Oberlandesgericht Stuttgart:
Beschluss vom 14. August 2014
Aktenzeichen: 2 U 84/14
(OLG Stuttgart: Beschluss v. 14.08.2014, Az.: 2 U 84/14)
Tenor
1. Der Antrag des Verfügungsbeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 4. Juni 2014, Az.: 11 O 101/14, wird
z u r ü c k g e w i e s e n.
2. Die Berufung des Verfügungsbeklagten gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 4. Juni 2014, Az.: 11 O 101/14, wird als unzulässig
v e r w o r f e n.
3. Der Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 8.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
A.
I.
Verfügungskläger und Verfügungsbeklagter sind im Bundesgebiet tätige Rechtsanwälte, die ihre Dienstleistungen auch über das Internet anbieten. Im Wege der einstweiligen Verfügung begehrt der Verfügungskläger die Verurteilung des Verfügungsbeklagten, es zu unterlassen, in seinem Internetauftritt innerhalb des Netzwerks €X.€ kein den Bestimmungen des § 5 TMG genügendes Impressum vorzuhalten.
Jedenfalls am 8. Februar 2014 unterhielt der Verfügungsbeklagte auf der Internetplattform €X.€ ein seine Person präsentierendes Profil (Anlage AST 2). Zu den einzelnen Inhalten des Profils, zu den dort geschalteten Links und zur Frage, ob und inwieweit dieses Profil für registrierte und nicht registrierte Mitglieder des Netzwerks aufrufbar war, wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Mit Schreiben vom 12. Februar 2014 (Anlage AST 3) mahnte der Verfügungskläger den Verfügungsbeklagten wegen Verstoßes gegen § 5 TMG ab.
Der Verfügungskläger hat vorgetragen,bei dem €X.€-Profil des Verfügungsbeklagten handele es sich um ein eigenes Telemedium, so dass er Diensteanbieter i.S.d. § 5 TMG sei. Das Profil enthalte nicht die erforderlichen Angaben zur Anbieterkennzeichnung gemäß § 5 TMG; insbesondere genüge der dort nachträglich eingefügte Link nicht den Anforderungen der leichten Erkennbarkeit und unmittelbaren Erreichbarkeit i.S.d. Vorschrift. Der so gegebene Verstoß gegen eine Marktverhaltensregel i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG sei spürbar.
Der Verfügungskläger hat beantragt:
Der Beklagte hat es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, in seinem Internetauftritt innerhalb des Netzwerks €X.€ kein den Bestimmungen des § 5 TMG genügendes Impressum vorzuhalten, wie geschehen in dem €X.€-Auftritt gemäß Anlage AST 2 zur Antragsschrift sowie gemäß Anlage AG 1 zur Schutzschrift des Antragsgegners vom 9. April 2014, Bl. 38.
Der Verfügungsbeklagte hat beantragt:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Er hat vorgebracht,der Antrag sei mangels ausreichender Bestimmtheit bereits unzulässig und auch unbegründet. Bei dem €X.€-Profil handele es sich nicht um ein eigenes Telemedium des Verfügungsbeklagten; Diensteanbieter sei vielmehr nur der Betreiber des €X.€-Portals. Außerdem befinde sich am Ende des Profils der Link €Impressum von Dr. C... U...€, über dem sich ein Fenster öffne, das alle notwendigen Informationen zum Verfügungsbeklagten einschließlich der Angaben nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 6 TMG enthalte. Weiter sei ein etwaiger Verstoß gegen die Marktverhaltensregel des § 5 TMG nicht spürbar i.S.d. § 3 UWG. Schließlich müsse eine richtlinienkonforme Anwendung des § 5 TMG nach den Vorgaben des Art. 7 Abs. 1 bis Abs. 3 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken zu dem Ergebnis führen, dass ein etwaiger Verstoß des Beklagten nicht geeignet sei, die Entscheidung eines Verbrauchers zu beeinflussen.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
II.
Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung wie beantragt erlassen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Verfügungsantrag zulässig, insbesondere ausreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 ZPO sei. Weiter habe der Beklagte die Vermutung des § 12 Abs. 2 UWG für das Bestehen eines Verfügungsgrundes nicht widerlegt.
Außerdem sei der Antrag begründet. Beide Parteien seien Mitbewerber i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Durch die Veröffentlichung seines Profils im Rahmen der Internetplattform €X.€ in der Version, die von den registrierten (= eingeloggten) Mitgliedern des Netzwerks abgerufen werden kann, habe der Verfügungsbeklagte in spürbarer Weise gegen § 5 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 6 TMG verstoßen. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine Marktverhaltensregel i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Urteil wurde dem Verfügungsbeklagten am 6. Juni 2014 zugestellt (GA 112).
Mit einem auf den 7. Juli 2014 datierten Schriftsatz hat der Verfügungsbeklagte Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 4. Juni 2014, Az.: 11 O 101/14 eingelegt und zugleich begründet. Ausweislich des gerichtlichen Faxprotokolls (GA 119) begann der Empfang des Schriftsatzes beim OLG Stuttgart am 7. Juli 2014 um 23.42 Uhr; der Empfang des Schriftsatzes endete am 8. Juli 2014 um 0.04 Uhr. Nach einem vom Verfügungsbeklagten vorgelegten Kommunikationsergebnisbericht hat der Sendevorgang am 7. Juli 2014 erst um 23.43 Uhr begonnen; der Schriftsatz ging hiernach am 8. Juli 2014 um 0.05 Uhr ein (Anlage W 1).
Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2014, eingegangen beim OLG Stuttgart am 15. Juli 2014 (GA 171 ff.), hat der Verfügungsbeklagte einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und die Berufung neuerlich begründet.
III.
Mit der Berufung begehrt der Verfügungsbeklagte die Abänderung des Urteils des Landgerichts Stuttgart und die Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Er ist der Auffassung,die Berufung sei bereits mangels Vollziehung des am 4. Juni 2014 verkündeten Urteils innerhalb der Monatsfrist des § 929 ZPO begründet. Unabhängig davon sei der klägerische Verfügungsantrag unzulässig, weil zu unbestimmt, und unbegründet. Für sein Personenprofil bei €X.€ sei er nicht impressumspflichtig gewesen, weil es sich bei diesem Profil nicht um einen eigenständigen Telemediendienst handele. Sein €X.€-Profil enthalte die erforderlichen Pflichtangaben gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 TMG. Die weiteren Informationen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 6 TMG hätten über eine Verlinkung auf die Seite http://www.b...-rechtsanwaelte.de/ de/3.../impressum.html abgerufen werden können. Weiter könne keine spürbare Beeinträchtigung des Wettbewerbs (§ 3 Abs. 1 UWG) angenommen werden. Schließlich sei eine richtlinienkonforme Auslegung unter Berücksichtigung der Ziele der Richtlinien 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken vorzunehmen. Dies führte zum Ergebnis, dass ein Unterlassungsanspruch des Verfügungsklägers gegen den Verfügungsbeklagten nicht bestehe.
Der Verfügungsbeklagte sei ohne sein Verschulden gehindert gewesen, die Berufungsfrist einzuhalten. Der Sendevorgang per Telefax für die Berufungsschrift mit einem Umfang von 41 Seiten habe ausweislich des Sendeberichts 22 Minuten gedauert. Die Übertragung sei mit einem erst im März 2014 neu angeschafften, hochmodernen Gerät der Marke R... MP C3... erfolgt. Die Übertragungsdauer dieses Geräts liege bei einer Standardauflösung laut Produktinformationsblatt bei 28.800 bit/s bei zwei Sekunden pro Blatt (Anlage W 2). Mit dieser Geschwindigkeit wäre die Berufungsschrift problemlos noch am 7. Juli 2014 und zwar deutlich vor 23.59 Uhr eingegangen.
Hätte er gewusst, dass der Sendevorgang eine so lange Zeitspanne in Anspruch nimmt, wäre es ihm überdies problemlos um 23.43 Uhr noch möglich gewesen, mit dem Auto von seinem Kanzleisitz in der S... Straße ... in S... zum Oberlandesgericht zu fahren (Entfernung: ca. 1,5 km) und dort den Schriftsatz in den Briefkasten einzuwerfen. Er habe aber darauf vertraut, dass die Übermittlung nicht wesentlich länger dauern würde als sonstige Faxe.
Der Verfügungsbeklagte beantragt:
1. Dem Verfügungsbeklagten wird Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gewährt.2. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 4. Juni 2014, Az.: 11 O 101/14, wird aufgehoben.3. Der Antrag auf einstweilige Verfügung wird abgewiesen.
Der Verfügungskläger beantragt:
1. Die Berufung wird kostenpflichtig abgewiesen.2. Der Antrag des Verfügungsbeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil in der Sache und ist der Auffassung, dass die Versäumung der Berufungsfrist im vorliegenden Fall verschuldet sei. Der Verfügungsbeklagte hätte bei der Versendung des vielseitigen Faxes einen zeitlichen Sicherheitszuschlag einplanen müssen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die von ihnen vorgelegten Schriftsätze mit Anlagen verwiesen.B.
Der Antrag des Verfügungsbeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unbegründet. Die Berufung ist wegen Versäumung der Berufungsfrist gemäß § 522 Abs. 1 Sätze 2 und 3 ZPO durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen.
I.
Das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 4. Juni 2014, Az.: 11 O 101/14 (GA 93 ff.), wurde dem Beklagten am 6. Juni 2014 zugestellt (GA 112). Die Berufung und Berufungsbegründung ist erst am 8. Juli 2014 nach dem Faxprotokoll des OLG Stuttgart (GA 119 ff.) um 0.04 Uhr, bzw. nach dem von Verfügungsbeklagten vorgelegten Kommunikationsergebnisbericht (Anlage W 1) um 0.05 Uhr beim OLG Stuttgart eingegangen.
Gemäß § 517 ZPO beträgt die Berufungsfrist einen Monat. Sie ist eine Notfrist i.S.d. § 224 Abs. Satz 2 ZPO und begann mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, hier also ausweislich des Empfangsbekenntnisses des Verfügungsbeklagten (GA 112) am 6. Juni 2014. Der Eingang der Berufung ist mithin verfristet.
Zwar hat der Beklagte vorliegend innerhalb noch offener Berufungsfrist am 7. Juli 2014 damit begonnen, seinen Schriftsatz, mit dem er die Berufung einlegte und zugleich begründete, an das Oberlandesgericht Stuttgart zu faxen. Beim Berufungsgericht ist dieser Schriftsatz in vollständiger Form jedoch erst nach Ablauf der Frist des § 517 ZPO am 8. Juli 2014 um 0.04 Uhr (GA 119 ff.) bzw. um 0.05 Uhr (Anlage W 1) eingegangen.
Dieser Eingang ist verspätet, denn die Frist des § 517 ZPO ist nur gewahrt, wenn der Schriftsatz unterzeichnet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juni 2004, Az.: VI ZB 9/04 = MDR 2004, 1252) und die gesendeten Signale vom Telefaxgerät noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vollständig empfangen werden (vgl. BFH, Beschluss vom 15. November 2012, Az.: XI B 70/12).
Unerheblich hat daher zu bleiben, dass den auf dem Telefax aufgedruckten Sendezeiten (GA 119 ff.) entnommen werden kann, dass der eigentliche Schriftsatz (nebst Unterschrift) und das angefochtene Urteil (allerdings in unvollständiger Form, nämlich ohne die Seite 18) noch am 7. Juli 2014 und zwar zwischen 23.44 Uhr und 23.50 Uhr und lediglich Teile der Anlagen erst nach Mitternacht, also am 8. Juli 2014, zum Versand gebracht wurden, weil es auf diesen Zeitpunkt der Versendung nicht ankommt. Maßgeblich ist vielmehr der Eingang des Schriftsatzes beim OLG Stuttgart. Das Empfängerfaxprotokoll des OLG Stuttgart ermöglicht insoweit keine Differenzierung zwischen einzelnen Seiten eines Faxes. Aus ihm lässt sich lediglich für alle Seiten des Schriftsatzes ein einheitliches Empfangsende am 8. Juli 2014 um 0.04 Uhr ersehen.
Auf die Verfristung hat der Senat bereits mit Verfügung vom 31. Juli 2014 (GA 207) hingewiesen.
II.
Der Antrag des Verfügungsbeklagten vom 10. Juli 2014 (eingegangen beim OLG Stuttgart am 15. Juli 2014, GA 171 ff.) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unbegründet.
1.
Gemäß § 233 ZPO ist einer Partei auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden verhindert war, eine Notfrist, hier also die Berufungsfrist gemäß § 517 ZPO, einzuhalten. Gemäß § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO muss die Wiedereinsetzung innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden, die mit dem Tag beginnt, an dem das Hindernis behoben ist, § 234 Abs. 2 ZPO.
Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung wird rückwirkend der Zustand hergestellt, als sei die fristgebundene Handlung rechtzeitig vorgenommen worden. Es handelt sich damit um eine Durchbrechung der zunächst eingetretenen Rechtskraft (vgl. Milger, in: Prütting/Gehrlein, 5. Aufl. 2013, § 233 Rz. 1).
Zentraler Prüfungspunkt bei der fristgerecht beantragten Wiedereinsetzung ist die Frage, ob die Partei die Fristversäumung zu vertreten hat, also nicht die erforderliche Sorgfalt angewendet hat. Maßstab ist die Sorgfalt einer ordentlichen Prozesspartei, mithin ein objektiver Fahrlässigkeitsmaßstab (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 233 Rz. 12; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl. 2011, § 233 Rz. 13; Milger, in: Prütting/Gehrlein, 5. Aufl. 2013, § 233 Rz. 3).
Nach § 85 Abs. 2 ZPO ist das Verschulden des Prozessbevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleichzustellen. Dieser Vorschrift kommt hier indes keine Bedeutung zu, da sich der Verfügungsbeklagte € auch im Berufungsverfahren € selbst vertritt.
2.
Vorliegend liegt aus zwei Gründen ein Verschulden des Verfügungsbeklagten vor; ihm kann daher keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.
a)
Zunächst genügte die Einlegung eines nebst Anlagen 41 Seiten umfassenden Schriftsatzes in ein Telefaxgerät um 23.42 Uhr (GA 119 ff.) bzw. um 23.43 Uhr (Anlage W 1) nicht den Anforderungen, die an einen Rechtsanwalt zu stellen sind, wenn der Schriftsatz vollständig vor 0.00 Uhr beim Berufungsgericht einzugehen hat (vgl. in diesem Zusammenhang auch Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 1. August 2013, Az.: 5 U 368/12 = NJW 2013, 3797 f.).
Grundsätzlich hat der Nutzer eines Telefaxgerätes mit der Wahl eines anerkannten Übermittlungsmediums, der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer das seinerseits Erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn er so rechtzeitig mit der Übermittlung beginnt, dass unter normalen Umständen mit ihrem Abschluss bis Mitternacht zu rechnen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. August 1996, Az.: 1 BvR 121/95 = NJW 1996, 2857).
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass häufig gerade die Abend- und Nachtstunden wegen günstigerer Tarife oder wegen drohenden Fristablaufs genutzt werden, um Schriftstücke noch fristwahrend per Telefax zu übermitteln. Auch wenn von einem Rechtsanwalt kein technisches Fachwissen verlangt werden kann, ist zudem allgemein bekannt, dass bei einem Faxversand aus technischen Gründen Sendezeiten unterschiedlich lang sein können (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 25. November 2004, Az.: VII ZR 320/03 = NJW 2005, 678). Schließlich ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Schriftsatz des Beklagten nebst Anlagen mit 41 Seiten eine nicht unerhebliche Länge aufwies.
Diesen Umständen hätte der Verfügungsbeklagte durch einen größeren, zeitlichen Sicherheitszuschlag Rechnung tragen müssen (vgl. insofern auch BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2001, Az.: 1 BvR 436/01 = NJW 2001, 3473). Der Beginn des Versendens erst 18 bzw. 17 Minuten vor Fristablauf war zu spät.
Der Verfügungsbeklagte hat zudem nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass er über Erfahrungswerte verfügte, die eine Faxsendung von 41 Seiten an das Oberlandesgericht Stuttgart in unter 18 bzw. 17 Minuten üblicherweise erwarten ließ. Insbesondere geht dies nicht aus den vorgelegten Kommunikationsberichten vom 1. April 2014, vom 4. April 2014, vom 19. Mai 2014 und vom 30. Mai 2014 (Anlagen W 3, W 4, W 5 und W 6) hervor. Diese Berichte betreffen zwar Versendungsvorgänge mit demselben Faxgerät, das der Verfügungsbeklagte auch im hiesigen Verfahren benutzte. Im Unterschied zum hier streitgegenständlichen Schriftsatz wurden jedoch in den genannten vier Fällen Schriftstücke jeweils in den Nachmittagsstunden versandt.
b)
Unabhängig davon ist das Fristversäumnis des Verfügungsbeklagten auch aus einem weiteren Grund als verschuldet anzusehen:
Nach seinem eigenen Vortrag nämlich war der Verfügungsbeklagte in der Nacht vom 7. auf den 8. Juli 2014 während des Versendungsvorganges des Telefaxes in seiner Kanzlei anwesend. Unstreitig befindet sich diese lediglich 1,5 km entfernt vom Gerichtsgebäude des OLG Stuttgart in der S... Straße ... Es ist gerichtsbekannt, dass diese Strecke mit einem Pkw, gerade während der Nachtzeit, zu der wenig Verkehr herrscht, in ca. fünf Minuten zurückgelegt werden kann.
Weiter belegt die von Verfügungsbeklagten vorgelegte Anlage W 1, dass sein Faxgerät erst nach erfolgter Übermittlung einer Sendung an den Empfänger einen Kommunikationsbericht erstellt, hier also erst am 8. Juli 2014 um 0.05 Uhr.
Bei dieser Sachlage hätte der Verfügungsbeklagte also rund sieben bzw. acht Minuten nach Beginn des Versendungsvorganges um 23.50 Uhr bemerken können und müssen, dass ihm (noch) kein solcher Kommunikationsergebnisbericht seines Faxgerätes vorlag, sein Fax also noch nicht beim Berufungsgericht eingegangen war. Zu diesem Zeitpunkt wären noch zehn Minuten und mithin genügend Zeit verblieben, um persönlich zum Gericht zu fahren und den Schriftsatz dort vor Mitternacht in der Briefkasten zu werfen, zumal sich unmittelbar vor dem Gebäude und dem Briefkasten Parkplätze befinden, die während der Nachtstunden regelmäßig nicht vollständig belegt sind.
III.
Angesichts der versäumten Berufungsfrist gemäß § 517 ZPO sind keine Ausführungen zur Begründetheit der Berufung erforderlich. Die Berufung ist wegen versäumter Berufungsbegründungsfrist als unzulässig zu verwerfen.C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Eine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde war wegen §§ 574 Abs. 1 Satz 2, 542 Abs. 2 ZPO nicht zu treffen.
OLG Stuttgart:
Beschluss v. 14.08.2014
Az: 2 U 84/14
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