Kammergericht:
Beschluss vom 31. Oktober 2007
Aktenzeichen: 2 W 14/06

(KG: Beschluss v. 31.10.2007, Az.: 2 W 14/06)

Weist der Antragsteller im Spruchstellenverfahren seine Aktionärseigenschaft nicht innerhalb der Frist des § 4 Abs. 1 SpruchG durch Urkunden nach, ist sein Antrag unzulässig (Abweichung von OLG Stuttgart ZIP 2004, 1907, 1908; OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 10.10.2005 - 20 W 226/05, Rn. 7 ff., zit. nach juris; OLG Düsseldorf ZIP 2005, 1369, 1370).

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin zu 2. wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 17. Januar 2006 - 102 O 186/04 AktG - teilweise geändert:

Die Anträge der Antragsteller zu 5., 7.,und 8. werden zurückgewiesen.

2. Hinsichtlich der sich auf die Anträge der Antragsteller zu 1., 4., 6., 9., 10., 11. und 12. beziehenden Beschwerde wird die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

3. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der abschließenden Entscheidung in der Beschwerdeinstanz vorbehalten.

Gründe

A.

Die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegner zu 1. bis 12. sind oder waren Aktionäre der Antragsgegnerin zu 1. Am 1. Juli 2004 beschloss die Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1., deren Vorstand zu beauftragen und zu ermächtigen, bei der Zulassungsstelle der Börse Berlin-Bremen den Widerruf der Zulassung der Aktien zum Handel im Amtlichen Markt zu beantragen (sog. Delisting). Die Beschwerdegegner zu 1., 6., 7. und 8, nicht aber die weiteren Beschwerdegegner erhoben gegen diesen Beschluss auf der Hauptversammlung Widerspruch.

Die Beschwerdeführerin hielt seinerzeit 49,95 % des Grundkapitals der Antragsgegnerin zu 1. Sie unterbreitete den anderen Aktionären das Angebot, deren Aktien unter der Voraussetzung, dass der Delisting-Beschluss zustande kommt, zu einem Preis von 1,70 Euro pro Stück zu übernehmen. Auf Antrag der Antragsgegnerin zu 1. widerrief die Börse Berlin-Bremen die Zulassung der Aktien zum Amtlichen Markt, was die Antragsgegnerin zu 1. am 19. Oktober 2004 durch eine Anzeige in der F. A. Z. und am ... 2004 im Elektronischen Bundesanzeiger bekannt gab.

Im Januar 2005 unterbreitete die N. AG mit Sitz in B. den Aktionären der Antragsgegnerin zu 1. ein Angebot zum Erwerb von deren Aktien zu einem Preis von 1,73 Euro pro Stück.

Die Beschwerdegegner halten die von der Beschwerdeführerin angebotene Barabfindung für zu niedrig. Sie meinen, dass ihnen ein höherer Kaufpreis zustehe, da die Wertermittlung auf andere Weise vorzunehmen sei, als dies die Beschwerdeführerin getan hat. Hierüber sei im Spruchverfahren nach den Bestimmungen des Spruchverfahrensgesetzes zu entscheiden. Die Beschwerdegegner haben beantragt,

einen angemessenen Kaufpreis für den Erwerb der Aktien an der M. M. AG im Zusammenhang mit der Durchführung des von der Hauptversammlung am 1. Juli 2004 beschlossenen Delisting nach den Bestimmungen des Spruchverfahrensgesetzes zu bestimmen sowie eine Verzinsung des Erhöhungsbetrages auszusprechen.

Die Beschwerdeführerin hat beantragt,

sämtliche Anträge als unzulässig zurückzuweisen.

Sie hat gemeint, dass es für den von den Beschwerdegegnern geltend gemachten Anspruch und für die Durchführung eines Spruchverfahrens keine Rechtsgrundlage gebe. Sofern der Bundesgerichtshof in seiner Macrotron-Entscheidung (BGHZ 153, 47 ff. = NJW 2003, 1032 ff.) Gegenteiliges vertreten habe, sei diese Rechtsprechung verfassungswidrig. Sie verletze die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten aus den Art. 14, 2 und 3 GG. Zudem seien die Anträge derjenigen Beschwerdegegner, die auf der Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1. vom 1. Juli 2004 keinen Widerspruch zu Protokoll erklärt hätten, aus diesem Grunde unzulässig. Überdies seien die Anträge sämtlicher Beschwerdegegner deshalb unzulässig, weil sie ihre Aktionärsstellung nicht innerhalb der Frist des § 4 Abs. 1 SpruchG nachgewiesen hätten. Die Beschwerdeführerin hat die Aktionärseigenschaft der Beschwerdegegner mit Nichtwissen bestritten. Schließlich seien die Anträge der Beschwerdegegner zu 9. bis 12. rechtsmissbräuchlich, da sie ihre Aktien erst in Kenntnis des Abfindungsangebots der N. AG erworben hätten und sie an dieser Gesellschaft zumindest mittelbar beteiligt seien; dabei sei es bezweckt worden, den Erlös aus dem Aktienverkauf an die Beschwerdeführerin im Wege des Spruchverfahrens in die Höhe zu treiben.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 17. Januar 2006 eine Zwischenentscheidung zur Zulässigkeit der Anträge getroffen. Darin hat es die Anträge der Beschwerdegegner insoweit für zulässig erklärt, als sie sich gegen die Beschwerdeführerin richten; sofern sie gegen die Antragsgegnerin zu 1. gerichtet waren, hat es sie als unzulässig zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass den Beschwerdegegnern ein Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Abfindung analog §§ 304 ff. AktG, 207 UmwG zustehe. Das Delisting beeinträchtige die Verkehrsfähigkeit der Aktien und stelle damit einen Eingriff in die vermögensrechtliche Stellung der Aktionärsminderheit dar. Hierfür sei trotz gewisser Unterschiede in Parallele zu Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen, zur Umwandlung einer börsennotierten in eine €geschlossene€ Gesellschaft, wie eine GmbH sie darstelle, und zum sog. Squeeze-out nach § 327a AktG ein Ausgleich zu leisten. Dieser Ausgleich bestehe nach der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 153, 47 ff. = NJW 2003, 1032 ff. - Macrotron) darin, dass ein Pflichtangebot durch die Gesellschaft oder durch den Großaktionär zu erfolgen habe. Gemäß dieser Rechtsprechung sei zudem die Angemessenheit des Abfindungsangebots, das die Beschwerdeführerin den Beschwerdegegnern unterbreitet hat, in einem Spruchverfahren analog § 1 SpruchG gerichtlich überprüfbar.

Gegen den ihr am 23. Januar 2006 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin mit am 6. Februar 2006 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Sie meint, der angegriffene Beschluss sei aus mehreren Gründen unzutreffend, und stützt sich hierzu im Wesentlichen auf ihr Vorbringen vor dem Landgericht. Entgegen der Macrotron-Entscheidung des Bundesgerichtshofs bestehe mangels gesetzlicher Regelung kein Abfindungsanspruch; zudem sei ein Spruchverfahren unzulässig. Es fehle bereits an der Vergleichbarkeit mit den gesetzlich geregelten Fällen. Die gegenteilige Ansicht des Landgerichts sei wertungswidersprüchlich und die Bildung einer Analogie verfassungswidrig. Zudem seien die Anträge der Beschwerdegegner zu 2., 3., 4., 5., 9., 10., 11. und 12. auch deshalb unzulässig, weil diese Personen keinen Widerspruch gegen den Delisting-Beschluss eingelegt hatten. Die Beschwerdegegner zu 1., 4., 7. und 8. hätten ihre Antragsberechtigung nicht in der vorgeschriebenen Weise nachgewiesen, so dass ihre Anträge auch aus diesem Grund zurückzuweisen seien.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

sämtliche Anträge der Beschwerdegegner im Spruchverfahren zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegner zu 1. bis 12. beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung verweisen die Beschwerdegegner zu 2. und 3. sowie der mit Beschluss des Landgerichts Berlin vom 8. Februar 2005 gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 SpruchG bestellte Beschwerdegegner zu 13. als gemeinsamer Vertreter der Beschwerdegegner auf den angegriffenen Beschluss. Der Beschwerdegegner zu 1. meint zudem, die Durchführung eines Spruchverfahrens sei auch im Hinblick auf die €Moto-Meter€-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (NJW 2001, 279) verfassungsgemäß.

B.

I.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Landgerichts ist zulässig. Bei dem angegriffenen Beschluss handelt es sich um eine Zwischenentscheidung über die Zulässigkeit der Anträge im Spruchverfahren. Eine solche Zwischenentscheidung ist analog § 280 ZPO zulässig (BayObLG ZIP 2004, 1952; ZIP 2005, 205, 206; OLG Stuttgart ZIP 2004, 1907; OLG Düsseldorf ZIP 2005, 300, 301) und analog § 17 Abs. 1 SpruchG gemäß § 19 Abs. 1 FGG mit der Beschwerde angreifbar (Klöcker/Frowein, SpruchG, 2004, § 12 Rn. 3). Sachlich zuständig ist, da es sich bei der Entscheidung über die Zulässigkeit um eine für das Gesamtverfahren maßgebliche Vorfrage handelt, das Oberlandesgericht (Wittgens, Das Spruchverfahrensgesetz, 2005, S. 162 f.), im Streitfall mithin das Kammergericht. Da die Zwei-Wochen-Frist des § 22 FGG gewahrt ist, kann dahin stehen, ob es sich um eine einfache Beschwerde (so BayObLG ZIP 2005, 205, 206 f.; OLG Stuttgart ZIP 2004, 1907; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 4. Aufl. 2005, § 12 SpruchG Rn. 18) oder eine sofortige Beschwerde (so OLG Düsseldorf ZIP 2005, 300, 301 € ohne Begründung; offen lassend BayObLG ZIP 2002, 935, 936) handelt. Die Beschwerde gegen den am 23. Januar 2006 zugestellten Beschluss ist am 6. Februar 2006 beim Kammergericht eingegangen.

II.

In der Sache hat das Rechtsmittel, wie aus dem Tenor ersichtlich, nur teilweise Erfolg. Hingegen bleibt die Beschwerde gegenüber den Beschwerdegegnern zu 2. und 3. erfolglos, weil deren Anträge statthaft und zulässig sind.

1. Das Spruchverfahren ist insgesamt statthaft.

a) Die Beschwerdegegner haben aufgrund des durchführten Delisting einen Anspruch darauf, dass die Beschwerdeführerin ihre Aktien zu einem angemessenen Kaufpreis übernimmt. Dies folgt aus einer Gesamtanalogie zu den §§ 305, 320b, 327b AktG, §§ 29, 207 UmwG. Der Senat schließt sich insoweit im Ergebnis den Ausführungen des Bundesgerichtshofs (BGHZ 153, 47 ff. = NJW 2003, 1032 ff. - Macrotron) an.

aa) Die Rechtsordnung weist hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Folgen des Delisting eine planwidrige Lücke auf. Eine gesetzliche Regelung der gesellschaftsrechtlichen Folgen eines Delisting fehlt. Wie das Landgericht in dem angegriffenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat, behandelt der Gesetzgeber lediglich in der kapitalmarktrechtlichen Vorschrift des § 38 Abs. 4 BörsG die Anforderungen an den Widerruf der Börsenzulassung. Dabei handelt es sich indessen nicht um eine abschließende Regelung (BGHZ 153, 47, 56 f. = NJW 2003, 1032; BayObLG ZIP 2005, 205, 210; Hüffer, AktG, 7. Aufl. 2006, § 119 Rn. 23; a.A. Krämer/Theiss AG 2003, 225, 240). Vielmehr bedarf es eines gesellschaftsrechtlichen Schutzes der Aktionäre vor den nachteiligen Auswirkungen, die ein Delisting und der damit einhergehende Verlust der Handelbarkeit im Amtlichen Markt für sie mit sich bringen. Diese Nachteile stellen einen Eingriff in die einem Aktionär zustehende, durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition dar. Der Verkehrswert und seine jederzeitige Realisierbarkeit sind nämlich €Eigenschaften des Aktieneigentums€, die ebenso wie dieses selbst verfassungsrechtlichen Schutz genießen (BVerfGE 100, 289, 305 ff. = ZIP 1999, 1436, 1439 € DAT/Altana; BGHZ 153, 47, 55 = NJW 2003, 1032; BayObLG ZIP 2004, 1952, 1953). Dies schlägt sich in dem Marktfähigkeitszuschlag nieder, der für börsennotierte Unternehmensträger gezahlt wird (Kruse WM 2003, 1843; a.A. Krämer/Theiß AG 2003, 225, 230).

bb) Die mit der Ausgleichspflicht verbundene Belastung ist der Beschwerdeführerin auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Insbesondere gebietet es der Grundsatz praktischer Konkordanz nicht, ihren Grundrechtspositionen aus den Art. 2, 3 und 14 GG einen höheren Rang einzuräumen als der eigentumsrechtlich geschützten Position der Beschwerdegegner. Wie der BGH (BGHZ 153, 47, 55 = NJW 2003, 1032) überzeugend dargelegt hat, ist der verfassungsrechtliche Schutz der Verkehrsfähigkeit als Ausprägung des Aktieneigentums auch im Verhältnis der Gesellschaft zu den Aktionären zu beachten. Ein übermäßiger Eingriff in die gegenläufigen Interessen der Gesellschaft wird dadurch vermieden, dass der Hauptversammlungsbeschluss keiner sachlichen Rechtfertigung bedarf und im Hinblick auf eine Überprüfung des Wertausgleichs nicht mit der Anfechtungsklage angreifbar ist (BGHZ 153, 47, 58 f. = NJW 2003, 1032), so dass die von der Gesellschaft mit dem Delisting angestrebte Kostenersparnis rasch erreichbar ist. Das Landgericht hat in dem angegriffenen Beschluss (S. 11 f. des Umdrucks) zutreffend darauf hingewiesen, dass die darin liegende vorrangige Berücksichtigung der Interessen des Großaktionärs verfassungsrechtlich nur dann hinnehmbar ist, wenn zugleich ein angemessener vermögensmäßiger Ausgleich in Gestalt vollen Wertersatzes für die übrigen Aktionäre gewährleistet ist. Dies folgt aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur übertragenden Auflösung (NJW 2001, 279, 280 f. € Moto Meter), zur Eingliederung (BB 2007, 343, 344 Rn. 10 € SNI) und jüngst zum Squeeze-out (ZIP 2007, 1261, 1262 Rn. 20).

cc) Worin die einfachgesetzliche Grundlage für den Anspruch auf Abfindung zu sehen ist, hat der Bundesgerichtshof bislang offen gelassen (Eggenka ZGR 2003, 878, 905). Teils wird die Rechtsgrundlage in einer analogen Anwendung der §§ 29 Abs. 1 S. 2, 207 UmwG gesehen (BayObLG ZIP 2005, 205, 209; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 305 Rn. 9; Hellwig/Bormann ZGR 2002, 465, 488; Hüffer, AktG, § 119 Rn. 25). Vorzugswürdig ist eine Gesamtanalogie zu jenen Vorschriften, die eine Abfindung vorschreiben, mithin zu den §§ 305, 320b, 327b AktG, §§ 29, 207 UmwG (Benecke WM 2004, 1122, 1125). Es gibt keinen sachlichen Grund, den Analogieschluss allein auf die Regelungen des Formwechsels nach dem Umwandlungsrecht zu stützen. Es fehlt an einem spezifischen Bezug der dort geregelten Fälle zu den Eigenheiten des Delisting. Vielmehr gibt es dieselben sachlichen Parallelen zu den aktienrechtlichen Fällen, die eine Behandlung des Delisting nach Umwandlungsregeln nicht plausibel erscheinen ließen.

b) Ohne Erfolg wendet die Beschwerdeführerin sich auch dagegen, dass die Angemessenheit des Kaufpreises analog § 1 SpruchG im Spruchverfahren gerichtlich überprüfbar ist. Die Überprüfbarkeit folgt daraus, dass auch insoweit eine Regelungslücke besteht und die Sachlage den Fällen vergleichbar ist, die jene Norm ausdrücklich aufführt.

aa) Sofern die Beschwerdeführerin meint, § 1 SpruchG sei abschließend und es fehle daher an einer Regelungslücke, übergeht sie, dass ein entsprechender Regelungswille des Gesetzgebers nicht erkennbar ist. Aus den Gesetzesmaterialien lässt sich kein Anhaltspunkt für einen Willen gewinnen, ausschließlich die im Gesetz ausdrücklich aufgeführten Angelegenheiten dem Spruchverfahren zugänglich zu machen (OLG Zweibrücken ZIP 2005, 948, 950). Im Gegenteil erweisen Äußerungen in der Stellungnahme des Rechtsausschusses vor Verabschiedung des Spruchverfahrensneuordnungsgesetzes (BT-Drucks. 15/838, S. 16), dass das Delisting als möglicher Fall einer analogen Anwendung des SpruchG angesehen worden ist. Aus dem Schweigen des Gesetzgebers lässt sich demnach nicht darauf schließen, dass das SpruchG keiner analogen Anwendung auf das Delisting zugänglich sein sollte (BGHZ 153, 47, 57 ff. = NJW 2003, 1032 - Macrotron; LG München I AG 2004, 393, 394; Büchel AG 2004, 682, 683; Grunewald ZIP 2004, 542, 543; Hüffer, AktG, § 1 SpruchG Rn. 7; Neye, Das neue Spruchverfahrensrecht, 2003, S. 19; Vollrath, in Widmann/Mayer, UmwG, § 1 SpruchG Rn. 58; Wittgens, Das Spruchverfahrensgesetz, S. 37 ff.; zweifelnd Bungert/Mennicke, BB 2003, 2021, 2022; a.A. Krämer/Theiss AG 2003, 225, 240; Wilsing/Kruse WM 2003, 1110, 1114).

bb) Die Sachlage beim Delisting ist auch mit den in § 1 Nr. 1-4 SpruchG ausdrücklich aufgeführten Fällen vergleichbar. Jene gesetzlich geregelten Fälle betreffen Ansprüche von Aktionären, deren Aktionärsstellung aufgrund eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages, der Eingliederung, eines Squeeze-out oder einer Umwandlung beeinträchtigt worden oder entfallen ist. In allen diesen Fällen gewährt der Gesetzgeber einen Anspruch auf angemessenen Ausgleich und trifft mit dem Spruchverfahren eine Regelung, um die Höhe dieses Ausgleichs gerichtlich überprüfen zu lassen. Dieses Verfahren bietet eine effektive und die Interessen der Gesellschaft schonende Möglichkeit, die Angemessenheit des Kaufpreises zu gewährleisten. Als Alternative käme es zwar in Betracht, die Minderheitsaktionäre auf eine Anfechtung des Delisting-Beschlusses zu verweisen. Damit wäre indessen eine ganze Reihe von vermeidbaren Nachteilen für alle Beteiligten verbunden, insbesondere eine erhebliche Erschwerung des von der Gesellschaft und/oder einem Großaktionär angestrebten Delisting. Der Senat schließt sich auch insoweit den Ausführungen des Bundesgerichtshofs (BGHZ 153, 47, 57 ff. = NJW 2003, 1032 ff. € Macrotron) an.

2. Die Zulässigkeit der Anträge hängt nicht davon ab, ob die Antragsteller auf der Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1. einen Widerspruch gegen den Delisting-Beschluss eingelegt haben. Teils wird ein derartiger Widerspruch für erforderlich gehalten (BayObLG ZIP 2005, 205, 210 (obiter); LG Köln ZIP 2004, 220, 222). Andere Stimmen lehnen ein solches Erfordernis ab (Fritzsche/Dreier/Verfürth, SpruchG, 2004, § 3 Rn. 49; Krolop, Der Rückzug vom organisierten Kapitalmarkt (Delisting), 2005, S. 265; ders. NZG 2005, 546, 547). Der BGH (BGHZ 153, 47 ff. = NJW 2003, 1032 ff. € Macrotron) hat sich zu der Frage bislang nicht geäußert. Der Senat schließt sich € insoweit in Übereinstimmung mit dem angegriffenen Beschluss € der zweiten Ansicht an, wonach die Antragsbefugnis eines Aktionärs im Spruchverfahren nicht voraussetzt, dass er auf der Hauptversammlung Widerspruch gegen den Delisting-Beschluss zu Protokoll erklärt hat. Das Erfordernis eines Widerspruchs, wie es namentlich in § 207 UmwG vorgesehen ist, ist nach seinem Sinn und Zweck nicht in analoger Anwendung jener Norm auf das Delisting zu übertragen, weil es an einer für eine Analogiebildung vergleichbaren Interessenlage fehlt. Die Aktionäre sind beim Delisting nämlich allein in ihrer vermögensrechtlichen Stellung betroffen, so dass bereits nicht ersichtlich ist, wieso man die Antragsbefugnis von der Teilnahme an der Hauptversammlung abhängig machen sollte. Zudem passt ein Widerspruchserfordernis nicht zu der vom BGH (BGHZ 153, 47, 59 f. = NJW 2003, 1032 € Macrotron) ausdrücklich und überzeugend für zulässig erachteten Möglichkeit, ein Delisting im Wege eines Ermächtigungsbeschlusses durchzuführen (Krolop, Der Rückzug vom organisierten Kapitalmarkt (Delisting), S. 265). Überdies steht der Abfindungsanspruch materiell-rechtlich allen Aktionären zu, also auch denjenigen, die nicht selbst das Verfahren nach dem SpruchG betreiben (BGHZ 153, 47, 58 = NJW 2003, 1032 ff. - Macrotron). Der von der Beschwerdeführerin insoweit gesehene Zirkelschluss besteht schon deshalb nicht, weil die rechtliche Behandlung des Delisting nicht allein den Regeln über Verschmelzung und Formwechsel (§§ 29, 207 UmwG) folgt, sondern es sich € wie oben aufgezeigt € um eine Gesamtanalogie auch zu den §§ 305 Abs. 1, 320b Abs. 1, 327b AktG handelt. Gerade die letzteren Vorschriften zeigen, dass die Einlegung eines Widerspruchs keine spezifische Voraussetzung für die Einleitung des Spruchstellenverfahrens ist.

3. Die Beschwerdegegner zu 2. und 3. haben den Antrag fristgerecht eingelegt und ihre Antragsberechtigung auch rechtzeitig in der vorgeschriebenen Weise begründet.

a) Analog § 4 Abs. 1 SpruchG beträgt die Antragsfrist 3 Monate. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, beginnt diese Frist mit der Veröffentlichung des Widerrufs der Börsenzulassung in einem überregionalen Börsenpflichtblatt (statt vieler BayObLG ZIP 2005, 205, 207; OLG Zweibrücken ZIP 2004, 1666, 1667). Dies ist hier durch die am ... 2004 in der F. A. Z. erschienene Anzeige geschehen. Die Frist endete mithin gemäß §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 19. Januar 2005 (zur Fristberechnung s. Volhard, in: MünchKomm-AktG, § 4 SpruchG Rn. 3). Die Beschwerdegegnerin zu 2. hat ihren Antrag am 21. September 2004 eingelegt, der Beschwerdegegner zu 3. seinen Antrag am 18. Oktober 2004. Dass die Anträge vor Beginn der Antragsfrist bei Gericht eingegangen sind, ist vorliegend unschädlich, weil die mit dem Antrag angegriffene Entscheidung über das Delisting bereits zuvor ohne Optionsvorbehalt für den Vorstand gefällt war.

b) Ob es den Antragstellern entsprechend § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 i.V.m. § 3 S. 2, 3 SpruchG oblag, ihre Antragsberechtigung durch Urkunden, die ihre Aktionärsstellung im Zeitpunkt der Antragstellung belegen, innerhalb der Antragsfrist auch nachzuweisen hatten, kann hier noch dahin stehen, weil sie dieser Anforderung gerecht geworden sind. Sie haben ihren Anträgen nämlich Urkunden beigefügt, in denen ihre Depotbanken unter dem Datum des Antragseingangs bescheinigten, dass sie Aktien der Antragsgegnerin zu 1. innehatten.

4. Die Anträge der Beschwerdegegner zu 2. und 3. enthalten auch die gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 4 SpruchG erforderlichen konkreten Einwendungen gegen die Wertermittlung.

5. Da die Anträge der Beschwerdegegner zu 2. und 3. zulässig sind, ist auch der Beschwerdegegner zu 13. als gemeinsamer Vertreter der Aktionäre entsprechend § 6 Abs. 1 S. 1 SpruchG zum Verfahren zuzulassen.

III.

Hingegen hat die Beschwerde bezüglich der Beschwerdegegner zu 5., 7. und 8. Erfolg, weil deren Anträge unzulässig sind. Sie haben ihre Antragsberechtigung nicht ordnungsgemäß nachgewiesen.

Dieser Mangel führt zur Unzulässigkeit und nicht zur Unbegründetheit (insoweit wie hier OLG Stuttgart ZIP 2004, 1907, 1910; LG Frankfurt/M. ZIP 2005, 215, 216; Klöckner/Frowein, § 3 Rn. 2; Volhard, in MünchKomm-AktG, 2. Aufl. 2004, § 3 SpruchG Rn. 11; für Unbegründetheit hingegen Leube, in: Deilmann/Lorenz, Die börsennotierte Aktiengesellschaft, 2005, § 8 Rn. 31).

Dabei kommt es wie bei den vorstehend behandelten Anträgen ebenfalls nicht darauf an, ob die Zulässigkeit des Antrags voraussetzt, dass bis zum Ablauf der Antragsfrist die Antragsberechtigung durch Urkunden nachgewiesen wird. Auch wenn man auf dieses Erfordernis verzichtet, ist es jedenfalls erforderlich, innerhalb der Frist substantiiert darzutun, dass der jeweilige Antragsteller im Zeitpunkt der Antragstellung Aktionär der Gesellschaft war. Dies folgt unmittelbar aus dem insoweit jedenfalls eindeutigen Wortlaut des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG, der die €Darlegung der Anspruchsberechtigung nach § 3€ als notwendigen Inhalt der Antragsbegründung bestimmt. Hiervon geht auch das Landgericht in dem angegriffenen Beschluss aus (S. 23 des Umdrucks, ähnlich Leuerning, in: Simon, SpruchG, 2007, § 4 Rnr. 41).

Diesem Erfordernis sind die Beschwerdegegner zu 5., 7. und 8. nicht gerecht geworden.

1. Der Beschwerdegegner zu 5. hat erst nach Ablauf der Antragsfrist mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2005 durch Vorlage einer Bestätigung seiner Depotbank, nach der er seit dem 30. August 2004 Aktien der Antragsgegnerin zu 1. im Depot habe, seine Antragsberechtigung dargetan. Zunächst hatte er mit seinem Antrag vom 30. August 2004, bei Gericht eingegangen am 2. November 2004, vorgetragen, dass er das Barabfindungsangebot der Beschwerdeführerin angenommen und seine Aktien verkauft habe.

2. Der Beschwerdegegner zu 7. hat mit seinem Antrag vom 12. November 2004 eine unter dem 28. Oktober 2004 datierende Bestätigung seiner Depotbank eingereicht, nach der sich die erforderlichen Aktien in seinem Depot befänden. Dass er am Tag der Antragseinreichung im Besitz dieser Aktien war, besagt diese Bestätigung nicht. Die Darlegungslücke wird auch nicht dadurch beseitigt, dass der Beschwerdegegner zu 7. unter dem 28. November 2005 eine Bestätigung jener Bank, nach der am 29. März 2005 50 Aktien der Antragsgegnerin zu 1. ausgeliefert worden seien, und eine weitere Bestätigung einer anderen Depotbank, dass sein Depot seit diesem Datum einen Bestand an solchen Aktien habe, vorgelegt hat. Die Bescheinigungen schließen nicht aus, dass der Beschwerdegegner zu 7. zwischen dem 28. Oktober 2004 und dem 29. März 2005 seine Aktien veräußert und später wieder neu erworben hat.

3. Die Beschwerdegegnerin zu 8. hat mit ihrem Antrag vom 22. Oktober 2004 lediglich eine Mitteilung ihrer Depotbank vom 21. Oktober 2004 vorgelegt, nach der bezüglich eines Depotbestands von Aktien der Antragsgegnerin zu 1. die Angebotsfrist für die Abfindung im März 2005 ablaufe. Selbst wenn man dies als hinreichende Darlegung des Aktienbesitzes als solchen wertete, beträfe diese Darlegung nicht den Zeitpunkt der Antragstellung, auf den es allein ankommt. Die später unter dem Datum des 6. Dezembers 2005 vorgelegte Bescheinigung der Depotbank, nach der die Beschwerdegegnerin zu 8. am 25. November 2005 Aktionärin der Gesellschaft gewesen sei, ist sowohl verspätet als auch unzureichend, weil sie sich ebenfalls nicht zum Tag der Antragstellung verhält.

IV.

Hinsichtlich der sich auf die Anträge der Beschwerdegegner zu 1., 4., 6., 9., 10., 11. und 12. ist die Beschwerde dem Bundesgerichtshof gemäß §§ 12 Abs.2 Satz 2 SpruchG, 28 Abs.2 FGG vorzulegen, weil der Senat bei seiner Entscheidung eine Auslegung des § 4 Abs. 2 Nr.2 SpruchG zugrunde legen würde, die von der Auslegung anderer Oberlandesgerichte abweicht.

411. Die Antragsteller haben nach Auffassung des Senats bis zum Ablauf der Antragsfrist durch Urkunden den Nachweis zu erbringen, dass sie im Zeitpunkt der Antragstellung Aktionäre waren. Dies folgt aus einer analogen Anwendung von § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 i.V. mit § 3 S. 2, 3 SpruchG. Ein Antrag ohne fristgerechten urkundlichen Nachweis ist nach jenen Vorschriften unzulässig (OLG Hamburg AG 2004, 622 (obiter); LG Dortmund DB 2004, 2685; LG Frankfurt/M. ZIP 2005, 215 f.; ZIP 2005, 859; Fritzsche/Dreier/Verfürth, SpruchG, § 3 Rn. 16 i.V.m. Rn. 28; Hüffer, AktG, § 3 SpruchG Rn. 7; Klöcker/Frowein, SpruchG, § 4 Rn. 21; Koppensteiner, in: KK-AktG, 3. Aufl. 2004, Anh § 327 f. Rn. 10; Volhard, in: MünchKomm-AktG, § 3 SpruchG Rn. 6; Wasmann, in KK-SpruchG, 2005, § 3 Rn. 19, 23 und § 4 Rn. 12; ders. WM 2004, 819, 822; ders. BB 2005, 955, 956). Die vom Landgericht geteilte Gegenansicht (OLG Stuttgart ZIP 2004, 1907, 1908; OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 10.10.2005 € 20 W 226/05, Rn. 7 ff., zit. nach juris; OLG Düsseldorf ZIP 2005, 1369, 1370; Bungert/Mennicke, BB 2003, 2021, 2024 f.; Luttermann EWiR § 327b AktG 2/05, 193 f.) vermag nicht zu überzeugen.

a) Aus dem Wortlaut von § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SpruchG lässt sich nicht herleiten, dass hinsichtlich der Aktionärseigenschaft im Zeitpunkt der Antragstellung geringere Anforderungen als diejenige eines Nachweises bestehen. Zwar spricht das Gesetz an dieser Stelle von €Darlegung€ und nicht von Nachweis. Mit der Verwendung des Begriffs €Darlegung€ ist jedoch noch keine Aussage darüber verbunden, in welcher Weise der Antragsteller seine Antragsberechtigung darzutun hat. Auch das Landgericht will insoweit qualifizierte Anforderungen aufstellen, indem es ausführt, dass ein Antragsteller nicht €praktisch mit einem Satz und ohne jede sachliche Erläuterung und Begründung€ (S. 23 des Umdrucks des angegriffenen Beschlusses) das gerichtliche Verfahren in Gang setzen können soll (ähnlich Leuering, in: Simon, SpruchG, 2007, § 4 Rn. 41, der die Streitfrage freilich letztlich nicht entscheidet: €substantiierte Darlegung€). Indessen verweist § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SpruchG ausdrücklich und umfassend auf § 3 SpruchG; von dieser Verweisung ist mithin auch die Regelung über die Art und Weise der Darlegung in § 3 S. 3 SpruchG umfasst. Jene Vorschriften sind € was auch das Landgericht nicht in Frage stellt € auf das Spruchverfahren beim Delisting analog anwendbar (zu § 3 S. 3 SpruchG Wasmann, WM 2004, 819, 822; Wittgens, Das Spruchverfahrensgesetz, S. 83). Der Umstand, dass das Gesetz in § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SpruchG nicht vom €Nachweis€ der Antragsberechtigung spricht, erklärt sich mithin daraus, dass diese besondere Anforderung sich allein auf die Aktionärseigenschaft im Zeitpunkt der Antragstellung bezieht und sie sich insofern bereits aus § 3 S. 3 SpruchG ergibt.

b) Die Gesetzgebungsgeschichte bestätigt dieses Verständnis der Regelung. So führt die Regierungsbegründung zu § 3 S. 3 SpruchG aus, der Aktionär sei €in allen Fällen in der Lage, entweder durch Depotauszug seiner Bank oder durch Vorlage der effektiven Aktienstücke seine Aktionärsstellung auf einfache Weise innerhalb der Antragsfrist nachzuweisen€ (BT-Drucks. 15/371, S. 13). In dieser Aussage kommt der Wille des Gesetzgebers, für die Antragsberechtigung einen fristgebundenen Nachweis der Aktionärsstellung zu verlangen, klar und eindeutig zum Ausdruck (LG Frankfurt/M. ZIP 2005, 859, 860; Wasmann/Gayk, BB 2005, 955, 956; Wittgens, Das Spruchverfahrensgesetz, S. 85; a.A. OLG Stuttgart ZIP 2004, 1907, 1908; OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 10.10.2005 € 20 W 226/05, Rn. 12, zit. nach juris; OLG Düsseldorf ZIP 2005, 1369, 1370). Auch das Verfahren zur Verabschiedung des Gesetzes zur Einführung der Europäischen Aktiengesellschaft (SEEG), in dessen Zuge das SpruchG geändert worden ist, stützt dieses Verständnis der Norm. In jenem Verfahren hatte der Bundesrat angeregt, § 4 Abs. 2 SpruchG dahingehend zu ändern, dass der Nachweis nur auf Verlangen des Antragsgegners innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist nach Ablauf der Antragsfrist zu erbringen sei (BR-Drucks. 438/1/04, S. 15 f.). Die Bundesregierung hat diesen Vorschlag, der auf eine Erleichterung des Nachweises abzielte, jedoch abgelehnt, weil der Bundesrat die jetzt angeführten Bedenken bei Verabschiedung des § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SpruchG im Jahre 2003 nicht geltend gemacht habe und diese Vorschrift erst aufgrund von Änderungswünschen des Bundesrats die jetzige Fassung erhalten habe. Für eine erneute Änderung bestehe daher derzeit kein Bedürfnis (BT-Drucks. 15/3656, S. 10 f.). Demnach geht neben dem Bundesrat auch die Bundesregierung davon aus, dass nach der geltenden Regelung die Aktionärseigenschaft innerhalb der Frist nachzuweisen ist.

c) Dieses Normverständnis steht auch mit dem systematischen Zusammenhang der §§ 3, 4 SpruchG im Einklang. Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht (Luttermann EWiR § 327b AktG 2/05, 193, 194) regelt § 4 SpruchG nicht allein eine Begründungspflicht, ohne diesbezüglich Anforderungen an den Nachweis aufzustellen. Vielmehr enthält § 4 Abs. 2 Nr. 4 S. 2 SpruchG als Anforderung an die Darlegung einer vorzutragenden Tatsache die Vorgabe, dass diese glaubhaft zu machen ist. Sofern es um die hier interessierende Aktionärseigenschaft geht, ist die Frage der Anforderungen bereits in § 3 S. 3 SpruchG geregelt, auf den § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SpruchG konsequenterweise ausdrücklich verweist, indem dort der gesamte § 3 SpruchG in Bezug genommen wird. Sofern demgegenüber unter Hinweis auf die verfahrensrechtliche Systematik vertreten wird, dass die Verweisung entgegen dem Wortlaut allein auf § 3 S. 1, 2 SpruchG zu beziehen sei (Luttermann EWiR § 327b AktG 2/05, 193, 194), vermag dies daher auch bei systematischer Betrachtung nicht zu überzeugen.

d) Das gefundene Auslegungsergebnis entspricht insbesondere auch dem Zweck der gesetzlichen Regelung. Dieser liegt darin, dass dem Gericht innerhalb einer bestimmten Frist in Gestalt einer Urkunde ein eindeutiger, ohne nennenswerten Aufwand überprüfbarer Nachweis der Aktionärsstellung zur Verfügung gestellt werden soll (Regierungsbegründung, BT-Drucks. 15/371, S. 13; Wasmann, in: KK-SpruchG, § 3 Rn. 23). Die Regelung dient damit der Verfahrensbeschleunigung (Wittgens, Das Spruchverfahrensgesetz, S. 87). Würde man den Nachweis der Aktionärseigenschaft durch Urkunde davon abhängig machen, ob ein Antragsgegner diese Eigenschaft bestreitet, so bestünde die Gefahr, dass Antragsteller über längere Zeit ein aufwendiges und kostenträchtiges Spruchstellenverfahren betreiben könnten, obwohl sie mangels Aktionärseigenschaft zum Zeitpunkt der Antragstellung von vornherein nicht antragsberechtigt waren. Zwar lässt es sich auch in solchen Fällen nicht vermeiden, dass jedenfalls die Zustellung eines Antrags an die Antragsgegner erfolgt, da der Nachweis der Antragsberechtigung noch bis zum Ablauf der Drei-Monats-Frist erbracht werden kann (LG Frankfurt/M. ZIP 2005, 859, 860; Hüffer, AktG, § 3 SpruchG Rn. 7; Wasmann, in: KK-AktG, § 4 SpruchG Rn. 10; ders. BB 2005, 955, 956; offenbar a.A. entgegen dem Wortlaut von § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SpruchG € schon bei Antragstellung sei der Nachweis zu erbringen € OLG Hamburg AG 2004, 622 (obiter), Volhard, in: MünchKomm-AktG, § 3 SpruchG Rn. 12; Klöcker/Frowein, SpruchG, § 3 Rn. 32). Indessen führt der vom OLG Stuttgart (ZIP 2004, 1907, 1909) vorgeschlagene Weg, dass die Antragsteller mit der Stellungnahme zur Erwiderung gemäß § 7 Abs. 4 SpruchG ihre Antragsberechtigung bei entsprechender Rüge des Antragsgegners nachweisen, zu weiterem Aufwand. Die Antragsgegner müssten bei dieser Vorgehensweise nämlich zunächst auf den Antrag erwidern, obwohl die Antragsteller möglicherweise überhaupt nicht antragsberechtigt sind.

Auf ein Bestreiten der Aktionärseigenschaft kann es auch deshalb nicht ankommen, weil in dieser Eigenschaft eine Zulässigkeitsvoraussetzung liegt, die von Amts wegen zu überprüfen ist (vgl. dazu LG Frankfurt/M. ZIP 2005, 859, auch zu weiteren Problemen der Gegenansicht bei Namensaktien, S. 860 f.). Zudem müsste das Gericht dann, wenn zunächst eine € in formaler Hinsicht nicht weiter spezifizierte € Darlegung der Aktionärseigenschaft genügen würde, die Ausführungen der Antragsteller jeweils daraufhin prüfen, ob sich daraus Zweifel an der Antragsberechtigung ergeben. Dabei wären die Maßstäbe ungewiss, da € wie bereits ausgeführt € auch nach der Gegenansicht allein die Behauptung, im Zeitpunkt des Antragseingangs Aktionär gewesen zu sein, nicht für die fristgerechte ordnungsgemäße Antragsbegründung ausreichen soll. Zu welchen Unsicherheiten dies führt, zeigt etwa eine Entscheidung des OLG OLG Frankfurt/M. (Beschl. v. 10.10.2005 € 20 W 226/05, Rn. 18, zit. nach juris), wonach ein Vortrag, aus dem sich nur konkludent die Aktionärseigenschaft im maßgeblichen Zeitpunkt ergebe, €jedenfalls für die kurz nach einem Jahr seit der Anwendbarkeit des neuen SpruchG gestellten Anträge€ als ausreichend anzusehen sein soll. Derartige Ungewissheiten hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung und der damit für das Gericht verbundene Überprüfungsaufwand sollen durch die Vorschaltung des formalisierten schriftlichen Vorverfahrens, wie § 4 Abs. 2 SpruchG es vorsieht (Winter/Nießen NZG 2007, 13, 15), mit seinen klaren Voraussetzungen einschließlich des urkundlichen Nachweises der Aktionärsstellung vermieden werden. Dies übergeht die Gegenansicht, wenn sie meint, ein Verzicht auf den fristgerechten Nachweis durch Urkunden beschleunige das Verfahren (so OLG Düsseldorf ZIP 2005, 1369, 1370; OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 10.10.2005 € 20 W 226/05, Rn. 14, zit. nach juris; OLG Stuttgart ZIP 2004, 1907, 1908). Bei § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 i. V. mit § 3 S. 3 SpruchG handelt es sich nach alledem nicht um eine reine Beweisregel, sondern um eine gesetzlich normierte Zulässigkeitsvoraussetzung (LG Frankfurt/M. ZIP 2005, 859; NZG 2005, 190, 191), die als solche nicht zur Disposition der Beteiligten steht. Der Antragsteller hat daher den Nachweis der Aktionärseigenschaft durch Urkunden unabhängig von einem Bestreiten oder von Zweifeln des Gerichts von sich aus innerhalb der Antragsfrist zu führen (Hüffer, AktG, § 3 SpruchG Rn. 7; Wasmann, in: KK-SpruchG, § 3 Rn. 23).

Sofern die Gegenansicht demgegenüber darauf verweist, das Erfordernis, die Aktionärseigenschaft durch Urkunden nachzuweisen, verkürze den Rechtsschutz der Antragsteller (OLG Düsseldorf ZIP 2005, 1369, 1370), vermag dies nicht zu überzeugen. Bei der Drei-Monats-Frist des § 4 Abs. 1 SpruchG handelt es sich nicht um eine reine Überlegungs-, sondern auch um eine Beibringungsfrist hinsichtlich der gemäß § 4 Abs. 2 SpruchG erforderlichen Begründung. Dem Aufwand, die Aktionärsstellung nachzuweisen, trägt das Gesetz dadurch angemessen Rechnung, dass jene Frist dreimal so lang ist wie die Monatsfrist beim aktienrechtlichen Beschlussanfechtungsverfahren gemäß § 246 Abs. 1 AktG. Wenn der Antragsteller diese lange Frist voll ausschöpfen möchte, steht ihm € wie die Gegenansicht nicht verkennt (OLG Düsseldorf ZIP 2005, 1369, 1370) € außer der praktisch nur selten in Betracht kommenden Vorlage effektiver Stücke die Möglichkeit offen, durch eine Verfügungssperre den Nachweis der Aktionärsstellung zu erbringen. Die mit einer derartigen Sperre einhergehende Beschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit lässt sich ohne Weiteres dadurch vermeiden, dass der Antragsteller mit der Beibringung des Nachweises durch Bankbescheinigung nicht bis zum Fristende zuwartet. Diese Beibringung ist innerhalb der Frist ohne Weiteres möglich und zumutbar. Der Senat teilt insoweit nicht die in der Rechtsprechung teils geäußerten Bedenken (OLG Düsseldorf ZIP 2005, 1369, 1370; OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 10.10.2005 € 20 W 226/05, Rn. 15, zit. nach juris; OLG Stuttgart ZIP 2004, 1907, 1909), sondern schließt sich der Einschätzung der Regierungsbegründung (BT-Drucks. 15/371, S. 13) an, wonach ein Antragsteller zu dem geforderten fristgemäßen Urkundsnachweis ohne Weiteres in der Lage ist.

2. Die Divergenz zwischen der hier vertretenen und in den oben erwähnten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Stuttgart, Frankfurt und Düsseldorf zu Ausdruck gekommenen Auffassungen ist für die Entscheidung über die Beschwerden gegenüber den Beschwerdegegnern zu 1., 4., 6., 9., 10., 11. und 12. relevant.

a) Diese haben nämlich ihre Beschwerdeberechtigung zwar vorgetragen, aber nicht innerhalb der Frist zu Begründung ihrer Anträge durch Urkunden nachgewiesen.

aa) Der Beschwerdegegner zu 1. hat mit seiner Antragsschrift vom 14. Januar 2005 vorgetragen, 3500 Aktien zu halten. Durch Vorlage eines Depotauszugs hat er diesen Vortrag erst mit Schriftsatz vom 28. November 2005 urkundlich belegt.

bb) Der Beschwerdegegner zu 4. hat mit seinem am 28. Oktober 2004 eingegangenen Antrag vorgetragen, Aktionär der Antragsgegnerin zu 1. zu sein, dies jedoch erst mit einem am 23. November 2005 bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz durch eine schriftliche Bestätigung seiner Depotbank urkundlich nachgewiesen. Die mit dem Original der Antragsschrift eingegangene Bankbestätigung war nicht geeignet, die Antragsberechtigung nachzuweisen, weil sie sich nicht auf das Datum des Antrags, sondern den 27. Oktober 2004 bezog.

cc) Die Beschwerdegegnerin zu 6. hat mit ihrem Antrag vom 30. Oktober 2004, bei dem Landgericht am 2. November 2004 eingegangen, vorgetragen, Aktionärin der Antragsgegnerin zu 1. zu sein. Dem Antrag war zunächst nur eine sich auf diesen Aktienbesitz beziehende Mitteilung der Depotbank vom 1. Juli 2004 beigefügt. Einen urkundlichen Nachweis, der das Datum der Antragstellung betrifft, hat die Beschwerdegegnerin zu 6. erst mit Schriftsatz vom 7. November 2005 vorgelegt. In dem hierzu eingereichten Schreiben der Bank wird bescheinigt, dass sein Depot seit dem 30. August 2004 durchgehend einen Bestand der fraglichen Aktien ausweise.

dd) Die Beschwerdegegner zu 9., 10. 11. und 12 haben in ihren Antragsschriften, die im Original am 14. Januar 2005 bei dem Landgericht eingegangen waren, vorgetragen lassen, bis zum Tag der Antragstellung Aktionäre der Antragsgegnerin zu 1. zu sein. Erst mit Schreiben vom 10. Februar 2005 haben sie Bestätigungen ihrer Depotbank vorgelegt, nach denen diese für sie am 14. Januar 2005 Aktien der Antragsgegnerin zu 1. verwahrt habe.

b) Die Anträge dieser Beschwerdegegner sind auch nicht aus anderen Gründen unzulässig.

aa) Die Beschwerdegegner haben ihre Anträge rechtzeitig vor Ablauf der Antragsfrist am 19. Januar 2005 bei Gericht eingereicht und zwar der Beschwerdegegner zu 1. am 15. Januar 2005, der Beschwerdegegner zu 4. am 28. Oktober 2004, die Beschwerdegegnerin zu 6. am 2. November 2004 sowie die Beschwerdegegner zu 9., 10., 11. und 12. am 14. Januar 2005.

bb) Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist der Antrag des Beschwerdegegners zu 9. auch nicht wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig. Wie das Landgericht in dem angegriffenen Beschluss überzeugend dargelegt hat, sind hinreichende Anhaltspunkte für ein rechtsmißbräuchliches Verhalten nicht ersichtlich; insoweit hat die Beschwerdeführerin auch in der Beschwerdeinstanz keinen weiteren Vortrag geboten, weshalb dahin stehen kann, ob diese Problematik überhaupt auf der Zulässigkeitsebene zu erörtern ist.

cc) Auch bezüglich der Anträge der hier behandelten Beschwerdegegner steht nicht in Zweifel, dass sie diese im Sinne von § 4 Abs.2 Satz 2 Nr. 4 SpruchG durch hinreichend konkrete Einwendungen begründet haben.






KG:
Beschluss v. 31.10.2007
Az: 2 W 14/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/ec98e20d0636/KG_Beschluss_vom_31-Oktober-2007_Az_2-W-14-06




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