Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Januar 2009
Aktenzeichen: 27 W (pat) 96/08
(BPatG: Beschluss v. 27.01.2009, Az.: 27 W (pat) 96/08)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die am 27. Juli 2005 angemeldete und am 13. Januar 2006 u. a. in der Klasse 25 für die Waren "Bekleidungstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" eingetragene Wortmarke 305 43 679 Die Sockersist Widerspruch erhoben worden aus der am 3. Juni 1965 für die Waren "Einziehsocken als Fußschutz in Gummistiefeln und grobem Schuhwerk"
eingetragenen Wortmarke 804 944 SOKKETS.
Der Widerspruch richtet sich nur gegen die vorgenannten Waren der Klasse 25 der angegriffenen Marke.
Die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patentund Markenamts hat den Widerspruch durch Beschluss vom 19. Februar 2008 wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Die Marken würden sich durch den nur der jüngeren Marke vorangestellten Artikel "Die" schriftbildlich und klanglich ausreichend voneinander unterscheiden. Die jüngere Marke sei nicht auf "Sockers" zu verkürzen. Das Prinzip des Registerrechts verbiete es, eingetragene Marken dahingehend zu verändern, dass ihnen u. a. Artikelwörter vorangestellt oder angefügt werden oder von solchen in eingetragenen Marken enthaltenen Artikeln einfach im Hinblick auf die Gegenmarke abgesehen werde.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Auffassung, der Bestandteil "Die" in der jüngeren Marke reiche nicht aus, um Verwechslungen zu verhindern. Wenn die Hinzufügung eines Artikels eine Verwechslungsgefahr ausschlösse, wären einem Missbrauch Tür und Tor geöffnet, da jede bestehende Marke durch geringfügige Änderung und Hinzufügung eines Artikels quasi okupiert werden könnte.
Die Widersprechende beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 28 vom 19. Februar 2008 aufzuheben und die Marke 305 43 679 im beantragten Umfang zu löschen.
Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält die Marken für nicht verwechselbar. Eine Verwechslungsgefahr scheitere insbesondere an dem der jüngeren Marke vorangestellten Artikel "Die" und dem Sinngehalt dieser Marke. Die angesprochenen Verkehrskreise verstünden die Marke als Hinweis auf ein Fußballteam.
An der mündlichen Verhandlung haben die Widersprechende und der Markeninhaber, wie zuvor schriftsätzlich angekündigt, nicht teilgenommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg, weil die einander gegenüberstehenden Marken keiner Verwechslungsgefahr gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG unterliegen.
Nach diesen Bestimmungen ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs u. a. zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke älteren Zeitrangs und der (Identität oder) Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der (Identität oder) Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass z. B. ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2006, 60, 61 -coccodrillo m. w. Nachw.).
1. Die Einziehsocken der Widerspruchsmarke sind mit Bekleidungsstücken identisch (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 14. Aufl., S. 36 zum Verhältnis Bekleidungsstücke/Strumpfwaren m. w. Nachw.) und mit Schuhwaren, Kopfbedeckungen durchschnittlich ähnlich (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., S. 303 zum Verhältnis Strümpfe/Schuhwaren, Kopfbedeckungen).
2.
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hält der Senat in Bezug auf Socken wegen ihres beschreibenden Anklangs für geschwächt. Die Bezeichnung erinnert sowohl an das deutsche Wort Socken als auch an das englische Wort "socks" (= Socken).
3.
Den danach erforderlichen unterdurchschnittlichen Abstand halten die Marken ein. Schriftbildlich unterscheiden sich die Vergleichsmarken deutlich sichtbar durch den nur in der jüngeren Marke vorhandenen Artikel "Die" und die Buchstaben "c" und "r" in der jüngeren Marke anstatt der Buchstaben "K" und "T" in der Widerspruchsmarke.
Auch der klangliche Abstand ist insbesondere wegen des Artikels "Die" in der jüngeren Marke ausreichend. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit kollidierender Marken kann der Artikel "Die" nicht ohne weiteres vernachlässigt werden (vgl. BGH GRUR 2005, 326, 327 -il Padrone/Il Portone in Bezug auf den bestimmten Artikel "il" der italienischen Sprache). Die Verbraucher haben keine Veranlassung, diesen Bestandteil bei der Benennung wegzulassen. Als bestimmter Artikel und Substantiv sind die beiden Wörter der jüngeren Marke vielmehr aufeinander bezogen und bilden einen Gesamtbegriff, den die Verbraucher im Allgemeinen als solchen wahrnehmen und nicht in seine Bestandteile zerlegen.
Gegen eine Verwechslungsgefahr spricht schließlich auch der Sinngehalt der jüngeren Marke. Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise werden bei akustischer Wahrnehmung des Wortes "Sockers" an den Plural des ihnen geläufigen englischen Wortes "soccer" (zu deutsch = Fußball) denken. Dieser Sinngehalt, der in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung findet, erleichtert eine Unterscheidung in klanglicher Hinsicht.
4. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG besteht kein Anlass.
Dr. Albrecht Schwarz Kruppabr/Me
BPatG:
Beschluss v. 27.01.2009
Az: 27 W (pat) 96/08
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