 1973 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten RCA Records, a Division of RCA Corporation, auf Tonträgern aufgenommen worden sind, seit dem 1. April 2008 in Deutschland verwertet worden sind, und zwar unter Aufschlüsselung der einzelnen Aufnahmen und ihrer Versionen, der Tonträger, auf denen sie erschienen sind und ihrer Titel, der mit der Vervielfältigung und Verbreitung dieser Tonträger erzielten Umsätze, der digitalen Verwertung und der darunter erzielten Umsätze, sämtlicher Kostenfaktoren und der erzielten Gewinne sowie schließlich unter Angabe etwaiger Lizenzeinnahmen aus der Verwertung der Aufnahmen durch Dritte und etwa erhaltener Vergütungen für die öffentliche Sendung.
3. Die Beklagte wird dazu verurteilt, der Klägerin für die unter das Buyout-Agreement vom 1. März 1973 fallenden Aufnahmen mit Gesangsdarbietungen von Elvis Presley eine in das Ermessen des Gerichts gestellte angemessene Vergütung für die Verwertung in Deutschland seit dem 1. Januar 2008 zu bezahlen, die insbesondere die Verwertung auf Tonträgern, die digitale Verwertung und das Vergütungsaufkommen für die öffentliche Sendung berücksichtigt.
4. Die Beklagte wird dazu verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang seit dem 1. April 2002 Vergütungen für die öffentliche Sendung für von Elvis Presley dargebotene Musikwerke, die ab dem 1. März 1973 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten RCA Records, a Division of RCA Corporation, auf Tonträgern aufgenommen worden sind, in Deutschland von der Beklagten oder einer ihrer Tochtergesellschaften vereinnahmt worden sind, und zwar unter Angabe der einzelnen Titel und der einzelnen Jahre, für die die Vergütungen vereinnahmt worden sind.
5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dazu verpflichtet ist, an die Klägerin die Hälfte der für die Sendung von Tonträgeraufnahmen von Elvis Presley in Deutschland seit dem 1. April 2002 erhaltenen Vergütungen zu bezahlen.
Hilfsantrag 1: Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang von Elvis Presley dargebotene Musikwerke, die bis einschließlich zum 28. Februar 1973 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten RCA Records, a Division of RCA Corporation, auf Tonträgern aufgenommen sind und die nach dem 1. Januar 1977 erstveröffentlicht worden sind, seit dem 28. März 2002 in Deutschland verwertet worden sind, und zwar unter Aufschlüsselung der einzelnen Aufnahmen und ihrer Versionen, der Tonträger, auf denen sie erschienen sind und ihrer Titel, der mit der Vervielfältigung und Verbreitung dieser Tonträger erzielten Umsätze, der digitalen Verwertung und der darunter erzielten Umsätze, sämtlicher Kostenfaktoren und der erzielten Gewinne sowie schließlich unter Angabe etwaiger Lizenzeinnahmen aus der Verwertung der Aufnahmen durch Dritte und etwa erhaltener Vergütungen für die öffentliche Sendung.
Hilfsantrag 2: Die Beklagte wird dazu verurteilt, der Klägerin für von Elvis Presley dargebotene Musikwerke, die bis einschließlich zum 28. Februar 1973 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten RCA Records, a Division of RCA Corporation, auf Tonträgern aufgenommen sind und die nach dem 1. Januar 1977 erstveröffentlicht worden sind, bis zum Ablauf des 25. Kalenderjahres nach der Erstveröffentlichung eine in das Ermessen des Gerichts gestellte angemessene Vergütung für die Verwertung in Deutschland seit dem 28. März 2002 zu bezahlen, die insbesondere die Verwertung auf Tonträgern, die digitale Verwertung und das Vergütungsaufkommen für die öffentliche Sendung berücksichtigt.
Die Beklagte beantragt
Klageabweisung.
Die Beklagte wendet ein, die Klage sei schon deswegen unzulässig, weil ein auf die urheberrechtliche Fairnessregelung gestützter Anspruch nicht unmittelbar auf Zahlung einer konkreten Summe gerichtet sein dürfe, sondern vielmehr auf Einwilligung in eine Änderung des geschlossenen Vertrages zu richten sei.
Die Beklagte wendet weiter ein, der Anspruch auf angemessene Vergütung hinsichtlich der Altaufnahmen sei auch im Ganzen unbegründet, da das später mehrfach bestätigte Buyout Agreement für diese Aufnahmen eine abschließende Regelung getroffen habe. Der Wortlaut der Ziffern 4 und 6 des Buyout Agreements lasse unmissverständlich die Absicht der Parteien erkennen, nicht nur bestimmte, bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung entstandene, sondern alle gegenwärtigen und möglicherweise in Zukunft noch entstehenden Vergütungsansprüche mit einer einmaligen Zahlung ein für alle mal abzugelten und jegliche darüber hinausgehenden Ansprüche auszuschließen. Dabei seien sich die Parteien ausdrücklich dessen bewusst gewesen, dass in der Zukunft aufgrund rechtlicher oder tatsächlicher Entwicklungen weitere Ansprüche der Klägerin entstehen könnten, die nach dem Willen der Parteien jedoch bereits vom Buyout Agreement erfasst und damit abgegolten sein sollten.
Es sei gerade Elvis Presley gewesen, in dessen Interesse es gelegen habe und der von Anfang an darauf gedrängt habe, Anfang 1973 sämtliche Rechte an den bis dahin vorhandenen Aufnahmen ein für alle Mal gegen einen hohen Pauschalbetrag zu veräußern. Neben der Unsicherheit über zukünftige Einnahmen sei Elvis auch wegen der in diese Zeit fallenden Scheidung von seiner Frau Priscilla daran interessiert gewesen, einen namhaften Pauschalbetrag zu generieren. Das langfristig über eine laufende Beteiligung an den Verwertungserlösen der älteren Aufnahmen erzielbare Einkommen sei ihm ungewiss erschienen und habe zurückzugehen gedroht. Dementsprechend habe die durch das Buyout Agreement getroffene Regelung für die Aufnahmen, die sie erfasste, nach dem festen Willen beider Seiten endgültig sein sollen. Folglich heiße es auch in Ziffer 4 des Buyout Agreements, dass Elvis, Colonel Parker und sämtliche Rechtsnachfolger RCA Records von allen denkbaren Ansprüchen, darunter allen Ansprüchen auf Vergütung für die Vergangenheit und für die Zukunft, freistellen wollten.
Ebenso wie bei den Vergütungsklauseln in den früheren Verträgen sei auch die von RCA nach dem Buyout Agreements zu zahlende Gegenleistung nicht im Hinblick auf irgendwelche Schutzfristen bestimmt worden. Nach den damaligen von der Rechtslage und den Usancen in den USA geprägten Vorstellungen der Vertragspartner hätte RCA an Elvis ohne den Abschluss des Buyout Agreements nicht nur bis zum Ende etwaiger Schutzschriften, sondern bis zum Ende der jeweiligen Verwertung gezahlt.
Dass die im Rahmen des Buyout Agreements vereinbarte Pauschalsumme auch eventuelle, zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bestimmte Schutzfristverlängerungen mit abgelten sollte, ergebe sich eindeutig aus Ziffer 6 des Buyout Agreements, da dort davon die Rede sei, dass die Masterbänder und sämtliche auf ihrer Basis hergestellten Tonträger und an diesen und an solchen Tonträgern bestehende Urheberrechte einschließlich aller Erneuerungen und Verlängerungen exklusiv und dauerhaft frei von jeglichen Vergütungs- oder sonstigen Ansprüchen weiterhin Eigentum der RCA Records bleiben sollten. Die gesetzliche Schutzfristverlängerung sei genau das, was in dem Vertrag und im amerikanischen Urheberrecht mit "extension" bezeichnet werde. Alle Rechte an den Aufnahmen sollten folglich einschließlich aller gesetzlichen Schutzfristverlängerungen exklusiv und unbefristet bei RCA verbleiben, ohne dass deswegen irgendwelche Vergütungsansprüche irgendeiner Art geltend gemacht werden können.
Es könne entgegen der Auffassung der Klägerin aus diesem Grund nicht angenommen werden, dass Elvis Presley eine deutlich höhere Gegenleistung im Rahmen des Buyout Agreements erzielt hätte, wenn ihm und RCA seinerzeit bekannt gewesen wäre, dass RCA in Deutschland nicht nur 25 sondern 50 Jahre lang zur exklusiven Nutzung der betreffenden Aufnahmen berechtigt sein würde. Der hypothetische Einfluss einer Kenntnis der Vertragsparteien von einer künftigen Schutzfristverlängerung in Deutschland auf die Höhe der 1973 gezahlten Abfindungssumme könne auch deshalb verneint werden, weil Deutschland eine vergleichsweise geringe Bedeutung in dem mit weltweiter Wirkung, vor allem aber mit Blick auf den amerikanischen Markt geschlossenen Vertrag zugekommen sei.
Dass eine Schutzfristverlängerung in Deutschland keinen Einfluss auf die vereinbarte Vergütungshöhe gehabt hätte, zeige sich auch daran, dass das Buyout Agreement später mindestens dreimal bekräftigt worden sei, nämlich zum einen im Jahre 1983 durch das unter Kontrolle eines Nachlassgerichts zustande gekommene Amendment Agreement, zum anderen im Jahre 2002 durch das Audit Settlement Agreement sowie durch ein sogenanntes E1 Agreement (Anlage B5). Jedenfalls die beiden letztgenannten rückwirkenden Bestätigungen des Amendment Agreements und damit auch des Buyout Agreements seien nach der gesetzlichen Schutzfristverlängerung in Deutschland erfolgt, woran sich zeige, dass die Parteien eine Fortgeltung der betroffenen Vergütungsregelungen auch in Kenntnis der deutschen Schutzfristverlängerung gewollt hätten. Die Bestätigung des Buyout Agreements im Amendment Agreement ergebe sich aus dessen Ziffer 9, wo ausdrücklich geregelt sei, dass das Buyout Agreement hiermit bestätigt und bekräftigt werde und in Übereinstimmung mit seinen Regelungen in vollem Umfang in Kraft und wirksam bleiben solle. Gleiches gelte auch für Ziffer 3 des Audit Settlement Agreements, wo nunmehr zwölf Jahre nach der im Jahr 1990 in Deutschland erfolgten Schutzfristverlängerung das Buyout Agreement mittelbar in Bezug genommen werde und es heiße, dass mit Ausnahme der ausdrücklich bestimmten Änderung die Vereinbarung hiermit bekräftigt und in Übereinstimmung mit ihren Regelungen in vollem Umfang in Kraft und wirksam bleiben solle. Eine Bestätigung der Regelung ergebe sich auch aus der als Anlage B5 vorgelegten Vereinbarung zwischen Elvis Presley Enterprises (EPE) und BMG Music vom 28.03.2002, dem sogenannten E1 Agreement, dort in Ziffer 8a.
Im Hinblick auf das Amendment Agreement sei auch zu beachten, dass nach der dortigen Ziffer 18 und der Anlage C zum Amendment Agreement (Anlage B3a und b) der Nachlass von Elvis Presley RCA eine umfassende Generalquittung erteilt habe. Dort sei ausdrücklich geregelt, dass die Generalquittung weitherzig zugunsten von RCA zu bestimmen sei und dass die Parteien sich bewusst seien, dass sich die Generalquittung auf "all claims heretofore or hereafter arising, whether known or not known or suspected to exist at the present time" ("alle Ansprüche, die bislang entstanden sind oder noch entstehen werden, gleich ob ihr Bestehen gegenwärtig bekannt oder unbekannt oder vermutet ist") erstrecken solle. Es sei auch vollkommen klar, dass die Parteien diese Regelung des Amendment Agreements mit Rechtsbindungswillen sowie nach reiflicher Überlegung und entsprechender Beratung geschlossen hätten, zumal davon die Rede sei (Ziffer 2 (k) und Ziffer 18 (c) (i)), dass sie die Vorgeschichte erschöpfend analysiert hätten und hinsichtlich der Ratsamkeit des Abschlusses der Änderungsvereinbarung unabhängig durch Anwälte sowie Unternehmens- und Wirtschaftsberater betreut gewesen seien.
Die von der Klägerin wegen der Schutzfristverlängerung geltend gemachten Nachvergütungsansprüche gemäß §§ 137 Abs. 3, 137 c Abs. 3 UrhG seien vertraglich auch abdingbar. Insoweit sei für die Bestätigung des Buyout Agreements durch die nachfolgenden Verträge sowie die im Buyout Agreement selbst und im Amendment Agreement enthaltene Generalquittung nach dem auf die Verträge anzuwendenden maßgeblichen New Yorker Vertragsrecht der Parteiwille zu ermitteln, was zu dem Ergebnis einer wirksamen Abbedingung auch künftiger Ansprüche aufgrund der Schutzfristverlängerungen führe. Hinsichtlich der Einzelheiten wird insoweit auf die Seiten 34 bis 66 der Klageerwiderung vom 29.06.2011 (Bl. 136/168 d.A.) Bezug genommen.
Auch ein Nachvergütungsanspruch nach der Fairnessregelung des § 32 a UrhG scheide vorliegend aus, da die für die Schutzfristverlängerung geltenden Vorschriften der §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG dieser Norm als lex specialis vorgingen. Hintergrund der von der Klägerin vorliegend geltend gemachten Forderungen sei die Verlängerung der Schutzdauer von 25 auf 50 Jahre aufgrund des Produktpirateriegesetzes im Jahr 1990. Diese Schutzfristverlängerung stelle einen Sonderfall einer nachträglich eingetretenen Unangemessenheit einer ursprünglich gewährten Pauschalvergütung dar. Ergebe sich in Anwendung der Spezialnormen der §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG, dass eine weitere angemessene Vergütung für den Verlängerungszeitraum nicht beansprucht werden könne, was hier der Fall sei, so verbiete sich ein Rückgriff auf die allgemeine Vorschrift des § 32 a UrhG. Die Vorschrift des § 32 a UrhG solle nicht etwa als Auffangnorm jeden Fall einer aus irgendeinem Grund behaupteten Unangemessenheit der Gegenleistung erfassen, sondern betreffe nur den Fall, dass unabhängig von einer Schutzfristverlängerung durch besonders intensive Verwertung eines Werkes eine Anpassung der Vergütung erforderlich werde. Die durch die Verlängerung der Schutzdauer begründete verlängerte Verwertungszeit des Werkes sei einem solchen "Bestsellerfall", wie er unter den Regelungstatbestand des § 32 a UrhG falle, nicht vergleichbar. Im Übrigen könne auch nicht von einem auffälligen Missverhältnis im Sinne dieser Vorschrift ausgegangen werden, da die Parteien im April 2002 durch Abschluss des Audit Settlement Agreements, also nach Inkrafttreten des § 32 a UrhG am 28.03.2002, die bestehende Vergütungsregelung verbunden mit der Erteilung einer erneuten Generalquittung bestätigt hätten. Auch nach dem April 2002 sei im Verhältnis zu diesem Stichtag kein Missverhältnis mehr aufgetreten. Hinsichtlich der Einzelheiten der Argumentation der Beklagten wird auf die Seiten 80 bis 86 der Klageerwiderung vom 29.06.2011 (Bl. 182/188 d.A.) Bezug genommen.
Der Klägerin stehe auch kein Anspruch auf Erstattung von Sendevergütungen zu. Hinsichtlich der vor dem 28.02.1973 gefertigten Aufnahmen scheide ein gesetzlicher Anspruch aus den §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG unter den gleichen Gesichtspunkten aus, wie sie für den allgemeinen Nachvergütungsanspruch gälten. Die §§ 137 Abs. 3, 137 c Abs. 3 UrhG seien im Übrigen auf gegen Dritte gerichtete Vergütungsansprüche für die öffentliche Wiedergabe nicht anwendbar. Hinsichtlich der Einzelheit der Argumentation wird auf die Seiten 70 bis 73 der Klageerwiderung vom 29.06.2011 (Bl. 172/175 d.A.) Bezug genommen.
Auch ein vertraglicher Anspruch für die Neuaufnahmen auf Beteiligung an den Sendevergütungen ergebe sich nicht aus der von der Klägerin herangezogenen Regelung in Ziffer 5 (j) (i) des Amendment Agreements von 1983, da diese Regelung darauf abhebe, dass es sich um Sendevergütungen "received by RCA in the United States" handle. Diese Passage müsse so verstanden werden, dass darunter nicht auch die in anderen Ländern von den dortigen Lizenznehmern der Beklagten vereinbarten Sendevergütungen fallen. Hinsichtlich der Einzelheiten der klägerischen Argumentation wird auf die Seiten 73 bis 76 der Klageerwiderung vom 29.06.2011 (Bl. 175/178 d.A.) Bezug genommen.
Etwaige Ansprüche der Klägerin seien auch verjährt. Im Hinblick auf § 32 a UrhG müsse beachtet werden, dass die Klägerin bereits im Jahr 2002 von den Umständen eines vermeintlich durch die Schutzfristverlängerung im Jahr 1990 entstandenen auffälligen Missverhältnisses Kenntnis gehabt habe. Im Hinblick auf die Ansprüche aus §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG sei dies spätestens im Jahr 1993 der Fall gewesen, da die Schutzfristverlängerung zum 01.07.1990 in Kraft getreten sei und damit zu diesem Zeitpunkt ein für alle mal festgestanden habe, dass alle bis zu diesem Zeitpunkt eingeräumten Rechte auch für die Dauer der Schutzfristverlängerung wirksam sein würden.
Vor dem Hintergrund, dass die Vergütungsregelung im Jahr 2002 auch bestätigt worden sei, seien etwaige Ansprüche auch verwirkt, da eine nochmalige Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
Auch die erhobenen Hilfsanträge zu 1 und zu 2 seien unbegründet, da ihr Verhältnis zu einander und das Verhältnis zu den Hauptanträgen unklar sei. Zudem seien sie zu weit gefasst und bezögen sich auf das von einer Privatperson ohne Gewähr für Aktualität und Vollständigkeit gefertigte Anlagenkonvolut K59. Hinsichtlich der Einzelheiten der Argumentation der Beklagten wird auf die Seiten 12 bis 20 des Schriftsatzes vom 03.11.2011 (Bl. 290/297 d.A.) Bezug genommen.
Nachdem die Beklagte mit der Klageerwiderung die Einrede der Ausländersicherheit erhoben hatte und sich die Parteien in der Folgezeit über deren Grund und Höhe verständigten, wurde die Ausländersicherheit mit Beschluss vom 29.07.2011 (Bl. 204/205 d.A.) angeordnet und auf € 91.390,60 festgesetzt. Diese Sicherheit wurde am 11.08.2011 durch Hinterlegung bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Potsdam, 51 HL 169/11, geleistet (Bl. 252/253 d.A.). Beide Parteien stimmten einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren am 24.08.2011 (Bl. 255 d.A.) zu. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.08.2011 (Bl. 254/255 d.A.) sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I. Die Klage ist zulässig, da das Landgericht München I international und örtlich zuständig ist.
1. Die internationale Zuständigkeit ergibt sich aus dem nach dem Gleichlaufprinzip anwendbaren § 23 ZPO, da die Beklagte über Vermögensgegenstände im Inland in Form der ihr übertragenen Nutzungsrechte an den deutschen verwandten Schutzrechten von Elvis als ausübendem Künstler verfügt. Hieran ändert die Gerichtsstandsvereinbarung im Audit Settlement Agreement vom 01.04.2002 (Anlage K33), dort Ziffer 10, nichts, da vorliegend gesetzliche Ansprüche auf Nachvergütung und Sendevergütung sowie vertragliche Sendevergütungsansprüche, nicht jedoch Ansprüche aus dem Audit Settlement Agreement selbst in Streit stehen. Der exorbitante Gerichtsstand des § 23 ZPO ist auch nicht durch Art. 3 Abs. 2 EuGVO ausgeschlossen, da die Beklagte ihren Sitz in den USA und damit nicht in einem EU-Mitgliedstaat hat.
2. Das Landgericht München I ist auch örtlich zuständig, da sich die Beklagte gemäß § 39 Satz 1 ZPO jedenfalls rügelos eingelassen hat und eine entgegenstehende ausschließliche Zuständigkeit gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht ersichtlich ist.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet, da der Klägerin gegen die Beklagte keine gesetzlichen Nachvergütungsansprüche aus § 32 a UrhG oder §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG sowie keine gesetzlichen Ansprüche auf anteilige Sendevergütung aus §§ 32 a, 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG und keine vertraglichen Ansprüche auf anteilige Sendevergütung zustehen. Ebensowenig kann die Klägerin die mit den Hauptansprüchen begehrte Auskunft von der Beklagten verlangen oder Feststellung hinsichtlich der Sendevergütung begehren. Auch ein Anspruch auf Auskunft und unbezifferte Vergütung für Aufnahmen aus der Zeit zwischen dem 28.03.1977 und dem 16.08.1977 gemäß den Hilfsanträgen 1. und 2. besteht nicht. Im Einzelnen:
901. Der Klägerin stehen keine Nachvergütungsansprüche aus § 32 a Abs. 1 UrhG gegen die Beklagte zu, da der Anspruch auf weitere Beteiligung hiernach im Anwendungsbereich der §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG zurücktritt. Die §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG stehen für den hier interessierenden Fall einer unangemessenen Vergütung aufgrund einer Schutzfristverlängerung zu § 32 a Abs. 1 UrhG im Verhältnis der Spezialität und verdrängen diesen. Mit den Regelungen in den §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG hat der Gesetzgeber eine Sonderregelung für den Fall geschaffen, dass der Inhaber von Nutzungsrechten an verwandten Schutzrechten des ausübenden Künstlers kraft Gesetzes über einen vorher bekannten Schutzzeitraum hinaus die zugrundeliegenden Darbietungen nach § 137 c Abs. 1 UrhG weiter nutzen kann. In diesem Fall soll eine angemessene weitere Vergütung zu zahlen sein, sofern anzunehmen ist, dass der Erlaubnisgeber für die Übertragung oder die Erlaubnis eine höhere Gegenleistung erzielt haben würde, wenn zum Zeitpunkt der vertraglichen Regelung über die Vergütung bereits die verlängerte Schutzdauer bestimmt gewesen wäre. Demgegenüber regelt § 32 a Abs. 1 UrhG den Fall, dass sich ohne weitere Schutzfristverlängerung allein im Rahmen der vertraglich eingeräumten Rechtsposition aus der ex-post-Sicht ein auffälliges Missverhältnis zwischen den Erträgnissen des Verwerters und der Vergütung des Rechteinhabers ergibt, so dass die ursprünglich vereinbarte Vergütung nicht mehr als angemessen anzusehen ist. Während also § 32 a Abs. 1 UrhG das allgemeine Auseinanderlaufen von Erträgnissen und Vergütung allein aufgrund tatsächlicher Umstände regelt, betreffen die §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG den Sonderfall, dass aufgrund eines Eingreifens des Gesetzgebers durch eine Schutzfristverlängerung ein Missverhältnis eintritt und eine tatsächlich vereinbarte Vergütung aus Sicht der Parteien bei Vertragsabschluss hypothetisch nicht mehr als angemessen angesehen worden wäre.
Ginge man nicht von einem Verhältnis der Spezialität aus, führte eine Schutzfristverlängerung bei einer Pauschalabgeltung von Rechten grundsätzlich ab ihrem ersten Tag dazu, dass notwendigerweise ein Missverhältnis zwischen Vergütung und Erträgnissen eintritt, da die Parteien bei der Bemessung einer vertraglichen Vergütung faktisch stets von den geltenden Schutzfristen ausgehen. Wäre diese Konstellation nach dem gesetzgeberischen Willen über § 32 a Abs. 1 UrhG zu lösen, hätte es der Regelung der §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG spätestens ab dem Inkrafttreten des § 32 a UrhG im Jahre 2002 nicht mehr bedurft und der Gesetzgeber hätte die Regelung der §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG aus dem Urhebergesetz streichen können. Da er dies nicht getan hat, muss er davon ausgegangen sein, dass sich die Konkurrenz nach allgemeinen Grundsätzen lösen lässt, dass mithin zwischen den Normen ein Spezialitätsverhältnis besteht.
a) Für sämtliche Aufnahmen von Elvis Presley, die bis einschließlich 28.03.1977 veröffentlicht bzw. als unveröffentlichte Aufnahmen bis zu diesem Zeitpunkt eingespielt worden sind (§§ 137 Abs. 1 Satz 1, Satz 2; 82 UrhG), ist eine Anwendbarkeit des § 32 a UrhG, der bekanntlich ab 29.03.2003 Anwendung findet, überhaupt nur deswegen denkbar, weil es durch das Produktpirateriegesetz (PrPG 1990, BGBl. I S. 422) ab 01.07.1990 zu einer Schutzfristverlängerung für die Rechte des ausübenden Künstlers gekommen war. Hätte der Gesetzgeber eine entsprechende Schutzfristverlängerung nicht verabschiedet, wäre die ursprüngliche 25-jährige Schutzfrist für diese Aufnahmen bei Inkrafttreten des § 32 a Abs. 1 UrhG am 29.03.2002 bereits verstrichen gewesen, so dass ersichtlich ist, dass das gegenüber § 32 a UrhG zusätzliche Tatbestandsmerkmal der §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG, nämlich die Schutzfristverlängerung, in unmittelbarem Zusammenhang mit der überhaupt nur potentiellen Anwendbarkeit des § 32 a Abs. 1 UrhG steht. Da sich vorliegend die Anwendbarkeit für Ansprüche ab dem 29.03.2002 nur dadurch ergeben kann, dass die Schutzfrist verlängert wurde, sind die §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG insoweit Spezialnormen gegenüber der allgemeinen Regelung in § 32 a Abs. 1 UrhG.
b) Lediglich für den Zeitraum der zwischen dem 29.03.1977 und dem Tod von Elvis Presley am 16.08.1977 veröffentlichten bzw. aufgenommenen aber unveröffentlichten Aufnahmen verbleibt im vorliegenden Fall ein denkbarer Anwendungsbereich für § 32 a UrhG, da sich die entsprechenden Aufnahmen am 29.03.2002 noch im ursprünglichen Schutzzeitraum von 25 Jahren befunden haben und die §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG den § 32 a Abs. 1 UrhG naturgemäß nur für den dort geregelten Verlängerungszeitraum verdrängen können. Insoweit hat die Klagepartei jedoch trotz Hinweis der Kammer im Termin vom 24.08.2011 keine genauen Angaben zu Anzahl und Inhalt entsprechender Aufnahmen machen können, was sie auf den Seiten 10 bis 12 des Schriftsatzes vom 30.09.2011 (Bl. 265/267 d.A.) selbst einräumt. Mangels näherer Angaben zu den entsprechenden Aufnahmen, den hierfür erzielten Erträgnissen und der entsprechenden anteiligen Vergütung besteht daher ein Anspruch gemäß § 32 a Abs. 1 UrhG auch für diesen theoretisch denkbaren Zeitraum nicht.
2. Der Klägerin steht auch kein Nachvergütungsanspruch nach der Spezialnorm der §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG zu, da diese grundsätzlich abdingbare Regelung von den Parteien auch tatsächlich abbedungen wurde.
95a) Die Regelung der §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG ist grundsätzlich abdingbar, wobei sich die Abdingbarkeit aufgrund des im Urheberrecht gewohnheitsrechtlich geltenden Schutzlandprinzips (vgl. für Verletzungsfragen nunmehr Art. 8 Rom II-VO) nach deutschem Recht richtet.
Grundsätzlich sind alle Fragen, die Inhalt und Umfang des urheberrechtlichen Schutzes und insbesondere die Schutzdauer betreffen, stets nach dem Recht des Schutzlandes zu beurteilen (BGH GRUR Int. 1979, 50, 51 - Buster-Keaton-Filme). Gleichermaßen erfasst das Schutzlandprinzip als Kollisionsregel sämtliche gesetzlichen urheberrechtlichen Vergütungsansprüche (BGH GRUR 1994, 798, 800 - Folgerecht bei Auslandsbezug; Staudinger-Fezer/Koos, EGBGB, Internationales Immaterialgüterprivatrecht, Rn. 1120 a.E.). Da §§ 137 Abs. 3 iVm. 137 c Abs. 3 UrhG als gesetzlicher Vergütungsanspruch unmittelbar an die Schutzfristverlängerung anknüpft und Regelungen, die ein Entfallen eines Rechtes regeln, spiegelbildlich nur nach der Rechtsordnung beurteilt werden können, die sie gewährt hat, ist auf §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG und die hiermit verbundene Frage der Abdingbarkeit deutsches Recht anwendbar.
Dass die entsprechende Regelung nach deutschem Recht abdingbar ist, ergibt sich aus der Norm selbst, da § 137 Abs. 3 UrhG die hypothetische Betrachtungsweise anstellt, welche Gegenleistung erzielt worden wäre, wenn zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits die verlängerte Schutzdauer bestimmt gewesen wäre. Wenn die Norm somit die Berücksichtigung des hypothetischen Parteiwillens zulässt, lässt sie naturgemäß auch die Berücksichtigung des tatsächlichen Willens zu, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine weitere Vergütung auch für den Fall ausgeschlossen werden soll, dass es tatsächlich zu Schutzfristverlängerungen kommt. Wenn darauf abgestellt wird, was die Parteien vereinbart hätten, muss auch relevant sein, was sie für diesen Fall tatsächlich vereinbart haben (OLG München vom 10.12.2009, 6 U 3556/08, Seite 26).
b) Im vorliegenden Fall ist die Regelung der §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG tatsächlich durch die Ziffern 4 und 6 des Buyout Agreements (Anlage K29) abbedungen worden.
Nach dem oben Gesagten richtet sich auch die tatsächliche Abbedingung eines gesetzlichen Vergütungsanspruchs wegen des Schutzlandprinzips nach deutschem Recht.
In Ziffer 4 des Buyout Agreements ist ausdrücklich geregelt, dass keine Partei noch irgendeine Verpflichtung gegen die andere Partei haben solle, wobei die Regelung ohne Beschränkung auf irgendeine Verpflichtung zur Zahlung von Vergütungen oder sonstigen Geldern bestehen sollte und sich die Parteien von allen denkbaren Ansprüchen, die aus der Vereinbarung oder den Masterbändern erwachsen oder sich auf diese beziehen, darunter allen Ansprüchen auf Vergütungen für die Vergangenheit oder die Zukunft, freistellen. Dass hiermit auch ein zukünftiger, aufgrund einer Schutzfristverlängerung entstehender Anspruch gemeint ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von Ziffer 4 selbst, ohne dass es einer weiteren Auslegung bedürfte.
Zusätzlich € und insoweit stellt die Klausel noch deutlicher den Bezug zu Schutzfristverlängerungen her € regelt Ziffer 6 des Buyout Agreements, dass die Masterbänder und sämtliche auf ihrer Basis hergestellten Tonträger und an diesen und an solchen Tonträgern bestehende Urheberrechte, einschließlich aller Erneuerungen und Verlängerungen dieser Urheberrechte und die darauf befindlichen Darbietungen weiterhin im Eigentum der RCA Records exklusiv und dauerhaft sowie frei von jeglichen Vergütungs- und sonstigen Ansprüchen bleiben. Hier eine differenzierte, an Rechtsbegriffen orientierte Auslegung der Worte "Urheberrecht", "Masterbänder" oder "Aufführungen" vorzunehmen und bei dieser Auslegung auf das amerikanische Recht abzuheben, wie es die Klägerin tut, verbietet sich im vorliegenden Fall nach Auffassung der Kammer bereits deswegen, weil sich das Buyout Agreement auf die Abgeltung weltweiter Rechte, d.h. auf ein Vielzahl von Schutzländern bezog. Naturgemäß konnten sich die Parteien deswegen vor dem Hintergrund des auch im Jahr 1973 bereits gewohnheitsrechtlich angewandten Schutzlandprinzips bei der Formulierung der Abgeltungsklausel in Ziffer 6 des Buyout Agreements nicht an einer unübersehbaren Unzahl von Rechtsordnungen orientieren. Aus der Klausel ist allein der tatsächliche Wille der Parteien zu ersehen, für die entsprechenden Schutzländer und die dort unterschiedlich benannten und in unterschiedlichem Umfang bestehenden Rechte Ansprüche auch dann auszuschließen, wenn es - wie im vorliegenden Fall - zu Erneuerungen oder Verlängerungen dieser Rechte kommen sollte.
Insoweit ist auch unmaßgeblich, dass es sich bei den Ziffern 4 und 6 des Buyout Agreements nach Auffassung der Klägerin um überraschende Klauseln im Sinne der auch im Jahr 1973 bereits bestehenden Rechtsprechung zu AGB handeln soll. Vorliegend ist streitig, ob in der Regelung überhaupt allgemeine Geschäftsbedingungen zu sehen sind. Die Klägerin ist insoweit Beweisantritte zu der Frage schuldig geblieben, ob die Regelungen des Buyout Agreements tatsächlich für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert waren. Selbst für den Fall, dass sie es gewesen sein sollten, wird man aber kaum von einer überraschenden Klausel ausgehen können, da es - wie bereits sein Name sagt - gerade Sinn und Zweck des Buyout Agreements war, die Vertragsbeziehungen der Parteien auf eine vollständig neue Grundlage zu stellen, sämtliche Ansprüche hinsichtlich der bis zum Vertragsschluss entstandenen Altaufnahmen abzugelten und hierfür eine angemessene Einmalzahlung zu erzielen. Eine formularmäßige Abbedingung der §§ 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG auch für Schutzfristverlängerungen ist unter solchen Umständen als unproblematisch anzusehen (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 137, Rn. 11 a.E.).
3. Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf eine hälftige Beteiligung an Sendevergütungen zu.
a) Hinsichtlich der bis zum 28.02.1973 entstandenen Altaufnahmen, die unter das Buyout Agreement fallen, hat sie keinen Anspruch aus den §§ 32 a UrhG, 137 c Abs. 3, 137 Abs. 3 UrhG. Da für die entsprechenden Aufnahmen lediglich die diskutierten gesetzlichen Anspruchsgrundlagen in Betracht kommen, kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
b) Der Klägerin steht aber auch für die ab dem 01.03.1973 entstandenen Neuaufnahmen gegen die Beklagte kein vertraglicher Anspruch gemäß Ziffer 5 (j) (ii) des Amendment Agreements (Anlage K32) zu.
Ziffer 5 (j) (ii) des Amendment Agreements enthält die Regelung, dass RCA dem Estate als zusätzliche Vergütung 50 Prozent sämtlicher Beträge gutschreiben solle, die RCA in den Vereinigten Staaten erhalten hat und den Tonträgern, die außerhalb der Vereinigten Staaten öffentlich wiedergegeben wurden und Master Records im Sinne des Recording Agreements 1973 beinhalten, zuzuordnen sind. Insoweit hat nicht einmal die Klägerin selbst behauptet, dass die Beklagte in den USA solche Sendevergütungen erhalten hat. Sie führt vielmehr auf Seite 34 der Klageschrift (Bl. 34 d.A.) lediglich aus, dass die Beklagte für die Sendung von Tonträgeraufnahmen von Elvis Presley in Deutschland von der GVL Sendevergütungen vereinnahmt habe und meint, dass im Jahr 1999 allein über 800.000,- US-$ geflossen seien. Dementsprechend hat die Beklagte auch lediglich zugestanden, dass mit ihr konzernmäßig verbundene Unternehmen in ihren jeweiligen Ländern, d.h. auch in Deutschland, die auf sie, also auf die verbundenen Unternehmen, entfallenen Vergütungsteile erhalten haben. Diese von den verbundenen Gesellschaften in den einzelnen Schutzländern vereinnahmten Beträge sind aber irrrelevant, da es nach dem Amendment Agreement nur darauf ankommt, was RCA bzw. deren Rechtsnachfolger in den USA vereinnahmt haben. Soweit die Klägerin hierin eine Umgehung sieht, ändert dies nichts an der eindeutigen vertraglichen Regelung des Amendment Agreements. Dass insoweit anderweitige Gestaltungen nicht nur für die Klägerin vorteilhaft gewesen, sondern auch von den Parteien übereinstimmend gewünscht worden wären, lässt das Amendment Agreement nicht erkennen, zumal auch zum Zeitpunkt seines Abschlusses im Jahr 1983 multinationale Medienkonzerne mit einzelnen Landesgesellschaften keineswegs unbekannt waren.
4. Auch die mit Schriftsatz vom 30.09.2011, Seite 11/12 (Bl. 266/267 d.A.) angebrachten Hilfsanträge auf Auskunft bzw. unbezifferte Vergütung betreffend die im Zeitfenster zwischen dem 29.03.1977 und dem 16.08.1977 eingespielten bzw. veröffentlichten Aufnahmen waren abzuweisen. Die Kammer geht davon aus, dass diese Ansprüche unter der innerprozessualen Bedingung der Abweisung sämtlicher Hauptanträge stehen sollten. Ein entsprechender Auskunftsanspruch oder unbezifferter Vergütungsanspruch gemäß § 32 a Abs. 1 UrhG besteht jedoch nicht. Für einen Anspruch aus § 32 a Abs. 1 UrhG hätte es der Klägerin oblegen, zumindest seine Tatbestandsvoraussetzungen dem Grunde nach darzulegen, so dass die Kammer darauf hätte schließen können, dass greifbare Anhaltspunkte für ein Missverhältnis zwischen Vergütung und Erträgnissen im Hinblick auf die aus diesem Zeitfenster stammenden Aufnahmen besteht. Dass sie dies nicht konnte, hat die Klägerin wie oben erläutert, selbst eingeräumt.
Auch ein gewohnheitsrechtlicher allgemeiner Auskunftsanspruch aus § 242 BGB scheidet aus, da vorliegend nicht einzusehen ist, warum die Klägerin selbst als Rechtsnachfolgerin des ausübenden Künstlers Elvis Presley nicht über die Informationen verfügen sollte, wann welche Aufnahmen von ihm eingespielt worden sind. Ihre insoweit aufgestellte Behauptung, dass bei Elvis Presley oftmals mehrere Einspielungen desselben Liedes erfolgt seien, lässt keinen Bezug zu dem genannten Zeitfenster erkennen und lässt auch nicht darauf schließen, dass sie als Rechtsnachfolgerin des Künstlers über keinerlei entsprechende Dokumentationen mehr verfügen kann.
5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
LG München I:
Urteil v. 23.11.2011
Az: 21 O 25511/10
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