Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Mai 2009
Aktenzeichen: 6 W (pat) 2/05
(BPatG: Beschluss v. 12.05.2009, Az.: 6 W (pat) 2/05)
Tenor
Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 C des Deutschen Patentund Markenamts vom 9. Juni 2004 wird aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterlagen erteilt:
-Patentansprüche 1 bis 27 und -Beschreibung Seiten 1 bis 63, jeweils vom 12. Mai 2009, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
-Zeichnungen Fig. 1 bis 53 B gemäß Offenlegungsschrift.
Gründe
I.
Die Beschwerde ist gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 C des Deutschen Patentund Markenamts vom 9. Juni 2004 gerichtet, mit dem die vorliegende Patentanmeldung mit der Begründung zurückgewiesen worden ist, der Gegenstand der Patentansprüche vom 20. Juni 2001 stellten gegenüber dem von der Prüfungsstelle nachgewiesenen Stand der Technik kein Resultat einer erfinderischen Tätigkeit dar.
Im Verfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt sind zum Stand der Technik folgende Druckschriften berücksichtigt worden:
1.
DE9317161U1 2.
DE4435759A1 3.
DE3432197A1 4.
US4886376 5.
US5149205 6.
US5325732 7.
DE4404109A1.
Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 12. August 2004 Beschwerde eingelegt, zu der mit Schriftsatz vom 24. Januar 2005 die Begründung einging. In der Verhandlung wurden neue Ansprüche sowie eine angepasste Beschreibung überreicht.
Die Patentanmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss der Prüfungsstelle aufzuheben und ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
-neue Patentansprüche 1 bis 27 und -Beschreibung Seiten 1 bis 63, jeweils vom 12. Mai 2009, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
-Zeichnungen gemäß Offenlegungsschrift.
Der geltende Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
Linearführungsvorrichtung mit: einer sich axial erstreckenden Führungsschiene (1) mit einer ersten Rollnut (3A, 3B) an ihrer Außenfläche; einem Schlitten (2), aus Hauptkörper (2A) und Endkappen (2B), der mit der Führungsschiene (1) in Eingriff steht, und eine zweite Rollnut, Rollelementrückführnuten und gekrümmte Nuten aufweist, wobei die zweite Rollnut der ersten Rollnut gegenüberliegt und die Rollelementrückführnuten mit beiden Endabschnitten der zweiten Rollnut über die gekrümmten Nuten jeweils verbunden sind; einer Anzahl von in dem Schlitten (2) eingebrachten Rollelementen, welche durch die zweite Rollnut, die gekrümmten Nuten und die Rollelementrückführnuten zirkulieren können, einem Polymerteil (11) mit einem Kontaktabschnitt, welcher an der Führungsschiene (1) anliegt, und einem ersten Plattenteil (12), das an das Polymerteil (11) angesetzt ist, welches zwischen dem Schlitten (2) und dem ersten Plattenteil (12) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Polymerteil (11) aus einem Kunststoffmaterial geformt ist, welches ein Schmiermittel enthält, der Kontaktabschnitt die Führungsschiene umgibt und das Schmiermittel enthaltende Polymerteil weiterhin zwei Flügelabschnitte (11A, 11B) und einen Verbindungsabschnitt (11C) aufweist, der die Flügelabschnitte zu einer im wesentlichen C-förmigen Gestalt verbindet, welche gemäß einer äußeren Gestalt der Endkappe (2B) ausgebildet ist.
Der nebengeordnete Anspruch 25 lautet:
Linearführungsvorrichtung mit: einer sich axial erstreckenden Führungsschiene (1) mit einer ersten Rollnut (3A, 3B) auf ihrer Außenfläche; einem mit der Führungsschiene (1) in Eingriff stehenden Schlitten (2), aus Hauptkörper (2A) und Endkappen (2B), welcher eine zweite Rollnut, Rollelementrückführnuten und gekrümmte Nuten aufweist, wobei die zweite Rollnut der ersten Rollnut gegenüberliegt und die Rollelementrückführnuten jeweils mit beiden Endabschnitten der zweiten Rollnut über die gekrümmten Nuten entsprechend verbunden und eine Vielzahl von Rollelementen in dem Schlitten (2) zum Zirkulieren durch die zweite Rollnut, gekrümmte Nuten und Rollelementrückführnuten aufgenommen sind, dadurch gekennzeichnet, dass eine Seitendichteinrichtung direkt oder indirekt am Schlitten befestigt ist und weiterhin eine Dichtlippe in engem Kontakt mit der Führungsschiene (1) aufweist, und ein Schmiermittel enthaltendes Polymerteil (11) gebildet aus einem Kunststoff, der ein Schmiermittel enthält, nah zur Dichtlippe und zur Zufuhr von Schmiermittel zur Seitendichtung angeordnet ist, wobei das Schmiermittel enthaltende Polymerteil (11) einen Kontaktabschnitt in Kontakt mit der Führungsschiene (1) aufweist, der die Führungsschiene umgibt, und das Schmiermittel enthaltende Polymerteil weiterhin zwei Flügelabschnitte (11A, 11B) und einen Verbindungsabschnitt (11C) aufweist, der die Flügelabschnitte zu einer im wesentlichen C-förmigen Gestalt verbindet, welche gemäß einer äußeren Gestalt der Endkappen (2B) ausgebildet ist.
An diese nebengeordneten Ansprüche schließen sich die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 24 bzw. 26 und 27 an. Hinsichtlich deren Wortlauts sowie wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist zulässig und im Hinblick auf die geltenden Unterlagen auch begründet.
1.
Der Gegenstand der geltenden Patentansprüche ist in den ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart, die Patentansprüche sind somit zulässig.
Die Merkmale der geltenden Patentansprüche 1 bis 27 entsprechen den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 bis 22. Die nebengeordneten Ansprüche 1 und 25 enthalten zusätzlich noch das Merkmal, wonach die C-förmige Gestalt des Polymerteils 11 gemäß einer äußeren Gestalt der Endkappe ausgebildet ist. Dieses Merkmal kann den Figuren der jeweiligen Ausführungsformen entnommen werden und ist in den Originalunterlagen auf Seite 33, 1. Absatz, beschrieben.
2.
Die Linearführungsvorrichtungen nach Anspruch 1 bzw. dem nebengeordneten Anspruch 25 stellen jeweils eine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG §§ 1 bis 5 dar.
a.
Keine der aus den Entgegenhaltungen bekannten Linearführungsvorrichtungen weist alle Merkmale des geltenden Anspruchs 1 bzw. des Anspruchs 25 auf. Insbesondere ist aus dem aufgezeigten Stand der Technik keine Linearführungsvorrichtung bekannt, deren Schmiermittel enthaltendes Polymerteil gemäß einer äußeren Gestalt der Endkappe ausgebildet ist.
b.
Die Linearführungsvorrichtung des geltenden Patentanspruchs 1 der Anmeldung, sowie diejenige nach dem nebengeordneten Patentanspruch 25, deren jeweilige gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, ist jeweils als Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit anzusehen.
Zur Linearführungsvorrichtung nach dem geltenden Patentanspruch 1:
Es bestand Übereinstimmung zwischen dem Senat und der Anmelderin darin, dass als nächstkommender Stand der Technik eine Linearführungsvorrichtung entsprechend der Ausführungsform nach Figur 10 und 11 der DE 44 35 759 A1 (D2) anzusehen ist. Darin ist unter Berücksichtigung der darauf Bezug nehmenden Beschreibung offenbart, eine Linearführungsvorrichtung mit: einer sich axial erstreckenden Führungsschiene 1 mit einer ersten Rollnut 3 an ihrer Außenfläche; einem Schlitten 2, aus Hauptkörper 2A und Endkappen 2B, der mit der Führungsschiene 1 in Eingriff steht, und eine zweite Rollnut, Rollelementrückführnuten und gekrümmte Nuten aufweist, wobei die zweite Rollnut der ersten Rollnut gegenüberliegt und die Rollelementrückführnuten mit beiden Endabschnitten der zweiten Rollnut über die gekrümmten Nuten jeweils verbunden sind; einer Anzahl von in dem Schlitten 2 eingebrachten Rollelementen 8, welche durch die zweite Rollnut, die gekrümmten Nuten und die Rollelementrückführnuten zirkulieren können, einem Polymerteil 24 mit einem Kontaktabschnitt, welcher an der Führungsschiene 1 anliegt, und einem ersten Plattenteil 9 (dargestellt in Figur 4), das an das Polymerteil 24 angesetzt ist, welches zwischen dem Schlitten 2 und dem ersten Plattenteil 9 angeordnet ist, wobei auch bereits vorgesehen ist, dass das Polymerteil 24 aus einem Kunststoffmaterial geformt ist, welches ein Schmiermittel enthält.
Die weiteren Merkmale des Kennzeichens sind der D2 nicht entnehmbar, da das dort offenbarte Polymerteil 24 als flächiges Element mit der inneren, der Führungsschiene zugewandten Oberfläche der Endkappe 2B fest verbunden ist. Das Polymerteil 24 kontaktiert dementsprechend nur die äußere Oberfläche der Führungsschiene 1, nicht jedoch deren Rollnuten, und es weist auch nicht zwei Flügelabschnitte und einen Verbindungsabschnitt auf. Zudem hat das Polymerteil ersichtlich nicht die äußere Gestalt der Endkappe. Durch die Ausbildung des Polymerteils in Gestalt der Endkappe ist offensichtlich, dass dessen Ausgestaltung plattenförmig sein muss und dessen Ausrichtung orthogonal zur Längserstreckung der Führungsschiene, wie dies ja auch in sämtlichen Figuren der Anmeldung zum Ausdruck gebracht ist. Eine dementsprechend ausgebildete Linearführungsvorrichtung bzw. Polymerteil wird durch die in der D2 offenbarten Ausführungsformen somit nicht nahegelegt.
Die DE 93 17 161 U1 (D1) offenbart eine Linearführungsvorrichtung mit: einer sich axial erstreckenden Führungsschiene 1 mit einer ersten Rollnut 3 an ihrer Außenfläche; einem Schlitten 2, aus Hauptkörper und Endkappen, der mit der Führungsschiene 1 in Eingriff steht, und eine zweite Rollnut, Rollelementrückführnuten und gekrümmte Nuten aufweist, wobei die zweite Rollnut der ersten Rollnut gegenüberliegt und die Rollelementrückführnuten mit beiden Endabschnitten der zweiten Rollnut über die gekrümmten Nuten jeweils verbunden sind; einer Anzahl von in dem Schlitten 2 eingebrachten Rollelementen, welche durch die zweite Rollnut, die gekrümmten Nuten und die Rollelementrückführnuten zirkulieren können, einem Kopfstück 6 mit einem Kontaktabschnitt, welcher an der Führungsschiene 1 anliegt, und einem ersten Plattenteil 7, das an das Kopfstück angesetzt ist, welches zwischen dem Schlitten 2 und dem ersten Plattenteil 7 angeordnet ist, wobei das Kopfstück 6 ein Schmiermittel enthält.
Dieses bekannte zusätzliche Kopfstück 6 besteht jedoch weder aus einem Polymerteil, welches das Schmiermittel enthält, noch ist der Beschreibung eine Aussage über seine Formgebung -die erfindungsgemäß entsprechend der äußeren Gestalt der Endkappe ausgebildet ist -zu entnehmen. Es wird lediglich ausgesagt, das Kopfstück 6 solle einen Hohlraum zur Aufnahme von Schmierstoff aufweisen (vgl. Anspruch 1), weitere Aussagen über seine Formgebung sind in der DE 93 17 161 U1 (D1) nicht enthalten. Die Entgegenhaltungen DE 34 32 197 A1 (D3), US 48 86 376 (D4) und US 51 49 205 (D5) offenbaren ebenfalls kein Polymerteil, welches ein Schmiermittel enthält und welches gemäß einer äußeren Gestalt der Endkappe ausgebildet ist. Die Entgegenhaltungen US 53 25 732 (D6) und DE 44 04 109 A1 (D7) liegen erkennbarerweise noch weiter ab als der vorstehend abgehandelte Stand der Technik. Da somit im nachgewiesenen Stand der Technik keine Linearführung mit einem ein Schmiermittel enthaltendes Polymerteil, welches gemäß einer äußeren Gestalt der Endkappe ausgebildet ist, erläutert ist, konnte der Stand der Technik auch weder einzeln noch in einer Zusammenschau dem Fachmann eine Anregung in dieser Richtung liefern.
Die Entgegenhaltungen 6 und 7 liegen noch weiter ab und können eine Ausführungsform wie durch die Merkmale des Anspruchs 1 beschrieben ebenfalls nicht nahe legen.
Patentanspruch 1 ist damit gewährbar.
Zur Linearführungsvorrichtung nach dem geltenden Patentanspruch 25:
Die Linearführungsvorrichtung nach Anspruch 25 unterscheidet sich von der nach Anspruch 1 neben sprachlichen Abweichungen in der Formulierung inhaltlich hauptsächlich durch die Ausbildung einer Dichtlippe, entsprechend dem ersten Merkmal des Kennzeichens, wonacheine Seitendichteinrichtung direkt oder indirekt am Schlitten befestigt ist und weiterhin eine Dichtlippe in engem Kontakt mit der Führungsschiene (1) aufweist, und ein Schmiermittel enthaltendes Polymerteil (11) gebildet aus einem Kunststoff, der ein Schmiermittel enthält, nah zur Dichtlippe und zur Zufuhr von Schmiermittel zur Seitendichtung angeordnet ist ...
Der Wortlaut dieses Anspruchs nimmt Bezug auf die erste Ausführungsform (vgl. Fig. 36 bis 38), nach der kein erstes Plattenteil 12 am Polymerteil 11 angesetzt ist, sondern die Seitendichteinrichtung 5 bzw. 50.
Nachdem ansonsten diejenigen Merkmale, welche bei der Linearführungsvorrichtung nach Patentanspruch 1 eine erfinderische Tätigkeit begründen, unverändert bleiben, gilt die bzgl. der Vorrichtung nach Anspruch 1 getroffene Begründung in gleicher Weise auch in Bezug auf die Linearführungsvorrichtung nach Anspruch 25. Sie wird auch nicht durch die zusätzliche Ausbildung einer Lippendichtung (s. o.) abgeändert. Insofern handelt es sich auch bei einer Linearführungsvorrichtung nach Anspruch 25 um das Resultat einer erfinderischen Tätigkeit.
Patentanspruch 25 ist damit gewährbar.
Die auf die Patentansprüche 1 bzw. 25 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 24 bzw. 26 und 27 beschreiben weiterbildende Merkmale, die die an Unteransprüche zu stellenden Anforderungen erfüllen.
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BPatG:
Beschluss v. 12.05.2009
Az: 6 W (pat) 2/05
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