Bundespatentgericht:
Urteil vom 16. April 2003
Aktenzeichen: 4 Ni 25/02
(BPatG: Urteil v. 16.04.2003, Az.: 4 Ni 25/02)
Tenor
1. Das deutsche Patent 197 18 711 wird im Umfang der Patentansprüche 1 bis 6, 9 und 10 für nichtig erklärt.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 2. Mai 1997 angemeldeten deutschen Patents 197 18 711 (Streitpatent), das ein Mobilfunkgerät mit verringertem Tastensatz betrifft und 15 Patentansprüche umfasst. Die angegriffenen selbständigen Ansprüche 1, 3 und 9 haben folgenden Wortlaut:
"1. Verfahren zur Konfigurierung eines Mobilteils (1) für eine MobilfunkÜbertragung, wobei das Mobilteil (1) eine oder mehrere Wahltasten (7, 11, 12, 13) aufweist, aufweisend die folgenden Schritte:
- Übertragung von Sprachinformation von dem Mobilteil (1) zu einer zentralen Vermittlungsstelle (30), wobei die Sprachinformation eine gewünschte Belegung von Direktwahltasten der Wahltasten (7, 11, 12, 13) des Mobilteils (1) wiedergibt,
- Zuweisung eines Verbindungsziels abhängig von der übertragenen Sprachinformation an die Direktwahltasten der Wahltasten (11, 12, 13) durch eine drahtlose Datenübermittlung von der zentralen Vermittlungsstelle (30) zu dem Mobilteil (1), wobei - die Zuweisung eines jeweiligen Verbindungsziels an die Direktwahltasten der Wahltasten (7, 11, 12, 13) durch unmittelbaren Zugriff auf das Mobilteil (1) nicht geändert werden kann."
"3. Verfahren zur Konfigurierung eines Mobilteils (1) für eine MobilfunkÜbertragung, wobei das Mobilteil (1) eine oder mehrere Wahltasten (7, 11, 12, 13) aufweist, gekennzeichnet durch die folgenden Schritte:
- Einsetzen des Mobilteils (1) in eine Feststation (20), die ein Tastenfeld (23) aufweist, und - Belegung von Wahltasten (11, 12) des Mobilteils (1) durch Betätigung des Tastenfelds (23) des Mobilteils (1) durch - Übertragung von Zuweisungsdaten von der Feststation (20) zu dem Mobilteil (1) abhängig von der Betätigung des Tastenfelds (23) der Feststation (20), wobei die Belegung der Wahltasten (11, 12) durch unmittelbaren Zugriff auf das Mobilteil (1) nicht geändert werden kann."
"9. Mobilteil für eine MobilfunkÜbertragung, wobei das Mobilteil (1) aufweist:
- eine oder mehrere Wahltasten (7, 11, 12, 13),
- Mittel zur Übertragung von Sprachinformation von dem Mobilteil (1) zu einer zentralen Vermittlungsstelle (30), wobei die Sprachinformation eine gewünschte Belegung von Direktwahltasten der Wahltasten (7, 11, 12, 13) des Mobilteils (1) wiedergibt, und - Mittel zum Empfang einer drahtlosen Datenübermittlung von der zentralen Vermittlungsstelle (30) zur Zuweisung eines Verbindungsziels abhängig von der übertragenen Sprachinformation an die Direktwahltasten der Wahltasten (11, 12, 13)."
Wegen der angegriffenen, unmittelbar und mittelbar auf die Patentansprüche 1, 3 und 9 zurückbezogenen Patentansprüche 2, 4, 5, 6 und 10 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Mit den Behauptungen, die Gegenstände der Ansprüche 1 und 9 seien unzulässig erweitert und die Lehre des Streitpatents sei nicht neu bzw beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, verfolgt die Klägerin das Ziel, das Streitpatent für nichtig zu erklären. Zur Begründung beruft sie sich auf folgende Druckschriften:
- GB 2 296 630 A (Anlage N1)
- DE 44 07 059 A1 (Anlage N2)
- DE 296 04 592 U1 (Anlage N3)
- EP 0 524 652 A2 (Anlage N4)
- EP 0 554 625 A1 (Anlage N5)
- GB 2 305 577 A (Anlage N6)
Die Klägerin beantragt, das deutsche Patent 197 18 711 im Umfang der Patentansprüche 1 bis 6, 9 und 10 für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise mit der Maßgabe, dass die Patentansprüche 1 und 9 folgende Fassung erhalten (Hilfsantrag I):
"1. Verfahren zur Konfigurierung eines Mobilteils (1) für eine MobilfunkÜbertragung, wobei das Mobilteil (1) mehrere Wahltasten aufweist und einer Wahltaste (7) eine zentrale Vermittlungsstelle (30) als Verbindungsziel zugewiesen ist, aufweisend die folgenden Schritte:
- Übertragung von Sprachinformation von dem Mobilteil (1) zu der zentralen Vermittlungsstelle (30), wobei die Sprachinformation eine gewünschte Belegung von Direktwahltasten der Wahltasten (7, 11, 12, 13) des Mobilteils (1) wiedergibt,
- Zuweisung eines Verbindungsziels abhängig von der übertragenen Sprachinformation an die Direktwahltasten der Wahltasten (7, 11, 12, 13) durch eine drahtlose Datenübermittlung von der zentralen Vermittlungsstelle (30) zu dem Mobilteil (1), wobei - die Zuweisung eines jeweiligen Verbindungsziels an die Direktwahltasten der Wahltasten (7, 11, 12, 13) durch unmittelbaren Zugriff auf das Mobilteil (1) nicht geändert werden kann."
"9. Mobilteil für eine MobilfunkÜbertragung, wobei das Mobilteil (1) aufweist:
- mehrere Wahltasten (7, 11, 12, 13), wobei einer Wahltaste (7) eine zentrale Vermittlungsstelle (30) als Verbindungsziel zugewiesen ist,
- Mittel zur Übertragung von Sprachinformation von dem Mobilteil (1) zu der zentralen Vermittlungsstelle (30), wobei die Sprachinformation eine gewünschte Belegung von Direktwahltasten der Wahltasten (7, 11, 12, 13) des Mobilteils (1) wiedergibt, und - Mittel zum Empfang einer drahtlosen Datenübermittlung von der zentralen Vermittlungsstelle (30) zur Zuweisung eines Verbindungsziels abhängig von der übertragenen Sprachinformation an die Direktwahltasten der Wahltasten (7, 11, 12, 13)."
weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass die Patentansprüche 1 und 9 folgende Fassung erhalten (Hilfsantrag II):
"1. Verfahren zur Konfigurierung eines Mobilteils (1) für eine MobilfunkÜbertragung, wobei das Mobilteil (1) mehrere Wahltasten aufweist, die eine fest belegte Direktwahltaste (7) sowie wenigstens eine frei belegbare Direktwahltaste (11, 12, 13) umfassen, und wobei der fest belegten Direktwahltaste (7) eine zentrale Vermittlungsstelle (30) als Verbindungsziel zugewiesen ist, aufweisend die folgenden Schritte:
- Aufbau eines Sprachkanals zu der zentralen Vermittlungsstelle (30) durch eine Betätigung der fest belegten Direktwahltaste (7) und Übertragung von Sprachinformation von dem Mobilteil (1) zu der zentralen Vermittlungsstelle (30), wobei die Sprachinformation eine gewünschte Belegung der wenigstens einen frei belegbaren Direktwahltaste (11, 12, 13) des Mobilteils (1) wiedergibt,
- Zuweisung eines Verbindungsziels abhängig von der übertragenen Sprachinformation an die wenigstens eine frei belegbare Direktwahltaste (11, 12, 13) durch eine drahtlose Datenübermittlung von der zentralen Vermittlungsstelle (30) zu dem Mobilteil (1), wobei - die Zuweisung eines jeweiligen Verbindungsziels an die wenigstens eine frei belegbare Direktwahltaste durch unmittelbaren Zugriff auf das Mobilteil (1) nicht geändert werden kann."
"9. Mobilteil für eine MobilfunkÜbertragung, wobei das Mobilteil (1) aufweist:
- mehrere Wahltasten (7, 11, 12, 13), die eine fest belegte Direktwahltaste (7) sowie wenigstens eine frei belegbare Direktwahltaste (11, 12, 13) umfassen, wobei der fest belegten Direktwahltaste (7) eine zentrale Vermittlungsstelle (30) als Verbindungsziel zugewiesen ist,
- Mittel zum Aufbau eines Sprachkanals ausgelöst durch eine Betätigung der fest belegten Direktwahltaste (7) zur Übertragung von Sprachinformation von dem Mobilteil (1) zu der zentralen Vermittlungsstelle (30), wobei die Sprachinformation eine gewünschte Belegung der wenigstens einen frei belegbaren Direktwahltaste (11, 12, 13) des Mobilteils (1) wiedergibt, und - Mittel zum Empfang einer drahtlosen Datenübermittlung von der zentralen Vermittlungsstelle (30) zur Zuweisung eines Verbindungsziels abhängig von der übertragenen Sprachinformation an eine der frei belegbaren Direktwahltasten (11, 12, 13)."
Die Beklagte ist dem Vorbringen der Klägerin entgegengetreten und hält das Streitpatent zumindest im hilfsweise verteidigten Umfang für bestandsfähig.
Gründe
Die Klage, mit der die in § 22 Abs 1 iVm § 21 Abs 1 Nr 1 und 4 PatG vorgesehenen Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit und der unzulässigen Erweiterung geltend gemacht werden, ist zulässig und in vollem Umfang begründet.
Das Streitpatent konnte - soweit angegriffen - weder in der erteilten Fassung noch in den hilfsweise verteidigten Fassungen Bestand haben, weil deren Gegenstände nicht patentfähig sind.
I 1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren und ein System zur Mobilfunkübertragung mittels eines Mobilteils. Nach der Patentbeschreibung ist für den Verwender von Mobilfunkgeräten bzw Mobiltelefonen deren Größe ein entscheidender Faktor. Je kleiner und leichter ein Gerät sei, desto bequemer könne es jederzeit verfügbar mitgeführt werden. Die Länge des Mobiltelefons werde im Betriebszustand durch den Abstand zwischen Ohr und Mund des Verwenders definiert und sei deshalb kaum veränderbar. Entscheidender Faktor für die Breitenabmessung sei das Tastenfeld, in dem in der Regel 20 Tasten angeordnet seien. Der Verkleinerung des Tastenfeldes seien dadurch Grenzen gesetzt, dass neben dem Ein- und Ausschalter mindestens 10 für die Zusammensetzung einer Nummer erforderliche Tasten vorhanden sein und diese Tasten sicher durch den Finger eines Erwachsenen bedienbar sein müssten, ohne andere Tasten unerwünscht mit zu betätigen.
Aus der GB 2 296 630 A sei ein Mobilfunksystem mit einem Mobiltelefon und einer Basisstation bekannt. Das Telefon weise einen Speicher für Kurzwahlnummern auf. Die Belegung der Kurzwahltasten könne an dem Mobiltelefon selbst, alternativ auch unter Einschaltung der Basisstation erfolgen, wobei im letzteren Fall die Tastenbelegung dann auf ein Mobiltelefon übertragen werden könne. Die Tastenbelegung erfolge also immer nur an einem Gerät und könne dann zu anderen Geräten übertragen werden. Der eigentliche Übertragungsvorgang erfolge nur in einer Richtung.
Im Stand der Technik sei weiter ein Notruftelefon bekannt, das von anderen Teilnehmern nicht angerufen werden könne; auch sei bekannt, eine Zentraltaste zu verwenden, der eine Vermittlungseinrichtung als Verbindungsziel zugewiesen sei.
2. Vor diesem Hintergrund formuliert die Streitpatentschrift die Aufgabe, ein MobilfunkÜbertragungssystem bereitzustellen, das eine besonders kompakte Ausgestaltung des beteiligten Mobilgeräts (Mobiltelefons) ermöglicht.
3. Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung - nach Hauptantrag - beschreibt demgemäß ein 1. Verfahren zur Konfigurierung eines Mobilteils (1) für eine MobilfunkÜbertragung, 1.1 wobei das Mobilteil (1) eine oder mehrere Wahltasten (7, 11, 12, 13) aufweist, 2. das Verfahren weist die folgenden Schritte auf:
2.1 Übertragung von Sprachinformation von dem Mobilteil (1) zu einer zentralen Vermittlungsstelle (30), 2.1.1 wobei die Sprachinformation eine gewünschte Belegung von Direktwahltasten der Wahltasten (7, 11, 12, 13) des Mobilteils (1) wiedergibt, 2.2 Zuweisung eines Verbindungsziels an die Direktwahltasten der Wahltasten (11, 12, 13), 2.2.1 abhängig von der übertragenen Sprachinformation, 2.2.2 durch eine drahtlose Datenübermittlung von der zentralen Vermittlungsstelle (30) zu dem Mobilteil (1), 2.3 die Zuweisung eines jeweiligen Verbindungsziels an die Direktwahltasten der Wahltasten (7, 11, 12, 13) kann durch unmittelbaren Zugriff auf das Mobilteil (1) nicht geändert werden.
4. Der hier zu berücksichtigende Fachmann ist ein Entwicklungsingenieur der Fachrichtung Nachrichtentechnik mit Hochschulausbildung und mit besonderen Kenntnissen auf dem Gebiet der Mobilfunktechnik.
5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag mag zwar neu und auch gewerblich anwendbar sein, er beruht jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Er ergab sich nämlich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik nach Anlage N4 in Verbindung mit seinem Fachwissen.
Aus der N4 ist ein Verfahren zur Konfigurierung eines Mobilteils für eine MobilfunkÜbertragung als bekannt entnehmbar, wobei das Mobilteil eine oder mehrere Wahl-Tasten A, B...F aufweist, denen Verbindungsziele zugewiesen werden, so dass mit Betätigung der jeweiligen Wahltaste die dieser zugewiesene Rufnummer gewählt werden kann (Zeichnung, Sp 1 Z 44-47, Sp 1 Z 53 bis Sp 2 Z 4, Sp 2 Z 17-27, Sp 3 Z 20-24 und Z 37-54, Merkmale 1, 1.1, 2.2). Die Verbindungsziele (Rufnummern) können den Wahltasten des Mobiltelefons von einer lizensierten Stelle 8 mittels eines (Programmier-) Gerätes 9 zugewiesen werden (Zeichnung, Sp 2 Z 44 bis Sp 3 Z 11). Das Gerät weist ein Tastenfeld 11 auf und wird - in einer ersten Alternative - über eine Steckverbindung 10 mit dem Mobiltelefon 1 verbunden. Mittels der Tasten 11 und über die Verbindung 10 werden den Wahltasten A, B...F Verbindungsziele zugewiesen. Die Steckverbindung kann ersetzt werden durch eine induktive oder optische Kopplung, aber auch durch eine "remote radio transmission/instruction", also eine nichtlokale Funkübertragung/Funkanweisung (Sp 3 Z 5-9). Die Zuweisung der Verbindungsziele erfolgt dann von dem in das Funknetzwerk 3 zentral eingebundenen Gerät 9 durch eine drahtlose Datenübermittlung an das Mobilteil (vgl die Zeichnung, Verbindung zwischen Netzwerk 3 und Stelle 8, Funkverbindung Base Station 2 zum Mobilteil 1, Teil-Merkmal 2.2.2, die Datenübermittlung betreffend). Eine Änderung der Zuweisung eines jeweiligen Verbindungszieles der Tasten-Belegung ist nur über die lizensierte Stelle 8 möglich, nicht durch unmittelbaren Zugriff auf das Mobilteil (Sp 2 Z 4-11, Z 27-32, S 4 Z 32-36, Merkmal 2.3).
Die aus (N4) bekannte Zuweisung eines Verbindungszieles an eine Direktwahltaste kann auf Veranlassung und nach Wahl einer kommerziellen Organisation, zB eines Automobilclubs, erfolgen (Sp 3 Z 37-58), aber auch (Privat-) Kunden können die Zuweisung eines Verbindungszieles wählen (Sp 3 Z 50-52 und Z 16-19).
Nachdem die Zuweisung von Verbindungszielen gemäß N4 von der lizensierten Stelle 8 zum Mobilteil 1 mittels drahtloser Datenübertragung (MobilfunkÜbertragung 2, 3) erfolgen kann, bietet sich dieser Übertragungsweg - in umgekehrter Richtung - dem Fachmann an, um Zuweisungs- (Änderungs-) Wünsche von Kunden an die zuweisende Stelle zu übermitteln. Und weil eine Mobilfunk-Verbindung primär zur Übertragung von Sprachinformation genutzt wird und eingerichtet ist (Sp 1 Z 3-22, Sp 3 Z 16-19), erfolgt die Übertragung der gewünschten Zuweisungsdaten naheliegenderweise durch Übertragung von Sprachinformation von dem Mobilteil zur lizensierten Stelle (Merkmale 2, 2.1.1, Teilmerkmal 2.1, Sprachinformation betreffend). Selbstverständlich erfolgt dann im Gegenzug die Zuweisung der gewünschten Verbindungsziele abhängig von der übertragenen Sprachinformation (Merkmal 2.2.1). Schließlich ist auch die zuweisende Stelle 8, wie aus N4 als bekannt entnehmbar, als eine zentrale Stelle in das Mobilfunk-Netzwerk 3 eingebunden (vgl die Zeichnung). Für diese, die Verbindungsziele zuweisende Stelle bietet sich dem Fachmann deshalb eine zentrale Vermittlungsstelle an (Teil-Merkmale 2.1 und 2.2.2, die zentrale Vermittlungsstelle betreffend). Mehr fordert auch Anspruch 1 in Bezug auf diese zentrale Vermittlungsstelle nicht.
Mit den vorstehenden, dem Fachmann nahegelegten Maßnahmen - Übertragung von eine gewünschte Belegung von Direktwahltasten wiedergebender Sprachinformation von dem Mobilteil zu einer zentralen Vermittlungsstelle - war das Verfahren gemäß Anspruch 1 bereits erreicht. Demgegenüber hat die Beklagte eingewendet, die in N4 beschriebene Stelle 8, insbesondere das Gerät 9, könne von Kunden mit Mobilteilen 1 nicht angerufen werden, vielmehr müsse sich der Kunde zu der Stelle 8 begeben, wenngleich eine Zuweisung von Verbindungszielen durch eine drahtlose Datenübermittlung von der zuweisenden Stelle zu dem Mobilteil erfolgen könne. Der Beklagten mag zwar darin beizupflichten sein, dass N4 eine solche, von einem Mobilteil initiierte Verbindung zur Stelle 8 nicht expressis verbis beschreibt, jedoch kann die Zuweisung von Verbindungszielen von Kunden gewählt werden (Sp 3 Z 50-52). Letzteres ist dem Fachmann, wie oben dargelegt, hinreichend Veranlassung dafür, die Übermittlung von Zuweisungs- (Änderungs-) Wünschen von Kunden an die zuweisende Stelle mittels drahtloser Datenübermittlung in Erwägung zu ziehen, so dass die Argumentation der Beklagten ein Beruhen des Verfahrens gemäß Anspruch 1 auf erfinderischer Tätigkeit nicht begründen kann.
6. Das Verfahren gemäß dem nebengeordneten Anspruch 3 ist ebenfalls mangels erfinderischer Tätigkeit gegenüber dem Stand der Technik nach N4 nicht patentfähig.
Das Verfahren nach Anspruch 3 stellt auf eine Feststation ab. Infolgedessen sind bei zu Anspruch 1 identischen Merkmalen 1 und 1.1 im Oberbegriff folgende Schritte im Kennzeichenteil gefordert (Gliederung in Anlehnung an Anspruch 1):
(2.0) Einsetzen des Mobilteils (1) in eine Feststation (20), die ein Tastenfeld (23) aufweist,
(2.1) Belegung von Wahltasten (11, 12) des Mobilteils (1) durch Betätigung des Tastenfelds (23) des Mobilteils (1) durch
(2.2) Übertragung von Zuweisungsdaten von der Feststation (20) zu dem Mobilteil (1)
(2.2.1) abhängig von der Betätigung des Tastenfelds (23) der Feststation,
(2.3) wobei die Belegung der Wahltasten (11, 12) durch unmittelbaren Zugriff auf das Mobilteil (1) nicht geändert werden kann.
Das aus N4 als bekannt entnehmbare Verfahren unterscheidet sich von dem nach Anspruch 3 beanspruchten dadurch, dass das Mobilteil 1 nicht in eine Feststation 9 eingesetzt wird, sondern mit dieser verbunden wird über zB Buchse/Stecker/ Verbindungsleitung, vgl Zeichnung und Sp 2 Z 44-47. Dieser Unterschied kann das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit jedoch nicht begründen. Der Fachmann hat verschiedene Möglichkeiten zur elektrischen Verbindung zweier Gerätschaften in seinem Fachwissen parat (vgl zB auch N4 Sp 3 Z 5-9) und wählt entsprechend den vorliegenden konstruktiven Gegebenheiten als passende Verbindung zwischen Mobilteil und Feststation eine Kontaktierung mittels Einsetzen - statt Einstecken - aus. Überdies ist ein solches Einsetzen des Mobilteils in die Feststation auch aus der Druckschrift N6 (vgl Fig 1 und Wortlaut des Anspruchs 1) als bekannt entnehmbar.
7. Die Vorrichtung gemäß dem nebengeordneten Anspruch 9 ist mangels erfinderischer Tätigkeit gegenüber dem Stand der Technik nach N4 ebenfalls nicht patentfähig.
Anspruch 9 umschreibt - abgesehen von der anderen Patentkategorie - den gleichen Sachverhalt wie Anspruch 1.
Ein Mobilteil für eine MobilfunkÜbertragung, das eine oder mehrere Wahltasten, Mittel zur Übertragung von Sprachinformation und Mittel zum Empfang einer drahtlosen Datenübermittlung aufweist, ist aus N4 als bekannt entnehmbar (vgl oben unter Punkt 5.). Es mag dahinstehen, ob und inwieweit die den Bedeutungsinhalt der Sprachinformation betreffenden Merkmale geeignet sind, die beanspruchte Vorrichtung (das Mobilteil) auszugestalten, wie dies von der Klägerin ins Feld geführt wurde. Jedenfalls gelten die zu den Merkmalen des Verfahrens nach Anspruch 1 dargelegten Überlegungen zur erfinderischen Tätigkeit in gleicher Weise für die dazu korrespondierenden Merkmale der Vorrichtung nach Anspruch 9. Somit gilt auch der Gegenstand des Anspruchs 9 als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
8. Die Gegenstände der Anspruchsfassungen nach Hilfsantrag I beruhen ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Anspruch 1 nach Hilfsantrag I - und korrespondierend dazu Anspruch 9 nach Hilfsantrag I - unterscheiden sich von Anspruch 1, resp Anspruch 9, nach Hauptantrag dadurch, dass das Merkmal 1.1 folgendermaßen lautet:
1.1 wobei das Mobilteil (1) mehrere Wahltasten aufweist und einer Wahltaste (7) eine zentrale Vermittlungsstelle (30) als Verbindungsziel zugewiesen ist, Auch das aus der Druckschrift N4 als bekannt entnehmbare Verfahren resp Mobilteil unterscheidet bereits mehrere Wahltasten, die fest und/oder frei mit Verbindungszielen belegbar sind (Sp 3 Z 45-52). Nachdem sich der Fachmann, wie oben zum Hauptantrag erörtert, veranlaßt sah, eine gewünschte Belegung von Direktwahltasten wiedergebende Sprachinformation von dem Mobilteil zu einer zentralen Vermittlungsstelle zu übertragen, liegt es nahe, einer der Wahltasten diese Stelle, die den Belegungswunsch eines Kunden entgegennimmt, als Verbindungsziel zuzuweisen, um die Übermittlung der Belegungswünsche an die dafür zuständige Stelle vornehmen zu können. Die des weiteren zum Hauptantrag dargelegten Überlegungen gelten in gleicher Weise auch für die Gegenstände der Ansprüche 1 und 9 nach Hilfsantrag I. Diese ergeben sich somit ebenfalls für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
9. Die Gegenstände der Anspruchsfassungen nach Hilfsantrag II beruhen ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Anspruch 1 nach Hilfsantrag II - und korrespondierend dazu Anspruch 9 nach Hilfsantrag II - unterscheiden sich von Anspruch 1, resp Anspruch 9, nach Hauptantrag darin, dass das Merkmal 1.1 folgendermaßen lautet:
1.1 wobei das Mobilteil (1) mehrere Wahltasten aufweist, die eine fest belegte Direktwahltaste (7) sowie mindestens eine frei belegbare Direktwahltaste (11, 12, 13) umfassen, und wobei der fest belegten Direktwahltaste (7) eine zentrale Vermittlungsstelle (30) als Verbindungsziel zugewiesen ist, Zusätzlich ist Merkmal 2.1 folgendermaßen ergänzt worden:
2.1 Aufbau eines Sprachkanals zu der zentralen Vermittlungsstelle (3) durch eine Betätigung der fest belegten Direktwahltaste (7) und Übertragung von Sprachinformation von dem Mobilteil (1) zu der zentralen Vermittlungsstelle (30), und in den Merkmalen 2.1.1, 2.2 und 2.3 wurde "Direktwahltasten der Wahltasten" jeweils ersetzt durch "wenigstens eine frei belegbare Direktwahltaste".
Wie vorstehend zu Hilfsantrag I erörtert, unterscheidet das aus der Druckschrift N4 als bekannt entnehmbare Verfahren resp Mobilteil bereits mehrere Wahltasten, die fest und/oder frei mit Verbindungszielen belegbar sind (Sp 3 Z 45-52). Weiter sah sich der Fachmann veranlaßt, einer der Wahltasten die Stelle, die den Belegungswunsch eines Kunden entgegennimmt, als Verbindungsziel zuzuweisen, um die Übermittlung der Belegungswünsche an die dafür zuständige Stelle vornehmen zu können. Um letztere Möglichkeit unabhängig von Änderungen der Belegung der Direktwahltasten sicherzustellen, bietet es sich dem Fachmann an, die zuweisende Stelle - zentrale Vermittlungsstelle - der fest belegten Direktwahltaste als Verbindungsziel zuzuweisen und nur die frei belegbaren Direktwahltasten der Disposition des Benutzers zu überlassen. Den Aufbau eines Sprachkanals setzt der Fachmann für eine Übertragung von Sprachinformation bei einer MobilfunkÜbertragung als selbstverständlich voraus. Die weiteren Überlegungen zum Hauptantrag gelten in gleicher Weise auch für die Gegenstände der Ansprüche 1 und 9 nach Hilfsantrag II. Letztere ergeben sich somit für den Fachmann ebenfalls in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
10. Soweit die übrigen Ansprüche von der Klägerin angegriffen werden - sowohl beim Hauptantrag wie bei den beiden Hilfsanträgen sind das die Ansprüche 2, 4 bis 6 und 10 - enthalten diese in Anbetracht des hierzu von der Klägerin zitierten Standes der Technik gleichfalls nichts Patentfähiges. Die Beklagte macht insoweit auch nichts geltend.
11. In Anbetracht der Sachlage kann die Frage, ob die Gegenstände der Ansprüche 1 und 9 in der Fassung nach Hauptantrag, wie auch in den Fassungen nach den Hilfsanträgen I und II, unzulässig erweitert worden sind, dahinstehen.
II Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 Satz 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 709 ZPO.
Dr. Schwendy Kalkoff Schuster Dr. Hartung Dr. Zehendner Be
BPatG:
Urteil v. 16.04.2003
Az: 4 Ni 25/02
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