Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Oktober 2002
Aktenzeichen: 27 W (pat) 195/01

(BPatG: Beschluss v. 15.10.2002, Az.: 27 W (pat) 195/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15. Oktober 2001 teilweise aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren

"Schifffahrtsapparate und -instrumente; Apparate zur Beförderung auf dem Lande oder auf dem Wasser; Geräte (soweit in Klasse 21 enthalten) für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert)"

zurückgewiesen worden ist.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I Die Wortmarke HeliSAR soll für

"Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; elektrische, elektrotechnische und elektronische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; magnetische und/oder optische Aufzeichnungsträger; digitale Bild- und Tonträger, CD«s; Rechenmaschinen, Datenverabeitungsgeräte und Computer; Hard- und Software (soweit in Klasse 9 enthalten); auf Datenträger aller Art aufgezeichnete Programme, Programmmodule und Daten; Computersoftware; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser; Geräte (soweit in Klasse 21 enthalten) für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Dienstleistungen eines Ingenieurs; technische Beratung und gutachterliche Tätigkeit; technische Projektplanungen; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Software, insbesondere Entwickeln, Erstellen, Warten, Pflegen, Vermieten, Lizenzieren und Bereitstellen von Computersoftware sowie Beratung und Unterstützung bei ihrer Benutzung und Anwendung (soweit in Klasse 42 enthalten)"

in das Register eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung insgesamt wegen mangelnder Unterscheidungskraft und Bestehens eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen, nachdem im Zwischenbescheid vom 24. April 2001 die Anmeldung nur hinsichtlich der angemeldeten Waren der Klassen 9 (außer Schifffahrtsapparate und -instrumente) und 12 sowie der Dienstleistungen der Klasse 42 beanstandet worden war. Zur Begründung wird ausgeführt, das Markenwort "HeliSAR" werde vom Verkehr im Sinne von "Helikopter Synthetic Aperture Radar" verstanden, da "Heli" eine übliche Abkürzung für Helikopter und die Buchstabenfolge "SAR" eine gebräuchliche Abkürzung für "Synthetic Aperture Radar" sei, bei dem es sich um ein Radarsystem handele, welches Fluggeräten jeder Art und insbesondere Hubschraubern erlaube, bei fast allen Wetter- und Sichtbedingungen sicher fliegen zu können. Die Marke beschreibe daher die Art der Apparate und Geräte bzw die Bestimmung der Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 42 zur Entwicklung, Herstellung und Nutzung dieses Helikopterradarsystems sowie die Ausstattung der Apparate der Klasse 12 mit solchen Radargeräten. Der Verkehr werde das Markenwort daher in erster Linie als sachbezogene Angabe und nicht als Herkunftshinweis sehen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Rückzahlung der Beschwerdegebühr beantragt. Hierzu führt sie aus: Die Beschwerdegebühr sei zurückzuzahlen, da ihr keine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme auf den Zwischenbescheid gegeben worden sei, nachdem der zuständige Registrator der Markenstelle auf eine telefonische Anfrage ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 27. September 2001 die - allerdings bereits am 27. August 2001 abgelaufene - Äußerungsfrist bis 27. Oktober 2001 verlängert habe, der Beschluss aber bereits vor Ablauf dieser Frist ergangen sei. In der Sache selbst sei die von der Markenstelle durchgeführte Aufteilung der Anmeldemarke in die beiden Bestandteile "Heli" und "SAR", die offenbar auf der von der Anmelderin willkürlich gewählten Groß-/Kleinschreibweise beruhe, unzulässig analysierend, wozu der Verkehr bekanntlich nicht neige. Es treffe nicht zu, dass der Bestandteil "Heli" eine übliche Abkürzung für Helikopter sei; hierfür gebe es keinen Beleg; soweit Fachleute "Heli" mit "Hubschrauber" assoziierten, dürfte es sich allenfalls um einen "Eingeweihten-Slang" handeln, der den sonstigen Verbrauchern unbekannt sei, zumal "Heli" auch eine Kurzform des Vornamens Helene sei. Der weitere Bestandteil "SAR" sei mehrdeutig. Nur (Radar-) Fachleute könnten die Buchstabenfolge "SAR" mit "Synthetic Aperture Radar" interpretieren. Diese würden das Gesamtzeichen "HeliSAR" dann aber als originell und nicht als eine klar und unmittelbar beschreibende Angabe ansehen, zumal es noch gar kein funktionierendes "Helikopter Synthetic Aperture Radar" gebe, das im übrigen auch nur von Aufklärungsdrohnen oder von einem Satelliten, nicht aber von Hubschraubern aus betrieben werde. Darüber hinaus stehe die Buchstabenfolge "SAR" auch für "Search And Rescue"; aufgrund einer deutschen Fernsehserie dürfte der überwiegende Teil der Bevölkerung die Buchstabenfolge auch nur in dieser Bedeutung verstehen. Schon diese Mehrdeutigkeit des Bestandteils "SAR" führe zur Schutzfähigkeit der Anmeldemarke; darüber hinaus böten die angemeldeten Waren und Dienstleistungen aufgrund ihrer rein gattungsmäßigen Formulierung auch keinen Anlass, besonders für ein Helikopter-Schlechtwetter-Radar geeignet zu sein. Das Markenwort "HeliSAR" könne sie daher nicht unmittelbar nach Art oder Bestimmung beschreiben, so dass die Anmeldemarke unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig sei.

Die Anmelderin ist zwischenzeitlich im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden, nachdem ein Insolvenzantrag mit Beschluss des Amtsgerichts Gera vom 7. Mai 2002 mangels Masse zurückgewiesen worden war.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist zulässig. Ihr steht insbesondere nicht die Löschung der Anmelderin im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit nach § 141 a FGG entgegen, da auch eine gelöschte Gesellschaft die von ihr in Anspruch genommenen Vermögensrechte, zu denen auch eine angemeldete Marke zählt, gerichtlich geltend machen kann (vgl BGH NJW-RR 1994, 542; BPatGE 44, 113).

Die danach zulässige Beschwerde hat auch teilweise Erfolg, da der Eintragung der angemeldeten Marke für die im Tenor genannten Waren absolute Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 MarkenG nicht entgegenstehen, während sie für die übrigen beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht unterscheidungskräftig im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist.

Schon wegen der besonderen Schreibweise des angemeldeten Markenwortes wird der Verkehr dieses nicht als einheitliches Kunstwort auffassen, sondern ohne weitere analysierende Betrachtung in seine beiden Bestandteile "Heli" und "SAR" zerlegen. Entgegen der Auffassung der Anmelderin wird das Element "Heli" dabei von den beteiligten Verkehrskreisen unmittelbar als Abkürzung für "Helikopter" erkannt werden. Denn in dieser Bedeutung ist es nicht nur in der englischen Sprache (vgl Webster«s Third New International Dictionary, 1986, S 1050; The Concise Oxford Dictionary, 10. Aufl, S 660) gebräuchlich, sondern auch im Inland durch Ausdrücke wie "Heliport" für Hubschrauberlandeplatz (vgl Bertelsmann Lexikon der Abkürzungen, 1994, S 240; DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl 2001, S 739) oder "Heliskiing" für das Abfahren von einem Berggipfel, zu dem der Skifahrer mit einem Hubschrauber gebracht wird (vgl DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, aaO) sowie durch zahlreiche Firmenbezeichnungen, welche in der beliebten Kurzform "Heli" darauf hinweisen, dass die jeweiligen Unternehmen Leistungen mittels Hubschrauber erbringen, wie "Heli Air de Keber GmbH & Co. KG" (vgl www.heliair.de), "RC Heli" (vgl www.rcheli.de), "BB Heli AG" (vgl www.bbheli.ch) oder "Heli Gotthard AG" (vgl www.heligotthard.ch) allgemein bekannt. Zwar ist richtig, dass das weitere Element "SAR", welches der Verkehr schon wegen der angemeldeten Großschreibweise als Abkürzung auffassen wird, in Alleinstellung in der technischen Sprache verschiedene Bedeutungen haben kann (vgl Wennrich, Internationales Verzeichnis der Abkürzungen und Akronyme der Elektronik, Elektrotechnik, Computertechnik und Informationsverarbeitung, 1992, Band 2, S 282; Oppermann, Wörterbuch der modernen Technik, 2. Aufl, Band 2, S 1509 f). Da die Abkürzung hier jedoch nicht allein, sondern in Verbindung mit dem weiteren, als Abkürzung für Hubschrauber erkannten Bestandteil "Heli" steht, wird der Verkehr ihr unmittelbar nur die Bedeutung beilegen, in der sie in Verbindung mit Hubschraubern Sinn macht. Von den verschiedenen Bedeutungen, welche die Abkürzung "SAR" haben kann, kommen in Zusammenhang mit Hubschraubern nur die Begriffe "Synthetic Aperture Radar" und "Search And Rescue" in Betracht, weil die übrigen Begriffe wie "Safe Address Register", "Safety Analysis Report" oder "Speicherauswahlregister", bei denen es sich erkennbar um reine IT-Fachausdrücke handelt, erkennbar in einem sachlichen Zusammenhang mit Hubschraubern stehen.

Welche dieser beiden möglichen Bedeutungen für den Verkehr, zu dem nach der Art der beanspruchten Waren und Dienstleistungen in erster Linie Fachleute gehören, im Vordergrund steht, kann dabei letztlich auf sich beruhen, da die angesprochenen Verkehrskreise der Anmeldemarke in beiden Fällen nur eine Sachaussage, aber keinen betrieblichen Herkunftshinweis entnehmen werden. Allerdings kann angenommen werden, dass der Begriff "Synthetic Aperture Radar" nur einem kleinen Teil des Verkehrs bekannt ist, da es sich hierbei um einen nur Fachleuten bekannten Fachausdruck für ein neues Radarsystem handelt. Da dieses ungeachtet der Frage, für welche Verwendungen es bislang entwickelt wurde, jedenfalls auch von einem Hubschrauber aus betrieben werden kann, wird der Teil des Verkehrs, der die Anmeldemarke "HeliSAR" unmittelbar als "Helicopter Synthetic Aperture Radar" versteht, diese nur als Hinweis darauf ansehen, dass die so gekennzeichneten Hubschrauber sowie die einerseits zu ihrer Herstellung und andererseits für den Flugbetrieb erforderlichen elektrischen elektronischen (Meß-, Film-, Kontroll-, Rettungs-, EDV usw) Geräte einschließlich der Software mit einem solchen Hubschraubersystem in Zusammenhang stehen. Das gleiche gilt für die in Klasse 42 beanspruchten Dienstleistungen.

Der weitaus überwiegende Teil der angesprochenen Verkehrskreise wird die Abkürzung "SAR" allerdings als "Search And Rescue" verstehen, weil sie in dieser Bedeutung im allgemeinen, nicht auf technische Zusammenhänge spezialisierten Sprachgebrauch für einen vorrangig mit Hubschrauber betriebenen Such- und Rettungsdienst bekannt und gebräuchlich ist (vgl Brockhaus, Die Enzyklopädie, 20. Aufl, Band 19, S 141), wie er etwa auch von der Bundeswehr betrieben wird (vgl www.mfg5.de/auftrag/auftrag.htm). In dieser Bedeutung erschließt sich ihm die Kombinationsmarke "HeliSAR" aber nur als Sachausdruck für "Such- und Rettungshubschrauber" bzw "Hubschrauber-Such- und Rettungsdienst". In Bezug auf einzelne Waren und Dienstleistungen wird er diesen Begriff dann aber nur als Hinweis darauf ansehen, dass diese mit einer solchen Tätigkeit in Zusammenhang stehen bzw ihr dienen; einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft einzelner Waren und Dienstleistungen wird er ihm demgegenüber nicht entnehmen.

Ein Verständnis der Anmeldemarke wie oben beschrieben wird sich dem Verkehr - wie auch die Markenstelle in ihrem Zwischenbescheid vom 24. April 2001, in dem sie die Anmeldung nur für einen Teil der Waren und Dienstleistungen beanstandet hatte, zunächst zutreffend erkannt hatte - aber nicht für alle beanspruchten Waren aufdrängen. Denn hiervon kann nur bei den Produkten ausgegangen werden, die mit einem Hubschrauber-Radarsystem bzw einem Hubschrauber-Such- und Rettungsdienst in Zusammenhang stehen bzw ihnen dienen können. Zwar ist dies bei den meisten beanspruchten Waren der Klasse 9, bei den "Apparaten zur Beförderung in der Luft", zu denen Hubschrauber gehören, und den beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 ohne weiteres zu bejahen. Für "Schifffahrtsapparate und -instrumente; Apparate zur Beförderung auf dem Lande oder auf dem Wasser" sowie den beanspruchten Haushaltsgeräten, die erkennbar keinen Bezug zu Hubschraubern, deren Radarsystemen oder ihrer Verwendungsart haben, wird der Verkehr dem Markenwort "HeliSAR" aber keine Sachinformation über Merkmale oder Bestimmungszweck dieser Produkte entnehmen können. Insoweit wird er daher die Anmeldemarke als betrieblichen Herkunftshinweis ansehen.

Da die Anmeldemarke somit für die im Tenor genannten Waren schutzfähig ist, war der Beschluss der Markenstelle, mit welchem die Anmeldung insgesamt zurückgewiesen worden war, teilweise aufzuheben und die Beschwerde im übrigen zurückzuweisen.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war nach § 71 Abs 3 MarkenG anzuordnen. Eine solche Entscheidung entspricht bereits deshalb der Billigkeit, weil die Anmelderin schon wegen der zu Unrecht insgesamt versagten Eintragung der Anmeldemarke zur Beschwerdeerhebung gezwungen war, obwohl die Markenstelle in ihrem Zwischenbescheid vom 24. April 2001 zutreffend von der teilweisen Schutzfähigkeit ausgegangen war. Ob daneben auch der Anspruch der Anmelderin auf rechtliches Gehör verletzt worden ist, wie sie behauptet hat, kann bei dieser Sachlage auf sich beruhen.

Dr. Schermer Dr. van Raden Schwarz Pü






BPatG:
Beschluss v. 15.10.2002
Az: 27 W (pat) 195/01


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