Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 11. Mai 2005
Aktenzeichen: I-15 U 196/04
(OLG Düsseldorf: Urteil v. 11.05.2005, Az.: I-15 U 196/04)
I-15 U 196/04
Urteil vom 11. Mai 2005 (rechtskräftig)
L e i t s a t z :
1. Die Óbermittlung unrichtiger Daten an die Schufa ist nicht von einem berechtigten Interesse des Kreditinstitutes gedeckt. Unrichtig in diesem Sinne sind auch solche Daten, die zwar für sich genommen zutreffen, durch die aber infolge fehlender Voreintragungen der unrichtige Eindruck eines aktuellen vertragswidrigen Verhaltens hervorgerufen wird.
2. Würde der Widerruf einer unrichtigen Datenübermittlung an die Schufa den unzutreffenden Eindruck hervorrufen, eine Darlehensverbindlichkeit sei vertragsgemäß getilgt worden, reduziert sich der Beseitigungsanspruch des Bankkunden auf einen Richtigstellungsanspruch.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 6.8.2004 verkündete Teilaner-kenntnis- und Schlussurteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Aktenzeichen: 15 O 64/04 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, die gegenüber der Schufa zum 16.10.2003, 02.01.2004 und 02.04.2004 abgegebenen Meldungen "Konto in Ab-wicklung" zum Konto ..... zu widerrufen.
Der Beklagten wird untersagt, hinsichtlich des unter der Kundennum-mer ..... bei der Beklagten geführten Kredites und des Kontos ..... Negativmerkmale an die Schufa zu melden, sofern keine neueren Ver-tragsverstöße der Klägerin vorliegen. Für jeden Fall der Zuwiderhand-lung wird der Beklagten ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, angedroht.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, die gegenüber der Schufa mit Schreiben vom 6.8.2003 übermittelten Einträge "Saldovergleich" in Hö-he von 11.000,00 EUR, zahlbar in monatlichen Raten von 260,00 EUR ab 05.06.2003 sowie "Schuldsaldo" per 06.08.2003 in Höhe von 10.480,00 EUR, dahingehend zu berichtigen, dass diese Eintragungen Folge der am 13.8.1998 erfolgten Kündigung des Kreditvertrages wegen Zahlungs-verzuges und nicht Folge eines aktuellen vertragswidrigen Verhaltens sind.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3; die Kosten der Berufung werden gegeneinander aufgeho-ben.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zum Widerruf einer Mitteilung der Beklagten an die Schufa.
Die Klägerin nahm bei der Beklagten am 7.5.1996 ein Darlehen über einen Betrag von 26.178,00 EUR auf. Auf der Vorderseite des Kreditvertrages (Bl. 113 GA) findet sich folgende Klausel:
"Einwilligung zur Übermittlung von Daten an die Schufa/KSV
Ich willige ein, daß das Kreditinstitut, die F. AG, der für meinen Wohnsitz zuständigen Schufa-Gesellschaft (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung) Daten über die Beantragung, die Aufnahme (Kreditnehmer, Mitschuldner, Kreditbetrag, Laufzeit, Ratenbeginn) und vereinbarungsgemäße Abwicklung (z.B. vorzeitige Rückzahlung, Laufzeitverlängerung) dieses Kredits übermittelt. Soweit hiernach eine Übermittlung erfolgen kann, befreie ich das Kreditinstitut zugleich vom Bankgeheimnis.
...
Weitere Hinweise auf der Rückseite."
Auf der Rückseite des Vertragsformulars findet sich folgender Hinweis (Bl. 114 GA):
"Unabhängig von den auf der Vorderseite genannten Meldungen wird das Kreditinstitut der Schufa auch Daten aufgrund nicht vertragsgemäßen Verhaltens (z.B. Kündigung des Kredits, Inanspruchnahme einer vertraglich vereinbarten Lohnabtretung, beantragter Mahnbescheid bei unbestrittener Forderung sowie Zwangsvollstreckungsmaßnahmen) melden. Diese Meldungen dürfen nach dem Datenschutzgesetz nur erfolgen, soweit dies zur Wahrung berechtigter Interessen des Kreditinstituts, eines Vertragspartners der Schufa oder der Allgemeinheit erforderlich ist und dadurch meine schutzwürdigen Belange nicht beeinträchtigt werden. ..."
Nachdem die Beklagte mit der Bedienung dieses Kredites in Zahlungsverzug kam, kündigte die Beklagte den Kreditvertrag zum 13.8.1998; zugleich kündigte die Beklagte auch das Girokonto der Klägerin, welches sie unter der Nummer ..... führte. Diese Kündigung ist aus zwischen den Parteien streitigen Gründen im Datenbestand der Schufa nicht gespeichert.
Mit Schreiben vom 5.6.2003 (Bl. 10 GA) erklärte sich die Beklagte bereit, den Gesamtrestbetrag aus beiden Konten (Kreditkonto und Girokonto) auf 11.000,00 EUR zu reduzieren und für den Fall einer fristgerechten Ratenzahlung von monatlichen Raten in Höhe von 260,00 EUR keine weiteren Verzugszinsen und Kosten zu berechnen. Die Beklagte zahlte darauf hin monatlich die geforderten Beträge.
Mit Nachmeldung vom 10.7.2003 meldete die Beklagte der Schufa zu den beiden Kontennummern zwei - unzutreffende - Salden. Mit Schreiben vom 6.8.2003 (Bl. 115 GA) teilte die Beklagte der Schufa mit, dass die Saldenmitteilung nicht korrekt sei und unter dem 5.6.03 eine Forderungsfestschreibung auf 11.000,00 EUR mit monatlichen Raten i.H.v. 260,00 EUR vereinbart worden sei. Die Restforderung beliefe sich auf 10.480,00 EUR. Die Schufa nahm daraufhin folgende Eintragung in ihrem Datenbestand vor:
"F. AG & Co. KGaA -:
Kredit EURO 26.178 in 72 Raten ab 07.05.1996 KtoNr ..... Saldovergleich EURO 11.000 am 05.06.2003 EUR 260 Mtl. ab 05.06.2003 Saldo EURO 10.480 am 06.08.2003 KtoNr ....."
Zu dem - in der Berufung nicht mehr in Streit befindlichen - Girokonto ..... teilte die Beklagte der Schufa das Merkmal "Konto in Abwicklung" mit steigenden Salden per 16.10.2003, 2.1.2004 und 2.4.2004 mit.
Die Klägerin hat behauptet, die ursprüngliche Kündigung des Kredites und des Girokontos sei der Schufa nicht gemeldet worden. Bei den mitgeteilten Merkmalen handele es sich um Negativmerkmale. Dies ergebe sich vor allem daraus, dass nur die Kreditgewährung und der Saldovergleich, nicht aber die Kündigung des Kredites eingetragen seien; hierdurch entstehe der Eindruck, die Klägerin habe bis zum 5.6.2003 den Kredit ordnungsgemäß bedient und dann sei es zu einem nicht vertragsgemäßen Verhalten der Klägerin gekommen. Dieser Eindruck sei unrichtig, weil der Mitteilung vom 6.8.2003 kein aktuelles vertragswidriges Verhalten der Beklagten zugrunde liege. Die Merkmale Schuldsaldo und Saldovergleich ließen aber nur den Schluss auf ein aktuell vertragswidriges Verhalten zu. Sie hat ferner die Ansicht vertreten, es liege kein Saldovergleich vor, sondern ein einseitiger Forderungsverzicht der Beklagten. Die Mitteilung an die Schufa sei auch deshalb unrichtig. Die X-Bank habe wegen der von der Beklagten veranlassten Eintragungen mit Schreiben vom 30.7.2003 das gemeinschaftliche Konto der Klägerin und ihres Ehemannes gekündigt; die Y-Bank habe sich geweigert, ein Girokonto für die Klägerin einzurichten. Schließlich ist sie der Ansicht, die Schufa-Klausel benachteilige sie unangemessen und sei deshalb unwirksam.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, den von ihr per 06.08.2003 an die Schufa übermittelten Eintrag "Saldovergleich" in Höhe von 11.000,00 EUR, zahlbar in monatlichen Raten von 260,00 EUR ab 05.06.2003 und "Schuldsaldo" per 06.08.2003 in Höhe von 10.480,00 EUR zum Konto ..... sowie die per 16.10.2003, 02.01.2004 und 02.04.2004 abgegebenen Meldungen "Konto in Abwicklung" zum Konto ..... zu widerrufen; der Beklagten zu untersagen, hinsichtlich des unter der Kundennummer ..... bei der Beklagten geführten Kredites und des Kontos ..... Negativmerkmale an die Schufa zu melden, sofern keine neueren Vertragsverstöße der Klägerin vorliegen; der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Gebot zu 2. ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, anzudrohen;
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht die Klageanträge anerkannt, soweit sie das Konto ..... betreffen und im Übrigen beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, die Kündigung des Kredit- und des Girokontos habe sie am 12.8.1998 der Schufa gemeldet. Aus ungeklärten Gründen sei es in der Folgezeit zu Schwierigkeiten beim Datenträgeraustausch zwischen der Schufa und der Beklagten gekommen, weshalb die Schufa nach drei Jahren die Eintragungen über die Kündigung gelöscht habe. Es handele sich auch nicht um Negativmerkmale; diese seien vielmehr positiv in Bezug auf das spätere Verhalten der Klägerin nach der Kreditkündigung.
Das Landgericht hat die Beklagte mit Teilanerkenntnis- und Schlussurteil vom 6.8.2004, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Absatz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, gemäß ihrem Anerkenntnis verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Landgericht hat ausgeführt, hinsichtlich der das Kreditkonto betreffenden Mitteilungen läge keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin vor. Die Übermittlung der Daten sei sowohl von der Schufa-Klausel, als auch von § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG gedeckt. Es handele sich um Daten, die die vereinbarte Kreditabwicklung beträfen, denn die Klägerin habe das Vergleichsangebot der Beklagten durch die Aufnahme der Ratenzahlungen angenommen. Die Übermittlung der Daten sei auch nach Abwägung der widerstreitenden Interessen gerechtfertigt gewesen. Es sei unbeachtlich, dass kein aktuelles vertragswidriges Verhalten der Klägerin der Mitteilung zugrunde liege, denn die Mitteilung habe ihren Grund in dem vertragswidrigen Verhalten im Jahre 1998. Aus den Meldungen sei nicht ersichtlich, dass der Kredit gekündigt worden sei, weshalb es sich nicht um Negativmerkmale handele. Das Unterlassen von Meldungen in der Vergangenheit könne nicht dazu führen, dass aktuelle Schufa-Einträge gänzlich unzulässig wären.
Dieses Urteil ist der Klägerin am 6.9.2004 zugestellt worden. Sie hat gegen das Urteil mit Schriftsatz vom 23.9.2004, der am 27.9.2004 bei Gericht eingegangen ist, Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 6. Dezember 2004 mit am 6. Dezember 2004 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tage begründet.
Die Klägerin ist der Ansicht, das Landgericht habe verkannt, dass es sich um sogenannten "harte" Negativmerkmale handele; laufende Eintragungen zu einem Vertragsverhältnis erfolgten nur als Negativeintragungen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 6.8.2004 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf, Az.: 15 O 64/04,
die Beklagte zu verurteilen, den von ihr per 06.08.2003 an die Schufa übermittelten Negativeintrag "Saldovergleich" in Höhe von 11.000,00 EUR, zahlbar in monatlichen Raten von 260,00 EUR ab 05.06.2003 sowie "Schuldsaldo" per 06.08.2003 in Höhe von 10.480,00 EUR zu widerrufen; der Beklagten zu untersagen, hinsichtlich des unter der Kundennummer .... bei der Beklagten geführten Kredites Negativmerkmale an die Schufa zu melden, sofern keine neueren Vertragsverstöße der Klägerin vorliegen; der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Gebot zu 2. ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, anzudrohen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das angefochtene Urteil.
II.
Die Berufung ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
(1)
Die Klägerin hat zwar keinen Anspruch auf Widerruf der Mitteilung der Beklagten an die Schufa vom 6. August 2003, weil durch den bloßen Widerruf der Mitteilung der Datenbestand der Schufa unrichtig würde, aber einen Anspruch auf Berichtigung der Mitteilung dahingehend, dass Veranlassung für den Ratenzahlungsvergleich die Kündigung vom 13. August 1998 war. Der Anspruch folgt aus entsprechender Anwendung der §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB.
(2)
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass eine nicht von den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) gedeckte Übermittlung personenbezogener Daten eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt, das als sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB auch negatorischen Schutz nach den allgemeinen Vorschriften genießt. Insofern kann ein Anspruch auf Widerruf wie auch ein solcher auf Richtigstellung als Beseitigungsanspruch der durch die unzulässige Übermittlung entstandenen Störung aus entsprechender Anwendung von § 1004 Abs. 1 BGB gegeben sein (grundlegend: BGH NJW 1984, 436, 436).
a) Die Übermittlung der Daten war nicht durch die Einwilligung der Klägerin in Form der AGB-mäßigen Vereinbarung der sog. Schufa-Klausel in dem der Mitteilung der Beklagten an die Schufa zugrunde liegenden Kreditvertrag gedeckt. (§ 4 Abs. 1 3. Alt. BDSG).
Es kann dahinstehen, ob die Schufa-Klausel wirksam vereinbart war. Ebenso kann dahinstehen, ob die Mitteilung vom 6. August 2003 die Mitteilung eines "Negativmerkmals" darstellt, die ohnehin nicht durch die Schufa-Klausel gerechtfertigt wäre (vgl. Kloepfer/Kutzschbach, Schufa und Datenschutzrecht, MMR 1998, 650, 652), denn die Mitteilung vom 6. August 2003 ist unabhängig davon nicht vom Wortlaut der mit der Schufa-Klausel erteilten Einwilligung erfasst.
Die Mitteilung eines Saldovergleiches und des aktuellen Saldos könnte insoweit allenfalls unter den Begriff "vereinbarungsgemäße Abwicklung (z.B. vorzeitige Rückzahlung, Laufzeitverlängerung)" fallen. Dies ist bei der gegebenen Sachlage aber unabhängig von der Frage, ob ein Vergleich vereinbart wurde oder ob die Beklagte lediglich einseitig auf einen Teil ihrer Forderungen verzichtet hat, nicht der Fall. Die Beklagte hat den Darlehensvertrag unstreitig wegen Zahlungsverzuges außerordentlich zum 13.8.1998 gekündigt. Mit der Kündigung des Kreditvertrages endete die "vereinbarungsgemäße Abwicklung" dieses Vertrages. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Parteien fünf Jahre nach dieser Kündigung eine Vereinbarung über die danach noch bestehenden Ansprüche getroffen haben, handelt es sich dabei um eine neue Vereinbarung und nicht um eine vereinbarte Abänderung des durch die Kündigung beendeten Kreditvertrages.
b) Die Datenübermittlung war in der vorliegenden Form auch nicht nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr.2 BDSG zulässig.
Nach dieser Bestimmung ist die Übermittlung personenbezogener Daten zulässig, soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt. Die übermittelnde Stelle hat danach in jedem Einzelfall eine am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte Abwägung zwischen ihren berechtigten Interessen und den schutzwürdigen Belangen des Betroffenen vorzunehmen (BGH NJW 1984, 436, 437;BGH MDR 1984, 822, 822; Kloepfer/Kutzschbach, MMR 1998, 650, 653 f.).
Dabei ist das Ziel des Schufa-Systems, die Kreditvergabe an Kreditunwürdige zu verhindern, grundsätzlich als berechtigtes Interesse anzuerkennen (BGH NJW 1984, 436, 437). Maßgeblich für die Beurteilung des berechtigten Interesses im Einzelfall ist dabei, welche Bedeutung das mitgeteilte Merkmal für das Kreditsicherungssystem hat (BGH NJW 1984, 436, 437.; BGH MDR 1984, 822, 823; Kloepfer/Kutzschbach, MMR 1998, 650, 654).
Ein berechtigtes Interesse der Bank an der Übermittlung ist danach jedenfalls dann zu verneinen, wenn die mitgeteilte Information unrichtig ist (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1989, 1011, 1011).
Die übermittelten Daten sind nicht also solche unrichtig.
Die Bezeichnung der der Forderungsreduzierung und Ratenzahlung zugrunde liegenden Abrede als "Saldovergleich" ist nach Überzeugung des Senats inhaltlich zutreffend, denn entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich nicht um einen einseitigen Forderungsverzicht, sondern um eine vergleichsweise Einigung über die Rückführung der gegenüber der Beklagten bestehenden Verbindlichkeiten. In dem Schreiben vom 5.6.2003 ist davon die Rede, dass die Beklagte die "bisherigen Verhandlungen" mit der Klägerin abschließen wolle. Ferner heißt es dort ausdrücklich: "Bitte haben Sie Verständnis, daß bei einem Rückstand einer Rate von mehr als 7 Tagen der Vergleich ungültig wird ...". Damit hat die Beklagte hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie der Klägerin anbietet, die zwischen ihnen in Verhandlungen stehende Forderungsrückführung auf der in dem Schreiben dargelegten Grundlage zu erledigen. Dieses Angebot hat die Klägerin jedenfalls konkludent dadurch angenommen, dass sie die Ratenzahlung entsprechend dem Vergleichsangebot aufgenommen hat.
Die Angabe, dass zwischen den Parteien ein Saldovergleich zu den mitgeteilten Konditionen zustande gekommen ist, ist damit nicht objektiv unrichtig.
Es kommt damit auf die Frage an, welche Bedeutung die Mitteilung des Saldovergleichs vom 5.6.2003 für das Kreditsicherungssystem hat. Die Beklagte macht insoweit geltend, dass ohne die Eintragung der unrichtige Eindruck entstünde, die Klägerin habe gegenüber der Beklagten keine Kreditverpflichtung. Die Eintragung sei ferner erforderlich, um nach der Kündigung des Kredites darzulegen, dass eine Ratenvereinbarung getroffen wurde, da dies die Wirkung des zunächst gemeldeten Merkmals "Kreditkündigung" abmildere. Hierzu sei die Beklagte daher gerade im Interesse der Klägerin verpflichtet gewesen (so OLG Hamm, NJW-RR 1989, 1011, 1012).
Die Beklagte kann ihr Interesse nicht darauf stützen, dass sie zur Abmilderung des zunächst gemeldeten Merkmals "Kreditkündigung" verpflichtet war, die Ratenzahlungsvereinbarung nachzumelden. Zwar trifft es zu, dass im Falle einer nachträglichen Einigung über die Ratenzahlung grundsätzlich im Interesse des Kunden eine Meldung dieser Vereinbarung an die Schufa zu erfolgen hat (so OLG Hamm, NJW-RR 1989, 1011, 1012). Hier ist die Sachlage aber deshalb anders, weil es einen Eintrag bei der Schufa über die Kündigung des Kredites nicht, zumindest nicht mehr, gibt. Es bestand daher auch keine Veranlassung, die Wirkung eines solchen Eintrages abzumildern.
Richtig ist allerdings, dass der Eindruck entstehen würde, es stünden keine Beträge mehr offen und der Kreditvertrag aus dem Jahre 1996 sei störungsfrei abgewickelt worden, wenn lediglich die jetzt streitige Meldung an die Schufa widerrufen würde. Vertragsgemäß wäre das Darlehen nämlich im Mai 2002 zurückgezahlt gewesen, die Angaben über den Kredit aber noch bis Mai 2005 gespeichert worden. Wenn nun keine weiteren Angaben vorhanden sind, entsteht in zweifacher Hinsicht ein unrichtiger Eindruck: Zum einen entsteht der Eindruck, die Klägerin habe gegenüber der Beklagten keine Verbindlichkeiten mehr, zum anderen entseht der Eindruck einer reibungslosen Vertragsabwicklung. Beide Eindrücke sind jedoch falsch und vermitteln insbesondere einen unrichtigen Eindruck über die Kreditwürdigkeit der Klägerin. Die Meldung ist damit erforderlich, um den Teilnehmern des Schufa-Systems eine zutreffende Beurteilung des Kreditrisikos zu ermöglichen.
Demgegenüber ist das berechtigte Interesse der Klägerin abzuwägen. Zu recht weist die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hin, dass durch das Fehlen der Zwischeneintragung über die Kreditkündigung der Eindruck entstehen könnte, Anlass für den Saldovergleich sei ein aktuelles vertragswidriges Verhalten. Dies trifft auch zu, da ohne die Mitteilung der Kreditkündigung für den Geschäftsverkehr sonst nicht verständlich wäre, warum die Beklagte mit der Klägerin einen Ratenzahlungsvergleich geschlossen haben sollte. Dies verkennt letztlich auch die Beklagte nicht, wenn sie herausstellt, dass die Mitteilung im Zusammenhang mit der vorangegangenen Kündigung für die Klägerin positiv sei, weil sie die nachfolgende Einigung mit der Beklagten belege. Das Problem besteht hier aber gerade darin, dass die Mitteilung nicht im Zusammenhang mit der vorangegangenen Kündigung des Kredites steht, weil diese - aus welchen Gründen auch immer - im Datenbestand der Schufa jedenfalls aktuell nicht gespeichert ist. Der Zusammenhang mit der Kündigung ist daher aus dem Datenbestand nicht ersichtlich. Für den Empfänger einer derart unvollständigen Auskunft ist daher der Schluss naheliegend, dass die Beklagte zu dem Saldovergleich durch ein aktuelles vertragswidriges Verhalten der Klägerin veranlasst worden sein könnte. Dass dieses Verhalten fünf Jahre zurücklag, kann er nicht erkennen.
Ein erhebliches Interesse der Klägerin daran, dass durch die Auskünfte der Schufa nicht ein derart unrichtiger Eindruck erweckt wird, ist demnach zu bejahen.
Dies kann aber im Ergebnis nicht zu einer Verpflichtung der Beklagten führen, ihre Mitteilung vom 6.8.2003 zu widerrufen. Wie bereits oben ausgeführt, entstände nämlich durch den Widerruf ebenfalls ein unrichtiger Eindruck zu Gunsten der Klägerin. An der Vermeidung eines solchen Eindrucks hat die Beklagte als Teilnehmerin des Schufa-Systems aber ein anerkennens- und schützenswertes Interesse. Würde die Beklagte zum Widerruf ihrer Mitteilung verurteilt, würde sie ihrerseits gezwungen, gegenüber der Schufa einen - zu Gunsten der Klägerin - unrichtigen Sachverhalt mitzuteilen, da die dann noch verbleibenden Eintragungen den Schluss auf eine ordnungsgemäß abgeschlossene Kreditabwicklung zulassen würden. Die Beklagte würde damit verpflichtet werden, den Datenbestand der Schufa unrichtig zu machen.
Es bleibt somit im Ergebnis festzuhalten, dass ein uneingeschränkter Widerrufsanspruch der Klägerin daher nicht bestehen kann.
(3)
Die Klägerin hat aber einen Anspruch auf Richtigstellung der vorhandenen Eintragung.
Der Senat schließt sich der Ansicht des Oberlandesgerichts Hamm (OLG Hamm, NJW-RR 1989, 1011, 1012) an, dass ein derartiger Richtigstellungsanspruch als Ergebnis der von § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG geforderten Güterabwägung gegeben ist, wenn durch eine für sich genommen zutreffende Mitteilung an die Schufa ein unrichtiger Eindruck erweckt wird. Der Entscheidung des OLG Hamm lag dabei der Sache nach der umgekehrte Sachverhalt zu Grunde und das OLG Hamm hat einen Anspruch des Bankkunden auf Mitteilung der Ratenzahlungsvereinbarung angenommen.
Die Sachlage ist im vorliegenden Fall insoweit vergleichbar mit der Situation im Äußerungsrecht, in der durch den Widerruf einer unwahren Tatsachenbehauptung zugleich eine ebenfalls unwahre Tatsache behauptet wird. Der aus entsprechender Anwendung des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB herzuleitende Beseitigungsanspruch reduziert sich auch in derartigen Fällen auf einen Richtigstellungsanspruch (vgl. Gamer in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. Rz. 13.65; BGH NJW 1982, 2246, 2248).
Diese Grundsätze sind auch auf die Mitteilungen an die Schufa anzuwenden, denn der Sache nach sind die Fallgestaltungen vergleichbar (i.Erg. ebenso OLG Hamm, NJW-RR 1989, 1011, 1012). Der Klägerin steht daher gegen die Beklagte kein Anspruch auf Widerruf, aber ein Anspruch auf Berichtigung der Mitteilung dahingehend zu, dass Veranlassung für den Ratenzahlungsvergleich die Kündigung vom 13.8.1998 war.
(4)
Der Senat war auch nicht durch §§ 308 Absatz 1, 528 ZPO gehindert, wie erkannt zu entscheiden, denn bei dem Richtigstellungsanspruch handelt es sich gegenüber dem Widerrufsanspruch um ein weniger und nicht um etwas anderes (BGH NJW 1982, 2246, 2248).
(5)
Die Klägerin hat darüber hinaus gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch aus entsprechender Anwendung von § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Unterlassung künftiger Meldungen von Negativmerkmalen an die Schufa, denen keine neuen Vertragsverletzungen zugrunde liegen.
Da die unberechtigte Meldung von Negativmerkmalen an die Schufa eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt und dieses ein sonstiges Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB ist, ergibt sich grundsätzlich ein Anspruch auf Unterlassung aus entsprechender Anwendung von § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn "weitere Beeinträchtigungen zu besorgen" sind, also eine Wiederholungsgefahr besteht.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass eine vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung eine tatsächliche Vermutung für das Bestehen einer Wiederholungsgefahr begründet (vgl. Nachw. bei Palandt-Bassenge, § 1004 Rn. 32).
Nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien hat die Beklagte am 10.7.2003 eine unzutreffende Saldenmitteilung an die Schufa unternommen. Aus dem oben gesagten ergibt sich, dass eine unzutreffende Mitteilung rechtswidrig ist. Die Beklagte hat damit - ohne dass es auf die Frage ankäme, ob auch die an sich zutreffende Mitteilung vom 6.8.2003 rechtswidrig war - jedenfalls einmal auch in Bezug auf den in Rede stehenden Kredit unzutreffende Negativmerkmale an die Schufa mitgeteilt. Dies begründet bereits die tatsächliche Vermutung der Wiederholungsgefahr.
Die Beklagte hat auch nichts dargelegt, was geeignet wäre, diese Vermutung zu widerlegen.
Die Klage ist daher auch hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs begründet.
(6)
Die Ordnungsmittelandrohung rechtfertigt sich insoweit aus § 890 Abs. 2 ZPO.
(7)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Beklagte in erster Instanz auch hinsichtlich des anerkannten Teils unterlegen ist.
(8)
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Es liegt eine vermögensrechtliche Streitigkeit vor. Zwar sind Widerrufs- und Unterlassungsansprüche welche den sozialen Geltungsanspruch des Betroffenen in der Öffentlichkeit schützen sollen, grundsätzlich nichtvermögensrechtlicher Natur, sofern sich nicht aus dem Klagevorbringen oder offenkundigen Umständen ergibt, dass das Rechtsschutzbegehren in wesentlicher Weise auch der Wahrung wirtschaftlicher Belange dienen soll (std. Rspr.: BGH NJW 1986, 3143, 3143 m.w.N.). Diese Ausnahme ist hier aber gegeben: Es ergibt sich aus dem Klagevorbringen, dass die Klägerin sich nicht in ihrer sozialen Geltung beeinträchtigt sieht, sondern ihre wirtschaftlichen Belange wahren möchte, insbesondere zumindest einen Dispositionskredit und ggf. Kontenkarten erhalten möchte.
Ein begründeter Anlass, die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben (§ 543 Absatz 2 ZPO).
(9)
Das Vorbringen der Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 9. Mai 2005 gibt keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Es ist für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erheblich, welche Eintragungen die Schufa in ihrem Datenbestand vornehmen kann, da nicht die Schufa zu einer Korrektur ihrer Eintragung sondern die Beklagte zu einer Berichtigung ihrer Mitteilung verpflichtet ist. In welcher Weise die Schufa auf diese Meldung der Beklagten reagiert, ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits, denn diese Frage liegt nicht in der Verfügungsmacht der Beklagten. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Schufa derartige Eintragungen vornehmen kann oder nicht. Soweit der Schriftsatz daher neues Vorbringen enthält, ist dieser nicht entscheidungserheblich.
Streitwert für die Berufungsinstanz: 10.000,00 EUR
OLG Düsseldorf:
Urteil v. 11.05.2005
Az: I-15 U 196/04
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