Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. April 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 193/01

(BPatG: Beschluss v. 09.04.2003, Az.: 29 W (pat) 193/01)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Schutzbewilligung der IR-Marke 659 537 siehe Abb. 1 am Endedie unter anderem für die Waren 25: Vêtements; chaussures, chapellerie, foulards, ceintures.

Schutz genießt hat die Inhaberin der für die Waren

"Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen"

eingetragenen Marke 395 21 487 siehe Abb. 2 am Ende Widerspruch erhoben, der sich gegen die Waren der Klasse 25 richtet.

Die Markenstelle für Klasse 16 IR hat den Widerspruch durch Erst- und Erinnerungsbeschluß zurückgewiesen. Da sich der Widerspruch nur gegen die Waren der Klasse 25 richte, seien die Vergleichsmarken zwar zur Kennzeichnung identischer sowie wirtschaftlich nahestehender Waren bestimmt. Wegen der Wechselwirkung der maßgebenden Faktoren sei zur Vermeidung der Verwechslungsgefahr daher ein erheblicher Abstand der Marken erforderlich. Dieser sei jedoch eingehalten, weil die Widerspruchsmarke nur in ihrer konkreten grafischen Ausgestaltung heranzuziehen sei. Der Buchstabe "Z" sei unter Hinweis auf die Bundespatentgericht-Entscheidungen zu "T" und "K" schutzunfähig und damit nicht kollisionsbegründend, so daß eine Verwechslungsgefahr aus Rechtsgründen ausscheide. In der grafischen Ausgestaltung unterschieden sich die in Schattengrafik dargestellte Widerspruchsmarke wesentlich von der punktförmigen Gestaltung des Buchstabens "Z" mit schmalem Querbalken in der jüngeren Marke.

Die Erinnerungsprüferin hat die Verwechslungsgefahr unter Zugrundelegung identischer Waren und normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in ihrer konkreten grafischen Gestalt ebenfalls verneint. Es handele sich jeweils um Wort-Bild-Marken für Waren, die überwiegend auf Sicht gekauft werden. Dabei falle dem Verkehr die unterschiedliche grafische Darstellung auf jeden Fall auf. Bei der Benennung der angegriffenen Marke mit "den mehreren bzw. den fünf Z's" und der Widerspruchsmarke mit "Z" stünden sich unterschiedliche Markenbegriffe gegenüber.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor, daß der beschränkte Widerspruch identische Waren betreffe und daß beide Marken jeweils den Buchstaben "Z" enthielten. Der Verkehr werde sich die Widerspruchsmarke als "Zett-Zeichen" einprägen. Auch die jüngere Marke werde durch den Buchstaben "Z" geprägt und vom Verkehr als Wiederholung desselben Buchstabens bzw 5-fach Z aufgenommen. Es handele sich um Waren des alltäglichen Bedarfs, die ohne erhöhte Aufmerksamkeit in Augenschein genommen und erworben würden. Da beide Marken als "Z-Zeichen" wiedergegeben werden, bestehe unmittelbar klangliche und begriffliche Verwechslungsgefahr. Auf dem Bekleidungssektor sei es durchaus nicht unüblich, eine Kennzeichnung mehrfach anzubringen. Die Verfünffachung des Zeichens dürfe nicht aus dem Schutzbereich herausführen. Das "Z" sei schutzfähig und habe für Bekleidungsstücke keinen beschreibenden Begriffsgehalt. Weder werde die Maßangabe Zoll mit "Z" abgekürzt noch habe "Z" als Angabe für rechtsgedrehte Zwirne für die Vergleichswaren Bedeutung.

Die Widersprechende beantragt, die angefochtenen Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und der IR-Marke 659 537 den Schutz in Deutschland für alle Waren der Klasse 25 zu verweigern.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, daß der Gesamteindruck der Vergleichsmarken nicht durch den Buchstaben "Z" bestimmt und benannt werde, da dieser in beiden Marken nicht eindeutig zu erkennen sei. Im übrigen sei der Buchstabe "Z" für die in Rede stehenden Waren als Abkürzung für die Maßangabe "Zoll" sowie als Angabe für die Drehrichtung von Zwirnen beschreibend. Ein einzelner Buchstabe sei ohnehin kennzeichnungsschwach, da es nur 26 Buchstaben gebe und ein Freihaltungsbedürfnis bestehe. Insgesamt wiesen die Marken einen völlig unterschiedlichen Gesamteindruck auf. Außerdem achteten die angesprochenen vornehmlich flüchtigen und unkritischen Abnehmer aus allen Altersklassen und Schichten nicht auf einzelne Elemente der Vergleichsmarken. Auch komme der klanglichen Verwechslungsgefahr bei Bekleidungsartikeln eine geringere Bedeutung zu.

II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg. Nach Auffassung des Senats besteht zwischen den beiden Bildmarken keine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (stRspr BGH GRUR 2002, 342, 343, - ASTRA/ESTRA-PUREN, GRUR 2002, 809, 811 - FRÜHSTÜCKS-DRINK I; GRUR 2002, 1067, 1068 - DKV/OKV mwN auch zur Rechtsprechung des EuGH; zuletzt BGH Urt. v. 28. November 2002 - I ZR 204/00 - Goldbarren).

1. Da sich der Widerspruch nur gegen die Waren der Klasse 25 richtet, besteht Identität zwischen den Waren der Widerspruchsmarke und den Waren "Vêtements; chaussures, chapellerie" der jüngeren Marke sowie ein hoher Grad an Ähnlichkeit hinsichtlich der übrigen Waren "foulards, ceintures" der IR-Marke (vgl BPatG 97, 27 W (pat) 5/96; Bekleidungsstücke/Krawatten, Gürtel hoher Ähnlichkeitsgrad als Accessoire, BPatG 96, 12 W (pat) 173/96 Richter/Stoppel Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen 12. Aufl, S 76; S 198 zur Ähnlichkeit von Kopfbedeckungen/Bekleidungsstücken).

2. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich. Einzelbuchstaben sind in jedweder Erscheinungsform - auch mit Schattenwurf - grundsätzlich nicht unabhängig von den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen ungeeignet, als Hinweis auf die betriebliche Herkunft zu dienen. Entscheidend ist vielmehr, ob der Buchstabe für die mit ihm beanspruchten Waren einen beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl BGH GRUR 2001, 161, 162 -Buchstabe "K"; BGH WRP 2003, 517, 518 - Buchstabe "Z").

Diese Voraussetzung ist bei der Widerspruchsmarke nicht gegeben. Zwar werden z.B. bei Bekleidungsstücken wie Jeans die Bundweite und die Länge in der angloamerikanischen Maßeinheit "inch" angegeben. Das übersetzte deutsche Wort "Zoll" wird als Größenangabe aber nicht abgekürzt und deshalb auch nicht der Großbuchstabe "Z" verwendet.

Ebenso wenig kann eine Kennzeichnungsschwäche aus dem Umstand hergeleitet werden, daß bei Zwirnen, Garnen, Webketten oder auch Drähten mit "Z" die Drehungsrichtung der Fäden entgegen dem Uhrzeigersinn bezeichnet wird (vgl Markert Maschen ABC, 9. Aufl, S 332; A. Kießling-M. Matthes Textil-Fachwörterbuch Neuauflage 1993, S 89; A. Hofer Textil- und Modelexikon Bd 2, z. Aufl, S 1045). Denn dieser Begriffsgehalt hat nur Bedeutung bei der Herstellung und dem Absatz von Zwirnen, Garnen oder besonderen Wirkstrukturen wie Effektzwirnen (vgl Burkhard Wulfhorst Texteile Fertigungsverfahren, 1998, S 126, 127), nicht aber für die Fertigprodukte "Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen". Hinzu kommt, daß sich die Inhaberin der angegriffenen IR-Marke insoweit nicht auf eine Kennzeichnungsschwäche berufen kann, als ihre Marke nicht ein alleinstehendes Z ist, sondern im 5-fachen Auftreten des graphisch gestalteten Buchstabens "Z" den Eindruck eines Wirkmusters herruft.

3. Die Marken weichen jedoch in ihrem maßgeblichen Gesamteindruck voneinander in einer Weise ab, dass die Verwechslungsgefahr auch unter Einbeziehung der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren und der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke insgesamt zu verneinen ist. Nach Auffassung des Senats besteht nicht die Gefahr, daß das Publikum die Marken selbst in der unsicheren Erinnerung weder nach ihrem bildlichen Gesamteindruck verwechselt noch begrifflich oder bei deren Benennung für einander hält.

Der Gesamteindruck der Widerspruchsmarke wird von einer breiten Zickzackline mit Schattenwurf geprägt, so daß diese Bildmarke als "Doppel-Z" oder als "Z mit Schattenwurf" gelesen und bezeichnet werden kann. Demgegenüber enthält die jüngere Marke ein Punktraster, in dem bestimmte Punkte jeweils in gleicher Weise fünfmal dunkler und stärker hervorgehoben sind. In ihnen kann der unbefangene Betrachter 5 Zickzackmuster in Z-Form erkennen. Insgesamt ergibt sich daraus der Eindruck eines Wirkmusters. Die Unterschiede im bildlichen Gesamteindruck sind unübersehbar. Sie werden durch die Art der graphischen Gestaltung der angegriffenen Marke hervorgerufen, die in der prioritätsälteren Widerspruchsmarke keine Entsprechung findet.

Dies wirkt sich auch auf die Benennung der Zeichen aus. Während es nahe liegt, die Widerspruchsmarke - wie oben ausgeführt - mit "Doppel-Z", "Z mit Schattenwurf" oder allenfalls als "Zett-Zeichen" zu benennen, ist die angegriffene Marke nicht naheliegend, ungezwungen und erschöpfend mit "Z" zu bezeichnen. Eine Bezeichnung mit "Z" würde ihrer besonderen graphischen Gestaltung nicht gerecht. Auch wenn der Verkehr im allgemeinen bestrebt ist, nach möglichst einfachen Benennungen von Abbildungen zu suchen, geht der Senat davon aus, daß die IR-Marke als "Z-Punktemuster" oder "Z-Muster" benannt wird (vgl Beschluss v. 19.11.2002 - 25 W (pat) 147/01 - K/K in JB BPatG 2002, GRUR 2003, 480, 481 m.w.N.) Aufgrund der unterschiedlichen Bennenung besteht daher nicht die Gefahr von Verwechslungen in klanglicher Hinsicht.

In gleicher Weise ist eine begriffliche Verwechslungsgefahr bei den Vergleichszeichen auszuschließen. Da sich insbesondere die jüngere IR-Marke nicht auf den Buchstaben "Z" reduzieren läßt, ist nicht zu befürchten, daß die hier angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise, die eine Marke in der Regel als Ganzes wahrnehmen, ohne auf die einzelnen Elemente zu achten (vgl EuGH GRUR 1998, 387 - Sabel/Puma), die beiden Marken begrifflich gleichsetzen. Soweit die Widersprechende geltend macht, die angegriffene Marke könne den Schutzbereich der Widerspruchsmarke nicht dadurch verlassen, daß sie das "Z" der Widerspruchsmarke in fünffacher Form aufbringe, verkennt sie, daß sich der Schutzumfang der Widerspruchsmarke nicht auf sämtliche Darstellungen des Buchstabens "Z" oder einer "Zickzacklinie in Z-Form" erstrecken. Dies käme einem unzulässigen Motivschutz bzw dessen sinngemäßer Heranziehung über den Begriff des Buchstabens "Z" gleich (vgl BGH GRUR 96, 198 - Springende Raubkatze; Althammer/Ströbele 6. Aufl, § 9 Rdn 118, 119).

Aus den gleichen Gründen sind auch die Voraussetzungen einer assoziativen Verwechslungsgefahr nicht gegeben (vgl EuGH GRUR 1998, 387 - Springende Raubkatze). Anhaltspunkte dafür, daß die jüngere Marke vom Verkehr als Serienzeichen der Widersprechenden aufgefaßt oder organisatorische, geschäftliche oder sonstige Verbindungen der Zeicheninhaber angenommen werden, sind weder ersichtlich noch von der Widersprechenden substantiiert vorgetragen.

Für eine Auferlegung von Kosten nach § 71 Abs 1 Satz 1 MarkenG besteht keine Veranlassung.

Grabrucker Pagenberg Voit Cl Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D94102.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/D94103.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 09.04.2003
Az: 29 W (pat) 193/01


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