Hessischer Verwaltungsgerichtshof:
Beschluss vom 10. März 1992
Aktenzeichen: HPV TL 2697/90
(Hessischer VGH: Beschluss v. 10.03.1992, Az.: HPV TL 2697/90)
Gründe
Die gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes durch das Verwaltungsgericht gerichtete Beschwerde ist gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 und 4 BRAGO, § 111 HPVG, §§ 83 Abs. 5 und 78 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 567 ff. ZPO zulässig. Die zweiwöchige Beschwerdefrist gemäß § 10 Abs. 3 Satz 3 BRAGO ist gewahrt; der Beschwerdegegenstand übersteigt 100,00 Deutsche Mark (§ 10 Abs. 3 Satz 1 BRAGO). Über die Beschwerde kann auch ohne Zustimmung der Verfahrensbeteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 573 Abs. 1 ZPO). Ehrenamtliche Richter wirken hier nicht mit. Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 53 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, wie sie auch für das Beschwerdeverfahren nach §§ 83 Abs. 5, 78 ArbGG geboten ist (OVG Münster, Beschluß vom 26. Oktober 1990 - CL 69/90 - NWVBl. 1991, 171), denn § 53 Abs. 1 Satz 1 ArbGG gilt, soweit nichts anderes bestimmt ist, für das gesamte Beschlußverfahren analog (vgl. §§ 80 Abs. 2, 87 Abs. 2 i.V.m. 64 Abs. 7, 92 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. 72 Abs. 6 ArbGG). Dem Vorsitzenden beim Arbeitsgericht entsprechen beim Verwaltungsgerichtshof, soweit es auf die Abgrenzung der Tätigkeit zwischen Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern ankommt, die drei Berufsrichter im Sinne des § 112 Abs. 4 HPVG und nicht der Vorsitzende des Senats (vgl. BAG, Beschluß vom 02. Juni 1954 - 2 AZR 63/53 - BAGE 1, 13 ff.).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Gegenstandswert zu Recht auf 6.000,00 DM festgesetzt.
In personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren hat das Gericht den für die Bemessung der Rechtsanwaltsgebühren maßgebenden Gegenstandswert gemäß § 10 Abs. 1 BRAGO auf Antrag festzusetzen, weil es angesichts der Kostenfreiheit dieses Verfahrens an Wertvorschriften im Sinne der §§ 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 BRAGO und mithin an einem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert fehlt (BVerwG, Beschluß vom 08. Juli 1985 - 6 PB 29.84 - Buchholz 238.3A § 83 BPersVG Nr. 26). In Anwendung des § 8 Abs. 2 BRAGO ist der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen; maßgebend ist der Hauptgegenstand des Geschäfts (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 BRAGO in Verbindung mit § 18 Abs. 2 KostO). Der Senat folgt der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) und der überwiegenden Auffassung der Oberverwaltungsgerichte (VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 03. August 1987 - 15 S 1728/87 - ZBR 1988, 140; OVG Münster, Beschluß vom 09. März 1987 - CL 47/86 - ZBR 1987, 255; OVG Berlin, Beschluß vom 04. Juni 1987 - PV Bln 19.86 -; Bay.VGH, Beschluß vom 30. Januar 1992 - 17 C 91.3143 -), wonach der Gegenstandswert in der Regel - wie auch im vorliegenden Verfahren - auf 6.000,00 DM festzusetzen ist. Maßgebend sind dabei die folgenden Erwägungen: Ziel des personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahrens ist entweder die Feststellung von Befugnissen, Pflichten und Zuständigkeiten von Dienststelle und Personalvertretung oder das gestaltende Eingreifen des Gerichts wie beispielsweise im Falle der Wahlanfechtung (BVerwG, a.a.O.). Keinesfalls verfolgt ein Antragsteller ein geldwertes Eigeninteresse, sondern er bemüht sich stets nur um die Klärung der Rechtsstellung der Personalvertretung oder darum, daß die Organe der Personalvertretung rechtmäßig gebildet werden und ihren Befugnissen entsprechend handeln. Diese - von Ausnahmefällen abgesehen - jedem personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren innewohnende allgemeine, auf die Tätigkeit der Personalvertretung ausstrahlende Bedeutung schließt es in der Regel aus, einzelne Streitsachen unterschiedlich zu bewerten (ebenso BVerwG vom 11. November 1977 - VII P 3.76 - Buchholz 238.3A § 83 BPersVG Nr. 8). Die sich für den Antragsteller oder Beschwerdeführer ergebende Bedeutung der Sache ist daher anders zu beurteilen als in Verwaltungs- oder Zivilprozessen, weil häufig nicht eine dem Antragsteller persönlich eingeräumte Rechtsposition geltend gemacht oder verteidigt wird, sondern das Verfahren Ausfluß personalvertretungsrechtlicher Funktions- und Amtsstellungen oder sonstiger Rechtspositionen wie beispielsweise Wahlberechtigungen ist. Es betrifft nicht nur den Einzelnen in seiner in der Personalverfassung eingeräumten Stellung, sondern hat allgemeine Auswirkungen auf das Handeln anderer Organe im Bereich der Personalverfassung.
Der Gegenstand des Beschlußverfahrens wurde hier durch den Feststellungsantrag bestimmt. Dieser betraf die Frage der Mitbestimmung des Antragstellers bei der Einstellung von befristet beschäftigten Bediensteten im Zeitraum von Januar bis März 1989 in insgesamt vierzehn gleichgelagerten Fällen. Angesichts des objektiven Charakters des personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahrens ist es hier nicht gerechtfertigt, die Bestimmung des Gegenstandswertes von der Höhe möglicher finanzieller Folgewirkungen einer den Gegenstand dieses Beschlußverfahrens bildenden Befugnis des Personalrats abhängig zu machen; im Vordergrund steht vielmehr ausschließlich die einmalige Klärung einer Rechtsfrage. Die Meinung des Antragstellers, es müsse berücksichtigt werden, daß es sich um mehrere Mitbestimmungsfälle gehandelt habe, die einzeln zu bewerten seien, kann nicht zu einer anderweitigen Festsetzung des Gegenstandswertes führen; die Bedeutung der Sache lag für den Antragsteller und die Beteiligten in der erforderlichen Klärung der durch konkrete Fälle streitig gewordenen Frage des Bestehens oder Nichtbestehens eines Mitbestimmungsrechts bei der Einstellung, nicht aber in der Häufigkeit der Ausübung dieser umstrittenen Befugnis.
Das Beschwerdeverfahren wegen der Festsetzung des Gegenstandswertes ist gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 BRAGO in Verbindung mit § 111 Abs. 2 HPVG, §§ 83 Abs. 5, 78 Abs. 1 Satz 1 und 12 Abs. 5 ArbGG gerichtsgebührenfrei, da es unter die Regelung über die Kostenfreiheit des gerichtlichen Verfahrens in Personalvertretungssachen fällt. Der Beschwerdeführer ist zur Zahlung der Gerichtskosten (Nr. 1181 bzw. Nr. 1271 des Kostenverzeichnisses, Anlage zu § 11 Abs. 1 GKG) nicht verpflichtet (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung des Fachsenates für Personalvertretungssachen (Land), vgl. den Beschluß vom 10. November 1989 - HPV TL 2423/87 -). Die Anwendung der Gebührentatbestände des Kostenverzeichnisses im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren scheidet schon wegen der Regelung in § 1 GKG aus, wonach die personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren einschließlich der dazu anhängig werdenden Nebenverfahren nicht in den Geltungsbereich des Gerichtskostengesetzes einbezogen werden. Durch die Regelung in § 10 Abs. 3 Satz 4 BRAGO hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, daß er bei der Anwendung von Verfahrensvorschriften Unterschiede zwischen dem Wertfestsetzungs- und dem Hauptverfahren vermeiden will. Zu den in dieser Vorschrift genannten Verfahrensvorschriften zählen aber auch die Regelungen über Gerichtsgebühren (wie hier OVG Münster, Beschluß vom 23. Februar 1989 - CL 18/88 - ZBR 1990, 161, unter ausdrücklicher Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung; VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 03. August 1987 - 15 S 1728/87 - ZBR 1988, 140; Bay.VGH, Beschluß vom 30. Januar 1992 - Nr. 17 C 91.3143 -; a. A. Bay.VGH, Beschluß vom 11. Dezember 1985 - 18 C 85 A.2587 - BayVBl. 1986, 348; OVG Münster, Beschluß vom 09. März 1987 - CL 47/86 - ZBR 1987, 255; VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 27. Mai 1982 - 15 S 810/82 - NVwZ 1984, 187; OVG Berlin, Beschluß vom 25. März 1981 - PV Bln. 3.81 -; OVG Bremen, Beschluß vom 10. August 1984 - PV/B 6/84 -; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 25. April 1985 - Nr. 15 E 1/85 -; OVG Hamburg, Beschluß vom 05. Februar 1981 - OVG Ws I 5/81 - AnwBl. 1981, 501; OVG Lüneburg, Beschluß vom 30. November 1978 - P OVG B 13/78 - PersV 1980, 505).
Hessischer VGH:
Beschluss v. 10.03.1992
Az: HPV TL 2697/90
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