Verwaltungsgericht Berlin:
Urteil vom 17. März 2011
Aktenzeichen: 10 K 287.09
(VG Berlin: Urteil v. 17.03.2011, Az.: 10 K 287.09)
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerinnen begehren die Verpflichtung der Beklagten zur kostenlosen Zuteilung weiterer Emissionsberechtigungen für die Handelsperiode 2008 bis 2012 nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG) i. V. m. § 12 Zuteilungsgesetz 2012 (ZuG 2012).
Beide Klägerinnen sind Tochterunternehmen der B€ GmbH, mit der sie jeweils durch einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag verbunden sind.
Die Klägerin zu 1 betreibt in S€ die Anlage €€. Immissionsschutzrechtlich genehmigt wurde die Anlage gemäß Nr. 3.2 b Spalte 1 des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV). Die genehmigte maximale Produktionsmenge der Anlage beträgt t/a. Diese Menge hat die Klägerin in allen Jahren seit dem Jahr 2000 in der Anlage produziert. Im Jahr 2005 emittierte die Anlage 12.269,070 Tonnen Kohlendioxid.
Mit Formantrag vom 13. November 2007 beantragte die Klägerin zu 1 eine Zuteilung von Emissionsberechtigungen für die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 gemäß § 6 ZuG 2012. Als Muttergesellschaft gab sie die €€ GmbH€ an.
Mit Bescheid vom 28. Januar 2008 teilte die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) der Klägerin zu 1 für den Betrieb der Anlage in Siegen in der Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 nach Maßgabe des § 6 Abs. 9 ZuG 2012 insgesamt Berechtigungen zu.
Die Klägerin zu 2 betreibt in F€ die Anlage €€. In Betrieb genommen wurde die Anlage im Jahr 1977. Am 14. Februar 2000 wurde letztmalig vor dem 31. Dezember 2002 die Kapazität der Anlage verändert. Immissionsschutzrechtlich genehmigt wurde auch diese Anlage gemäß Nr. 3.2 b Spalte 1 des Anhangs zur 4. BImSchV. Die genehmigte maximale Produktionsmenge der Anlage der Klägerin zu 2 beträgt 180.000 t/a. Ihre Produktion betrug im Jahr 2005 insgesamt t/a und im Jahr 2006 insgesamt t/a. Dies entspricht einer durchschnittlichen Produktion in beiden Jahren von t/a. Die durchschnittliche Produktionsmenge der Anlage in den Jahren 2000 bis 2004 belief sich auf jährlich t/a. Mithin liegt eine durchschnittliche Produktionssteigerung in den Jahren 2005 und 2006 gegenüber den Jahren 2000 bis 2004 um t/a vor, was etwa 38 % entspricht. Unter Berücksichtigung der jährlichen Produktion im Umfang von t/a in der Anlage der Klägerin zu 1 liegt eine Produktionssteigerung um etwa 18 % vor. Im Jahr 2005 emittierte die Anlage der Klägerin zu 2 insgesamt 10.089,957 Tonnen Kohlendioxid.
Mit Formantrag vom 2. November 2007 beantragte die Klägerin zu 2 eine Zuteilung von Emissionsberechtigungen für die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 gemäß § 12 Abs. 1 ZuG 2012, hilfsweise gemäß § 6 Abs. 9 ZuG 2012.
Als Muttergesellschaft gab sie die €B€€ an. Bei den im Formular abgefragten Angaben €zum Unternehmen und zu den vergleichbaren Anlagen€ machte die Klägerin zu 2 lediglich Angaben zu ihrer Anlage in F€, nicht jedoch auch Angaben zu vergleichbaren Anlagen weiterer Tochterunternehmen der B€, insbesondere auch nicht zur Anlage der Klägerin zu 1 in S€.
In der Rubrik des Formantrages €ERGÄNZENDE VORLAGE FÜR § 12 ZUG 2012€ gab die Klägerin zu 2 als ihre 100 %ige Anteilseignerin die B€ GmbH an, mit der ein Gewinn- und Verlustübernahmevertrag existiere. Der Umsatz des einheitlichen Unternehmens im letzten Geschäftsjahr vor dem 1. Januar 2007 nach § 12 Abs. 3 ZuG 2012 habe sich auf Euro belaufen.
Mit Bescheid vom 13. Februar 2008 teilte die DEHSt der Klägerin zu 2 für den Betrieb der Anlage in F€ in der Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 nach Maßgabe des § 6 Abs. 9 ZuG 2012 insgesamt Berechtigungen zu. Der Antrag auf Zuteilung nach § 12 ZuG 2012 sei abzulehnen gewesen, weil die B€ GmbH, die B€ GmbH und die B€ GmbH als einheitliches Unternehmen im Sinne von § 12 Abs. 3 ZuG 2012 anzusehen seien. Die Klägerin zu 2 habe im Zuteilungsantrag jedoch die als vergleichbare Anlage anzusehende B€ GmbH nicht angegeben und die hierzu notwendigen Angaben nicht gemacht.
Im Hinblick auf die Zuteilung an die Klägerin zu 2 erhob die Klägerin zu 1 am 25. Februar 2008 vorsorglich Widerspruch gegen den Zuteilungsbescheid. Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 29. August 2008 stellte sie den Zuteilungsantrag vorsorglich auf einen solchen nach § 12 ZuG 2012 um und machte die dafür notwendigen Angaben zu den Produktionsmengen in ihrer Anlage und in der Anlage der Klägerin zu 2, ohne sie durch eine sachverständige Stelle verifizieren zu lassen.
Auch die Klägerin zu 2 erhob mit Schreiben vom 22. Februar 2008 gegen die Zuteilungsentscheidung Widerspruch und ließ ihn unter dem 29. August 2008 von ihren Verfahrensbevollmächtigten begründen. Auch dort wurden die für eine Zuteilung nach § 12 ZuG 2012 erforderlichen Angaben zu den jeweiligen Produktionsmengen in beiden Anlagen gemacht.
Beide Widersprüche wies die DEHSt mit Widerspruchsbescheiden vom 24. Juli 2009 zurück. Mit ihren am 26. August 2009 bei Gericht eingegangenen Klagen verfolgen die Klägerinnen ihr Begehren weiter.
Sie meinen, § 12 Abs. 1 ZuG 2012 räume die Möglichkeit einer Antragstellung für alle vergleichbaren Anlagen im Sinne des Anhangs 2 zum ZuG 2012 ein, setze eine solche für eine Zuteilung nach § 12 ZuG 2012 an einzelne der vergleichbaren Anlagen aber nicht voraus. Ausreichend sei vielmehr, wenn unter Berücksichtigung aller vergleichbaren Anlagen die materiellen Voraussetzungen der Norm erfüllt würden, was vorliegend der Fall sei.
Dessen ungeachtet sei der Zuteilungsantrag der Klägerin zu 1 als ein solcher nach § 12 ZuG 2012 auszulegen gewesen. Der DEHSt habe bewusst sein müssen, dass nach ihrem Rechtsverständnis ein Antrag der Klägerin zu 1 nach § 6 ZuG 2012 zur Folge habe, dass der auf eine Zuteilung nach § 12 ZuG 2012 gerichtete Zuteilungsantrag der Klägerin zu 2 als €unzulässig€ anzusehen sei. Jedenfalls aber habe für die DEHSt die Pflicht bestanden, die Klägerin zu 1 auf die Notwendigkeit eines Antrages nach § 12 ZuG 2012 hinzuweisen. Da sie dieser Pflicht nicht nachgekommen sei, dürfe die Antragsumstellung im Widerspruchsverfahren nicht als verfristet angesehen werden.
Die Klägerin zu 2 habe ferner im Antragsformular unter der Rubrik €ANGABEN NACH § 12 Abs. 1€ zu Recht keine Angaben zu der Anlage der Klägerin zu 1 gemacht, weil es sich hierbei nicht um eine weitere Anlage desselben Unternehmens, nämlich des Unternehmens der Klägerin zu 2, handele. Die Rubrik €ERGÄNZENDE VORLAGE FÜR § 12 ZUG 2012€ des zwingend zu verwendenden elektronischen Antragsformulars nenne bei den von Aktiengesellschaften auszufüllenden Unterpunkten die Regelungen der §§ 17 und 18 Aktiengesetz (AktG), die auch in § 12 Abs. 3 ZuG 2012 erwähnt seien. Ein solcher Hinweis fehle jedoch bei den Unterpunkten, die auszufüllen seien, sofern der Betreiber, wie die Klägerinnen, eine GmbH sei. Der Beantragende könne angesichts dieser Ausgestaltung des elektronischen Antragsformulars nur davon ausgehen, dass die Verbundklausel des § 12 Abs. 3 ZuG 2012 auf eine GmbH als Anlagenbetreiberin keine Anwendung finde, obwohl das tatsächlich der Fall sei.
Auf die vergleichbaren Anlagen beider Klägerinnen bezogen liege bei einer durchschnittlichen Jahresproduktion von t/a in den Jahren 2005 und 2006 gegenüber der durchschnittlichen Jahresproduktion von t/a in den Jahren 2000 bis 2004 eine Produktionssteigerung von über 18 Prozent vor. Weitere dem Emissionshandel unterliegende vergleichbare Anlagen würden weder von den Klägerinnen noch von der B€ GmbH betrieben. Die Gesamtemissionen beider Anlagen betrugen, so die Klägerinnen, im Jahr 2005 22.359,27 t CO2, so dass die Grenze des § 12 Abs. 2 Satz 1 ZuG 2012 nicht überschritten sei.
Sollte ein Anspruch der Klägerinnen auf eine Zuteilung nach § 12 ZuG 2012 aufgrund unzulänglicher Antragstellung nicht mehr bestehen, habe das Gericht festzustellen, dass die materiellen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zuteilung nach § 12 ZuG 2012 erfüllt waren und dass die Beklagte verpflichtet gewesen sei, auf die Notwendigkeit einer Antragstellung nach § 12 ZuG 2012 auch durch die Klägerin zu 1 hinzuweisen. Die Klägerinnen beabsichtigten, notfalls Amtshaftungsansprüche gegen die Beklagten zu verfolgen, so dass ein Feststellungsinteresse gegeben sei.
Die Klägerin zu 1 beantragt:
Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides der Deutschen Emissionshandelsstelle vom 28. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 24. Juli 2009 verpflichtet, der Klägerin für Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 zusätzlich 1.140 Emissionsberechtigungen (insgesamt also 50.820) zuzuteilen.
Sie beantragt hilfsweise für den Fall, dass ihr Antrag nicht als Antrag auf Zuteilung nach § 12 Abs. 1 ZuG 2012 ausgelegt werden kann und eine nachträgliche Umstellung des Antrags nicht zulässig ist:
1. Es wird festgestellt, dass die Klägerin die materiellen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zuteilung nach § 12 ZuG 2012 erfüllt.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass ihr Antrag vom 17. November 2007 zur Unzulässigkeit des Zuteilungsantrags der B€ GmbH vom selben Tag führt.
Die Klägerin zu 2 beantragt:
Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides der Deutschen Emissionshandelsstelle vom 13. Februar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 24. Juli 2009 verpflichtet, der Klägerin für die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 zusätzlich 18.635 Emissionsberechtigungen (insgesamt also 63.744) zuzuteilen.
Sie beantragt hilfsweise für den Fall, dass der geltend gemachte Anspruch nicht besteht, weil ein einheitlicher Antrag für die Anlagen der Klägerin zu 2 sowie der B€ GmbH erforderlich gewesen wäre, aber nicht vorgelegen hat:
1. Es wird festgestellt, dass die Klägerin die materiellen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zuteilung nach § 12 ZuG 2012 erfüllt.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass ihr Antrag vom 17. November 2007auf Zuteilung nach § 12 ZuG 2012 unzulässig ist, weil kein entsprechender Antrag für die vergleichbare Anlage der B€ GmbH gestellt worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in den Widerspruchsbescheiden und ergänzt:
Der Zuteilungsantrag der Klägerin zu 1 sei ein solcher nach § 6 ZuG 2012 und könne nicht nachträglich in einen Antrag nach § 12 ZuG 2012 umgedeutet werden. Er enthalte auch nicht die für einen Antrag nach § 12 ZuG 2012 notwendigen Angaben, die im Übrigen bis heute nicht in verifizierter Form vorgelegt worden seien. Da auch die Klägerin zu 1 eine Mehrzuteilung nach § 12 ZuG 2012 geltend mache, sei ferner nicht ersichtlich, weshalb sie seinerzeit nicht zumindest die Zuteilung nach § 12 ZuG 2012 allein für ihre Anlage beantragt habe. Dies lasse darauf schließen, dass sie sich erst nach Ablauf der Antragsfrist über die Vorteile eines Antrages nach § 12 ZuG 2012 Klarheit verschafft habe.
Eine Antragsumstellung nach Ablauf der Antragsfrist sowie die verspätete Vorlage der notwendigen Angaben in verifizierter Form kämen nicht in Betracht. Eine Ausnahme könne allenfalls in Fällen angenommen werden, in denen die DEHSt den Anlagenbetreiber von einer rechtzeitigen Antragstellung abgehalten hätte; ein solcher Fall liege hier aber nicht vor. Die Beklagte habe vielmehr im €LEITFADEN: ZUTEILUNGSREGELN 2008-2012€ hinreichend deutlich auf die für einen erfolgreichen Antrag nach § 12 ZuG 2012 notwendigen Anträge und Angaben hingewiesen.
Da die Klägerin zu 2 auf Seite 15 ihres Zuteilungsantrages die B€ GmbH als Muttergesellschaft bezeichnet habe, habe es sich ihr jedenfalls unter Berücksichtigung des genannten Leitfadens aufdrängen müssen, dass die Formulierung auf Seite 14 des Antragsformulars €Alle vergleichbaren Anlagen des Unternehmens€ sich auf sämtliche vergleichbaren Anlagen der Muttergesellschaft bezieht.
Eines Hinweises der DEHSt auf die Vorteilhaftigkeit eines Antrages beider Klägerinnen nach § 12 ZuG 2012 habe es nicht bedurft, weshalb eine der Feststellung zugängliche Pflichtverletzung nicht vorliege.
Mit Beschluss vom 20. Januar 2010 hat die Kammer die Verfahren beider Klägerinnen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
Die die Klägerinnen betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten haben vorgelegen und waren, soweit wesentlich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend hierauf sowie auf den Inhalt der Streitakte Bezug genommen.
Gründe
1. Die als Verpflichtungsanträge zulässigen Hauptanträge beider Klägerinnen sind unbegründet. Sie haben keinen Anspruch auf die Zuteilung der begehrten weiteren Berechtigungen aus § 12 ZuG 2012, weshalb die Zuteilungsbescheide in der Gestalt der Widerspruchsbescheide rechtmäßig sind, § 113 Abs. 5 VwGO.
Gemäß § 9 Abs. 1 TEHG haben Verantwortliche für jede (einzelne) Tätigkeit im Sinne dieses Gesetzes einen Anspruch auf Zuteilung von Berechtigungen nach Maßgabe des Gesetzes über den nationalen Zuteilungsplan. Bei genehmigungsbedürftigen Anlagen im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 3 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) ist Verantwortlicher der Betreiber der Anlage, § 3 Abs. 7 Satz 2 TEHG, hier mithin die Klägerinnen als Betreiberinnen ihrer jeweils nach Ziffer 3.2 b Spalte 1 des Anhangs zur 4. BImSchV genehmigten und damit der Ziffer IX des Anhangs 1 zum TEHG unterfallenden Anlagen.
Die Voraussetzungen für eine Zuteilung nach § 12 ZuG 2012 sind jedoch nicht erfüllt. Wurde durch die Gesamtheit der von demselben Unternehmen betriebenen und nach Maßgabe des Anhangs 2 vergleichbaren Anlagen nach den § 6 oder § 7 ZuG 2012 im Durchschnitt der Kalenderjahre 2005 und 2006 mindestens 10 Prozent mehr produziert als im Durchschnitt der Kalenderjahre 2000 bis 2004, so wird nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ZuG 2012 auf Antrag für jede dieser Anlagen abweichend von den § 6 oder § 7 ZuG 2012 eine Anzahl an Berechtigungen zugeteilt, die dem rechnerischen Produkt aus der durchschnittlichen jährlichen Produktionsmenge der Anlage in den Kalenderjahren 2005 und 2006, dem für eine entsprechende Neuanlage nach § 9 Abs. 2 bis 4 geltenden Emissionswert je erzeugter Produkteinheit und der Anzahl der Kalenderjahre in der Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 entspricht.
Da die Regelung eine Zuteilung nach § 12 ZuG 2012 lediglich €für jede dieser Anlagen€ (so der Gesetzestext) bzw. €für alle Anlagen eines Unternehmens€ (so die Begründung des mit dem Gesetz wortgleichen Gesetzesentwurfs, BT-Drucks. 16/5240, S. 30) ermöglicht, bedarf es eines Antrages nach § 12 ZuG 2012 für alle nach Anhang 2 vergleichbaren und ansonsten dem Anwendungsbereich des § 6 ZuG 2012 bzw. § 7 ZuG 2012 unterfallenden Anlagen des einheitlichen Unternehmens im Sinne des § 12 Abs. 3 ZuG 2012 (so bereits das Urteil der Kammer vom 23. Februar 2011 - VG 10 K 254.09 -). Nur so lässt sich eine nicht gerechtfertigte Überausstattung vermeiden, die in Fällen der Produktionsverlagerung von einer Anlage eines (einheitlichen) Unternehmens in eine andere Anlage dieses Unternehmens eintreten könnte, wäre für jene Anlage eine Zuteilung nach § 6 oder § 7 ZuG 2012 und für diese eine solche nach § 12 ZuG 2012 möglich.
Wie auch die Klägerinnen nicht verkennen, sind sie gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 ZuG 2012 als Tochtergesellschaften der B€ GmbH, mit der sie jeweils Gewinnabführungs- und Verlustübernahmeverträge unterhalten, als einheitliches Unternehmen zu behandeln. War danach das betreibende Unternehmen zum Abschluss des maßgeblichen Geschäftsjahre nach Absatz 2 der Norm ein abhängiges Unternehmen im Sinne von § 17 des Aktiengesetzes (AktG) oder ein Konzernunternehmen im Sinne von § 18 AktG, sind die so verbundenen Unternehmen für die Anwendung des § 12 ZuG 2012 als einheitliches Unternehmen anzusehen. Die Regelung ist, wie die Klägerinnen zutreffend ausführen, nach ihrem Wortlaut und ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs (a. a. O., S. 30) der Regelung des § 36 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB; zur Anwendbarkeit dieser Norm auf eine GmbH vergleiche etwa BVerwG, Urteil vom 18. April 2007 € BVerwG 6 C 21/06 € BVerwGE 128, 305 ff.) nachgebildet und erfasst sämtliche Konzern- sowie Beteiligungsgesellschaften, nicht nur solche, bei denen es sich um Aktiengesellschaften handelt.
Die Klägerin zu 1 hat für ihre Anlage in S€ einen Zuteilungsantrag nach § 6 ZuG 2012 gestellt. Dieser Sachverhalt ist eindeutig und lässt sich auch durch €Auslegung€ des Antrages in einen solchen nach § 12 ZuG 2012 nicht aus der Welt schaffen, wie die Klägerin zu 1 versucht es zu tun. Sie hat diesen Antrag nicht nur als einen solchen gemäß § 6 ZuG 2012 bezeichnet, sondern auch lediglich die Angaben gemacht, die für einen Antrag nach § 6 ZuG 2012 notwendig sind. Insbesondere wurde der Zuteilungsantrag nicht von einer sachverständigen Stelle verifiziert, was § 10 Abs. 1 Satz 3 TEHG i. V. m. § 20 Abs. 1 Satz 2 der Zuteilungsverordnung 2012 (ZuV 2012) durch die Bezugnahme auf § 12 Abs. 1 ZuV 2012 allein für Zuteilungsanträge nach § 6 Abs. 1 ZuG 2012 gestattet, nicht auch für solche nach § 12 ZuG 2012. Wollte man den Klägerinnen folgen und den Antrag der Klägerin zu 1 als einen solchen gemäß § 12 ZuG 2012 ansehen, würde dieser Antrag bereits mangels dann gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 TEHG notwendiger Verifizierung als nicht ordnungsgemäß zu bewerten sein. Die Klägerin zu 1 hätte auf einen solchen Antrag hin weder eine Zuteilung nach § 12 noch nach § 6 ZuG 2012 erhalten können, noch könnte sie es heute, weil es an der erforderlichen Verifizierung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gefehlt hat.
Die Frage, ob eine Umstellung des Zuteilungsantrages der Klägerin zu 1 im Widerspruchsverfahren noch möglich war, stellt sich daher nicht. Dessen ungeachtet war eine Antragsumstellung nach Ablauf der Frist des § 10 Abs. 3 Satz 1 TEHG i. V. m. § 14 Abs. 1 ZuG 2012 am Montag, den 19. November 2007, nicht mehr möglich; mit Ablauf dieses Tages erlosch gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 TEHG ein etwaiger Anspruch nach § 12 ZuG 2012 (st. Rspr. der Kammer, vgl. etwa Urteil vom 25. August 2010 € VG 10 K 116.09).
Gegenteiliges könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn behördliche Vorgaben die Klägerin zu 1 von einer rechtzeitigen Stellung eines Antrages nach § 12 ZuG 2012 abgehalten hätten (vgl. zu diesem Sonderfall das Urteil der Kammer vom 17. November 2006 - VG 10 A 502.05 -; juris). Dafür ist entgegen ihrer Behauptung nichts ersichtlich. Der von der DEHSt veröffentlichte €LEITFADEN: ZUTEILUNGSREGELN 2008-2012€ weist unmissverständlich darauf hin, dass in Fällen eines Antrages nach § 12 ZuG 2012 €alle gemäß Anhang 2 ZuG 2012 vergleichbaren Anlagen des Unternehmens und gemäß § 12 Abs. 3 ZuG 2012 auch diejenigen der im Sinne von §§ 17 oder 18 Aktiengesetz verbundenen Unternehmen einzubeziehen (€einheitliches Unternehmen€)€ sind (a. a. O., S. 34). Des Weiteren weist der Leitfaden darauf hin, dass zur Vereinfachung der Antragstellung nicht bei jeder der einzubeziehenden Anlagen sämtliche, alle Anlagen betreffenden Angaben gemacht werden müssen, sondern dass es genügt, wenn diese Angaben im Antrag für eine der maßgeblichen Anlagen gemacht und in den übrigen Anträgen hierauf hingewiesen wird (a. a. O.). Vor diesem Hintergrund ist die Abfrage im elektronischen Formular für einen Antrag nach § 12 ZuG 2012 €ANGABEN NACH § 12 ABS. 1€ ohne weiteres dahin zu verstehen, dass es nicht lediglich auf die Anlagen des Anlagenbetreibers ankommt, sondern auf alle in die Prüfung einzubeziehenden Anlagen.
Dass es nicht nur auf Aktiengesellschaften ankommt, wird bereits daraus auch für den juristisch nicht geschulten Anlagenbetreiber deutlich, dass in der Maske €ERGÄNZENDE VORLAGE FÜR § 12 ZUG 2012€ nicht lediglich abgefragt wird, ob der Anlagenbetreiber eine Aktiengesellschaft ist, sondern auch, ob der Betreiber eine GmbH ist. Dementsprechend hat die Klägerin zu 2 in ihrem Antrag nach § 12 ZuG 2012 die B€ GmbH als beherrschendes Unternehmen und dessen Umsatz im maßgeblichen Geschäftsjahr angegeben.
Von all dem abgesehen weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass die Klägerin zu 1 trotz der nunmehr beanspruchten Mehrzuteilung im Umfang von 1.140 Emissionsberechtigungen seinerzeit auch einen Antrag nach § 12 ZuG 2012 allein für ihre Anlage gar nicht gestellt hat.
2. Auch die Hilfsanträge beider Klägerinnen haben keinen Erfolg. Sie sind bereits mangels anzuerkennenden Feststellungsinteresses unzulässig. Die Absicht, Ersatzansprüche gegen den Staat geltend zu machen, genügt regelmäßig nicht für ein Feststellungsinteresse, weil die Feststellung inzident ebenso vom Zivilgericht getroffen werden kann; etwas anderes gilt nur, sofern der Kläger mit einer Feststellungs- oder allgemeinen Leistungsklage zunächst primären Rechtsschutz begehrt hat, sich dieses Begehren aber nach Klageerhebung erledigt und der Kläger sich nunmehr nur noch auf die Geltendmachung von Ausgleichs- und Erstattungsansprüchen verwiesen sieht (BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 1995, BVerwGE 100, 83, 91; v. Albedyll, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 43 Rn. 23; Wysk, VwGO, § 43 Rn. 57).
Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Das Verpflichtungsbegehren der Klägerinnen hat sich nicht in der Hauptsache erledigt, sondern wird mit ihren Hauptanträgen in zulässiger Weise weiter verfolgt, wenn auch in der Sache ohne Erfolg. Wollte man eine Hauptsachenerledigung infolge Anspruchsverlustes durch Ablauf der Antragsfrist annehmen, wäre diese bereits vor Klageerhebung eingetreten.
Davon abgesehen lässt sich mit der erforderlichen Offensichtlichkeit feststellen, dass eine Amtshaftungsklage der Klägerinnen ohne Erfolg bleiben müsste. Hätte nämlich die Beklagte einen Anspruch der Klägerinnen auf eine Zuteilung nach § 12 ZuG 2012 pflichtwidrig vereitelt, wäre nach Auffassung der Klägerinnen und voraussichtlich auch nach der bereits genannten Rechtsprechung der Kammer eine Korrektur der Zuteilungsanträge im Widerspruchsverfahren noch möglich gewesen. Hierzu hätte es jedoch eines verifizierten Zuteilungsantrages der Klägerin zu 1 nach § 12 ZuG 2012 bedurft und einer verifizierten Ergänzung des entsprechenden Antrages der Klägerin zu 2. Daran fehlte es jedoch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, so dass die Klage auch bei Annahme einer Hinweispflichtverletzung der Beklagten keinen Erfolg hätte haben können.
Im Übrigen liegt aber die Verletzung einer Hinweispflicht der Beklagten offensichtlich nicht vor (siehe zu 2.2 und 2.4).
2.1. Mit dem Hilfsantrag zu 1. möchte die Klägerin zu 1 festgestellt wissen, dass sie €die materiellen Voraussetzungen eines Antrags (gemeint: Anspruchs) auf Zuteilung nach § 12 ZuG 2012 erfüllt€. Zweifelhaft ist, ob dies statthafter Gegenstand einer Feststellungsklage i. S. d. § 43 Abs. 1 VwGO sein kann. Nicht Gegenstand einer Feststellungsklage können die unselbständigen Teile oder bloße Vorfragen eines Rechtsverhältnisses sein; hierzu gehört auch die abstrakte gerichtliche Überprüfung von einzelnen Tatbestandsmerkmalen einer Vorschrift ohne Bezug zu einem konkreten Vorgang (vgl. etwa v. Albedyll, a. a. O., Rn. 5).
Zwar geht es der Klägerin um die rechtliche Qualifizierung eines konkreten Sachverhaltes. Ein der gerichtlichen Feststellung zugängliches Rechtsverhältnis dürfte jedoch allein darin bestehen, ob der Klägerin zu 1 ein Anspruch auf Zuteilung von Emissionsberechtigungen gemäß § 12 ZuG 2012 gegen die Beklagte zugestanden hätte oder nicht. Ob sie die materiellen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs erfüllte, würde daran gemessen lediglich eine unselbständige Vorfrage betreffen. Einer abschließenden Entscheidung dieser Frage bedarf es nicht, weil der Antrag bereits mangels Feststellungsinteresses unzulässig ist.
2.2 Der Feststellungsantrag zu 2 der Klägerin zu 1 wäre bei seiner Zulässigkeit auch (evident) unbegründet. Sie hat in ihrem Antrag nach § 6 ZuG 2012 keinerlei Verbindung zur Klägerin zu 2 oder zur B€ GmbH hergestellt, sondern als Muttergesellschaft die €B€€ angegeben. Schon deshalb musste die Beklagte keine Verbindung zur Klägerin zu 2 herstellen. Im Übrigen bestünde die von der Klägerin zu 1 auch für sich reklamierte Hinweispflicht allenfalls gegenüber der Klägerin zu 2.
2.3 Auch hinsichtlich des Hilfsantrages zu 1 der Klägerin zu 2 ist zweifelhaft, ob er statthafter Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann (vgl. bereits zu 2.1). Auch dies bedarf wegen der Unzulässigkeit dieses Antrages mangels Feststellungsinteresses keiner abschließenden Entscheidung.
2.4 Der Hilfsantrag zu 2 der Klägerin zu 2 wäre bei seiner Unzulässigkeit gleichfalls (evident) unbegründet. Die Beklagte hatte die von der Klägerin zu 2 für sich reklamierte Hinweispflicht nicht, weil sie bei verständiger Würdigung weder mit dem (oben zu 1.) genannten Leitfaden noch mit der Gestaltung der Antragsformulare einen Irrtum erweckt hat, den zu beseitigen sie verpflichtet gewesen wäre.
Wie bereits ausgeführt wurde, lässt auch das elektronische Antragsformular keinen Zweifel daran, dass vergleichbare verbundene Unternehmen auch dann zu berücksichtigen sind, wenn es sich bei ihnen um Gesellschaften mit beschränkter Haftung handelt. Die Klägerin zu 2 hat dementsprechend auch die B€GmbH als verbundenes Unternehmen angegeben und die notwendigen Angaben zu deren Umsatz gemacht. Die Klägerin zu 2 hat ferner die Klägerin zu 1 in ihrem Zuteilungsantrag gar nicht als Bestandteil des einheitlichen Unternehmens genannt. Die Klägerin zu 1 hatte wiederum gar nicht die B€ GmbH als Muttergesellschaft benannt.
Von all dem abgesehen ist bereits zweifelhaft, ob die Beklagte überhaupt berechtigt gewesen wäre, der Klägerin zu 2 Kenntnis von der Antragstellung der Klägerin zu 1 zu geben, bei der es sich im Verhältnis zur Klägerin zu 2 immerhin um eine völlig selbständige Anlagenbetreiberin handelt. Verpflichtet war sie dazu jedenfalls nicht.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
Die Berufung war wegen der Grundsätzlichkeit der Frage, ob eine Zuteilung nach § 12 ZuG 2012 einen entsprechenden Zuteilungsantrag aller verbundenen Unternehmen erfordert, gemäß § 124 a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Aus diesem Grund hat die Kammer von ihrer Befugnis aus § 134 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO Gebrauch gemacht und auch die Sprungrevision zugelassen.
VG Berlin:
Urteil v. 17.03.2011
Az: 10 K 287.09
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