Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 7. Dezember 2011
Aktenzeichen: I-26 W 7/09 (AktE)
(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 07.12.2011, Az.: I-26 W 7/09 (AktE))
Tenor
Auf die Beschwerden der Antragsteller zu 20., 21., 23., 25. und 26. wird der Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 24.07.2009, AZ: 82 O 10/08, aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung und Entscheidung € auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Landgericht Köln zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Grundkapital der Antragsgegnerin zu 2. beträgt 6.176.178 €, eingeteilt in 6.176.178 Aktien zu je 1,00 €. Die Aktien der Antragsgegnerin zu 2. waren im regulierten Markt (General Standard) an der Wertpapierbörse Frankfurt am Main zum Handel zugelassen.
Die Antragsgegnerin zu 2. und die zusammen mit ihr in der Konzernbilanz zum 31.12.2006 konsolidierten Tochtergesellschaften bieten Oberflächeninspektionssysteme und Automatisierungstechnik an. Ende 2006 waren bei der Q-Gruppe 106 Mitarbeiter beschäftigt. Es wurde im Geschäftsjahr 2006 ein Umsatz von 23,5 Mio. € und ein Ergebnis nach Steuern in Höhe von 1,29 Mio. € erzielt.
Die Antragsgegnerin zu 1. ist die Mehrheitsaktionärin der Antragsgegnerin 2. Die Antragsgegnerin zu 1. erwarb am 23.07.2007 im Rahmen eines Bieterwettbewerbs zwei Aktienpakete der Antragsgegnerin zu 2., so dass sie insgesamt eine Beteiligung von 52 % an der Antragsgegnerin zu 2. hielt. Als Kaufpreis für die beiden Aktienpakete war pro Aktie der Antragsgegnerin zu 2. ein Kaufpreis von 5,65 € vereinbart.
Der Vorstand der Antragsgegnerin zu 1. hatte im Hinblick auf die geplante Übernahme eine "Bewertungsanalyse" der "N. Research, Dr. H." (N.), erstellen lassen. In der 12-seitigen Analyse werden schlagwortartig und überwiegend grafisch die Ergebnisse dargestellt. Die Analyse schließt mit dem Fazit "5,65 € pro Aktie ist eine sehr faire und großzügige Bewertung!". In einer Discounted-Cash-Flow-Bewertung sei man zu einem angemessenen Preis von 3,80 € bis 4,30 € gekommen. Ferner wurde die Antragsgegnerin zu 1. von der Investmentbank f. AG, Frankfurt, beraten.
G. L., von dem die Antragsgegnerin zu 1. Anteile zum Preis von 5,65 € erworben hatte (Kaufvertrag nur auszugsweise vorgelegt, 3 von 17 Seiten), hatte darüber hinaus die "M. AG" (M.) beauftragt, eine Verkaufsunterlage zu erstellen. M. hatte im Mai und Juni 2007 im Rahmen der geplanten Übernahme der Antragsgegnerin zu 2., eine "Management Presentation Q" erstellt. In diesen sieben- und sechsseitigen, teils nur auszugsweise vorgelegten Präsentationen war die Antragsgegnerin zu 2. schlagwortartig im Überblick vorgestellt worden. In dem vorangestellten Haftungsausschluss wird klargestellt, dass die Präsentation möglicherweise nicht alle notwendigen Informationen zur Beurteilung der geplanten Übernahme enthält: "This presentation does not purport to contain all of the information that may be required to evaluate such transaction and any recipient herof should conduct own independent analysis of the Company and the data contained or referred to herein." Eine gutachterliche Unternehmensbewertung durch einen externen Wirtschaftsprüfer ist nicht erfolgt.
Die Antragsgegnerinnen haben ferner eine Firmenpräsentation vom 05.02.2008 vorgelegt, mit der die Tätigkeit der "B. GmbH" (B.) vorgestellt wird. Gesellschafter der B. war G. L.. In der Präsentation wird auf der letzten Seite als Beispiel für die Geschäftstätigkeit der zeitliche Ablauf des Verkaufs der Antragsgegnerin zu 2. dargestellt und erwähnt, dass die Angebotsunterlagen an 11 potentielle Käufer versandt worden seien und vier Interessenten Angebote vorgelegt haben sollen.
Am 08.08.2007 wurde der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin zu 2. neu besetzt, und zwar mit Personen, die ebenfalls dem Aufsichtsrat der Antragsgegnerin zu 1. angehörten (Prof. Dr. U., Prof. Dr. X. und Dr. Ing. X1.). Am 03.09.2007 wurde, nachdem Prof. Dr. X. verstorben war, der für die Antragsgegnerin zu 1. als Financial Officer tätige I. zum Aufsichtsratsmitglied der Antragsgegnerin zu 2. bestellt.
Am 27.08.2007 unterbreitete die Antragsgegnerin zu 1. den Aktionären der Antragsgegnerin zu 2. ein Pflichtangebot nach §§ 35 Abs. 2, 14 Abs. 2 und 3 WpÜG. In dem Pflichtangebot bot sie den Aktionären 5,65 € je Aktie der Antragsgegnerin zu 2. an. Bei der Veröffentlichung der Angebotsunterlage des Pflichtangebotes hatte die Antragsgegnerin zu 1. 3.768.416 Aktien, 61 %, gehalten.
Vorstand und Aufsichtsrat der Antragsgegnerin zu 2. veröffentlichten am 07.09.2007 eine gemeinsame Stellungnahme gemäß §§ 39, 27 Abs. 3, 14 Abs. 3 WpÜG. Sie gingen davon aus, dass ein Preis von 5,65 € je Aktie den gesetzlichen Vorgaben des § 31 WpÜG i. V. m. den §§ 3 ff. WpÜG-Angebotsverordnung genüge. So habe der 3-Monats-Durchschnittskurs gemäß § 5 WpÜG-Angebotsverordnung 4,35 € betragen und damit um 1,30 € unter dem Angebotspreis gelegen. Auch der 6-Monats-Höchstpreis gemäß § 4 WpÜG-Angebotsverordnung werde erreicht. So habe die Antragsgegnerin zu 1. bei mehreren Ankäufen zwischen dem 23.07.2007 und dem 23.08.2007 je Aktie zwischen 5,57 € und 5,65 € gezahlt. In dieser Stellungnahme wurde den Aktionären der Antragsgegnerin zu 2. empfohlen, das Angebot von 5,65 € pro Aktie anzunehmen.
Sie verweisen in der gemeinsamen Stellungnahme jedoch darauf, dass sie "nicht in der Lage sind, diese Angaben zu verifizieren oder die Umsetzung der in der Angebotsunterlage geäußerten Absichten zu gewährleisten". Vorstand und Aufsichtsrat der Antragsgegnerin zu 2. machen ferner deutlich, dass sie vor Abgabe der Stellungnahme weder selbst eine Unternehmensbewertung der Antragsgegnerin zu 2. durchgeführt, noch einen Finanzberater oder Wirtschaftsprüfer mit der Durchführung einer solchen Bewertung beauftragt hätten. Sie hätten jedoch bei der Beurteilung der Angemessenheit des Angebotspreises die M. AG, G. (M.), beauftragt, eine Investment-Banktypische Stellungnahme zur Angemessenheit des Angebotspreises in finanzieller Hinsicht zu erstatten (sog. "Fairness-Opinion"). Außerdem sei ein zusätzlicher Multiplikatorenvergleich mit börsennotierten Unternehmen mit ähnlicher operativer und finanzieller Struktur zur Plausibilisierung verwendet worden. M. sei zu einem "fairen Wert" je Aktie in Höhe von 3,37 € bis 4,08 €, ohne Berücksichtigung möglicher Synergieeffekte, gekommen. Vorstand und Aufsichtsrat weisen ferner darauf hin, dass die Fairness-Opinion unter bestimmten, nicht in der Stellungnahme dargestellten Annahmen und Vorbehalten stehe. Auch könnten die Aktionäre aus dieser Fairness-Opinion keine Rechte herleiten. Aktionäre, die das Angebot nicht annähmen, müssten mit einer Einschränkung der Liquidität des Börsenhandels und mit stärkeren Kursschwankungen als in der Vergangenheit rechnen.
Darüber hinaus wird in der Stellungnahme festgestellt, dass der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin zu 2. nach dem Kontrollerwerb durch die Bieterin nur mit Personen besetzt sei, die zum Aufsichtsrat der Antragsgegnerin zu 1. gehörten. So sei etwa das Aufsichtsratsmitglied der Antragsgegnerin zu 2., I., der bei der Antragsgegnerin zu 1. als Financial Officer und Prokurist angestellt sei, in "großem Umfang auch mit der Erstellung der Angebotsunterlage" befasst gewesen und habe persönlich unterzeichnet: "Aufgrund der entsprechenden Tätigkeiten der Mitglieder des Aufsichtsrats besteht ein besonderes Näheverhältnis zur Bieterin bei sämtlichen Aufsichtsratsmitgliedern, das von den Q.-Aktionären bei der Bewertung der Stellungnahme berücksichtigt werden sollte."
Am 02.11.2007 machte die Antragsgegnerin zu 1. dann den Aktionären der Antragsgegnerin zu 2. wegen eines beabsichtigten Delistings ein Barabfindungsangebot in Höhe von 5,65 € je Aktie. Auf der außerordentlichen Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 2. am 14.12.2007 stimmten die Aktionäre mit einer Mehrheit von 99,36 % der abgegebenen Stimmen dem Beschlussvorschlag zu, den Vorstand der Antragsgegnerin zu 2. zu ermächtigen, den Widerruf der Zulassung der Aktien der Gesellschaft zum Handel im regulierten Markt (General Standard) an der Frankfurter Wertpapierbörse zu beantragen. Aufgrund der beschlossenen Ermächtigung stellte der Vorstand einen entsprechenden Antrag auf Widerruf der Zulassung der Aktien. Mit Bescheid vom 18.01.2008 widerrief die Geschäftsführung der Frankfurter Wertpapierbörse die Zulassung der Aktien der Antragsgegnerin zu 2. mit Wirkung zum 18.04.2008. Der Widerruf wurde am 18.01.2008 in der Börsenzeitung und auf der Internetseite der Deutschen Börse AG veröffentlicht.
Die Antragsteller haben die für das Delisting als Kompensation angebotene Barabfindung für zu gering gehalten. Das Spruchverfahren sei statthaft. Sie haben darauf verwiesen, dass der Widerruf der Börsenzulassung vom regulierten Markt nach der Macrotron-Entscheidung des Bundesgerichtshofes eine Barabfindung erfordere. Dass die Aktien in der Folgezeit im Freiverkehr gehandelt worden seien, mache eine Entschädigung nicht entbehrlich. So entfielen durch den Wechsel in den Freiverkehr wesentliche Transparenzpflichten. Wichtige Bestimmungen des WpHG, etwa die §§ 15a, 15b, 21 ff. WpHG, seien im Freiverkehr nicht anwendbar. Auch sei auf der Hauptversammlung von einem Wechsel in den Freiverkehr keine Rede gewesen. So habe sich auch die Beschlussvorlage hierzu nicht verhalten. Soweit das OLG München (Beschluss vom 21.05.2008, Az. 31 W 62/07, ZIP 2008, 1137) hinsichtlich des Börsensegments "M:access" der Börse München eine Beeinträchtigung der Verkehrsfähigkeit der Aktien verneint und deshalb für ein Spruchverfahren keinen Raum gesehen habe, sei dies nicht vergleichbar. Hier gehe es nicht um den Wechsel in ein anderes Börsensegment, sondern um ein Delisting und den späteren Wechsel in den Freiverkehr.
Das Landgericht Köln sei auch zuständig, weil die Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit zur Entscheidung in gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten und in Angelegenheiten der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (Konzentrations-VO Gesellschaftsrecht) auch bei einem Delisting anwendbar sei.
Zum Nachweis ihrer Antragsberechtigung haben die Antragsteller teilweise Bankbescheinigungen vorgelegt. Nicht alle Nachweise beziehen sich auf den Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht. Zum Teil weichen - soweit hier von Relevanz € die Nachweise einige Tage vom Datum der Antragstellung ab:
Antragsteller
Datum
Antragstellung
Datum
Nachweis
Differenz Datum Nachweis - Datum Antragstellung
Antragsteller zu 13.
20.03.2008
19.03.2008
1 Tag
Antragsteller zu 14.
27.03.2008
20.03.2008
7 Tage
Antragsteller zu 17.
02.04.2008
11.03.2008
22 Tage, Nachweis vom 11.03.2008, Nachweis auf Tag der Antragstellung durch Sperrerklärung der Bank
Antragsteller zu 19.
10.04.2008
Nachweis durch Gericht angefordert, aber nicht eingereicht
Antragsteller zu 21.
10.04.2008
10.04.2008
Online-Ausdruck Depotauszug
Antragsteller zu 23.
22.04.2008
07.04.2008
15 Tage, in Beschwerdeinstanz weiterer Nachweis erfolgt
Antragsteller zu 25.
18.04.2008
01.04.2008
17 Tage, Bescheinigung vom 01.04.2008, dass seit 01.11.2007 Aktionär, in Beschwerdeinstanz weiterer Nachweis erfolgt
Antragsteller zu 26.
18.04.2008
08.04.2008
10 Tage, Bescheinigung vom 08.04.2008, dass seit 01.01.2008 Aktionär, in Beschwerdeinstanz weiterer Nachweis erfolgt
Die Antragsteller haben ganz überwiegend vorgetragen, dass jedenfalls die Antragsgegnerin zu 1. passivlegitimiert sei. Teilweise meinen die Antragsteller, dass die Anträge zusätzlich auch gegen die Antragsgegnerin zu 2. gerichtet werden könnten.
Die angebotene Abfindung berücksichtige nicht ausreichend das starke Wachstum der Antragsgegnerin 2.. Der Antragsteller zu 23. hat darauf verwiesen, dass die Quartalsergebnisse zunächst am 30.11.2007 veröffentlicht werden sollten, dies dann aber - anscheinend im Hinblick auf die positive Umsatzentwicklung € erst einen Werktag nach der Hauptversammlung erfolgt sei.
Es liege hier auch kein unabhängiges Bewertungsgutachten vor. Die vorgelegten Stellungnahmen seien als Parteigutachten unbrauchbar. So sei das N.-Gutachten inhaltlich kaum nachvollziehbar und auch parteiisch, weil der das Gutachten beauftragende Käufer an einem niedrigen Kaufpreis interessiert gewesen sei. Der in den Stellungnahmen der N. angesetzte Basiszinssatz von 5,5% und die Marktrisikoprämie seien überhöht, hingegen der Wachstumsabschlag mit 1,5 % zu niedrig angesetzt. Insgesamt fehle es an nachprüfbaren und bewertungsrelevanten Unterlagen.
Der Antragsteller zu 16. hat darauf verwiesen, dass aus dem Verlauf des Bieterwettbewerbs nicht auf den Verkehrswert der Aktien geschlossen werde könne. So hätten nur strategische Investoren geboten, das Bieterverfahren sei offensichtlich nicht für Finanzinvestoren geöffnet worden. Die Antragstellerin zu 15. hat darauf verwiesen, dass die außerbörslich bezahlten Preise und Paketpreise im Rahmen der Unternehmensbewertung ohne Relevanz seien. Im Übrigen sei der Verkehrswert nur der Mindestwert einer Abfindung. Liege der Ertragswert höher, sei dieser anzusetzen. Die Antragsteller haben vorgetragen, dass die genauen Umstände des Bieterverfahrens nicht bekannt seien, etwa ob ein Verkaufsdruck bestanden habe. So lasse etwa die Kaufpreisanpassungsklausel § 4 des Aktienkauf- und Übertragungsvertrages zwischen der Antragsgegnerin zu 1. und der Baden-Württembergische Versorgungsanstalt vom 23.07.2007, der auch nur auszugsweise vorliege, eine Erhöhung des vereinbarten Kaufpreises zu. Die Antragsgegnerinnen hätten die vollständigen Verkaufs- und Bieterwettbewerbsunterlagen vorlegen müssen.
Die Antragsteller haben die Auffassung vertreten, dass für den relevanten Börsenkurs auf einen 3-Monats-Zeitraum vor der Hauptversammlung abzustellen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei der durchschnittliche Börsenkurs höher als die angebotene Abfindung gewesen. So hat die Antragstellerin zu 6. darauf verwiesen, dass der Börsenkurs am Tag der Hauptversammlung 5,72 € betragen habe. Außerdem sei die festgesetzte Barabfindung zu verzinsen und dies zu tenorieren. Die Antragstellerin zu 20. hält darüber hinaus eine bare Zuzahlung gemäß § 15 Abs. 1, § 196 UmwG analog für erforderlich. Außerdem müsse festgestellt werden, dass die Verpflichtung der Antragsgegnerin zu 1. Aktien zu erwerben, frühestens zwei Monate nach dem Tage endet, an dem die Entscheidung über den zuletzt entschiedenen Spruchverfahrensantrag im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden sei.
Die Antragsteller und der Vertreter der außenstehenden Aktionäre haben beantragt,
eine angemessene Barabfindung für das Delisting der Aktie der Antragsgegnerin zu 2. zu bestimmen,
die festgesetzte Barabfindung zu verzinsen.
Die Antragsteller zu 10., 11., 12. und 23. haben darüber hinaus beantragt,
festzustellen, dass die Verpflichtung der Antragsgegnerin zu 1. zum Erwerb der Aktien der Antragsgegnerin zu 2. frühestens zwei Monate nach dem Tag endet, an dem die Entscheidung über den zuletzt beschiedenen Spruchverfahrensantrag im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden ist,
festzustellen, dass die Geltendmachung eines weiteren Schadens neben der Verzinsung nicht ausgeschlossen ist.
Die Antragsteller zu 20. und 21. haben ferner beantragt,
eine bare Zuzahlung analog § 15 Abs. 1, § 196 UmwG für die das Barabfindungsangebot nicht annehmenden Aktionäre zu bestimmen.
Die Antragsgegnerinnen haben beantragt,
die Anträge als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
Sie haben vorgetragen, dass das Landgericht Köln unzuständig sei. Die Konzentrationsverordnung sei hier nicht anwendbar, eine unmittelbare oder analoge Anwendung scheide bei einem Delisting aus. Sämtliche bei dem Landgericht Köln eingelegten Anträge seien daher verfristet. Auch seien die von den Antragstellern vorgelegten Nachweise nicht ausreichend, teilweise nicht auf den Tag des Eingangs bei Gericht datiert. Teilweise seien überhaupt keine Nachweise oder nur Kopien vorgelegt worden. Sperrerklärungen der jeweiligen Depotbanken genügten nicht, um die Aktionärsstellung zu belegen. Die entsprechenden Nachweise hätten im Übrigen bis zum Ablauf der Antragsfrist vorgelegt werden müssen. Die Antragsgegnerin zu 1. hat vorgetragen, dass sie nicht passivlegitimiert sei.
Das Spruchverfahren sei hier außerdem unzulässig. So sei lediglich das Börsensegment, vom geregelten Markt in den Freiverkehr, gewechselt worden. Die Handelbarkeit der Aktien sei hierdurch nicht erheblich eingeschränkt und deshalb die Aktionärsrechte nicht beeinträchtigt worden. So seien die Aktien der Antragsgegnerin zu 2. auch im Freiverkehr sehr liquide gewesen. Die Antragsteller hätten auch nicht aufgezeigt, worin die konkrete Beeinträchtigung des Aktieneigentums liege. So existierten auch im Freiverkehr Börsenkurse und es sei eine Erlaubnis der Börsenaufsicht notwendig. Auch das Verbot, Insidergeschäfte zu tätigen, gelte im Freiverkehr.
Die Antragsgegnerinnen halten die angebotene Abfindung für angemessen. Hier habe ein aussagekräftiger Bieterwettbewerb stattgefunden, aus dem die Höhe der Barabfindung abgeleitet werden könne. Eine gesonderte Ertragswertermittlung sei nicht erforderlich. Der Kaufpreis habe sich im Rahmen echter Verhandlungen gebildet. Der damalige Mehrheitsaktionär der Antragsgegnerin zu 2. habe im Rahmen eines "kompetitiven Auktionsverfahrens" die Aktien zum Verkauf angeboten. Sie verweisen auf die Stellungnahmen N. und M.. Eine Unternehmensbewertung durch einen externen Gutachter sei nicht erforderlich. Auch müsse das Gericht nicht sämtliche Bewertungsparameter prüfen, solange - wie hier - nicht substantiiert Einwendungen erhoben worden seien. Allenfalls komme eine punktuelle Begutachtung in Betracht.
N. habe auf der Grundlage der Discounted-Cash-Flow-Methode einen Unternehmenswert in Höhe von 26,5 Mio. € ermittelt, woraus sich nach Abzug des Fremdkapitals und von Pensionsrückstellungen ein Eigenkapital in Höhe von 24,5 Mio. € und ein Wert je Aktie in Höhe von 4 € ergebe. Die Bewertung nach der Discounted-Cash-Flow-Methode sei anerkannt. Der angesetzte Basiszins von 4,5 % sei nicht überhöht. Auch der nach der CAPM-Methode berechnete Risikozuschlag sei angemessen, eine Marktrisikoprämie von 5,5 % sachgerecht. Auch sei der Betafaktor mit 1,2 zutreffend ermittelt worden. Der Wachstumsabschlag sei mit 1,5 % nicht zu niedrig angesetzt worden. Auch sei das gesamte Barvermögen der Antragsgegnerinnen als nicht betriebsnotwendig eingestuft worden. Im Übrigen seien die persönlichen Steuern bei der Unternehmenswertberechnung nicht berücksichtigt worden, was sich günstig für die Antragsteller ausgewirkt habe. N. habe ihr Bewertungsgutachten erneut überprüft und zum 02.11.2007, dem Tag der Veröffentlichung des Barabfindungsangebots, noch einmal aktualisiert.
Ferner habe der hier relevante durchschnittliche Börsenkurs in einem 3-Monats-Zeitraum vor dem 02.11.2007 (Bekanntgabe des geplanten Delistings) unter der angebotenen Abfindung gelegen. Die Antragsgegnerinnen haben eine analoge Anwendung der §§ 15 Abs. 1, 196 UmwG für nicht sachgerecht erachtet. Es fehle an einer Rechtsgrundlage. So habe auch der Bundesgerichtshof in der Macrotron-Entscheidung lediglich eine Barabfindung festgesetzt.
Die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln hat mit Beschluss vom 24.07.2009 die Anträge der Antragsteller zu 13., 14., 17., 19., 21., 23., 25. und 26. als unzulässig verworfen und die Anträge im Übrigen im Wesentlichen zurückgewiesen. Das Landgericht hat ferner festgestellt, dass die Verpflichtung der Antragsgegnerin zu 1., Aktien zu 5,65 € pro Aktie der Antragsgegnerin zu 2. zu erwerben, frühestens zwei Monate nach dem Tag endet, an dem die Entscheidung über den zuletzt entschiedenen Spruchverfahrensantrag im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden ist. Außerdem sei die Abfindung von 5,65 € pro Aktie mit zwei vom Hundert über den jeweiligen Basiszinssatz ab dem 19.04.2008 zu verzinsen.
Das Landgericht Köln hat das Spruchverfahren hier für statthaft gehalten. So habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass im Falle eines Delistings die Regelungen des Spruchverfahrensgesetzes entsprechend anzuwenden seien. Es sei unerheblich, dass § 1 Spruchgesetz das Delisting nicht nenne. Die Aufzählung sei nicht abschließend. So habe der Gesetzgeber auch nach Bekanntwerden der Macrotron-Entscheidung des Bundesgerichtshofs eine Anpassung des § 1 Spruchgesetz nicht für erforderlich gehalten.
Auch bei einem Wechsel vom regulierten Markt in den Freiverkehr sei das Spruchverfahren statthaft, weil das Aktieneigentum beeinträchtigt werde. Der Freiverkehr der Börse sei für Aktionäre nachteilig. Im Übrigen sei der Wechsel der Aktien der Antragsgegnerin zu 2. in den Freiverkehr nicht Gegenstand des Hauptversammlungsbeschlusses vom 14.12.2007 gewesen, sondern die Barabfindung als Kompensation für den Widerruf der Börsennotierung am regulierten Markt angeboten worden. Regulierter Markt und Freiverkehr seien auch nicht vergleichbar. Der regulierte Markt sei gesetzlich im Börsengesetz geregelt und der "General Standard" normiere zahlreiche Mindestanforderungen (ausführliche Darstellung der Unterschiede: Seiten 15 ff. der Entscheidung des Landgerichts). Auch habe der Handel der Aktien nach dem Wechsel stark abgenommen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 21.05.2008 (AG 2008, 674, Az. 31 Wx 62/07, "M:access") sei hier nicht einschlägig, weil das Oberlandesgericht München nicht über einen Wechsel in den Freiverkehr, sondern über einen Wechsel in das - auch regulierte und dem "General Standard" stark angenäherte € Segment "M:access" der Börse München entschieden habe.
Das Landgericht Köln hat sich auch für örtlich zuständig gehalten. Die Konzentrationsverordnung sei bei der gerichtlichen Überprüfung eines Delistings anwendbar. So habe der Landesgesetzgeber mit der Konzentrationsverordnung sämtliche nach dem Spruchgesetz statthaften Verfahren konzentrieren wollen. Sämtliche Anträge seien ferner fristgerecht bis zum 18.04.2008 eingegangen. Für den Fristbeginn sei auf den Zeitpunkt abzustellen, an dem der Widerruf der Börsenzulassung durch die Wertpapierbörse in einem überregionalen Börsenpflichtblatt bekannt gemacht worden war, hier der 18.01.2008.
Jedoch habe der Antragsteller zu 14. seine Antragsberechtigung nicht ausreichend dargelegt. Der Antrag decke sich zwar in Form und Inhalt mit dem Antrag des Antragstellers zu 9. Im Gegensatz zu diesem habe der Antragsteller zu 14. mit seinem Antrag aber nicht einen auf den Zeitpunkt des Eingangs des Antrags bei Gericht bezogenen Nachweis vorgelegt, der als konkludente Darlegung der Antragsberechtigung verstanden werden könne. Die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln hat ferner die Auffassung vertreten, dass einige Antragsteller trotz Bestreitens durch die Antragsgegnerinnen ihre Antragsberechtigung nicht ausreichend nachgewiesen hätten und die Anträge deshalb als unzulässig verworfen (Antragsteller zu 13., 14., 17., 19., 21., 23., 25. und 26.). Der Nachweis der Aktionärsstellung müsse sich auf den Tag des Eingangs des Antrags bei Gericht beziehen. Auch ein Sperrvermerk der depotführenden Bank, keine Verfügungen über die Aktien zuzulassen, sei nicht ausreichend. Er habe keine dingliche Wirkung und könne eine Verfügung über den Depotbestand nicht verhindern.
Der Antragsteller zu 19. habe überhaupt keinen urkundlichen Nachweis, etwa eine Bankbescheinigung, vorgelegt. Er habe zwar um Mitteilung gebeten, wann sein Antrag bei Gericht eingegangen sei, damit er eine auf diesen Tag lautende Bankbestätigung vorlegen könne. Obwohl ihm dann das Datum des Eingangs seines Antrages mitgeteilt worden sei, habe er in der Folgezeit keine Bankbescheinigung vorgelegt. Der Antragsteller zu 21. habe lediglich einen selbst erstellten, nicht unterzeichneten Kontoauszug seiner Depotbank vorgelegt. Dies sei keine Urkunde im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 SpruchG. Der Antragsteller zu 21. habe hierauf auch nicht hingewiesen werden müssen, weil es sich gerichtsbekannt bei ihm um einen in allen Belangen des Spruchverfahrens sehr erfahrenen Antragsteller gehandelt habe. So habe er auch für die von ihm ebenfalls vertretene Antragstellerin zu 20. eine unterzeichnete Bankbescheinigung vorgelegt.
Die Bankbescheinigungen der Antragsteller zu 13., 14., 17., 23., 25. und 26. hat das Landgericht Köln für unzureichend erachtet, weil die Bescheinigungen nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung, Eingang des Antrags bei Gericht, ausgestellt worden seien. So habe die Antragstellerin zu 13. eine auf den 19.03.2008 ausgestellte Bankbescheinigung vorgelegt, obwohl ihr Antrag erst am nächsten Tag, am 20.03.2008, bei Gericht eingegangen sei. Der Antragsteller zu 14. habe eine Bankbescheinigung vom 20.03.2008 vorgelegt, obwohl sein Antrag am 27.03.2008 bei Gericht eingegangen war. Die Antragstellerin zu 17. habe eine Bankbescheinigung vom 11.03.2008 vorgelegt, ihr Antrag sei aber erst am 02.04.2008 bei Gericht eingegangen. Auch die Bescheinigung des Antragstellers zu 23. sei nicht ausreichend, weil die Bankbescheinigung vom 07.04.2008, nach der er seit dem 01.10.2007 Aktionär der Antragsgegnerin zu 2. war, ebenfalls sich nicht auf das Datum des Eingangs des Antrags bei Gericht, hier der 18.04.2008, beziehe. Auch der Nachweis des Antragstellers zu 25. vom 01.04.2008, wonach er bereits seit dem 01.11.2007 Aktionär der Antragsgegnerin zu 1. war, erfasse nicht den 18.04.2008, das Datum des Eingangs des Antrags bei Gericht. Auch die Bankbescheinigung der Antragstellerin zu 26. vom 08.04.2008 gelte nicht für das Datum des Eingangs des Antrags bei Gericht am 18.04.2008. Das Landgericht ist ferner davon ausgegangen, dass beide Antragsgegnerinnen passivlegitimiert seien.
Die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln hat ausgeführt, dass nach der Macrotron-Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch bei einem Delisting eine Barabfindung angeboten werden müsse. Die hier angebotene Barabfindung in Höhe von 5,65 € je Aktie sei angemessen. Der sich aus einem echten Bieterwettbewerb ergebenden Preis von 5,65 € je Aktie sei als Verkehrswert für die Barabfindung zugrunde zu legen.
Dass der Kaufpreis mehr als 20 % über dem ermittelten Unternehmenswert und deutlich über dem durchschnittlichen Börsenkurs im Verhandlungszeitraum gelegen habe, sei nachvollziehbar, weil der Verkehrswert teilweise Synergieeffekte berücksichtige. Im Übrigen könne aus dem Marktpreis für ein größeres Aktienpaket auf den Verkehrswert eines Unternehmens geschlossen werden, wenn der Erwerb auf die Erlangung der Unternehmenskontrolle abziele, das Aktienpaket die Kontrolle über das Unternehmen tatsächlich ermögliche und bei der Preisfindung für das Aktienpaket der wahre Wert der Anteile zugrunde gelegt worden sei. Werde für ein etwa knapp über 50 % liegendes Aktienpaket ein Preis pro Aktie vereinbart, der sich im Wesentlichen an dem Ertragswert des Unternehmens ausrichte, sei anzunehmen, dass dieser Preis auch bei der Veräußerung eines noch größeren Aktienpakets oder des gesamten Unternehmens erzielt worden wäre. Letztlich basiere die Preisermittlung auch auf der Ertragswertmethode. Im vorliegenden Fall habe es sich auch um eine strategische Übernahme gehandelt, bei der die Antragsgegnerin zu 1. 61 % der Aktien erworben hatte. Es bestünden daher keine Bedenken, aus dem Preis für die im Jahr 2007 veräußerten Aktienpakete auf den Verkehrswert des Unternehmens zu schließen. Es sei ferner zu berücksichtigen, dass Aktienpakete, die einen unternehmerischen Einfluss ermöglichen, in der Regel mit einem "Paketaufschlag" - wie auch in diesem Fall - gehandelt würden. Prima facies gäben die gezahlten Marktpreise den Verkehrswert zutreffend wieder.
Ferner könne auf die Gutachten N. und M. zurückgegriffen werden. Zwar handle es sich bei der Stellungnahme der N. um ein Parteigutachten. Die Einholung eines unabhängigen Gutachtens sei aber nicht erforderlich gewesen. Entscheidend sei, dass die Parteigutachterin von zutreffenden Tatsachen ausgegangen sei und ihre Ergebnisse methodisch vertretbar hergeleitet habe. Von erheblichem Gewicht sei auch, dass die Unternehmensbewertung der N. durch M. bestätigt worden sei. Im vorliegenden Fall hätten die vorgenommenen Ertragswertberechnungen bzw. Cashflow-Berechnungen einen Unternehmenswert je Aktie von 4 € ergeben. Der Börsenkurs habe im Verhandlungszeitraum zwischen 4 € und 4,70 € gelegen, sei dann am 23.07.2007, dem Tag des Anteilskaufes, sprunghaft auf 5,57 € gestiegen. Ein auf Schätzungen basierendes Sachverständigengutachten könne die Realität nicht besser abbilden, als diese es selbst vermag. An den Verkaufsverhandlungen seien im Wirtschaftsrecht erfahrene Fachleute involviert gewesen. Es könne daher ausgeschlossen werden, dass Informationsdefizite oder Fehlannahmen den Preis verzerrt hätten. Die Antragsgegnerinnen hätten ausreichend nachvollziehbare Unterlagen vorgelegt, die den Antragstellern und dem Gericht eine sachgerechte Prüfung ermöglichten.
Es seien auch keine Anhaltspunkte erkennbar, dass die Vertragsverhandlungen manipuliert oder durch Sonderinteressen beeinflusst worden seien. Etwaige Abhängigkeitsverhältnisse oder sonstige Beeinflussungsfaktoren seien nicht erkennbar. Der Verkauf der Aktienpakete sei daher unter marktgerechten Bedingungen erfolgt. Es habe sich um einen realistischen Marktvorgang gehandelt. So habe die Antragsgegnerin zu 1. sich von N. und von der Investmentbank F. AG beraten lassen.
Die Antragsteller hätten den Vortrag der Antragsgegnerinnen zum Ablauf des Bieterwettbewerbs und der Verkaufsverhandlungen auch nicht in Frage gestellt. Marktverzerrungen, ungleiche Verhandlungsstärke der Vertragsparteien oder falsche fachliche Beratung hätten sie nicht dargelegt.
Eine gutachterliche Unternehmensbewertung und Ertragswertberechnung sei hier nicht erforderlich. Zwar sei die Ermittlung eines Unternehmenswertes anhand der Ertragswertmethode verfassungsrechtlich unbedenklich. Aber auch das Ertragswertverfahren sei nur ein Hilfsverfahren zur Ermittlung des Verkehrswertes eines Unternehmens. Der IDW Standard S 1 verkenne den Zusammenhang zwischen Verkehrswerten/Marktpreisen und objektiven Ertragswerten. Wertungsziel sei nicht der objektivierte Ertragswert eines Unternehmens, sondern dessen Verkehrswert. Einen Vorrang der gutachterlichen Ertragswertberechnung gegenüber den tatsächlich realisierten Marktpreisen könne es daher nicht geben.
So sei eine Ertragswertberechnung in der Regel nicht erforderlich, wenn der Verkehrswert, etwa aufgrund einer zeitnahen Unternehmensveräußerung, bekannt sei. In diesen Fällen könne auf eine schwierige, komplexe und kostenträchtige und mit zahlreichen Unsicherheiten verbundene Ertragswertberechnung verzichtet werden. Voraussetzung sei allerdings, dass sich der Preis für die Unternehmenstransaktion in einer echten Marktsituation gebildet habe. So müssten sich gleichwertige Vertragspartner gegenüberstehen, die in der Lage seien, einen angemessenen Ausgleich ihrer gegenläufigen Interessen zu finden. Etwaige Sonderinteressen auf Käufer- oder Verkäuferseite dürfen sich hierbei nicht auswirken. Der Marktpreis sei jeder Schätzung des Marktwertes durch Sachverständige überlegen, weil alle maßgeblichen Marktaspekte in den Preis einflössen, es sich nicht nur um einen theoretischen Laborwert handle, der sich einseitig auf höchst unsicheren Ertragswertaussichten stütze und Marktaspekte ausblende.
Auch im Steuerrecht könne der Wert eines Unternehmens aus Anteilsverkäufen vor dem Besteuerungsstichtag abgeleitet werden, wenn diese weniger als ein Jahr zurückliegen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Alternative 1 BewG). Der Bundesgerichtshof habe diesen Rechtsgedanken auch auf das Pflichtteilsrecht und den Zugewinnausgleich übertragen. Der Tatrichter dürfe sich daher bei der Bewertung an dem Verkaufserlös eines Unternehmens orientieren, falls die Gesellschaft etwa ein Jahr nach dem Bewertungsstichtag veräußert worden und wesentliche Veränderungen des Marktes nicht ersichtlich seien.
Soweit Rechtsprechung und Literatur bisher davon ausgegangen seien, dass Paketpreise für Aktien nicht den Verkehrswert eines Unternehmens wiederspiegelten und der Aktionär darauf keinen Anspruch habe, sei bislang zu wenig berücksichtigt worden, dass ein Paketzuschlag zwangsläufig auf das Unternehmen bezogen sei. Die tatsächlich gezahlten Marktpreise bildeten den Verkehrswert eines Unternehmens unter üblichen Marktbedingungen zutreffend ab und hätten deshalb gegenüber "einem mit zahlreichen fiktiven Annahmen arbeitenden und in der Prognose höchstfraglichen Sachverständigengutachten" Vorrang. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hätten außerbörslich gezahlte Paketpreise zwar an sich keine Beziehung zum Verkehrswert der Aktien. Im vorliegenden Fall sei jedoch davon auszugehen, dass das veräußerte Aktienpaket die Kontrolle über das Unternehmen ermögliche und damit als Unternehmenskauf zu betrachten sei. Der Preis für das Paket habe sich an dem Unternehmenswert pro Aktie, ermittelt nach der Ertragswert- bzw. Cashflow-Methode, ausgerichtet. Minderheitsaktionäre würden bei der Ableitung des Verkehrswertes aus Marktpreisen im Übrigen tendenziell bevorzugt, weil in einem gewissen Umfang auch echte Synergieeffekte berücksichtigt würden.
Außerdem stehe dem Gericht ein weites Schätzungsermessen gemäß § 287 ZPO zu. Auf ein mit unverhältnismäßig großem Prozessaufwand verbundenes, zeit- und kostenintensiven Sachverständigengutachtens könne daher verzichtet werden.
Das Landgericht Köln hat hinsichtlich des relevanten Börsenkurses auf einen Dreimonatszeitraum vor dem Tag der Hauptversammlung abgestellt. Der gewichtete Börsenkurs habe im Dreimonatszeitraum vor dem 14.12.2007 5,70 € je Aktie betragen und damit lediglich um 0,05 € je Aktie über der angebotenen Barabfindung gelegen. Aufgrund der geringen Abweichung sei eine Korrektur der Barabfindung nicht erforderlich.
Ein Anspruch auf bare Zuzahlung bestehe nicht. Ein Ausgleich für eine Beeinträchtigung der Verkehrsfähigkeit der Aktie sei nicht möglich, weil es keine Berechnungsmethode für einen isolierten Wert der Börsennotierung gebe.
Der Feststellungsantrag, wonach die Verpflichtung der Antragsgegnerin zu 1., Aktien der Antragsgegnerin zu 2. zu erwerben, frühestens zwei Monate nach dem Tag endet, an dem die Entscheidung im Bundesanzeiger des Gericht über den zuletzt entschiedenen Spruchverfahrensantrag im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden ist, sei begründet. § 305 Abs. 4 Satz 3 AktG sei entsprechend auf das Delisting anwendbar. Dies gelte auch für § 305 Abs. 3 Satz 3, der einen Zinsanspruch normiere. Da die Anwendbarkeit der Vorschriften zwischen den Verfahrensbeteiligten streitig sei, bestehe ein entsprechendes Feststellungsinteresse. Es sei nicht sachgerecht, die Antragsteller insoweit auf das Zivilverfahren zu verweisen.
Die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens hätten die Antragsgegnerinnen zu tragen. Auch wenn die Anträge der Antragsteller in der Sache keinen Erfolg gehabt hätten, sei es angemessen, die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller den Antragsgegnerinnen aufzuerlegen. Es habe hier nahegelegen, dass die Antragsteller die angebotene Abfindung bei dem gesetzlich nicht geregelten Delisting überprüfen lassen würden, zumal eine an sich übliche Ertragswertberechnung oder ein Prüfgutachten gefehlt habe. Für die Minderheitsaktionäre sei die Informationslage daher sehr dürftig gewesen. Soweit die Antragsteller allerdings unzulässige Anträge gestellt haben, seien sie von der Kostentragungspflicht der Antragsgegnerinnen auszunehmen.
Gegen den Beschluss des Landgerichts haben die Antragsteller zu 20., 21., 23., 25. und 26. Beschwerde eingelegt. Die Antragsgegnerinnen haben hinsichtlich der landgerichtlichen Kostenentscheidung Anschlussbeschwerde erhoben.
Die Antragsteller meinen, dass sie ihre Antragsberechtigung ausreichend nachgewiesen hätten. Der Antragsteller zu 21. verweist auf einen Depotauszug. Dieser sei nicht "selbst erstellt", sondern stamme aus dem Online-Banking-Modul der Bank. Im Übrigen habe die Gegenseite die Urkundsqualität nicht gerügt. Ferner hätte das Gericht gemäß § 139 ZPO hinweisen müssen, dass der Nachweis nicht ausreichend sei. So habe er auch ausdrücklich um einen entsprechenden Hinweis gebeten. Es komme hinzu, dass anderen Antragstellern ein entsprechender Hinweis erteilt worden sei. Auch könne das Landgericht nicht auf einen "gerichtsbekannt erfahrenen Antragsteller" verweisen.
Der Antragsteller zu 23. meint, dass eine Bankbescheinigung im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Datum der Antragstellung ausreichend sei. Im Übrigen habe er zwischenzeitlich eine aktuelle Bankbestätigung nachgereicht. Auch ihm gegenüber hätte das Gericht einen entsprechenden Hinweis erteilen müssen, und nicht nur anderen Antragstellern. Außerdem sei die Frage der Antragsberechtigung nicht in der mündlichen Verhandlung erörtert worden.
Auch der Antragsteller zu 25. rügt eine Verletzung rechtlichen Gehörs und meint, das Landgericht hätte auf den unzutreffenden Stichtag hinweisen müssen. Es sei im Übrigen faktisch unmöglich, einen Nachweis auf den Tag des Zugangs bei Gericht beizubringen. Da andere Antragsteller auf die fehlende Antragsberechtigung hingewiesen worden sei, nicht aber der Antragsteller zu 25., habe er - wie die Antragsteller zu 21. und 23. € auf die Ordnungsgemäßheit des Nachweises vertrauen dürfen. Für den hier vorliegenden Delisting-Fall existiere auch noch keine Rechtsprechung, welche Nachweise beizubringen seien. Im Übrigen sei bislang keine Frist gemäß § 10 Abs. 1 SpruchG zur Vorlage von Unterlagen gesetzt worden, so dass eine Vorlage noch in der Beschwerdeinstanz möglich sei. Auch die Antragstellerin zu 26. meint, dass der Nachweis noch in der Beschwerdeinstanz erbracht werden könne.
Die Antragsteller beanstanden, dass keine gutachterliche Ertragswertberechnung durchgeführt worden sei, und halten eine vollständige Unternehmensbewertung für erforderlich. Sie hätten keine Möglichkeit gehabt, konkrete Einwendungen zu erheben. Die Antragsgegnerinnen hätten Informationen nur "scheibchenweise" erteilt und Unterlagen nur unvollständig vorgelegt. So seien die Abreden und konkreten Vertragsabsprachen sowie die Motive der Anteilsveräußerung unklar geblieben. Im Übrigen bestimme der Verkehrswert nur die Untergrenze der anzubietenden Barabfindung. Auch sei der Kaufpreis hier rund ein halbes Jahr vor der Hauptversammlung gezahlt worden - und das nur außerbörslich. Der Verkaufspreis könne daher lediglich als Orientierung gelten, ersetze aber keine Unternehmensbewertung. Auch aus einem Umkehrschluss der §§ 39a - 39c WpÜG ergebe sich, dass ein gezahlter Preis, allenfalls ausnahmsweise gemäß § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG, nicht zur Berechnung der angemessenen Barabfindung herangezogen werden könne.
Der Antragsteller zu 21. macht geltend, dass als relevanter Referenzzeitraum ein Dreimonatszeitraum vor der Hauptversammlung zu berücksichtigen sei. Auch wenn der Börsenpreis mit 5,70 € nur geringfügig über der angebotenen Barabfindung von 5,65 € gelegen habe, sei der Börsenpreis zugrunde zu legen.
Die Antragsteller zu 20., 21., 23, 25. und 26. beantragen,
unter Abänderung des Beschlusses des Landgericht Köln vom 24.07.2009 eine angemessene Barabfindung, zahlbar durch dieJ. W. AG, für die außenstehenden Aktionäre der Q. AG (nunmehr:J. AG) wegen des Widerrufs der Zulassung der Aktien der Q. AG zum Handel im regulierten Markt (General Standard) an der Frankfurter Wertpapierbörse (Delisting) zu bestimmen.
Die Antragsteller zu 23., 25. und 26. beantragen darüber hinaus hilfsweise,
das Verfahren an das Landgericht Köln zur weiteren Aufklärung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Der Vertreter der außenstehenden Aktionäre schließt sich für die außenstehenden Aktionäre den Anträgen der Beschwerdeführer an, soweit deren Anträge als unbegründet zurückgewiesen worden sind.
Die Antragsgegnerinnen beantragen,
die Beschwerden zurückzuweisen
und beantragen im Wege der unselbständigen Anschlussbeschwerde,
den Beschluss des Landgerichts Köln vom 24.07.2009 hinsichtlich des Kostenausspruchs abzuändern und auszusprechen, dass die Antragsteller den Antragsgegnerinnen die Verfahrenskosten mit Ausnahme der Kosten des Gemeinsamen Vertreters sowie deren außergerichtliche Kosten zu erstatten haben und im Übrigen eine Kostenerstattung nicht stattfindet.
Die Antragsteller zu 2., 3., 4., 6., 8., 10., 11., 12., 15., 20., 21. und 22. beantragen,
die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerinnen meinen, dass die Durchführung des Spruchverfahrens hier nicht statthaft sei, weil es sich lediglich um einen Börsensegmentwechsel gehandelt habe, der das Aktieneigentum nicht beeinträchtige. Allein entscheidend sei die Handelbarkeit der Aktien, durch einen Segmentwechsel veranlasste geänderte Publikationspflichten und Anlegerschutzbestimmungen dagegen unerheblich.
Die Antragsgegnerinnen tragen ferner vor, dass die Antragsteller zu 23., 25. und 26. ihre Antragsberechtigung nicht ordnungsgemäß nachgewiesen hätten. Unstreitig fehle es an einem Nachweis zum Zeitpunkt der Antragstellung. In der Beschwerdeinstanz sei die Vorlage einer Bescheinigung verspätet. Der Antragsteller zu 21. habe nur einen selbst erstellten Bankauszug vorgelegt. Ein besonderer Hinweis an den Antragsteller sei nicht erforderlich gewesen, weil es sich um einen "Berufskläger" gehandelt habe. Die Beschwerden seien auch nicht ausreichend begründet worden. Die Antragsteller hätten lediglich "Standardrügen" erhoben.
Die Antragsgegnerinnen verweisen darauf, dass ein Sachverständigengutachten allenfalls ausnahmsweise einzuholen, dies hier entbehrlich gewesen sei. Im vorliegenden Fall seien die Aktien höher bewertet worden, als es nach dem Ertragswertverfahren der Fall gewesen wäre. Eine Beeinflussung oder sachfremde Erwägungen im Rahmen des Bieterverfahrens habe es nicht gegeben. Das Landgericht habe die Gesamtumstände des Bieterverfahrens plausibilisiert. Eine "Aufzinsung" des im Rahmen des Bieterwettbewerbs gezahlten Preises auf den Tag der Hauptversammlung komme nicht in Betracht, denn der gezahlte Preis habe dem Verkehrswert zum Bewertungsstichtag entsprochen. § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG sei nur eine gesetzliche Vermutung und daher ohne Aussagekraft. Im Übrigen sei für den relevanten Börsenkurs auf einen Referenzzeitraum von drei Monaten vor Bekanntgabe der Maßnahme abzustellen.
Die Antragsgegnerinnen verfolgen mit der unselbständigen Anschlussbeschwerde das Ziel, dass die Antragsteller die Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerinnen tragen. Eine Erstattung der Kosten der Antragsteller komme nicht in Betracht.
II.
Die Sache ist an das Landgericht Köln zurückzuverweisen, weil die für eine Entscheidung maßgeblichen Umstände bislang nicht ausreichend ermittelt und aufgeklärt worden sind.
1. Zulässigkeit des Spruchverfahrens
Das Landgericht Köln hat zutreffend festgestellt, dass das Spruchverfahren statthaft ist.
a) Spruchgesetz und Delisting
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Vorschriften des Spruchgesetzes analog auf ein Delisting-Verfahren anwendbar sind (BGH, Beschluss vom 25.06.2008, Az. II ZB 39/07, AG 2008, 659; BGH, Beschluss vom 25.11.2002, Az. II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, "Macrotron"; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.12.2004, Az. I-19 W 3/04 AktE, AG 2005, 252; OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.12.2009, Az. 20 W 2/08, AG 2010, 513; Hüffer, AktG, 9. Auflage, § 119, Rdnr. 86; s. auch Zetzsche, NZG 2000, 1065; Krolop, NZG 2005, 546). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des Landgerichts (Beschlussausfertigung Seite 13 ff.) verwiesen.
Diese Grundsätze gelten auch bei einem Wechsel vom Börsensegment des regulierten Marktes in den sog. Freiverkehr.
Das Landgericht Köln hat völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass der Wechsel der Aktien der Antragsgegnerin zu 2. vom regulierten Markt in den Freiverkehr schon nicht Gegenstand des Hauptversammlungsbeschlusses vom 14.12.2007 gewesen war. Vielmehr ist die Barabfindung für den Widerruf der Börsennotierung im regulierten Markt angeboten worden.
Darüber hinaus beeinträchtigt aber auch der Wechsel vom regulierten Markt in den Freiverkehr die Handelbarkeit der Aktien und damit die Eigentumsrechte der außenstehenden Aktionäre erheblich. So müssen im Freiverkehr wesentliche Informations- und Transparenzpflichten nicht beachtet werden. Das Landgericht Köln hat insoweit im Einzelnen und ausführlich die Unterschiede zwischen dem amtlichen und dem regulierten Börsensegment und dem Freiverkehr erläutert. Auch hat das Landgericht plausibel dargestellt, dass der Handel mit den Aktien der Antragsgegnerin zu 2. seit dem Delisting stark abgenommen habe. Wenig überzeugend ist die Behauptung der Antragsgegnerinnen, die Handelbarkeit der Aktien sei durch den Wechsel in den Freiverkehr nicht nennenswert eingeschränkt worden. So gehen selbst Vorstand und Aufsichtsrat der Antragsgegnerin zu 2. davon aus, dass "Aktionäre, die das Angebot nicht annähmen, mit einer Einschränkung der Liquidität des Börsenhandels und mit stärkeren Kursschwankungen als in der Vergangenheit rechnen" müssten (Gemeinsame Stellungnahme vom 07.09.2007).
Der Wechsel in den Freiverkehr ist auch nicht mit dem Wechsel von einem regulierten Markt zu einem anderen regulierten Markt zu vergleichen. Zutreffend verweist das Landgericht darauf, dass Gegenstand der Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 21.05.2008 (NZG 2008, 755) der Wechsel vom amtlichen Markt in das ebenfalls erheblich kontrollierte Börsensegment "M:access" gewesen war (vgl. zum Wechsel in den "Entry Standard": KG Berlin, Beschluss vom 30.04.2009, Az. 2 W 119/08, ZIP 2009, 1116).
b) Zuständigkeit
Hier war das Landgericht Köln zuständig.
Der Landesgesetzgeber hat mit der "Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit zur Entscheidung in gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten und den Angelegenheiten der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (Konzentrations-VO Gesellschaftsrecht)" vom 31.05.2005 die Verfahren nach dem Spruchgesetz in zulässiger Weise konzentriert. Die Konzentrationsverordnung geht hierbei nicht weiter € aber auch so weit - wie § 1 des Spruchverfahrensgesetzes dies bestimmt.
Die Konzentrationsverordnung bezieht sich auf § 1 des Spruchverfahrensgesetzes. Wie bereits dargelegt, hat der Bundesgerichtshof eine analoge Anwendung der Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes auch in "Delisting-Fällen" anerkannt. Es ist für das Spruchverfahrensgesetz allgemein anerkannt, dass die Aufzählung in § 1 nicht abschließend, eine analoge Anwendung nicht ausgeschlossen ist (vgl. Drescher in Spindler/Stilz, Aktiengesetz, § 1, Rdnr. 16 m. w. N.; a. A.: OLG Zweibrücken, Beschluss vom 23.08.2007, Az. 3 W 147/07, NZG 2007, 908).
Der Landesgesetzgeber hat mit der Verordnung die nach dem Spruchverfahrensgesetz durchzuführenden Verfahren auf bestimmte Gerichte konzentriert. So sollen Spruchverfahren durch wenige, sachkundige Gerichte entschieden werden, um eine gewisse Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten. Es ist daher sachgerecht und konsequent, die Anwendbarkeit der Konzentrationsverordnung auch auf die Fälle zu erstrecken, auf die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes das Spruchgesetz analog anwendbar ist. Soweit das OLG Zweibrücken - in der dortigen Sache aufgrund bindender Zuständigkeitsbestimmung nicht streitentscheidend - die Auffassung vertreten hat, dass eine analoge Anwendung auf Delisting-Fälle ausscheide, kann dem nicht gefolgt werden. Es ist schon nicht plausibel, dass zwar eine analoge Anwendung eines Gesetzes, hier des Spruchgesetzes, und eines gerichtlichen Verfahrens auf eine bestimmte Fallkonstellation unproblematisch möglich sein soll, nicht aber eine analoge Anwendung einer darauf gestützten Konzentrationsverordnung.
c) Antragsfrist
Die Anträge auf Durchführung des Spruchverfahrens sind im vorliegenden Fall innerhalb einer Drei-Monatsfrist, gerechnet von dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des Widerrufs der Börsenzulassung, und damit fristgerecht erhoben worden (vgl. Drescher in Spindler/Stilz, Aktiengesetz, § 4, Rdnr. 4, vgl. auch Entscheidung Landgericht Köln m. w. N.).
Die Frage, ob die Anträge bei dem zuständigen Gericht innerhalb dieser Frist gestellt worden sind, kann dahinstehen, weil nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Spruchverfahrensgesetz die Frist auch durch Einreichung des Antrages bei einem örtlich unzuständigen Gericht gewahrt wird (vgl. Drescher in Spindler/Stilz, Aktiengesetz, § 4, Rdnr. 9). Selbst wenn also, wie die Antragsgegnerinnen meinen, die Anträge bei dem unzuständigen Gericht gestellt worden sein sollten, würde dies die Rechtzeitigkeit der Anträge nicht in Frage stellen.
d) Antragsberechtigung
Das Landgericht Köln ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragsteller zu 9. 13., 15., 16., 17., 18., 19., 22. und 24. hinreichend ihre Antragsberechtigung dargelegt haben.
Das Gericht muss die Antragsberechtigung von Amts wegen ermitteln (Drescher in Spindler/ Stilz, Aktiengesetz, § 3, Rdnr. 18). Ein Antragsteller muss innerhalb der Frist gemäß § 4 Abs. 1 Spruchverfahrensgesetz seine Antragsberechtigung lediglich darlegen, nicht aber nachweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 25.06.2008, Az. II ZB 39/07, AG 2008, 659; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.02.2005, I-19 W 12/04 AktE, ZIP 2005, 1370; § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Spruchverfahrensgesetz, Drescher in Spindler/Stilz, Aktiengesetz, § 4, Rdnr. 19).
Im Spruchverfahren hat das Gericht auf die entscheidungserheblichen Umstände hinzuweisen. Aus § 8 Abs. 3 Spruchverfahrensgesetz i. V. m. § 139 ZPO ergibt sich die Pflicht des Gerichts über entscheidungserhebliche Umstände aufzuklären (Drescher in Spindler/Stilz, Aktiengesetz, § 8 Spruchverfahrensgesetz, Rdnr. 10). Das Gericht hat auf offenkundige Lücken in Stellungnahmen hinzuweisen und darauf hinzuwirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären. Insbesondere gilt dies für Gesichtspunkte, die ein Beteiligter erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat oder einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als alle Beteiligten (Drescher in Spindler/Stilz, Aktiengesetz, § 8 Spruchgesetz, Rdnr. 10). Eine Hinweispflicht entfällt nicht deshalb, weil Antragsteller anwaltlich vertreten sind oder es sich im Einzelfall um sogenannte "Berufskläger" handelt.
Es ist vor diesem Hintergrund nicht unbedenklich, dass das Landgericht annimmt, der Antragsteller zu 14. habe seine Antragsberechtigung nicht ausreichend dargelegt. So deckt der Antrag sich in Form und Inhalt mit dem Antrag des Antragstellers zu 9., dessen Antrag das Landgericht als ausreichende Darlegung angesehen hat. Soweit € aufgrund der ersichtlichen Parallelität der Anträge € erkennbar, beruht der fehlende Nachweis auf einem erkennbaren Versehen des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers zu 14.. Dies hätte dem Landgericht Veranlassung geben müssen, nachzufragen. So ist etwa auch der Antragsteller zu 6. auf seinen unschlüssigen Antrag hingewiesen worden (Beschluss vom 25.03.2008, Blatt 177).
e) Nachweis Antragsberechtigung
Das Landgericht Köln ist davon ausgegangen, dass die Antragsteller zu 13., 14., 17., 19., 21., 23., 25. und 26. ihre Antragsberechtigung nicht ausreichend nachgewiesen hätten. Es hat sich allerdings nicht ausreichend mit der im konkreten Fall vorliegenden unklaren Nachweissituation auseinandergesetzt und diese entsprechend aufgeklärt.
Der Nachweis der Antragsberechtigung hat gemäß § 3 Satz 3 Spruchverfahrensgesetz durch Urkunden zu erfolgen. § 3 Satz 2, der die Anteilsinhaberschaft zum Zeitpunkt der Antragstellung verlangt, gilt auch in den Delisting-Fällen (BGH, Beschluss vom 25.06.2008, AG 2008, 659). Ausreichend sind entgegen dem üblichen Verständnis auch schriftliche Bankbescheinigungen, etwa ein Depotauszug (Drescher in Spindler/Stilz, Aktiengesetz, § 3 Spruchgesetz, Rdnr. 18). Der Nachweis muss sich auf den Zeitpunkt der Antragstellung, d.h. den Eingang des Antrags bei Gericht beziehen (Drescher in Spindler/Stilz, Aktiengesetz, § 3 Spruchgesetz, Rdnr. 11, 18). Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 25.06.2008 entschieden, dass ein Sperrvermerk nicht ausreichend sei, weil er keine dingliche Wirkung entfalte und nicht Verfügungen über den Depotbestand verhindern könne (BGH, Beschluss vom 25.06.2008, Az. II ZB 39/07, AG 2008, 659; BayObLG, Beschluss vom 15.09.2004, Az. 3Z BR 145/04, AG 2005, 244). Das Gericht hat ggfs. € wie bereits erläutert € gemäß § 7 Abs. 5 und § 8 Abs. 3 SpruchG darauf hinzuweisen und hinzuwirken, dass die Beteiligten sich rechtzeitig und vollständig erklären.
Das Landgericht hat mit Recht festgestellt, dass der Antragsteller zu 19. den Nachweis nicht ordnungsgemäß geführt hat. Obwohl der Antragssteller sich nach dem Datum des Antragseingangs erkundigt hatte, ihm das Datum ausweislich des Aktenvermerks vom 26. Mai 2008 (Blatt 386 d. A.) mitgeteilt worden war, hat der Antragsteller zu 19. dann keinen entsprechenden Nachweis beigebracht.
Hinsichtlich der Antragsteller zu 13., 14., 17., 23., 25. und 26. ist das Landgericht Köln davon ausgegangen, dass die Antragsberechtigung nicht nachgewiesen worden sei, weil die Nachweise sich nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung, den Tag des Antragseingangs bei Gericht, bezogen hätten. Hinsichtlich des Antragstellers zu 21. sei ein Hinweis schon deshalb entbehrlich gewesen, weil dieser gerichtsbekannt in allen Belangen des Spruchverfahrens sehr erfahren sei.
Die Frage, ob die Antragsteller ausreichend ihre Antragsberechtigung nachgewiesen haben, war in erster Instanz streitig und unklar. So waren hier einige Antragsteller ersichtlich davon ausgegangen, dass sie mit den vorgelegten Bescheinigungen ihre Antragsberechtigung ausreichend nachgewiesen hätten. So hat etwa der Antragsteller zu 13. nach dem Hinweis vom 25.03.2008 (Blatt 177 d. A.) dann mit Schreiben vom 08.04.2008 (Blatt 196 d. A.) eine Bescheinigung vom 19.03.2008 vorgelegt, um seine Antragsberechtigung nachzuweisen.
Vor diesem Hintergrund ist es bedenklich, dass das Landgericht Köln nur einige Antragsteller auf die fehlende Antragsberechtigung hingewiesen hat. So hat das Landgericht etwa die Antragsteller zu 1., 3., 4., 5., 6., 7., 9., 10., 11., 12. und 13. mit Beschluss vom 25.03.2008 auf den bislang nicht ausreichenden Nachweis der Antragsberechtigung hingewiesen, andere aber nicht (Blatt 177 d. A.). Aus dem Sitzungsprotokoll (Blatt 636 d. A.) ergibt sich zwar, dass "die Sach- und Rechtslage" erörtert worden ist, nicht aber, inwieweit konkret Fragen der Nachweispflicht besprochen worden waren. So tragen auch die Antragsgegnerinnen nur vor, dass "im Rahmen der mündlichen Verhandlung €Gelegenheit€ bestand, die Frage des Nachweises zu erörtern" (Blatt 1083 d. A.). Auch der sich an die mündliche Verhandlung anschließende Schriftverkehr erörtert allenfalls am Rande die Nachweisfrage. Die Antragsteller, die keinen Hinweis erhalten hatten, durften davon ausgehen, dass sie ihrer Nachweispflicht genügend nachgekommen waren, gerade auch deshalb, weil anderen ein Hinweis erteilt worden war.
Dies gilt erst recht dann, wenn - wie hier - einige Antragsteller den Nachweis der Antragsberechtigung in einem sehr engen zeitlichen Rahmen zum Zeitpunkt der Antragstellung, teilweise mit nur einem Tag Abweichung, erbracht haben. Sofern ein Antragsteller schon mit seinem Antrag einen Nachweis vorlegt, ist dieser denknotwendig nicht auf den Tag der Antragstellung ausgestellt. Für das Gericht ist erkennbar, dass der Antragsteller mit einem entsprechend zeitnah datierten Beleg seiner Nachweispflicht nachkommen will. In der Vergangenheit sind derartige Nachweise häufig, wenn nicht regelmäßig, akzeptiert worden. Es ist gerichtsbekannt, dass in Spruchverfahren die Frage der ausreichenden Darlegung und des Nachweises der Antragsberechtigung sehr unterschiedlich gehandhabt wird. Teilweise werden sehr strenge, häufig aber auch eher geringe Anforderungen an die "Nachweisdichte" in diesen Verfahren gestellt.
Auch soweit etwa die Antragstellerin zu 17. eine Bankbescheinigung vom 11. März 2008 vorgelegt hat, die mit einer Sperrerklärung der Bank versehen war, soll der Nachweis sich ersichtlich auf den Tag des Antrags bei Eingang bei Gericht beziehen. Auch hier wäre ein klarstellender Hinweis des Gerichts geboten gewesen.
Das Landgericht Köln hätte hier klar und einheitlich alle Antragsteller hinweisen müssen, was nach seiner Auffassung als ordnungsgemäßer Nachweis anzusehen war. Es wird daher die Frage der Antragsberechtigung insgesamt erneut zu prüfen haben.
f) Passivlegitimation
Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass beide Antragsgegnerinnen passivlegitimiert sind.
Das Landgericht stellt mit Recht darauf ab, dass jedenfalls dann die Gesellschaft und der Mehrheitsaktionär passivlegitimiert sind, wenn - wie hier € der Mehrheitsaktionär im Rahmen eines Delistings die Barabfindung anbietet (vgl. BayObLG, Beschluss vom 01.12.2004, Az. 3Z BR 106/04, ZIP 2005, 205; Fritsche/Dreier/Verfürth, SpruchG, § 5 Rdnr. 9; Kubis in Münchener Kommentar, 3. Auflage, § 5, Rdnr. 6). Da der Antrag auf Widerruf der Zulassung von der Gesellschaft gestellt wird, schuldet diese jedenfalls (auch) die Kompensation und ist daher formell am Verfahren zu beteiligen (vgl. Drescher in Spindler/Stilz, Aktiengesetz, § 5 Spruchgesetz, Rdnr. 8; BayObLG, Beschluss vom 01.12.2004, Az. 3Z BR 106/04, ZIP 2005, 205).
2.
Die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen, weil die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln nicht die erforderliche Beweisaufnahme durchgeführt hat.
a) Börsen-/Marktpreis
Das Landgericht hat zunächst zutreffend ausgeführt, dass nach der Macrotron-Entscheidung des Bundesgerichtshofs jedem Minderheitsaktionär im Hinblick auf sein Eigentumsrecht aus Art. 14 GG eine angemessene Abfindung angeboten werden muss.
Die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts nimmt dann allerdings unzutreffend an, dass der Marktpreis grundsätzlich jeder Schätzung durch Sachverständige, etwa einer Berechnung nach der Ertragswertmethode, überlegen und entsprechende Bewertungsgutachten daher regelmäßig entbehrlich seien.
Das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof haben wiederholt festgestellt, dass der Börsenwert als Marktwert nur die Untergrenze der Abfindung bildet. Auch der Senat hat mehrfach entschieden, dass ggfs. ein höherer Unternehmenswert, z.B. berechnet nach der Ertragswertmethode, anzusetzen ist, wenn dieser über dem Markt- oder Börsenpreis liegt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.09.2010, Az. I-W 26 4/09 AktE, m. w. Nachw.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 27.4.1999, 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289; Veil in Spindler/Stilz, AktG, § 305, Rdnr. 46 ff.). Zum Teil wird inzwischen die Auffassung vertreten, dass der Unternehmenswert in der Regel nach dem Aktienkurs zu ermitteln sei (OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.09.2010, Az. 5 W 57/09, Rdnr. 103, zit. nach juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.12.2008, Az. WpÜG 2/08, AG 2009, 86; Veil in Spindler/Stilz, AktG, § 305, Rdnr. 51 m. w. Nachw.; Emmerich in Emmerich/Habersack, § 305, Rdnr. 44 f.; Busse von Colbe, Festschrift Lutter, S. 1053, 1058 ff.; Luttermann, ZIP 1999, 45 ff.).
Nach zutreffender Ansicht ist jedoch auf den Ertragswert abzustellen, wenn dieser höher als der Börsenwert ist (BGH, Beschluss 12.3.2001, Az. II ZB 15/00, BGHZ 147, 108,117 = AG 2001, 417, 419 "DAT/Altana IV"; BayObLG, Beschluss vom 11.9.2001, Az. 3Z BR 101/99, NZG 2001, 1137, "Ytong"; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.09.2010, Az. I-W 26 4/09 AktE; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.1.2008, Az. I-26 W 6/06 AktE, AG 2008, 822; OLG Düsseldorf, Beschluss 31.1.2003, Az. I-19 W 9/00 AktE, NZG 2003, 588, 592 = AG 2003, 329, 332 "Siemens/SNI"; OLG Düsseldorf, Beschluss 8.7.2003, Az. I-19 W 6/00 AktE, AG 2003, 688, 691 "Veba"; OLG Düsseldorf, Beschluss 15.1.2004, Az. I-19 W 5/03 AktE, NZG 2004, 622, 624 = AG 2004, 212, 214 "Krupp/Hoesch-Krupp"; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.01.2011, Az: 20 W 3/09, AG 2011, 206; 207; OLG Stuttgart, Beschluss 1.10.2003, Az. 4 W 34/93, AG 2004, 43, 44 "Vereinigte Filzfabriken"; BayObLG, Beschluss vom 28.10.2006, Az. 3Z BR 071/00; Paulsen in Münchener Kommentar zum AktG, 3. Auflage 2010, § 305, Rdnr. 83; Hirte/Hasselbach in Großkommentar zum AktG, § 305, Rdnr. 137 f.; Emmerich in Emmerich/Habersack, § 305, Rdnr. 42 ff.; Koppensteiner in Kölner Kommentar, § 305, Rdnr. 100, 112; Hüffer, Festschrift Hadding, S. 461, 468 f.; Hüttemann ZGR 2001, 454, 456 ff.). Der Börsenkurs kann gegebenenfalls als Indiz für den Unternehmenswert dienen (OLG Stuttgart, Beschluss 26.10.2006, Az. 20 W 14/05, AG 2007, 128; OLG Stuttgart, Beschluss 1.10.2003, Az. 4 W 34/93, AG 2004, 43; LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 22.4.1999, Az. 1 HK 6730/89, AG 2000, 89).
Die Börsenkurs-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts soll sicherstellen, dass ein außenstehender Aktionär den "vollen" Wert seiner Beteiligung erhält. Es geht nicht um eine grundsätzliche Maßgeblichkeit des Börsenkurses für die Unternehmensbewertung, sondern darum, außenstehenden Aktionären den Börsenwert im Regelfall als Minimum zu sichern. Börsenkurse können auf vielfältige Weise, durch Sondereffekte, Manipulationen, Fremdinteressen und andere Umstände beeinflusst werden. Auch kann der Markt den Unternehmenswert etwa wegen Informationsdefiziten falsch einschätzen. Stellt man nur auf den Börsenkurs ab, könnte der Börsenkurs durch negative Unternehmensnachrichten bewusst "gedrückt" werden, um so eine geringere Abfindung und Ausgleich an die außenstehenden Aktionäre zahlen zu müssen. Auch die Empfehlungen IDW S 1 2008, Tz. 15, sehen daher lediglich vor, Börsenkurse zur Plausibilisierung heranzuziehen.
b) gerichtliche Überprüfung
In vielen Spruchverfahren liegt bereits ein Ertragswertgutachten eines Vertragsprüfers vor, so dass dann im Spruchverfahren kein weiteres Gutachten einzuholen ist. So ist etwa die Überprüfung der Angemessenheit der Abfindung vorab durch einen gerichtlich ausgewählten und bestellten Sachverständigen, z. B. in Squeezeout-Verfahren, sinnvoll und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, Beschluss vom 30.05.2007, Az. 1 BvR 390/04, AG 2007, 544). Die Höhe der Abfindung wird in diesen Fällen von einem unabhängigen Gutachter ermittelt. Die ansonsten durch das Gericht durchzuführende Beweisaufnahme wird in diesen Fällen "vorgezogen".
Dies ist bei einem Delisting anders, weil hier nicht zwingend vorprozessual in Zusammenhang mit der beabsichtigten Maßnahme ein Bewertungsgutachten einzuholen ist (BGH, Beschluss vom 07.12.2009, Az. II ZR 239/08, AG 2010, 453; Hüffer, AktG, 9. Auflage, § 119, Rdnr. 24; a. A.: LG Hannover, Urteil vom 29.08.2007, Az. 23 O 139/06, AG 2008, 426). Ein festgesetzter Barabfindungsbetrag gelangt so "ungeprüft" in das Spruchverfahren.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei einer Delisting-Maßnahme im Spruchverfahren grundsätzlich auf eine Beweisaufnahme und auf ein gerichtlich einzuholendes Sachverständigengutachten verzichtet werden kann. Aus dem Umstand, dass die Strukturmaßnahme selbst ohnegutachterliche Stellungnahme durchgeführt werden kann, kann nicht geschlossen werden, dass auch im gerichtlichen Verfahren ein Gutachten regelmäßig entbehrlich ist (so aber anscheinend: OLG Celle, Urteil vom 07.05.2008, Az. 9 U 165/07, ZIP 2008, 1876). Vielmehr ist eine Überprüfung der angemessenen Abfindung verfassungsrechtlich geboten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.08.2000, Az. 1 BvR 68/95, 1 BvR 147/97, AG 2001, 42). Es ist ein prägendes Element des Zivilprozessrechtes, im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens die Sachlage, ggfs. auch gutachterlich, klären zu lassen.
Gerade im Spruchverfahren kommt der Tatsachenermittlung besondere Bedeutung zu, weil die Antragsteller als bloße Minderheits- oder Kleinaktionäre regelmäßig die inneren Zusammenhänge des Unternehmens nicht kennen und über weit weniger Informationen als die Antragsgegnerinnen verfügen. Es ist ihnen daher häufig kaum möglich, die Angaben der Antragsgegnerin zu prüfen, etwa festzustellen, ob unternehmensrelevante Daten geschönt dargestellt, bewusst oder unbewusst weggelassen worden sind. Es kann ihnen - auch verfassungsrechtlich € nicht zugemutet werden, sich ungeprüft auf die Angaben der Antragsgegner verlassen zu müssen.
Im vorliegenden Fall fehlt es bislang an aussagekräftigen und geprüften Unterlagen. Es ist insoweit nicht ausreichend erkennbar, worauf das Landgericht seine Annahme stützt, dass die geplanten Umsätze und Ergebnisse angemessen seien (Urteilsausfertigung Seite 59 Landgericht). Die Umsatz- und Ergebnisentwicklung der Antragsgegnerin zu 2. lässt sich aus den vorgelegten Unterlagen allenfalls in Ansätzen nachvollziehbar erkennen, im Wesentlichen werden nur Ergebnisse geschildert. Die von den Antragsgegnerinnen vorgelegten "Stellungnahmen" der N. und M. erläutern nur schlagwortartig, wie der entsprechende Unternehmens- bzw. Aktienwert ermittelt worden sein soll. Es handelt sich der Sache nach eher um Verkaufsprospekte als um gutachterliche Stellungnahmen. Es mag sein, dass N. zutreffend einen Unternehmenswert in Höhe von 24,5 Mio. € ermittelt haben könnte, überprüft worden ist es jedenfalls nicht. Auch die übrigen Unterlagen, etwa der M., sind wenig aussagekräftig und ersichtlich darauf gerichtet, Einfluss im Rahmen eines Verkaufsprozesses zu nehmen. Dies gilt auch etwa für die sog. "Project Managementpräsentation".
Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerinnen den Geschehensablauf zwar ausführlich geschildert haben, entsprechende Nachweise und Verträge aber teils nur lückenhaft vorgelegt haben. Ob etwa eine echte Verhandlungssituation zwischen den Beteiligten vorgelegen hat (vgl. beispielhaft OLG Stuttgart, Beschluss vom 08.03.2006, Az. 20 W 5/05, AG 2006, 421), kann nicht unterstellt werden, sondern ist zu untersuchen. So kann etwa ein Interessenkonflikt nahe liegen, wenn das Anteilsvermögen an einen Großaktionär verkauft wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.08.2000, Az. 1 BvR 68/95, 1 BvR 147/97, AG 2001, 42).
Auch soweit das Landgericht davon ausgeht, dass etwaige Abhängigkeitsverhältnisse, sonstige Beeinflussungsfaktoren, Sonder- oder Liebhaberinteressen nicht ersichtlich seien (Beschlussausfertigung Seite 51 des Landgerichts), ist dies nicht überprüft worden. Jedenfalls bestand eine enge personelle Verflechtung der beiden Aufsichtsräte der Antragsgegnerinnen. Vor diesem Hintergrund ist es keineswegs abwegig, dass sich die Verflechtung möglicherweise auf die Einschätzung des Aktienwertes und den Verkaufsprozess ausgewirkt haben könnte.
Bemerkenswert ist auch, dass Vorstand und Aufsichtsrat der Antragsgegnerin zu 2. in der gemeinsamen Stellungnahme vom 07.09.2007 deutlich machen, selbst keine eigene Unternehmensbewertung vorgenommen zu haben. Nebulös wird festgestellt, dass die "Fairness-Opinion unter bestimmten, nicht in der Stellungnahme dargestellten Annahmen und Vorbehalten stehe". Es ist nicht auszuschließen, dass möglicherweise die nicht näher erläuterten "Annahmen" unternehmenswertrelevant sein könnten. Vorstand und Aufsichtsrat weisen auch auf die personelle Verflechtung hin, die "von den Q.-Aktionären bei der Bewertung der Stellungnahme berücksichtigt werden sollte". Vor diesem Hintergrund ist auch die Auffassung des Landgerichts nicht unbedenklich, die Behauptung der Antragsteller, der Verkaufspreis könne auf Käuferseite auch durch andere Umstände beeinflusst worden sein, bloße Vermutungen bzw. Gedankenspiele seien und keinen Bezug zur Wirklichkeit hätten.
c) bestrittener Sachvortrag
Die Antragsteller haben € anders als das Landgericht meint (vgl. Beschlussausfertigung Landgericht Seite 51) - auch den Sachvortrag der Antragsgegnerinnen substantiiert bestritten.
Die Anforderungen an ein substantiiertes Bestreiten der Antragsteller dürfen nicht überspannt werden. So waren die Antragsteller am Verkaufsprozess nicht beteiligt und können naturgemäß kaum nähere Angaben zu den konkreten Umständen machen. Sie sind auch nicht verpflichtet, in erheblichem Umfang eigene Ermittlungen durchzuführen, um ihren Sachvortrag zu begründen. Es ist vielmehr Aufgabe der Antragsgegnerinnen, die maßgeblichen Umstände im Rahmen ihrer sogenannten "sekundären Darlegungslast" zu erläutern (vgl. zur Darlegungslast: Zöller, ZPO, § 138, Rdnr. 8b ff.; Puszkajler in Kölner Kommentar zum SpruchG, 1. Auflage, vor §§ 7 - 11, Rdnr. 21).
Aus dem Gesamtzusammenhang des Sachvortrages der Antragsteller ergibt sich, dass sie den ordnungsgemäßen Ablauf des Bieterverfahrens bezweifeln. Das tatsächliche Geschehen und die näheren Umstände des Bieterwettbewerbs sind von den Antragstellern mehrfach angegriffen worden. Sie sind hierbei auf die Behauptungen der Antragsgegnerinnen € soweit es ihnen angesichts der nur beschränkt vorliegenden Informationen überhaupt möglich war - eingegangen. So hat etwa die Antragstellerin zu 1. darauf hingewiesen, dass die N. schon früher einmal ein Gutachten über die Antragsgegnerin zu 1. erstellt habe. Wiederholt ist die Vorlage aussagekräftiger Unterlagen verlangt worden.
d) Beweisaufnahme
Den Umfang der Beweisaufnahme hat das Landgericht in eigenem Ermessen zu bestimmen.
Voraussetzung für die sachgerechte Ausübung des Schätzungsermessens ist, dass die wesentlichen und relevanten Umstände in tatsächlicher Hinsicht geklärt worden sind. So hatte etwa das Landgericht Frankfurt in dem der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt zugrunde liegenden Fall zunächst eine Beweisaufnahme durch die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Vertragsprüfers und die Vernehmung von Zeugen durchgeführt (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.09.2010, 5 W 57/09, Rdnr. 11, zit. nach Juris).
Eine bestimmte Methode der Unternehmensbewertung schreibt Art. 14 Abs. 1 GG nicht vor. Entscheidend ist, dass der "wahre Wert" des Unternehmens ermittelt wird (BVerfG, Beschluss vom 30.05.2007,ZIP 2007, 1600).
Bei einem Delisting wird die gerichtliche Beweisaufnahme zwar häufig, aber nicht immer durch die Beauftragung eines gerichtlich bestellten Gutachters erfolgen müssen. Ggfs. mag es ausreichend sein, die an der Strukturmaßnahme Beteiligten als Zeugen oder sachverständige Zeugen zu hören, damit sich das Gericht ein abgerundetes und sicheres Bild von den tatsächlichen Verhältnissen machen und den Unternehmenswert schätzen kann. Führt die Vernehmung von Zeugen oder sachverständigen Zeugen nicht dazu, dass das Gericht den Unternehmenswert realistisch ermitteln kann, ist ein Sachverständigengutachten einzuholen. Dass dies typischerweise zu einer deutlichen Verzögerung des Spruchverfahrens führt, ist hinzunehmen und im Rahmen aktienrechtlicher Spruchverfahren nicht unüblich.
Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass auf ein Sachverständigengutachten verzichtet werden könne, wenn sich der Verkehrswert eines Unternehmens aus zeitnahen Unternehmenstransaktionen ergebe. Es nimmt an, dass "die auf den Unternehmenswert der Antragsgegnerin zu 2. bezogenen Überlegungen der N. in die Kaufvertragsverhandlungen eingeflossen seien, ebenso wie die Überlegungen von M. auf Seiten des Verkäufers". Die Kammer war deshalb davon überzeugt, dass der ausgehandelte Paketpreis den Verkehrswert zutreffend wiederspiegele und ein gerichtliches Gutachten nicht erforderlich sei. Jedoch ist es jedenfalls erforderlich, die Unternehmenstransaktionen, deren Hintergründe und Zusammenhänge, dann im Einzelnen näher zu überprüfen, um feststellen zu können, ob Sonder- oder Fremdinteressen den Verkaufspreis beeinflusst haben könnten. Insoweit hat das Gericht € auch vor dem Hintergrund der Wahrung der Betriebsgeheimnisse der Antragsgegnerinnen - abzuwägen, ob die Durchführung einer Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung und/oder die Einholung eines Gutachtens sachgerecht ist.
Eine Beweisaufnahme ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil sich der Barabfindungsbetrag an dem gezahlten "Paketpreis" orientiert. Das Bundesverfassungsgericht hat in der DAT/Altana-Entscheidung festgestellt, dass der Preis, den ein Mehrheitsaktionär gezahlt habe, und außerbörslich gezahlte Preise "zum wahren Wert des Anteilseigentums in der Hand der Minderheitsaktionäre regelmäßig keine Beziehung" haben (BVerfG, Beschluss vom 27.04.1999, Az. 1 BvR 1613/94, AG 1999, 566). Häufig, aber nicht immer, mag dieser "Paketpreis" über dem für die Barabfindung relevanten Unternehmenswert liegen. Jedoch kann dies aufgrund besonderer Umstände auch einmal nicht gelten. So können Paketzuschläge etwa gerade dann gezahlt werden, wenn der Käufer - etwa aufgrund einer Due Dilligence-Prüfung - von einem deutlich über dem Marktpreis liegenden Unternehmenswert ausgeht (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.09.2010, Az. 5 W 57/09, Rdnr. 103, zit. nach juris).
e) Referenzzeitraum
Inzwischen ist geklärt, dass als maßgeblicher Referenzzeitraum zur Ermittlung des relevanten Börsenkurses auf einen 3-Monats-Zeitraum vor Bekanntgabe der Maßnahme abzustellen ist (BGH, Beschluss vom 19.07.2010, Az. II ZB 18/09, AG 2010, 629; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.09.2009, Az. I€26 W 13/06 AktE).
f) Feststellungsanträge
Das Landgericht Köln hat vertretbar begründet, dass die Feststellungsanträge begründet seien.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die aufgeworfenen Rechtsfragen im Rahmen des Delistings jedenfalls nicht vollständig geklärt sind und ein Feststellungsinteresse daher zu bejahen ist.
Aus Klarstellungsgründen war es daher auch gut vertretbar, den Zinsanspruch zu tenorieren, auch wenn dies nicht erforderlich gewesen wäre. Gegenstand des Spruchverfahrens ist grundsätzlich nur die Überprüfung der Angemessenheit von vertraglich vereinbartem Ausgleich und Abfindung. Der im Spruchverfahren ergehende Beschluss ist kein Vollstreckungstitel. Über die Verzinsung als Teil des konkreten Zahlungsanspruchs hat daher im Streitfall erst das nach § 16 SpruchG für die Leistungsklage zuständige Gericht zu entscheiden, mit der der Anteilsinhaber einen Vollstreckungstitel erlangen kann (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.09.2010, Az. I-26 W 4/09 (AktE); Paulsen in Münchener Kommentar zum AktG, 3. Auflage, § 304, Rdnr. 194). Die gesetzliche Verzinsung des § 305 Abs. 3 Satz 3 AktG mag klarstellend aufgenommen werden, sie muss es aber nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 21.7.2003, Az. II ZB 17/01, WM 2003, 1859; OLG München, Beschluss 19.10.2006, Az. 31 Wx 92/05, AG 2007, 287; Hüffer, § 305, Rdnr. 26a; Koppensteiner in Kölner Kommentar, § 305, Rdnr. 148).
III.
Die Durchführung der Beweisaufnahme und Sachaufklärung durch den Senat würde bedeuten, dass der eigentliche Streitstoff in der Beschwerdeinstanz erstmalig behandelt würde (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.09.1997, Az. 19 W 1/97 AktE, AG 1998, 37). Die Beteiligten hätten keine Möglichkeit, eine Überprüfung der darauf ergehenden Sachentscheidung im Rechtsmittelwege zu veranlassen.
Eine Korrektur der fehlerhaft ergangenen Entscheidung hat daher dadurch zu erfolgen, dass der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das erstinstanzliche Gericht zurückverwiesen wird (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.09.1997, Az. 19 W 1/97 AktE, AG 1998, 37 m. w. Nachw.). Im Rahmen der sodann zu treffenden Sachentscheidung wird das Landgericht auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.
OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 07.12.2011
Az: I-26 W 7/09 (AktE)
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https://www.admody.com/urteilsdatenbank/ed938f9ac6da/OLG-Duesseldorf_Beschluss_vom_7-Dezember-2011_Az_I-26-W-7-09-AktE