Amtsgericht Münster:
Urteil vom 14. Januar 2013
Aktenzeichen: 48 C 2651/12
(AG Münster: Urteil v. 14.01.2013, Az.: 48 C 2651/12)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Leistung von Sicherheit in Höhe von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Klägerin schloss im Jahr 2005 mit der Beklagten einen Mobilfunkvertrag. Die aus dem Vertragsverhältnis resultierenden Gebührenforderungen buchte die Beklagte bis einschließlich Mai 2009 jeweils vom Konto der Klägerin ab; die Lastschriften wurden eingelöst und nicht zurückgegeben. Die Rechnung der Beklagten vom 16.06.2009 beanstandete die Klägerin wegen vermeintlich fehlerhaft in Ansatz gebrachter Gebühren für die Nutzung von Internetverbindungen und verweigerte die Bezahlung. Mit Schreiben vom 08.09.2009 berechnete die Beklagte der Klägerin eine Schadenersatzforderung in Höhe von 706,78 € für die - aus Sicht der Beklagten - unberechtigte Kündigung der Klägerin.
Über die Rechnungen vom 16.06.2009 sowie 08.09.2009 führten die Parteien einen Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Bonn. In dem Rechtsstreit obsiegte die Beklagte vollumfänglich. Das Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 19.05.2011, der Klägerin zugestellt am 24.05.2011, ist - nachdem die Klägerin die gegen das Urteil eingelegte Berufung zurückgenommen hatte - rechtskräftig. Das Urteil vom 19.05.2011 wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.08.2011 wurde die Erstattung von 420,20 € nebst Zinsen von der Klägerin an die Beklagte festgesetzt.
Mit Schreiben vom 08.06.2011 forderte die Beklagte die Klägerin zur Zahlung der titulierten Forderung binnen 14 Tagen auf. Mit Schreiben vom 14.06.2011 meldete die Beklagte die titulierten Forderungen gegen die Klägerin bei der T. Am 17.08.2011 leistete die Klägerin an die Beklagte 916,22 €. Die Beklagte meldete der T eine aktualisierte Saldenmeldung und die noch offene Forderung. Am 05.09.2011 leistet die Klägerin weitere 335,23 € an die Beklagte. Die Beklagte meldete der T wiederum eine aktualisierte Saldenmeldung und die noch offene Forderung. Im September 2011 erfüllte die Klägerin die dann noch offene Restforderung der Beklagten. Mit Schreiben vom 30.09.2011 teilte die Beklagte der T mit, dass "der Eintrag für [die Klägerin] seine Erledigung gefunden hat. [Die Klägerin] hat am 16.09.2011 die Gesamtforderung beglichen."
Vor den jeweiligen Meldungen an die Schufa erfolgte von der Beklagten keine Abwägung mit schutzwürdigen Belangen der Klägerin.
Die Klägerin verlangt nunmehr von der Beklagten die Zustimmung zur Löschung aller auf die Klägerin bezogenen Eintragungen bei der Schufa aus der früheren Geschäftsbeziehung der Parteien.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte nicht berechtigt gewesen wäre, die Nichtbegleichung der Rechnung vom 16.06.2009 der Schufa zu melden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, der Löschung aller auf die Klägerin bezogenen Eintragungen aus der früheren Geschäftsbeziehung der Parteien gegenüber der T AG, Zweigniederlassung L, zuzustimmen;
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin vorgerichtlich angefallene Anwaltskosten von 402,82 € nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klageschrift wurde der Beklagten am 17.08.2011 zugestellt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll vom 17.12.2012 verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrte Zustimmungserklärung, wobei offen bleiben kann, ob die Beklagte überhaupt passiv legitimiert ist, oder ob Anspruchsgegnerin bezogen auf die Löschung bzw. Sperrung von Daten die die Daten verwendende Auskunftei, die T, ist.
Die Mitteilungen an die T sind zulässig gemäß § 28a Abs. 1 Satz 1 BDSG.
Die Übermittlung personenbezogener Daten über eine Forderung an Auskunfteien ist gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG zulässig, da die geschuldete Leistung trotz Fälligkeit nicht erbracht wurde, die Übermittlung zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle oder eines Dritten erforderlich und die Forderung durch ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellt worden ist.
a)
Bei der T handelt es sich um eine Auskunftei im Sinne der Vorschrift; der Anwendungsbereich des BDSG ist eröffnet (vgl. OLG München, Urteil vom 22.06.2010, - 5 U 2020/10 -, MMR 2011, 209, 210). Die der T übermittelten Daten sind als personenbezogene Daten zu charakterisieren, da es sich um Angaben über persönliche und sachliche Verhältnisse der Klägerin als einer bestimmten Person handelt (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 16.03.2011, - 19 U 291/10 -, BeckRS 2011, 10896).
b)
Die Klägerin hat die der Beklagten geschuldete Leistung - Bezahlung der Inanspruchnahme von Mobilfunkdiensten sowie der Leistung von Schadenersatz - trotz Fälligkeit nicht erbracht. Insoweit ist das erkennende Gericht an die Feststellungen des Amtsgerichts Bonn, dass über diese Streitgegenstände rechtskräftig entschieden hat, gebunden, § 322 ZPO.
Der rechtskraftfähige Inhalt der Entscheidung des Amtsgerichts Bonn bindet das erkennende Gericht, da die res iudicata eine Vorfrage für die Entscheidung über den nunmehr im Streit stehenden Gegenstand bildet. Das Gericht des Folgeprozesses darf die rechtskräftig entschiedene Vorfrage nicht neu selbständig beurteilen, sondern hat das rechtskräftige Judikat ohne sachliche Prüfung seiner Entscheidung zu Grunde zu legen. Die Wirkung der Rechtskraft führt also auch dazu, dass der in materielle Rechtskraft erwachsene Spruch als feststehend und unabänderlich von jedem Richter hinzunehmen ist (Musielak, ZPO, 9. Auflage 2012, § 322 Rn. 10, 12).
Die Forderung wurde durch ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellt.
c)
Die Übermittlung der Daten ist zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle oder eines Dritten erforderlich. Darunter ist ein berechtigtes Interesse der übermittelnden oder der empfangenden Stelle zu verstehen (KG Berlin, Beschluss vom 23.08.2011, - 4 W 43/11 -, BeckRS 2012, 19531 m.w.N.). Das Interesse der T - als die die Daten empfangende Stelle - ergibt sich bereits aus der ihren Geschäftsbetrieb ausmachenden Möglichkeit der Auskunftserteilung (OLG Frankfurt, a.a.O.; KG Berlin, a.a.O.).
d)
An weitere Voraussetzungen ist die Zulässigkeit der Datenübermittlung nicht geknüpft. Insbesondere ist die Prüfung entgegenstehender Interessen des Betroffenen nicht erforderlich (OLG Frankfurt, a.a.O.; KG Berlin, a.a.O.).
Während die Weiterleitung von Daten an die T ohne vorherige umfassende Interessenabwägung vor Inkrafttreten des § 28a BDSG zum 01.04.2010 unzulässig war (OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.12.2006, - 10 U 69/06 -, MMR 2007, 387, 388), wird dem schutzwürdigen Interesse des Betroffenen nach der Intention des Gesetzgebers bei der durch die Einfügung des § 28a BDSG geschaffenen Rechtslage dadurch Genüge getan, dass die Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit des Betroffenen anhand der in § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - 5 BDSG enthaltenen Kriterien gesichert ist, da in diesen Fällen die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung zurücktreten, da der Betroffene die Forderung trotz Wissens um ihr Bestehen und berechtigtes Geltendmachen durch den Gläubiger nicht begleicht (BT-Drs. 16/10529, Seite 13 ff.).
Insbesondere ist auch nicht - über den Wortlaut des Gesetzes hinaus - gleichwohl eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen (OLG Frankfurt, a.a.O.).
Die Mitteilungen - insbesondere die erste Mitteilung vom 14.06.2011 - sind auch nicht deshalb unzulässig, weil die von der Beklagten zur Begleichung des titulierten Betrages gesetzte Frist im Zeitpunkt der Mitteilung noch nicht abgelaufen war. Indem die Beklagte der Klägerin nach Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung des Amtsgerichts Bonn eine Frist zur Zahlung des titulierten Betrages binnen zwei Wochen gesetzt hat, hat sie keine Erklärung dahingehend abgegeben, dass vor Ablauf der Frist eine Meldung nicht erfolgen werde. Vielmehr wird die Zahlungsaufforderung als Ankündigung zu verstehen sein, dass nach (fruchtlosem) Ablauf der Frist die Zwangsvollstreckung aus dem für vorläufig vollstreckbar erklärtem Urteil eingeleitet wird. Weiteren Erklärungsinhalt kann der Fristsetzung nicht beigemessen werden.
Insbesondere kann unter Berücksichtigung des Wortlautes von § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4 BDSG in den Fällen, in denen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil vorliegt, eine Verpflichtung der meldenden Stelle zur Setzung einer Frist, deren fruchtloser Ablauf vor Vornahme der Meldung abzuwarten ist, nicht angenommen werden. Während Nr. 4 der Vorschrift vor der Meldung die mindestens zweimalige Mahnung des Betroffenen sowie einen Zeitablauf von mindestens vier Wochen vorschreibt, enthält Nr. 1 einen entsprechenden Vorbehalt nicht.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf bis zu 4.000,00 € festgesetzt. Bei der Festsetzung des Streitwertes berücksichtigt das Gericht insbesondere die durch einen sogenannten Negativeintrag für den Betroffenen bewirkte (negative) Auswirkung, die ihn in seiner Lebensgestaltung empfindlich treffen kann (KG Berlin, Urteil vom 27.04.2011, - 4 O 97/11 -, LSK 2011, 340446).
AG Münster:
Urteil v. 14.01.2013
Az: 48 C 2651/12
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