Landgericht Dortmund:
Urteil vom 7. Juli 2005
Aktenzeichen: 16 O 104/05
(LG Dortmund: Urteil v. 07.07.2005, Az.: 16 O 104/05)
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 23.06.2005 wird zurückgewiesen.
Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Verfügungsklägern darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung des jeweils beizutreibenden Kostenbetrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Verfügungsklägerin ist ein Schlüsseldienstunternehmen mit Sitz in A. Sie bietet ihre Dienstleistungen auch im Internet unter T an und ist unter der bundesweiten Servicerufnummer .................. erreichbar.
Die Verfügungsbeklagte ist ein Telekommunikationsunternehmen mit Sitz in C, welche als Netzbetreiber u. a. durch ihre Produkte "P" und "P2" Rufnummern für einen gewünschten Ortsnetzbereich an ihre Kunden vergibt und freischaltet. Das Produkt "P" wird inzwischen von der Verfügungsbeklagten nicht mehr angeboten, wobei für bestehende Verträge eine Übergangsfrist zwecks Wechsel in ein anderes Produkt bis zum 01.02.2007 besteht.
Die Vergabe der Rufnummer geschieht durch den Abschluss eines Telekommunikationsvertrages auf der Grundlage des TKG und die nachfolgende Zuteilung der Rufnummern durch die Verfügungsbeklagte. In diesen Verträgen zwischen der Verfügungsbeklagten und ihrem Kunden ist stets dessen Name, Firmierung und Anschrift angegeben. Inhalt dieser Verträge sind auch die jeweiligen Allgemeinen Geschäftsbedingungen. In den Geschäftsbedingungen verpflichtet sich die Verfügungsbeklagte ankommende Gespräche vor Ort in ihrem Netzknoten an einen vereinbarten Zielanschluss weiterzuleiten, welcher beliebig im Bundesgebiet liegen kann.
Der Kunde erwirbt durch den Abschluss eines solchen Vertrages weiterhin das gesetzliche Recht, in ein Telefonverzeichnis eingetragen zu werden. Die Verfügungsbeklagte unterhält eine Datenbank, in der die zur Eintragung in ein Telefonverzeichnis notwendigen Angaben gespeichert sind. Die Veröffentlichung dieser Daten erfolgt durch eine Tochtergesellschaft der Verfügungsbeklagten, welche auch für die Pflege des Internet-Telefonbuchs U verantwortlich ist.
Weiterhin gelten für die Zuteilung für die Ortsnetzrufnummern seit dem Jahre 1997 die Zuteilungsregeln für Ortsnetzrufnummern, welche von der Regulierungsbehörde erlassen wurden. Auf Anfrage der Verfügungsklägerin gab die Regulierungsbehörde unter dem 24.11.2004 dieser gegenüber die Auskunft, dass die Verfügungsbeklagten gravierend gegen die Zuteilungsregeln verstoße, die Regulierungsbehörde per Mitteilung 306/04 vom 06.10.2004 die Abschaltung der beanstandeten Rufnummern bis zum 31.07.2005 verfügt habe und durch Verfügung vom 24.05.2005 diese Frist für die Verfügungsbeklagte auf den 01.02.2007 verlängert worden sei.
Die Verfügungsklägerin stellte im weiteren Verlauf fest, dass ein Kunde der Verfügungsbeklagten im elektronischen Telefonverzeichnis U dreimal folgendermaßen eingetragen ist:
(...... E )
Der Kunde tritt dabei unter Verwendung der Ortsnetzrufnummern für den Bereich E ....../.........#, ....../......... und ....../.........# auf. Die Eintragung enthält weder Firmensitz noch Anschrift dieser Firma. Sämtliche Auskunftsersuchen der Verfügungsklägerin mit dem Ziel, eine Anschrift und den Ort des Firmensitzes des Kunden zu erhalten, schlugen fehl.
Die Verfügungsklägerin mahnt gegenüber der Verfügungsbeklagten am 14.06.2005 die Eintragung des Kunden ohne Nennung der Anschrift und des Firmensitzes erfolglos an.
Die Verfügungsklägerin behauptet, sie habe erst am 12.06.2005 zufällig von der beanstandeten Eintragung Kenntnis erlangt.
Die Verfügungsklägerin ist dabei der Ansicht, die Verfügungsbeklagte verstoße durch den Eintrag ihres Kunden ohne Nennung von dessen Anschrift bzw. Firmensitzes gegen das Transparenzgebot und das Tarnungsverbot, wie es in § 312 c BGB; § 6 TDG; §§ 15 a, 15 b GewO niedergelegt sei; darüber hinaus verletze die Verfügungsbeklagte wettbewerbsschützende Normen des TKG. Zudem ist die Verfügungsklägerin der Ansicht, die Verfügungsbeklagte sei als Mitstörer für das wettbewerbswidrige Auftreten ihres Kunden in der geschilderten Form verantwortlich; der Kunde werbe wettbewerbswidrig im Sinne von § 5 UWG und erlange einen Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch, was die Verfügungsbeklagte auch wisse.
Schließlich ist die Verfügungsklägerin der Ansicht, ein rechtsmäßiges Handeln sei der Verfügungsbeklagten möglich und zumutbar, in dem sie auf die ortsnetzfremde Weiterleitung hinweist bzw. für nicht im jeweiligen Ortsnetz ansässige Unternehmen sogenannte Service Rufnummern vergibt.
Hinsichtlich des Wortlautes der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Produkte der Antragsgegnerin "P" und "P2" wird auf Blatt 31 bis 34 d. A. verwiesen.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt, die Verfügungsbeklagte bei Meidung einer Ordnungsstrafe bis zu 250.000,00 € ersatzweise Ordnungshaft bis zu einem halben Jahr, zu vollziehen an Herrn S, . F, L, S2, P3 zu gebieten,
1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für ihre Kunden
im Internet in U unter ...... E die Werbung:
(...... E)
als Standardeintrag ohne Angabe des Firmensitzes veröffentlichen zu lassen;
2. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für ihren
Kunden T die Ortsnetzrufnummern ....../............ und ....../......... sowie ....../......... für ...... E zu betreiben, sofern dieser dort nicht Firmensitz, Niederlassung oder Wohnsitz durch Handelsregisterauszug, Gewerbeanmeldung oder Einwohnermeldebestätigung oder Personalausweis nachgewiesen hat,
3. den beanstandeten Eintrag im Internet unter
U unverzüglich zu löschen oder löschen zu lassen.
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Verfügungsbeklagte behauptet, die Verfügungsklägerin sei kein bundesweit tätiges Schlüsseldienstunternehmen. Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass die Firma T keine Niederlassung oder eine Zweigstelle in E betreibt.
Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, die Rechtsverfolgung durch die Verfügungsklägerin erfolge rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG, da die Verfügungsklägerin insgesamt 16 gleichgelagerte gerichtliche Rechtsstreitigkeiten gegen die Verfügungsbeklagte betreibe. Außerdem sei der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bereits nicht eilbedürftig, da die Verfügungsklägerin bereits vor dem 12.06.2005 Kenntnis von der beanstandeten Beantragung gehabt habe, bzw. gehabt haben müsse. Hinsichtlich der Anhängigkeit von den gleichgelagerten Rechtsstreiten und erfolgten Abmahnungen wird auf Blatt 149 und auf Blatt 154 bis 156 d. A. verwiesen.
Die Verfügungsbeklagte ist ferner der Ansicht, die Verfügungsklägerin habe keinen Verfügungsanspruch, da die Verfügungsbeklagte nicht die Veröffentlichung der Kundendaten vornehme, sondern dies in der Verantwortung einer ihrer Tochtergesellschaft liege; insofern sei insbesondere der Antrag zu 3.) als Leistungsantrag zu unbestimmt und unzulässig. Es bestehe zwischen der Verfügungsbeklagten und der Verfügungsklägerin auch kein konkretes Wettbewerbsverhältnis; zudem sei die Veröffentlichung der Kundendaten in Internet-Telefonbüchern als wettbewerbsneutral zu qualifizieren, so dass auch kein Verstoß gegen Normen des Telekommunikationsgesetzes in Betracht käme und die Verfügungsbeklagte durch die Weitergabe der Kundendaten an ihre Tochtergesellschaft und die nachfolgende Veröffentlichung dieser Angaben nicht zu Zwecken des Wettbewerbs handele.
Hinsichtlich der Rufnummernzuteilung ist die Verfügungsbeklagte der Ansicht, dass diese Handlung nicht rechtswidrig gewesen sei, da die Regulierungsbehörde das Verhalten erst später beanstandet und jedenfalls eine Übergangsfrist für die Abschaltung der Rufnummern bis zum 01.02.2007 eingeräumt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die seitens der Verfügungsklägerin gestellten Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sind insgesamt nicht begründet und waren daher zurückzuweisen.
Die Verfügungsklägerin ist entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten zwar prozessführungsbefugt. Die Prozessführungsbefugnis liegt nämlich vor, wenn eine Partei wirksam vor Gericht Prozesshandlungen vornehmen kann. Diese Prozessführungsbefugnis entfällt hier nicht wegen missbräuchlicher Rechtsverfolgung im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG. Allein aus dem Gesichtspunkt heraus, dass die Verfügungsklägerin eine Vielzahl von Eintragungen unter U beanstandet, die verschiedene Kunden der Verfügungsbeklagten und Ortsbereiche außerhalb von E treffen, kann nicht gefolgert werden, dass die Verfügungsklägerin lediglich aus Gründen des Ersatzes von Aufwendungen oder wegen des Entstehens von Rechtsverfolgungskosten handelt. Der Erlass nur einer einstweiligen Verfügung würde dementsprechend nur einen Antrag der Verfügungsbeklagten für einen Ortsnetzbereich erfassen. Die weiteren beanstandeten Verhaltensweisen wären hiervon nicht betroffen.
Die seitens der Verfügungsklägerin gestellten Anträge sind jedoch insgesamt sachlich unbegründet.
Der Antrag zu 3.) ist schon deshalb unbegründet, weil er in der Form eines Leistungsvertrages gestellt ist. Die sogenannte Leistungsverfügung ist aber auf die Erfüllung des Anspruchs gerichtet und setzt voraus, dass die geschuldete Leistung so kurzfristig zu erbringen ist, dass das Erwirken eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht möglich ist, wobei der Gläubiger glaubhaft zu machen hat, dass er auf die sofortige Erfüllung dringend angewiesen ist (Zöller ZPO-Kommentar, 25. Aufl., §§ 940 Rn. 6; OLG Frankfurt NJW 1975, 393, OLG Köln NJW-RR 1995, 1088).
Die Verfügungsbeklagte ist hier zu Recht der Ansicht, dass die Interessen der Verfügungsklägerin am Löschen der beanstandeten Eintragung nicht die Interessen am Aufrechterhalten der Eintragung erheblich überwiegen. Insbesondere hat die Verfügungsklägerin zu der besonderen Dringlichkeit nicht vorgetragen.
Im Übrigen ist eine Anspruchsgrundlage für die gestellten Verfügungsansprüche nicht gegeben.
Die Verfügungsklägerin hat gegen die Verfügungsbeklagte zunächst keinen Anspruch auf Unterlassung der beanstandeten Leistung gemäß dem Antrag zu Ziffer 1 aus § 312 c Abs. 1 Ziffern 1 und 2 BGB. Der Anwendungsbereich der Norm ist nicht eröffnet. Die Vorschrift des § 312 c BGB stellt eine besondere Schutzvorschrift zu Gunsten von Verbrauchern dar. Dementsprechend setzt § 312 c BGB ein Rechtsverhältnis zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer voraus. Vorliegend ist an dem Rechtsstreit freilich kein Verbraucher beteiligt. Weder die Verfügungsklägerin noch die Verfügungsbeklagte noch die Firma A!A.B.O.S.S. sind wie von § 13 BGB vorausgesetzt natürliche Personen. Darüber hinaus rügt die Verfügungsklägerin gerade das gewerbliche Auftreten der Verfügungsbeklagten und der Firma T.
Die Verfügungsklägerin hat gegen die Verfügungsbeklagte auch keinen Anspruch auf Unterlassung der beanstandeten Handlungen aus §§ 8 I 1, III Nr. 1; 3; 5 I, II 1 Nr. 3; 4 Nr. 11 UWG.
Ein Anspruch scheitert bereits daran, dass die Verfügungsklägerin nicht ein Mitbewerber der Verfügungsbeklagten im Sinne von § 8 III Nr. 1 UWG ist. Mitbewerber ist, wer als Anspruchsteller in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis gemäß § 2 I Nr. 3 UWG mit dem Anspruchsgegner steht. Ein solches konkretes Wettbewerbsverhältnis ist anzunehmen, wenn Unternehmen die gleichen oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Abnehmerkreises abzusetzen versuchen, mit der Frage, dass die beanstandete Wettbewerbshandlung das andere Unternehmen in seinem Absatz stören oder behindern kann (Baumbach/Hefermehl-Köhler Wettbewerbsrecht 23. Aufl. § 2 Rn. 59, BGH GRUR 1998, 1039, 1040-Fotovergrößerungen; BGH GRUR 1999, 69, 70 - Preisvergleichsliste II; BGH GRUR 2000, 909; Filialleiterfehler; BGH GRUR 2001, 258-Immobilienpreisangabe; BGH GRUR 2001, 260 - Vielfachabmahner).
Die von den Parteien angebotenen Waren und Dienstleistungen sind vorliegend nicht vergleichbar. Die Verfügungsklägerin erbringt Leistungen im Rahmen ihrer Tätigkeit als Schlüsselnotdienst. Hingegen handelt die Verfügungsbeklagte als Erbringer von Telekommunikationsdienstleistungen. Schließlich unterhält nicht die Verfügungsbeklagte das Elektronische Telefonnummernverzeichnis U": Diese Aufgabe obliegt vielmehr einer Tochtergesellschaft der Verfügungsbeklagten, nämlich der L2.
Die Verfügungsbeklagte haftet auch nicht als Mitstörer für das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft, denn sie fördert nicht fremden Wettbewerb. In einem Fall von Förderung fremden Wettbewerbs muss das konkrete Wettbewerbsverhältnis zwischen dem geförderten Unternehmen und dessen Mitbewerber bestehen (Baumbach/Hefermehl-Köhler § 2 Rn. 72; BGH GRUR 1990, 375, 376 - Steuersparmodell; BGH GRUR 1997, 907, 908 - Emil Grünbär Club; BGH GRUR 1997, 909; Branchenbuch Nomenklatur). Dabei haftet auch derjenige als Störer, wer den Wettbewerbsverstoß durch eigenes Verhalten fördert oder erst ermöglicht, in dem er vorsätzlich zu einer Lage beiträgt, die nach der Lebenserfahrung zu einem bestimmten wettbewerbswidrigen Verhalten eines Unternehmens führt, dass zu seinen Abnehmern zählt (OLG GRUR RR2004, 181, 182; BGH GRUR 2003, 624 - Kleidersack). Auch der ohne Wettbewerbsförderungsabsicht und ohne Verschulden Handelnde kann auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genommen werden, wenn er willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung und Aufrecherhaltung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat und dabei Prüfungspflichten verletzt hat, die nach Lage des Einzelfalles zumutbar waren (BGHZ 148, 13 ambiente.de). Grundsätzlich treffen den Anspruchsgegner vor einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung keine Prüfungspflichten, da insoweit eine Prüfung bei typischen alltäglichen Handlungen mit massenhaftem Charakter zu zeit- und kostenintensiv wäre (Phase I BGHZ 148, 13). Hingegen treffen in der Phase nach einer erfolgten Abmahnung den Abgemahnten eingeschränkte Prüfungspflichten, wobei die Rechtsverletzung für den Abgemahnten eindeutig, zweifelsfrei und unschwer erkennbar sein muss, sich also geradezu aufdrängt (BGHZ 148, 13 m.w.N.; BGH GRUR 1997, 909 -Branchenbuch Nomenklatur).
Die Verfügungsklägerin ist vorliegend der Ansicht, die Verfügungsbeklagte fördere zumindest fremden Wettbewerb, in dem sie das elektronische Telefonrufnummernverzeichnis U" unterhalten lasse. Darüber hinaus habe die Verfügungsbeklagte bereits bei der Eintragung der beanstandeten Kundendaten in das Verzeichnis die Wettbewerbswidrigkeit der Eintragung unschwer und zweifelsfrei erkennen können. Die Verfügungsbeklagte ist demgegenüber der Ansicht, sie handele nicht zu Zwecken des Wettbewerbs, insbesondere, komme keine Förderung fremden Wettbewerbs nicht in Betracht, da sie lediglich eine Datensammlung unterhalte, deren Inhalt sie kostenpflichtig zwecks Erstellung von den besagten Verzeichnissen weitergebe; Die Veröffentlichung dieser Verzeichnisse erfolge über ihre Tochtergesellschaft L2. Eine Förderung fremden Wettbwerbs komme auch nicht durch den Absatz des Produkts "P" in Betracht, da dieses wettbewerbsneutral sei und nicht unmittelbar in den Wettbewerb eingreife.
Die Verfügungsklägerin ist zu Unrecht der Ansicht, die Verfügungsbeklagte hafte aus den dargestellten Gründen als Mitstörer. Grundsätzlich kann eine Wettbewerbsförderungsabsicht der Tochtergesellschaft der Verfügungsbeklagten L2 vorliegen, da diese durch die Veröffentlichung von Kundendaten in Telefonverzeichnissen den Absatz von Waren und Dienstleistungen ihrer Kunden zumindest mittelbar fördert (BGH NJW 1994, 2827 - Suchwort). Andererseits ist die Verfügungsbeklagte zur Herausgabe von Telefonrufnummernverzeichnisse verpflichtet und nimmt dabei eine Aufgabe im öffentlichen Interesse wahr (OLG Düsseldorf GRUR RR 2003, 255, 257). Die Herausgabe dieser Verzeichnisse erfolgt freilich durch eine Tochtergesellschaft der Verfügungsbeklagten, welche von dieser rechtlich unabhängig agiert und auch keinen Weisungen der Verfügungsbeklagten unterliegt. Schließlich bestimmt der Kunde der Verfügungsbeklagten gemäß § 104 TKG selbst, welche Daten in das Verzeichnis aufgenommen werden sollen.
Die Verfügungsbeklagte hat auch keine Prüfungspflichten verletzt. Die Verfügungsbeklagte wurde bereits abgemahnt, so dass sie grundsätzlich eingeschränkten Prüfungspflichten unterliegt. Vorliegend handelt es sich jedoch um eine massenhafte Sammlung und Weitergabe von Daten, die im öffentlichen Interesse und aufgrund einer gesetzlichen Pflicht erfolgt. Die Verfügungsbeklagte unterlag auch nach der Abmahnung keinen weiteren Prüfungspflichten. Der Verfügungsbeklagten mußte sich nicht aufdrängen, dass die beanstandete Eintragung ohne Nennung des Firmensitzes oder der Anschrift einer Niederlassung wettbewerbswidrig sein könnte. Weder die Verfügungsbeklagte noch deren Tochtergesellschaft kann unschwer alle eingetragenen Firmen auf deren Ansässigkeit im jeweiligen Ortsnetzbereich überprüfen, denn selbst wenn die eingetragenen Firmen nicht im Ortsnetzbereich ansässig sind, oder eine Niederlassung betreiben, hindert dieser Umstand die jeweiligen Unternehmen nicht daran, ihre Leistungen in dem jeweiligen Ortsnetzbereich zu erbringen. Erst wenn ein Unternehmen eindeutig keine Leistungen in dem angegebenen Ortsnetzbereich erbringt, kommt ein wettbewerbswidriger Eintrag in Betracht. Diesen Umstand kann die Verfügungsbeklagte bzw. deren Tochtergesellschaft jedoch nur unter hohem Zeit- und Kostenaufwand überprüfen.
Auch § 21 II 1 TKV, der den Mindestinhalt einer Eintragung bestimmt, steht dieser Ansicht nicht entgegen. Grundsätzlich ist demnach die Anschrift des Kunden in das Verzeichnis einzutragen. Andererseits hat freilich der Kunde zu bestimmen, welche Daten von ihm in ein Telefonrufnummernverzeichnis aufgenommen werden. Sollte die Verfügungsbeklagte oder ihre Tochtergesellschaft dennoch gegen den Willen des Kunden Angaben veröffentlichen oder veröffentlichen lassen, so würde sie sich unter Umständen aus datenschutzrechtlichen Gründen haftbar machen. Insofern bleibt es bei der gesetzlichen Pflicht der Verfügungsbeklagten, die Daten so, wie es der Kunde bestimmt, zu sammeln und an die Herausgeber von Telefonverzeichnissen herauszugeben.
Schließlich handelt es sich bei § 21 II 1 TKV auch um eine wertneutrale Norm im Sinne von § 4 UWG. Während der Verstoß gegen wertbezogene Normen regelmäßig die Wettbewerbswidrigkeit indiziert erfordert der Verstoß gegen wertneutrale Normen, denen keine sittliche Bewertung zugrunde liegt, sondern die aus Gründen ordnender Zweckmäßigkeit erlassen wurden, eine bewusste und planwidrige Übertretung (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/von Jagow UWG-Kommentar 2004 § 4 Rn. 12).
Die Vorschrift des §§ 21 II I TKV dient u. a. der Transparenz der am Telekommunikationsverkehr Teilnehmenden. Diese Transparenz kann regelmäßig durch die Nennung der Anschrift bzw. des Firmensitzes hergestellt werden. Der Schutz eines besonders hohen Rechtsgutes, dessen Verletzung namentlich strafrechtliche Relevanz beizumessen wäre, ist durch § 21 II I TKV nicht bezweckt. Die Norm dient allerdings auch dem Schutz der Marktteilnehmer. Markteilnehmer sind gemäß § 2 I Nr. 2 neben Verbrauchern und Mitbewerbern alle Personen, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig sind. Durch den Mindestinhalt der Eintragung soll u. a. sichergestellt werden, dass die am Telekommunikationsverkehr Teilnehmenden für Mitbewerber oder Verbraucher bekannt und erreichbar sind. Des weiteren soll die Gefahr von sogenannten Phantomfirmen reduziert werden, in dem auch die Anschrift, zu der auch der Firmensitz gehört, in das Telefonverzeichnis einzutragen ist. Die Norm dient damit im Interesse der Marktteilnehmer der Transparenz im Geschäftsverkehr.
Die Verfügungsbeklagte übertritt jedoch nicht planmäßig und bewusst den § 21 II 1 TKV. Sie hat Kenntnis über den verwaltungsmäßigen Sitz ihres Kunden. Darüber hinaus ist ihr aufgrund der Mitteilung der Regulierungsbehörde 306/2004 auch die Regelwidrigkeit ihrer Handlungen bekannt. Andererseits verpflichtet die Mitteilung der Regulierungsbehörde die Verfügungsbeklagte lediglich zur Abschaltung der Rufnummern, nicht zur Nennung der vollständigen Anschrift der Kunden in Telefonrufnummernverzeichnissen. Darüber hinaus legen die Fristen einen Zeitpunkt, den 01.02.2007, fest, bis zu dem eine Abschaltung der Rufnummern spätestens durchzuführen ist. Schließlich kommt eine wettbewerbswidrige Eintragung erst in Betracht, wenn der Kunde der Verfügungsbeklagten eindeutig und zweifelsfrei keine Dienstleistungen oder Waren im Ortsnetzbereich von Dortmund erbringt. Zu dieser Tatsache kann die Verfügungsbeklagte freilich ohne unzumutbaren Zeit- und Kostenaufwand keine Prüfung durchführen. Selbst wenn man den Vortrag der Verfügungsklägerin zugrundelegt, die Gespräche würden in ein Callcenter umgeleitet, so muss sich eine fehlende Dienstleistungserbringung durch den Kunden im Ortsnetzbereich E, sei es auch durch Subunternehmen, nicht geradezu aufdrängen. Ein Anspruch der Verfügungsklägerin aus den Normen des TKG und TKV kommt deshalb nicht in Betracht.
Die Verfügungsklägerin hat gegen die Verfügungsbeklagte aber auch keinen Anspruch aus §§ 15 a I; 15 b I 1 GewO. Die Normen sind dem öffentlichen Recht zuzuordnen, denn die Gewerbeordnung berechtigt den Staat geeignete Maßnahmen zu treffen, sollte ein Gewerbetreibender gegen Normen der Gewerbeordnung verstoßen. Aber auch unabhängig von dieser Frage ist bereits der Anwendungsbereich der Norm nicht eröffnet. Die Verfügungsklägerin rügt nicht die fehlende vorschriftsmäßige Anbringung des Namens bzw. der Firma der Verfügungsbeklagten oder der Firma A!A.B.O.S.S. an einer offenen Verkaufstätte gemäß § 15 a I GewO, noch bezieht sie sich auf einen nach § 15 b I 1 GewO formell mangelhaften Geschäftsbrief aufgrund der fehlenden Angabe des Firmensitzes im Telefonbuchverzeichnis "U".
Schlussendlich scheitern auch Ansprüche aus §§ 823, 1004 BGB daran, dass kein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb im Sinne eines sonstigen Rechts vorliegt; ein solcher scheitert am Fehlen eines betriebsbezogenen Eingriff. Eine solche Beeinträchtigung erfordert eine spezifisch gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit gerichtete Handlung, nicht nur eine Verletzung vom Betrieb ohne weiteres ablösbarer Rechte oder Rechtsgüter. Namentlich stellt die Nichteintragung eines Betriebs in ein Branchentelefonbuch keinen Eingriff dar (OLG Düsseldorf VersR 1997, 589). Die Verfügungsbeklagte trug die T in ihr Internet-Telefonverzeichnis ohne Nennung deren Firmensitzes ein. Unabhängig von der Frage, ob die Verfügungsbeklagte dadurch gegen Normen des TKG verstieß oder ob die Firma T einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Verfügungsklägerin erlangte, wurde durch die Eintragung nicht in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit der Verfügungsklägerin eingegriffen. Auch der Schutz des Wettbewerbs stellt kein absolutes Recht zu Gunsten der Person dar, mit Hilfe dessen jede andere Person von der Einwirkung auf den Wettbewerb ausgeschlossen ist. Gemäß § 1 UWG dient das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vornehmlich zum Schutz der Mitbewerber und sonstigen Markteilnehmer vor unlauterem Wettbewerb, sowie dem Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. Das UWG schützt vielmehr die Qualität des Wettbewerbs in dem es einzelne Wettbewerbshandlungen für unzulässig erklärt.
Die Verfügungsklägerin hat auch keinen Anspruch gegen die Verfügungsbeklagte gemäß dem Antrag zu 2.). Nach dem Gesagten bestimmt der Kunde selbst den Umfang der Eintragung seiner Daten in eine Datensammlung bzw. in ein Telefonrufnummernverzeichnis. Die Verfügungsbeklagte treffen auch nach der Abmahnung keine Prüfungspflichten über den Sitz, die Niederlassung oder den Ort der Leistungserbringung durch den Kunden.
Der Verfügungsklägerin steht schließlich, abgesehen von der Unbegründetheit als Leistungsantrag, auch kein Anspruch gemäß dem Antrag zu 3.) deshalb zu, weil die Verfügungsbeklagte die Veröffentlichung der beanstandeten Eintragung über ihre Tochtergesellschaft in Zukunft erst dann unterlassen müsste, wenn sich ihr aufdrängen würde, dass der Kunde keine Waren oder Dienstleistungen im Ortsnetzbereich E erbringt. Aus den dargestellten Gründen treffen die Verfügungsbeklagte keine dahingehende Prüfungspflichten.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I 1; 709 Satz 1 ZPO.
LG Dortmund:
Urteil v. 07.07.2005
Az: 16 O 104/05
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